Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: 5 K 4729/02 U
Rechtsgebiete: UStG, RL 77/388/EWG, BGB


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 18
RL 77/388/EWG Art. 13 Teil A (1) Buchst. g
BGB § 1836 Abs. 2
BGB § 1908i Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

5 K 4729/02 U

Tenor:

Die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1996 bis 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.07.2002 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Betreuungsleistungen, die der Kläger durch Vereinsbetreuer gegenüber mittellosen und ggfs. auch nicht mittellosen Betreuten erbringt.

Der - dem deutschen Caritasverband angeschlossene - Kläger ist ein eingetragener Verein, "...". Vereinszweck ist die Erbringung von sozialen Leistungen, u.a. Betreuungsleistungen i. S. v. §§ 1896 ff Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - durch hierzu bestellte Mitarbeiter des Klägers, so genannte Vereinsbetreuer.

Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die aus der Betreuung durch Vereinsbetreuer resultierenden Entgelte steuerfrei seien nach § 4 Nr. 18 Umsatzsteuergesetz -UStG-. Dementsprechend gab er für die Streitjahre 1996 - 1998 Umsatzsteuererklärungen ab (Eingang beim Beklagten jeweils am 29.08.2001), in denen er die Umsätze aus den Betreuungsleistungen jeweils als steuerfrei behandelte und auch im Übrigen keine steuerpflichtigen Umsätze erklärte. Für die Streitjahre 1999 und 2000 gab der Kläger Umsatzsteuererklärungen ab (Eingang der Umsatzsteuererklärung 1999 beim Beklagten am 12.01.2001, der Umsatzsteuererklärung 2000 am 26.07.2001), in denen er die im Zusammenhang mit den Betreuungsleistungen erzielten Umsätze als steuerpflichtig und dem ermäßigten Steuersatz i. H. v. 7% unterliegend behandelt hatte. Unter dem 06.03.2001 erließ der Beklagte einen gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung -AO- geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999 mit korrigierten Nettoumsätzen; wegen der Einzelheiten wird auf diesen Bescheid verwiesen.

Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte die Prüferin unter Hinweis auf ein Schreiben des Bundesministers der Finanzen -BMF- vom 21.09.2000 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2000, 1251) zu der Auffassung, die Umsätze aus den Betreuungsleistungen seien nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei, sondern steuerpflichtig mit dem ermäßigten Steuersatz i. H. v. 7% (gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG). Die Grundsätze des BMF-Schreibens gälten auch für zurückliegende Zeiträume; im Streitfall betrifft dies die Jahre 1996 - 1998. Im Hinblick auf die Streitjahre 1999 und 2000 seien korrigierte Vorsteuerbeträge bzw. - für das Jahr 2000 - korrigierte Nettoumsätze anzusetzen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht zur Umsatzsteuersonderprüfung vom 29.04.2002 verwiesen. Der Beklagte erließ entsprechend den Prüfungsfeststellungen jeweils unter dem 31.05.2002 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 2000.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er geltend machte, für sämtliche Streitjahre seien die aus den Betreuungsleistungen erzielten Umsätze - entgegen der Behandlung durch den Beklagten - umsatzsteuerfrei. Nachdem der Einspruch ohne Erfolg geblieben ist (vgl. Einspruchsentscheidung vom 29.07.2002), hat der Kläger Klage erhoben.

Der Kläger trägt vor, die Steuerbefreiung sei entgegen der Auffassung des Beklagten zu gewähren. Maßgeblich hierfür seien zunächst europarechtliche Erwägungen.

Die Betreuungsleistungen seien nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei. In Anwendung der Richtlinie habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 18.08.2005, V R 71/03, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2006, 143, einer Legasthenie-Therapeutin zugestanden, sich direkt hinsichtlich der von ihr erbrachten Leistungen auf die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) zu berufen. Hierbei stütze sich der BFH in seinem Urteil insbesondere darauf, dass eine entsprechende nationale Befreiungsvorschrift fehle und eine Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht nicht erfolgt sei. So seien die maßgeblichen Richtlinien und Bestimmungen in das deutsche UStG lediglich dadurch "umgesetzt" worden, dass die bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im wesentlichen unverändert weitergeführt worden seien. Aus diesem Grunde könne sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ein Einzelner auf Bestimmungen der Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen.

Mit seinen Betreuungsleistungen erbringe der Kläger Leistungen auf dem Gebiete der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit im Sinne von Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG; außerdem sei der Kläger als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.

Die Umsatzsteuerbefreiung sei auch nicht nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen.

Zum einen seien die Leistungen des Klägers zur Ausübung der Tätigkeit, für die die Steuerbefreiung gewährt werde, unerlässlich. Bei den im Streit stehenden Betreuungsleistungen handele es sich um die Hauptleistung zur Durchführung der sozialen Aktivität. Mithin sei die Erbringung der Betreuungsleistung unerlässlich, um den gewünschten sozialen Erfolg zu erreichen.

Zum anderen dienten die Leistungen gerade nicht dazu, dem Kläger zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die im unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt würden. Der Kläger handele bei der Erbringung der Betreuungsleistungen in unmittelbarer Erfüllung seiner Satzungszwecke zur Verfolgung mildtätiger Aufgaben gegenüber hilfsbedürftigen Personen. Der Kläger verfolge mit der Durchführung der Betreuungsleistungen Aufgaben der Caritas - als Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche - zur Unterstützung von Hilfsbedürftigen. Damit sei die Wahrnehmung der Betreuungsleistungen auch Teil des kirchlichen Verkündungsauftrages und eine altruistische Tätigkeit.

Darüber hinaus sei eine Wettbewerbssituation bereits deswegen zu verneinen, weil bei zutreffender umsatzsteuerlicher Betrachtung auch die Leistung von Berufsbetreuern nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG umsatzsteuerbefreit seien. Auch wenn hinsichtlich der konkreten Ausführung der Leistungen von Vereinsbetreuern einerseits und Berufsbetreuern andererseits Unterschiede bestünden, erbrächten auch die Berufsbetreuer gegenüber den hilfsbedürftigen Betreuten Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden seien, was sich bei mittellosen Personen bereits aus deren Finanzierung durch staatliche Stellen ergebe. Auch bei den Berufsbetreuern handele es sich darüber hinaus um Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedsstaat als Einrichtungen mit im wesentlichen sozialen Charakter anerkannt seien. Hierbei habe der BFH unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs -EuGH- sowie das Gemeinschaftsrecht festgestellt, dass der Begriff "Einrichtung" grundsätzlich weit genug sei, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen und auch das Streben nach einer Gewinnerzielung die Inanspruchnahme dieser Befreiung nicht ausschließen könne. Für die Beantwortung der Frage, wann eine "Einrichtung mit sozialem Charakter" vorliege, stelle der BFH unter anderem darauf ab, wie die Tätigkeit vergütet werde. In dem dem Urteil des BFH vom 18.08.2005, V R 71/03, BStBl II 2006, 143, zugrunde liegenden Fall habe der BFH die Anerkennung eines Unternehmens als eine Einrichtung mit sozialem Charakter maßgeblich daraus abgeleitet, dass die Übernahme der Kosten für die fraglichen Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit erfolgt sei. Maßgebend sei insoweit, dass es sich ihrer Art nach um Leistungen handele, für die die Kosten von den Sozialversicherungsträgern übernehmbar gewesen seien. Im Streitfall sei dies bei der Vergütung der Betreuungsleistung gegenüber mittellosen Personen durch die jeweiligen Amtsgerichte gegeben.

Des weiteren bestehe keine Einschränkung der Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) der Richtlinie 77/388/EWG. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung könne ein Mitgliedsstaat die Umsatzsteuerbefreiung im Einzelfall vom Vorliegen einer oder mehrerer der aufgeführten vier Bedingungen abhängig machen. Er könne jedoch auch gänzlich auf die Übernahme dieser einschränkenden Bedingungen verzichten.

In seinem Urteil vom 18.08.2005, a. a. O., führe der BFH dazu aus, dass die Beschränkung der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) nur Eventual-Charakter habe. Ein Mitgliedsstaat, der es unterlassen habe, die insoweit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, könne sich nicht auf sein eigenes Unterlassen berufen, um einem Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung zu verwehren, die ihm nach der Richtlinie 77/388/EWG zustünde. Damit stelle der BFH klar, dass der nationale Gesetzgeber von seinem Recht zur Einschränkung der Steuerbefreiung gerade keinen Gebrauch gemacht habe. Die möglichen Beschränkungen könnten damit dem Kläger auch nicht entgegen gehalten werden.

Selbst wenn § 4 Nr. 18 UStG eine Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 77/388/EWG darstelle, sei diese unvollständig und lückenhaft. In § 4 Nr. 18c UStG sei gesetzlich verankert, dass die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben müsse. Nach Artikel 13 Teil A (2) Buchstabe a) der Richtlinie 77/388/EWG könnten die Mitgliedstaaten die Gewährung der Befreiung zwar von Bedingungen abhängig machen. Die in Betracht kommende Bedingung in Artikel 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich verweise aber ausdrücklich darauf, dass die Preise dann nicht hinter den Preisen von privaten Anbietern zurückbleiben müssten, wenn Preise angewendet würden, die von den zuständigen Behörden genehmigt worden seien. Die Richtlinie gehe davon aus, dass bei behördlich genehmigten Preisen eine Wettbewerbsverzerrung durch die Umsatzsteuerbefreiung von vorne herein ausscheide. Durch die behördliche bzw. gesetzliche Preisfestsetzung werde verhindert, dass einzelne Betreuer ihre Wettbewerbssituation zur Preisgestaltung ausnutzen könnten. Vorliegend richte sich die Vergütung der Vereinsbetreuer nach dem BVormVG bzw. nach den durch die Amtsgerichte festgesetzten Vergütungen. Damit werde die Preisgestaltung gerade durch den Gesetzgeber bzw. das jeweilige Amtsgericht als Behörde bestimmt. Die Vereinbarung freier Preise für die Betreuungsleistungen sei nicht möglich. Auf Grund dieser staatlichen Festlegung der Vergütungen sei jedoch gerade ausgeschlossen, dass es im Bereich der Betreuungsvereine zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könne.

Da das Merkmal der Entgeltbeschränkung bei genehmigten Preisen nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Richtlinie keine Bedeutung habe, schränke der nationale Gesetzgeber mit der Regelung zur Entgeltbeschränkung in § 4 Nr. 18c UStG das Gemeinschaftsrecht in unzulässiger Weise ein.

Im Übrigen komme es durch die Umsatzsteuerbefreiung auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen i. S. v. Artikel 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich.

Schließlich greife auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG unmittelbar ein. Die Steuerfreiheit könne nicht - unter Hinweis auf § 4 Nr. 18c UStG - mit der Begründung versagt werden, das für die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer gezahlte Entgelt bliebe nicht hinter dem Entgelt der Berufsbetreuer zurück.

Denn die vom Kläger durch seine Vereinsbetreuer erbrachten Leistungen seien nicht mit denen von Berufsbetreuern vergleichbar. Der Kläger erbringe als sozialkaritative Einrichtung ein deutlich breiteres und qualitativ anderes Leistungsspektrum als ein Berufsbetreuer. Bereits aus der Zielsetzung des Klägers ergebe sich, dass im Gegensatz zum Berufsbetreuer neben der Vermögensverwaltung für die Klienten auch Betreuungsleistungen in weit stärkerem Maße erbracht würden. Darüber hinaus nehme der Kläger auch allgemeine, nicht auf einen speziellen Betreuten bezogene Aufgaben im Betreuungsbereich wahr, die nicht gesondert vergütet würden und damit ebenfalls durch die Betreuungsvergütung refinanziert seien. Zentraler Aspekt sei jedoch, dass es Aufgabe des Klägers sei, die ehrenamtliche Arbeit zu fördern und ehrenamtliche Mitarbeiter für Betreuungsmandate zu gewinnen und auszubilden. Auch dies werde vom Grundsatz her über die Betreuungsvergütung refinanziert. Ein entsprechendes Engagement sei bei Berufsbetreuern naturgemäß nicht vorhanden.

Darüber hinaus sei das Merkmal der Entgeltbeschränkung nach § 4 Nr. 18 c für die Zeit vor dem 1. Januar 1999 erfüllt, weil nach altem Recht bei der Festsetzung der Vergütung für Vereinsbetreuer die allgemeinen Verwaltungskosten nicht einbezogen würden und somit die Vergütungen der Vereinsbetreuer hinter denen der Berufsbetreuer zurückblieben. Auch nach neuem Recht sei dies nicht möglich. Darüber hinaus könne der Vereinsbetreuer gemäß § 1908 e Abs. 2 BGB i.V.m. § 1835 Abs. 5, Abs. 2 BGB die Kosten für eine Versicherung gegen Schäden, die der Betreuer dem Betreuten zufüge, nicht abrechnen. Damit bleibe das Entgelt von anerkannten Betreuungsvereinen hinter dem Entgelt entsprechender erwerbswirtschaftlicher Unternehmen zurück.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Prozessvertreterin des Klägers vom 14.07.2006 (Blatt 51 ff der Gerichtsakte -GA-) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1996 bis 2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.07.2002 (i.H.v. insgesamt 20.101,00 DM) aufzuheben und

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte nimmt im Einzelnen Bezug auf seine Einspruchsentscheidung vom 29.07.2002.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Nachdem am 28.06.2006 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte, haben der Kläger (mit Schriftsatz vom 20.07.2006, Blatt 74 der GA) und der Beklagte (mit Schriftsatz vom 19.07.2006, Blatt 75 der GA) erklärt, mit einer Entscheidung ohne erneute mündliche Verhandlung einverstanden zu sein.

Die Klage ist begründet.

Die Betreuungsleistungen, die der Kläger durch Vereinsbetreuer erbracht hat, sind umsatzsteuerbefreit unabhängig davon, ob die Betreuungsleistungen gegenüber mittellosen oder vermögenden Personen erbracht wurden.

Hinsichtlich der Betreuungsleistungen, die gegenüber nicht mittellosen Betreuten erbracht wurden, ergibt sich die Umsatzsteuerfreiheit bereits aus der unmittelbaren Anwendung von § 4 Nr. 18 UStG. Dies gilt ebenfalls für die Betreuung mittelloser Personen für die Streitjahre 1996 bis einschließlich 1998. Im Übrigen sind die Betreuungsleistungen steuerfrei nach Art. 13 Teil A (1) Buchstabe g) der Richtlinie 77/388/EWG.

Umsatzsteuerfrei sind nach § 4 Nr. 18 UStG die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, wenn

a. diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen,

b. die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigenden Personenkreis zugute kommen und

c. die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinsichtlich der durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben.

Der Kläger ist dem Caritasverband, einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege im Sinne von § 4 Nr. 18 UStG (vgl. § 23 Nr. 2 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung -UStDV-) angeschlossen und damit eine potenziell nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG begünstigte Körperschaft.

Auch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. a) und Buchst. b) UStG werden vom Kläger unstreitig erfüllt.

Der nach § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. c) UStG durchzuführende Preisvergleich setzt voraus, dass nach Art und Umfang gleichartige Leistungen entsprechender Erwerbsunternehmen festzustellen sind. Neben dieser sachlichen Vergleichbarkeit der Leistungen müssen auch die äußeren Bedingungen, unter denen die Leistungen ausgeführt werden - wie zum Beispiel Standort, Verkehrsverhältnisse, Land- oder Stadtgebiet etc. -, gleichartig sein (vgl. Weymüller in: Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 32; Husmann in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 41).

Unabhängig von der Frage der Vergleichbarkeit der durch Berufsbetreuer einerseits und Vereinsbetreuer (für den Kläger) andererseits erbrachten Leistungen ist für die Streitjahre 1996 - 1998 im Regelfall ein Zurückbleiben der Vergütungen für Vereinsbetreuer hinter den Vergütungen, die an Berufsbetreuer ausgezahlt wurden, feststellbar.

Für die Streitjahre 1996 bis 1998 richtete sich die Höhe der Vergütung für Betreuungsleistungen nach dem Höchstbetrag dessen, was einem Zeugen als Entschädigung für seinen Verdienstausfall gewährt werden konnte. Die Vergütung konnte bis zum Dreifachen erhöht werden, soweit die Führung der Vormundschaft/Betreuung besondere Fachkenntnisse erforderte oder mit besonderen Schwierigkeiten verbunden war; sie konnte bis zum Fünffachen erhöht werden, wenn im Einzelfall Umstände hinzutraten, die die Besorgung bestimmter Angelegenheiten außergewöhnlich erschwerten. Diese Regelung des § 1836 Abs. 2 BGB a. F. galt sowohl für Berufsbetreuer (über § 1908 i Abs. 1 BGB) als auch für Vereinsbetreuer (über § 1908 e Abs. 1 Satz 1 BGB).

In der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2006 haben die Beteiligten erklärt, dass sie übereinstimmend davon ausgehen, dass für die Jahre 1996 - 1998 unterschiedliche Stundensätze in Rechnung gestellt worden seien je nach Schwere des Falles, dass aber Berufsbetreuer (mit Ausnahme evtl. von Rechtsanwälten) in gleicher Weise abgerechnet hätten (allerdings dann zzgl. Umsatzsteuer).

Wenn man unterstellt, dass die (eventuell) höhere Vergütung von Rechtsanwälten sachlich gerechtfertigt war, weil Rechtsanwälte möglicherweise besser qualifiziert sind als andere Betreuer und wenn man den Umstand nicht problematisiert, dass Berufsbetreuer die Umsatzsteuer im Gegensatz zu den Vereinsbetreuern noch zusätzlich mit abgerechnet haben, würde die identische Höhe abrechenbarer Stundensätze dafür sprechen, eine Entgeltbeschränkung i. S. v. § 4 Nr. 18c UStG zu verneinen, mit der Folge, dass die Leistungen der Vereinsbetreuer nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei wären.

Entscheidungserheblich ist aber, dass neben den auf der Grundlage von § 1836 Abs. 2 BGB ermittelten Stundensätzen grundsätzlich auch ein Aufwendungsersatz gem. § 1908 i Abs. 1 BGB i. V. m. § 1835 BGB möglich ist. Für Betreuungsleistungen durch einen Vereinsbetreuer wurden allgemeine Verwaltungskosten z. B. für Büropersonal, Miete, Heizung, Fachliteratur, Fortbildung etc. nicht ersetzt (§ 1908 e Abs. 1 Satz 2 BGB). Auch die Kosten für eine Versicherung gegen Schäden, die der Betreuer dem Betreuten zufügt, konnten für einen Vereinsbetreuer nicht geltend gemacht werden (§ 1835 Abs. 5 Satz 2, Abs. 2 BGB). Demgegenüber stand den Berufsbetreuern ein Anspruch auf Erstattung von (anteiligen) Versicherungskosten (§ 1908 i Abs. 1 i. V. m. § 1835 Abs. 2 BGB) und (anteiligen) allgemeinen Verwaltungskosten (§ 1908 i Abs. 1 i. V. m. §§ 1835 Abs. 1, 669, 670 BGB) zu. Nach dem - durch den Beklagten unwidersprochenen - Vortrag der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2006 sind derartige Kosten Berufsbetreuern im Regelfall auch im Bezirk des für den Kläger zuständigen Amtsgerichts erstattet worden und zwar unabhängig davon, ob es sich um die Betreuung mittelloser oder nicht mittelloser Personen gehandelt hat.

Da der Entgeltbegriff in § 4 Nr. 18 c UStG identisch ist mit dem in § 10 Abs. 1 UStG (Kossack in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 18, Rz. 32), ist der Aufwendungsersatz für Allgemeinkosten mit in den Entgeltvergleich einzubeziehen. Denn auch der Ersatz der Allgemeinkosten zählt zu dem, was der Leistungsempfänger aufwenden muss, um die Betreuungsleistung zu erhalten und ist somit Entgelt i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Da für die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer ein Ersatz allgemeiner Verwaltungskosten und Versicherungskosten nicht möglich war, blieben die Entgelte, die an den Kläger für die Betreuungsleistungen seiner Vereinsbetreuer bezahlt wurden, hinter dem durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen (hier: Berufsbetreuern) verlangten Entgelten zurück.

Zwar gibt es sachliche Gründe dafür, dass ein Ersatz z. B. von allgemeinen Verwaltungskosten bei Betreuungsleistungen durch Vereinsbetreuer nicht gewährt wird. Insoweit wird auf die umfassenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGH) in seinem Beschluss vom 05.07.2000, XII ZB 58/97, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2000, 3712, verwiesen. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung spielen die dort genannten Erwägungen keine Rolle. Nach § 4 Nr. 18 c UStG kommt es allein auf das jeweils gezahlte Entgelt an. Aus welchen Gründen das Entgelt für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern hinter dem Entgelt der Berufsbetreuer zurückbleibt, ist für den nach § 4 Nr. 18 c UStG anzustellenden Entgeltvergleich unerheblich (vgl. Kossack in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 32).

Schließlich spielt auch die Höhe der Entgeltdifferenz keine Rolle. Denn aus § 4 Nr. 18c UStG ergibt sich lediglich, dass das Entgelt für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern hinter dem durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Berufsbetreuern verlangten Entgelt zurückbleiben muss. Dies ist nach den obigen Ausführungen zu bejahen. Ob die Entgelte für Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer in einem - wie auch immer gearteten - erheblichem Maße hinter den Entgelten der Berufsbetreuer zurückbleiben, spielt nach § 4 Nr. 18c UStG keine Rolle.

Für die Streitjahre ab 1999 gilt das zuvor Gesagte weiterhin für die Betreuung vermögender Betreuter. Auch ab dem Jahre 1999 wurden die Vergütungen insoweit durch die Amtsgerichte festgesetzt und allgemeine Verwaltungskosten sowie die Versicherungskosten konnten durch Berufsbetreuer zusätzlich abgerechnet werden und sind auch im Regelfall zusätzlich abgerechnet worden. Bei Betreuungen durch Vereinsbetreuer war dies nicht möglich. Damit ist auch für die Streitjahre 1999 und 2000 hinsichtlich der Betreuung von nicht mittellosen Personen eine Entgeltbeschränkung i. S. v. § 4 Nr. 18c UStG zu bejahen; die Betreuungsleistungen, die der Kläger durch seine Vereinsbetreuer insoweit erbracht hat, sind nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei.

Anders ist dagegen die Situation bei der Betreuung mittelloser Betreuter. In dem - über § 1908 i BGB auch für Betreuungen geltenden - § 1836 a BGB ist in der für die Streitjahre 1999 und 2000 geltenden Fassung geregelt, dass bei mittellosen Mündeln/Betreuten der Vormund/Betreuer die nach § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB zu bewilligende Vergütung nach Maßgabe des § 1 BVormVG aus der Staatskasse verlangen kann. Dies galt sowohl für Berufs- als auch Vereinsbetreuer.

Nach § 1 Abs. 1 BVormVG in der für das Streitjahr geltenden Fassung beträgt die nach § 1836a BGB aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für jede Stunde der für die Führung der Vormundschaft/Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit fünfunddreißig Deutsche Mark; verfügt der Vormund über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich diese Vergütung

1. auf fünfundvierzig Deutsche Mark, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;

2. auf sechzig Deutsche Mark, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

Eine auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer wird, soweit sie nicht nach § 19 Abs. 1 UStG unerhoben bleibt, zusätzlich ersetzt.

Auf der Grundlage dieser Vorschrift ist für Berufsbetreuer und Vereinsbetreuer mit vergleichbarer Ausbildung gleichermaßen abgerechnet worden. Mit den sich aus § 1 BVormVG ergebenden Stundensätzen waren darüber hinaus auch sämtliche Kosten der Betreuer - auch der Berufsbetreuer - abgedeckt. Dies bedeutet, dass im Zusammenhang mit der Betreuung Mittelloser nunmehr auch Berufsbetreuer - wie zuvor auch schon die Vereinsbetreuer - nicht noch zusätzlich Ersatz von allgemeinen Verwaltungskosten etc. geltend machen konnten. Dies ist in den Parallelverfahren 5 K 6742/02 U und 5 K 5856/02 U durch das für die dortigen Kläger zuständige Amtsgericht "O-Stadt" auf entsprechende Nachfrage bestätigt worden.

Damit ist die Vergütungshöhe für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern und Berufsbetreuern identisch, soweit es die Betreuung Mittelloser betrifft. Da damit die Vergütung für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern nicht hinter der für Berufsbetreuer i. S. v. § 4 Nr. 18c UStG zurückbleibt, sind die Betreuungsleistungen insoweit nach deutschem UStG nicht steuerfrei.

Hiergegen lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht anführen, Betreuungsleistungen der Berufsbetreuer einerseits und der Vereinsbetreuer andererseits seien nicht vergleichbar.

Der Umstand, dass der Kläger als Betreuungsverein gemäß § 1908 f BGB Aufgaben zu erfüllen hat, die von einem Berufsbetreuer nicht zu erbringen sind, wie zum Beispiel die Schulung von Mitarbeitern, Gewinnung von ehrenamtlichen Kräften, Durchführung eines Erfahrungsaustauschs zwischen den Mitarbeitern etc. ist für das Abstandsgebot nach § 4 Nr. 18c UStG unerheblich. Die neben den Betreuungen durch den Kläger gem. § 1908 f Abs. 1 BGB zu erbringenden Tätigkeiten werden nicht gegen Entgelt erbracht und sind daher nicht umsatzsteuerbar. Vielmehr sind sie Voraussetzung dafür, dass der Verein überhaupt als Betreuungsverein und auch als gemeinnützig anerkannt wird. Dass die Einnahmen aus der Tätigkeit der Vereinsbetreuer möglicherweise auch zur Finanzierung dieser Aufgaben verwendet werden, ist unerheblich. Das Entgelt, das der Kläger für die durch Vereinsbetreuer erbrachte Betreuungsleistungen erhält, steht ausschließlich im Zusammenhang mit der jeweils konkreten Betreuungsleistung. Weitere Tätigkeiten sollen hiermit nicht abgegolten werden. Damit ist in die Betrachtung für den Entgeltvergleich nach § 4 Nr. 18c UStG ausschließlich die gegen Entgelt erbrachte Betreuungsleistung einzubeziehen.

Auch der Argumentation des Klägers, sein Entgelt bleibe deshalb hinter dem von Berufsbetreuern zurück, weil er die von ihm betreuten Personen anders als die Berufsbetreuer zusätzlich in psychologischer und sozialer Hinsicht betreue und deshalb für das selbe Geld eine umfassendere und vielfältigere Leistung erbringe, kann nicht gefolgt werden. Selbst wenn man unterstellt, dass Betreuungsvereinen beziehungsweise Vereinsbetreuern schwierigere Betreuungen zugewiesen werden, die von anderen Betreuern nicht mehr bewältigt werden können, so ergibt sich daraus nicht zwangsläufig, dass der Kläger für dasselbe Geld mehr leistet, als ein Berufsbetreuer. Denn ein höherer Schwierigkeitsgrad erfordert in aller Regel eine längere Arbeitszeit, die in der Vergütungshöhe berücksichtigt wird. Zum anderen richtet sich der Inhalt und der Umfang der Betreuungsleistung nach den persönlichen Bedürfnissen der betreuten Person. Das ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Beschränkung der Betreuung auf Aufgabenkreise, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 BGB). Entsprechende Betreuungsleistungen variieren deshalb zwangsläufig. Die gesetzlichen Vergütungsregeln tragen diesem Umstand Rechnung, indem sie die Vergütung nach dem Zeitaufwand bemessen. Denn die Vergütung erfolgt nach erforderlicher, tatsächlich aufgewendeter Zeit (§ 1 Abs. 1 BVormVG). Die Vergütungsregelung macht außerdem die Höhe der Vergütung von den Kenntnissen und Erfahrungen des Betreuers abhängig. Der Gesetzgeber berücksichtigt mithin die Unterschiede zwischen den einzelnen Betreuungsleistungen in der Vergütungshöhe.

Ein Zurückbleiben des Entgelts hinter dem durchschnittlich gezahlten Entgelt für Berufsbetreuer lässt sich auch nicht damit begründen, dass Berufsbetreuer regelmäßig einen Betrag in Höhe von z. B. 60,00 DM (bei hoch qualifizierten Betreuern i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BVormVG) zuzüglich Umsatzsteuer abgerechnet hätten, die Nachberechnung von Umsatzsteuer für die Leistungen der Vereinsbetreuer aber nicht möglich sei und diese damit aus den vereinnahmten Beträgen noch herauszurechnen sei. Die Umsatzsteuer gehört zwar nicht zum Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Sie mindert insofern das Entgelt, soweit ihre Übernahme durch das Amtsgericht abgelehnt werden sollte. Selbst wenn das zuständige Gericht entgegen § 1 Satz 3 BVormVG, wonach eine auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer zusätzlich ersetzt wird, die Umsatzsteuer nicht ersetzen sollte, reicht dieser Umstand aber nicht zur Gewährung der Steuerfreiheit aus. Entscheidend ist, dass die von dem Kläger erbrachten Leistungen von Anfang an auf einer kalkulatorischen Grundlage in Höhe von z. B. 60,00 DM (bei hoch qualifizierten Betreuern i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BVormVG) erbracht wurden. Damit hat sich der Kläger kalkulatorisch an der von den Berufsbetreuern abgerechneten Summe orientiert. Würde man mit dem Argument, dass das Entgelt für Vereinsbetreuer nach Herausrechnung der Umsatzsteuer hinter dem Entgelt für Berufsbetreuer zurückbleibe, eine Steuerbefreiung gewähren, wären die Entgelte von Vereins- und Berufsbetreuern nach Bewilligung der Steuerbefreiung wieder gleich hoch. Die Steuerbefreiung müsste wieder versagt werden. Würde man die Betrachtung hierauf reduzieren, könnte niemals entschieden werden, ob die Umsätze steuerpflichtig oder steuerfrei sind, weil sich aus der Behandlung als steuerfrei stets die Steuerpflicht, aus der Behandlung als steuerpflichtig dagegen stets die Steuerbefreiung ergäbe (Ping-Pong-Effekt).

Letztlich kann diese Frage aber dahin gestellt bleiben. Denn sämtliche hier im Raum stehenden Betreuungsleistungen sind umsatzsteuerfrei nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG. Dies gilt auch für die ab dem Jahre 1999 gegenüber Mittellosen erbrachten Betreuungsleistungen. Der Kläger kann sich insoweit unmittelbar auf die Richtlinie berufen.

Ein Einzelner kann sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen. Er kann sich auf diese Bestimmungen auch berufen, soweit sie so geartet sind, dass sie Rechte festlegen, die der Einzelne gegenüber dem Staat geltend machen kann. Ein Mitgliedstaat kann einem Steuerpflichtigen, der beweisen kann, dass er steuerrechtlich unter einen Befreiungstatbestand der Richtlinie fällt, nicht entgegenhalten, dass er die Vorschriften, die die Anwendung eben dieser Steuerbefreiung erleichtern sollen, nicht erlassen hat (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 10.09.2002, Rs. C-141/00 - Kügler -, Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs -EuGHE- 2002, I-6833, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2002, 513 m. w. N.).

Artikel 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG zählt die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, hinreichend genau und unbedingt im o. g. Sinne auf (EuGH, Urteil vom 10.09.2002, a. a. O.).

Nach Artikel 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Umsatzsteuer die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von den betreffenden Mitgliedsstaaten als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen.

Die durch den Kläger mit Hilfe seiner Vereinsbetreuer erbrachten Betreuungsleistungen sind unstreitig Dienstleistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit im Sinne dieser Vorschrift verbunden sind. Darüber hinaus handelt es sich beim Kläger auch unstreitig um eine in Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter.

Die Steuerbefreiung ist auch nicht nach Artikel 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich ausgeschlossen. Hiernach kommt eine Steuerbefreiung z. B. nach Artikel 13 Teil A (1) Buchst. g) für Leistungen nicht in Betracht, die im wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.

Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich gegen einen Ausschluss der Steuerfreiheit hiernach aber nicht anführen, auch Berufsbetreuer unterlägen nicht der Mehrwertsteuer, weil auch sie soziale Einrichtungen im Sinne von Art. 13 Teil A (1) Buchstabe g) seien, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen erbrächten. Berufsbetreuer sind keine in Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter in diesem Sinne.

Art. 13 Teil A (1) Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG räumt den Mitgliedstaaten ein Ermessen in der Frage ein, ob sie bestimmten Einrichtungen sozialen Charakter zuerkennen oder nicht. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Einrichtung als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist, sind spezifische nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit zu berücksichtigen. Außerdem ist der Umstand zu beachten, ob Gemeinschaften mit den gleichen Tätigkeiten wie ein Berufsbetreuer wegen des mit diesen Tätigkeiten verbundenen Gemeinwohlinteresses bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung kommen. Auch kommt dem Umstand rechtserhebliche Bedeutung zu, ob und welche der Kosten für welche von einem Berufsbetreuer erbrachten Leistungen zum großen Teil von durch Gesetz errichtete Krankenkassen oder von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden, zu denen private Wirtschaftsteilnehmer, wie z. B. Berufsbetreuer, vertragliche Beziehungen unterhalten (vgl. hierzu z.B. BFH, Urteil vom 22.04.2004, V R 1/98, BStBl II 2004, 849 m. w. N.).

Zwar hat der BFH (dem EuGH folgend) entschieden, dass der Begriff der Einrichtung grundsätzlich weit genug sei, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (vgl. BFH, Urteil vom 18.08.2005, V R 71/03, BStBl II 2006, 143 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 26.05.2005, C-498/03, UR 2005, 453). Potenziell könnten damit auch Berufsbetreuer soziale Einrichtungen im Sinne von Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) darstellen. In Deutschland sind Berufsbetreuer aber - unabhängig davon, dass sie zweifelsohne auch Leistungen auf dem Gebiet der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit erbringen - nicht als soziale Einrichtungen anerkannt. Das hierfür maßgebliche deutsche Normengeflecht lässt jedenfalls einen derartigen Rückschluss nicht zu.

Ein Berufsbetreuer kann z. B. nicht bereits deswegen als Einrichtung mit sozialem Charakter qualifiziert werden, weil andere Institutionen, wie z. B. Betreuungsvereine, die vergleichbare Tätigkeiten erbringen, bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung kommen. So sieht das deutsche UStG in § 4 Nr. 18 UStG für Betreuungsleistungen der Betreuungsvereine, die einem Wohlfahrtsverband angeschlossen sind, zwar eine Steuerfreiheit unter bestimmten Voraussetzungen vor. Neben der Berücksichtigung des Abstandsgebots in § 4 Nr. 18c UStG gehört hier aber gem. § 4 Nr. 18a UStG dazu, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient; hierfür ist u. a. ausschlaggebend, dass er die Erfüllung der sich aus § 1908 f BGB ergebenden Aufgaben eines Betreuungsvereines gewährleistet. Derartige Aufgaben sind von Berufsbetreuern nicht zu erfüllen. Für die Frage, ob Berufsbetreuer als Einrichtung mit sozialem Charakter zu qualifizieren sind, gibt die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG somit nichts her, denn es fehlt insoweit an der Vergleichbarkeit von Betreuungsvereinen und Berufsbetreuern.

Auch aus den Vergütungsregeln lässt sich nicht der Schluss ziehen, Berufsbetreuer seien in Deutschland als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt. So werden die Kosten, die infolge der Betreuung durch einen Berufsbetreuer entstehen, nicht von Krankenkassen oder Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen. Nur bei mittellosen Betreuten wird die Vergütung des Berufsbetreuers durch die Staatskasse gezahlt; dies kann aber nicht auf eine Stufe gestellt werden mit einer Kostenübernahme durch die Sozialversicherung. Vielmehr besteht insoweit eine Vergleichbarkeit mit der Prozesskostenhilfe für mittellose Rechtssuchende, die ebenfalls aus der Staatskasse gezahlt wird. Ein beigeordneter Rechtsanwalt dürfte sicher nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen sein. Zu beachten ist auch, dass die Vergütungsregeln für berufsmäßige Betreuer u. a. auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 1. Juli 1980, 1 BvR 349/75, 1 BvR 378/76, amtliche Sammlung von Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 54, 251, 266, zurückgehen. Bei berufsmäßig tätigen Vormündern/Betreuern ist es nach dieser Entscheidung mit dem durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz -GG- geschützten Recht der freien Berufsausübung unvereinbar, eine angemessene Entschädigung für ihre Inanspruchnahme durch den Staat zu verweigern. Die in das Betreuungsrecht aufgenommenen Vergütungsregeln sollten u. a. diese Vorgaben des BverfG gesetzlich umsetzen (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 11/4528, 110). Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass Deutschland den Berufsbetreuer als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt habe.

Ein Ausschluss der Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich ist aber zu verneinen, weil eine klassische Wettbewerbssituation zwischen Vereinsbetreuern und Berufsbetreuern nicht besteht. Nach der Konzeption des BGB sind Betreuungen grundsätzlich durch ehrenamtliche Betreuer unentgeltlich auszuüben, vgl. z. B. §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 BGB. In diesem Zusammenhang haben auch Betreuungsvereine, insbesondere deren hauptamtliche Mitarbeiter, also die Vereinsbetreuer, neben der Durchführung von Betreuungen die Aufgabe, sich planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer zu bemühen, § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 BGB. Ohne derartige Tätigkeiten der Vereinsbetreuer ließe sich das Konzept, Betreuungen in erster Linie durch Ehrenamtliche ausführen zu lassen, überhaupt nicht durchsetzen. Gemäß § 1897 Abs. 6 BGB sollen berufsmäßige Betreuer nur dann bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist. Hieraus ergibt sich nicht nur, dass in erster Linie ehrenamtliche Betreuer bestellt werden sollen, sondern außerdem, dass der Gesetzgeber einen Wettbewerb zwischen Vereinsbetreuern und Berufsbetreuern nicht gewollt hat. Berufsbetreuer sollen durch das zuständige Vormundschaftsgericht erst im Falle einer Mangelsituation bestellt werden. Eine derartige Mangelsituation kann i. ü. im Regelfall als gegeben unterstellt werden. So reichte bzw. reicht bundesweit die Zahl von ehrenamtlichen Betreuern und Vereinsbetreuern bei weitem nicht aus, um die Anzahl der nötigen Betreuungen abzudecken; vielmehr ist ein steigender Bedarf an Berufsbetreuern - unabhängig von der Zahl der Vereinsbetreuer - festzustellen (vgl. hierzu z. B. Deinert "Zur steigenden Zahl von Menschen unter rechtlicher Betreuung" in: Verbandszeitung DES BdB e.V./Bundesverband DER BERUFSBETREUER/-INNEN, Heft Nr. 39, April 2002, S. 21 ff). Der Senat geht davon aus, dass die Situation im Bezirk des für den Kläger zuständigen Amtsgerichts "S-Stadt" vergleichbar ist. Neben der gesetzlichen Konzeption ergibt sich damit auch aus den tatsächlichen Gegebenheiten, dass Berufsbetreuer und Vereinsbetreuer üblicherweise nicht in Konkurrenz zueinander auf dem Markt als Wettbewerber auftreten.

Die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer sind auch nicht "im wesentlichen dazu bestimmt..." i. S. v. Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Vielmehr handelt der Kläger bei der Erbringung der Betreuungsleistungen in unmittelbarer Erfüllung seiner Satzungszwecke. Er ist als Betreuungsverein außerdem gesetzlich gem. § 1908 f Abs. 1 Nr. 1 BGB verpflichtet, eine ausreichende Zahl geeigneter professioneller Mitarbeiter (Vereinsbetreuer) vorzuhalten, die neben der Gewinnung von ehrenamtlichen Mitgliedern auch konkret zur Erbringung von - insbesondere schwierigen - Betreuungsleistungen eingesetzt werden (vgl. hierzu Diederichsen in: Palandt, BGB, 62. Aufl., § 1908 f Rz. 3). Die Erzielung zusätzlicher Einnahmen ist damit zweitrangig und nur ein Annex zu den sich aus den Satzungszwecken ergebenden und vom Gesetzgeber geforderten Tätigkeiten.

Schließlich spricht gegen eine Steuerbefreiung auch nicht, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) der Richtlinie 77/388/EWG die Gewährung der Steuerbefreiung für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der dann folgenden vier Bedingungen abhängig machen können.

Diese Beschränkung der Befreiungsregel hat nur Eventualcharakter. Ein Mitgliedstaat, der es - wie hier - unterlassen hat, die insoweit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, kann sich nicht auf sein eigenes Unterlassen berufen, um einem Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung zu verwehren, die dieser - wie im Streitfall der Kläger - nach der Richtlinie 77/388/EWG in Anspruch nehmen kann (EuGH, Urteil vom 10.09.2002, a. a. O.).

Eine Einschränkung der Steuerfreiheit durch den deutschen Gesetzgeber stellt das Abstandsgebot gem. § 4 Nr. 18c UStG dar. § 4 Nr. 18c UStG ist aber weder durch die in Betracht kommenden Bedingungen nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich noch 4. Spiegelstrich gedeckt.

Die Bedingung laut Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich lautet wie folgt:

a. Es müssen Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssten Preise angewendet werden, die unter den Preisen liegen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für entsprechende Tätigkeiten gefordert werden.

Diese Regelung ist durch den deutschen Gesetzgeber nur unvollständig in nationales Recht umgesetzt worden. Zwar geht die umsatzsteuerrechtliche Kommentarliteratur offenbar davon aus, dass § 4 Nr. 18c UStG von der Richtlinie gedeckt ist (vgl. z.B. Kraeusel in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 7 f.; Huschens in: Vogel/Schwarz, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 9). Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG zwischen genehmigten Preisen und solchen Tätigkeiten unterscheidet, bei denen eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist; ein Abstandsgebot ist nur bei Preisen erlaubt, "für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist". Demgegenüber gilt das Abstandsgebot des § 4 Nr. 18 c UStG seinem Wortlaut nach einschränkungslos. Zwar gestattet die Richtlinie, den Mitgliedsstaaten die Steuerbefreiung von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der aufgeführten Bedingungen abhängig zu machen. Dies geht aber nicht soweit, dass einzelne Bedingungen nur zum Teil in nationales Recht übernommen werden können. Vielmehr sind die Mitgliedsstaaten an den Inhalt der einzelnen Bedingungen gebunden (vgl. hierzu auch Hüttemann, UR 2006, 441, 451). Für die Bedingung des Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie ergibt sich daraus, dass die Entgeltbeschränkung nur in der Weise in das nationale Recht eines Mitgliedsstaates übernommen werden darf, dass genehmigte Preise von dieser Voraussetzung ausgenommen werden. § 4 Nr. 18 c) UStG kann damit nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie gestützt werden.

Selbst wenn man die Auffassung verträte, § 4 Nr. 18 c UStG lasse sich richtliniekonform dahingehend auslegen, dass das Abstandsgebot bei "genehmigten Preisen" keine Anwendung finde, so würde dies letztlich nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Denn bei den in Frage stehenden Entgelten für die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer handelt es sich um behördlich genehmigte Preise in diesem Sinne. So wurde die Höhe der abzurechnenden Vergütungen in den Streitjahren 1996 - 1998 (sowie ab dem Streitjahr 1999 hinsichtlich der Betreuung nicht Mittelloser) durch das zuständige Vormundschaftsgericht bestimmt. Hinsichtlich der Betreuung Mittelloser galten ab dem Streitjahr 1999 die gesetzlichen Vergütungsregeln nach dem BVormVG. Hierbei handelt es sich nach Überzeugung des Senats erst recht um genehmigte Preise im Sinne der Richtlinie. Zwar sind die Preise insoweit nicht, wie vom Richtlinienwortlaut vorausgesetzt, von einer Behörde genehmigt worden. Entscheidend ist aber allein, dass die Entgelte nicht frei kalkulierbar waren, sondern von einer staatlichen Einrichtung gebilligt worden sind (so auch Hüttemann, UR 2006, 441, 457 u. a. unter Hinweis auf die englische Textfassung: "... prices approved by the public authorities.")

Das Abstandsgebot des § 4 Nr. 18 c) UStG findet seine Grundlage - entgegen teilweise vertretener Ansicht (vgl. z. B. Kossack in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 18 UStG, Rz. 30) - auch nicht in der Bedingung nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich, die wie folgt lautet:

Die Befreiungen dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führen.

Abgesehen davon, dass im Streitfall nach den obigen Ausführungen zu Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich eine Wettbewerbssituation zwischen Berufs- und Vereinsbetreuern gar nicht besteht, kann diese Regelung nicht die Grundlage von § 4 Nr. 18c UStG bilden. Denn Wettbewerbsverzerrungen im Sinne von Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich träten insbesondere bei Einhaltung des Abstandsgebots ein. Gerade dann, wenn die Wohlfahrtseinrichtung ihre Leistungen zu niedrigeren Entgelten anbieten, dürfte es - auch durch die Weitergabe des Umsatzsteuervorteils - zu einem verschärften Preiswettbewerb und zur Verdrängung gewerblicher Anbieter kommen. Die Einhaltung des Abstandsgebots würde daher die Wettbewerbssituation zu Lasten gewerblicher Anbieter eher noch verstärken.

Die in Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Differenzierung zwischen genehmigten und nicht genehmigungsbedürftigen Preisen würde außerdem gegenstandslos, wenn sich bereits aus der Bedingung des Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich der Richtlinie ein uneingeschränktes Abstandsgebot ergeben würde. Einer solchen Auslegung kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil der Richtliniengeber in Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich ausdrücklich die Umsatzsteuerfreiheit von Dienstleistungen, die zu "genehmigten Preisen" ausgeführt werden, statuiert hat. Der Systematik der Richtlinienbestimmung wird nur eine Auslegung gerecht, die Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a) 3. Spiegelstrich in Hinsicht auf eine Einschränkung der Umsatzsteuerbefreiung nach der Höhe der verlangten Entgelte als die spezielle Norm versteht (so jedenfalls Hüttemann, UR 2006, 441, 451 f).

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück