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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 5 V 1731/07 A (U)
Rechtsgebiete: UStG, LoStV, FGO
Vorschriften:
UStG § 3 Abs. 11 | |
UStG § 4 Nr. 9b) | |
LoStV § 14 | |
FGO § 69 Abs. 2 S. 2 | |
FGO § 69 Abs. 2 S. 3 | |
FGO § 69 Abs. 2 S. 4 | |
FGO § 69 Abs. 2 S. 5 | |
FGO § 69 Abs. 2 S. 6 | |
FGO § 69 Abs. 3 S. 1 |
Finanzgericht Düsseldorf
5 V 1731/07 A (U)
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin war in den Streitjahren 2002 bis 2004 in der Rechtsform einer GmbH als sog. Lottoprojektgesellschaft mit der Zusammenstellung von Lottotippgemeinschaften unternehmerisch tätig. Sie gehörte neben weiteren Firmen mit vergleichbarem Unternehmensgegenstand der "C" Gruppe an.
Die im Wege von Werberundschreiben, Telefonanrufen und später auch mittels Fernsehwerbung akquirierten Kunden stellte die Antragstellerin nach dem Zufallsprinzip zu Tippgemeinschaften von etwa 70 Spielern zusammen, auf deren Zusammensetzung die Kunden keinen Einfluss hatten.
Mittels einer speziell für diesen Zweck entwickelten und angeschafften Computersoftware wurden Lottozahlenreihen auf der Grundlage einer statistischen Auswertung der bisherigen Ziehungen ermittelt und den zuvor gebildeten Tippgemeinschaften zugeordnet, deren Mitglieder schriftlich über die zugeordneten Zahlenreihen informiert wurden.
Die Lottospielscheine wurden elektronisch auf Grundlage von entsprechenden Vereinbarungen an die staatlichen Lotteriegesellschaften "S" GmbH in "L-Stadt" bzw. an die "T" GmbH in "R-Stadt" übermittelt.
Diesbezüglich befinden sich in den Steuerakten zwei Rahmenverträge zwischen der Firma "Ca" und den Lotteriegesellschaften "S" GmbH bzw. der "T" GmbH, auf deren Inhalte im Folgenden Bezug genommen wird und die nach Darstellung der Antragstellerin auch ihre Rechtsverhältnisse zu den Lottogesellschaften regeln sollten.
Im Anschluss an die jeweiligen Lottoziehungen wurden von der Antragstellerin die Spielscheine ausgewertet, die Gewinnquoten ermittelt und die Spieler über die Ergebnisse informiert. Die Gewinne, die in den Tippgemeinschaften erzielt wurden, wurden zunächst auf einem in der Obhut eines Steuerberaters befindlichen Treuhandkonto gesammelt und von dort anteilig von der Antragstellerin an die entsprechenden Mitspieler überwiesen.
Die Antragstellerin verlangte für die Teilnahme an einer Tippgemeinschaft von ihren Kunden ein einheitliches Entgelt, von dem anfangs ca. 50 %, später dann aufgrund staatsvertraglicher Regelungen im Lotteriestaatsvertrag ca. 67 % auf den reinen Lottoeinsatz entfielen. Den überschüssigen Betrag verwendete die Antragstellerin zur Deckung ihrer Kosten und als Gewinn ihrer unternehmerischen Tätigkeit.
Die Antragstellerin behandelte in ihren Umsatzsteuererklärungen die Spielanteile, welche an die Lottogesellschaften weiter geleitet wurden, als nichtsteuerbar, da es sich lediglich um durchlaufende Posten handele.
Bezüglich der bei ihr verbliebenen Beträge ging die Antragstellerin in ihren Erklärungen davon aus, dass es sich hierbei um Entgelt für Geschäftsbesorgungsleistungen handele, die allerdings wegen § 3 Abs. 11 UStG aufgrund der Steuerfreiheit der besorgten Lotterieumsätze gemäß § 4 Nr. 9 b) UStG ebenfalls steuerbefreit seien.
Im Rahmen einer bei der Antragstellerin durchgeführten Betriebsprüfung u.a. betreffend Umsatzsteuer 2002 bis 2004 gelangte der Prüfer in seinem Prüfungsbericht vom 29.1.2007 zu der Feststellung, dass es sich bei den von der Antragstellerin als steuerfreie Geschäftsbesorgungsleistungen behandelten Umsätzen tatsächlich um steuerpflichtige Vermittlungsumsätze gehandelt habe, da die Antragstellerin im Verhältnis zu den staatlichen Lotteriegesellschaften nicht im eigenen Namen und lediglich für Rechnung der Tippgemeinschaften, sondern im Namen der jeweiligen Tippgemeinschaften bzw. des einzelnen Lottospielers und für deren Rechnung aufgetreten sei. Zwischen den Lottospielern und den Lottogesellschaften seien auf Vermittlung der Antragstellerin hin unmittelbare Rechtsbeziehungen zustande gekommen, wobei es unter Berücksichtung der Rechtsprechung des BFH in dessen Urteil V R 44/99 vom 16.03.2000 (BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361) für die Annahme einer Vermittlung nicht notwendig sei, dass der Name des Vertretenen bei Vertragsabschluss durch den Vertreter genannt werde; ein Handeln in fremdem Namen könne sich insoweit auch aus den sonstigen Umständen ergeben.
Infolge der Feststellungen des Betriebsprüfers änderte der Antragsgegner, das Finanzamt - FA -, die zunächst erklärungsgemäß ergangenen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2004 und unterwarf in den Änderungsbescheiden vom 13.2.2007 die von der Antragstellerin vereinnahmten Beträge, soweit sie diese nicht als Spielanteile an die Lottogesellschaften weiter geleitet hatte, als umsatzsteuerpflichtige Umsätze mit Vorsteuerabzugsberechtigung der Umsatzsteuer.
Die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen hatte Umsatzsteuernachforderungen in Höhe von 56.463,82 EUR (2002), 68.587,29 EUR (2003) und 65.370,05 EUR (2004) zur Folge.
Gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide hat die Antragstellerin Einspruch erhoben, über den das FA bislang noch nicht entschieden hat. Gleichzeitig hat sie beim FA einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, den dieses durch Schreiben vom 21.3.2007 abgelehnt hat.
Hierauf hat die Antragstellerin die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung der Änderungsbescheide beantragt. Sie ist der Ansicht, das FA habe zu Unrecht gemäß §§ 3 Abs.11 i.V.m. 4 Nr.9 b) UStG steuerfreie Geschäftsbesorgungsumsätze als steuerpflichtige Vermittlungsumsätze behandelt.
Die Antragstellerin sei gegenüber den staatlichen Lotteriegesellschaften "S" GmbH und "T" GmbH in eigenem Namen und lediglich auf Rechnung der von ihr geworbenen Lottospieler tätig geworden. Die Namen der Lottospieler seien diesen Gesellschaften nicht genannt worden.
Im übrigen beruft sich die Antragstellerin auch auf Vertrauensschutzgesichtspunkte, da die Finanzverwaltung für die den Streitjahren vorangegangenen Veranlagungszeiträumen stets ebenfalls von steuerfreien Geschäftsbesorgungs-leistungen der Antragstellerin ausgegangen sei und hierbei eine entsprechende Verfügung der OFD Hamburg vom 22.12.1998 - Az.: S 3 S 7110 - 10/89 - berücksichtigt habe. Außerdem habe die Finanzverwaltung wiederholt bei Umsatzsteuersonderprüfungen betreffend andere Lottoprojektgesellschaften, die wie die Antragstellerin der "C" Gruppe angehörten, die bei den Lottoprojektgesellschaften verbliebenen Beträge als Entgelt für steuerfreie Geschäftsbesorgungsleistungen behandelt.
Die Antragstellerin beantragt,
die Umsatzsteueränderungsbescheide 2002 bis 2004 vom 13.2.2007 in Höhe von 40.996,95 EUR (2002), 72.068,63 EUR (2003) und 68.637,05 EUR (2004) von der Vollziehung auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Das FA hält unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH in dessen Urteil V R 44/99 vom 16.03.2000 (a.a.O.) an seiner Rechtsauffassung fest, wonach die hier streitigen Umsätze nicht als steuerfreie Geschäftsbesorgungsumsätze, sondern als steuerpflichtige Vermittlungsumsätze zu beurteilen seien. Danach sei für die Annahme von Vermittlungsleistungen nicht mehr erforderlich, dass die Namen der einzelnen Lottospieler den Lottogesellschaften mitgeteilt würden. Ausreichend sei, dass die Antragstellerin intern Listen geführt habe, welche Mitspieler an welcher Tippgemeinschaft beteiligt seien und auf ein mögliches Verlangen der Lottogesellschaften hin diese hätte benennen können.
Das Gericht hat die Antragstellerin erfolglos aufgefordert, die nicht in den Steuer- und Betriebsprüfungsakten befindlichen Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und den Lottospielern sowie die von der Antragstellerin in den Streitjahren verwendeten Werberundschreiben dem Gericht vorzulegen.
II.
Der zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteueränderungsbescheide 2002 bis 2004 ist unbegründet, da der Senat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Bescheide, in denen die Umsätze der Antragstellerin als steuerpflichtig behandelt werden, hat.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 Finanzgerichtsordnung - FGO - kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegt nicht vor. Der Steuer-pflichtige muss substantiiert darlegen, dass diese Voraussetzungen in seinem Fall er-füllt sind. Hierfür ist jedoch weder etwas vorgetragen worden noch sind derartige Gründe aus den Akten ersichtlich.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen er-kennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfra-gen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen be-steht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 1994 I B 241/93, BFH/NV 1995, 334;vom 8. August 2001 I B 40/01, BFH/NV 2001, 1536).
Der Senat hat hiernach bei Berücksichtigung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, wie dieser sich nach dem Vorbringen der Beteiligten und dem Inhalt der vorliegenden Steuerakten darstellt, keine ernstlichen Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht der von der Antragstellerin in den Streitjahren getätigten Umsätze.
Unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob das Auftreten der Antragstellerin gegenüber den staatlichen Lotteriegesellschaften "S" GmbH und "T" GmbH als Vermittlung von Lotterieumsätzen oder als Geschäftsbesorgung zu werten ist, dürften diese Leistungen lediglich unselbständige Bestandteile sonstiger einheitlicher und steuerpflichtiger Leistungen, welche die Antragstellerin an die von ihr geworbenen Lottospieler erbracht hat, darstellen.
1. Zwar ist den Beteiligten darin zuzustimmen, dass die Einordnung der von der Antragstellerin erbrachten Leistungen als Vermittlung von steuerfreien Umsätzen i.S. des § 4 Nr.9 b) UStG mangels Eingreifens einer Steuerbefreiungsvorschrift die Steuerpflicht dieser Umsätze zur Folge hätte, während die Annahme, es habe sich hierbei um reine Geschäftsbesorgungsleistungen in Bezug auf steuerfreie Lotterieumsätze gehandelt, wegen § 3 Abs.1 UStG i.V.m. § 4 Nr.9 b) UStG die Steuerfreiheit der Umsätze zur Folge hätte.
Ohne dass es hierzu einer abschließenden Entscheidung bedarf, tendiert der Senat nach dem Sachvortrag der Beteiligten und den dem Gericht zur Verfügung stehenden Unterlagen - insbesondere dem Inhalt der beiden Rahmenverträge mit der "S" GmbH und "T" GmbH - zu der Ansicht, dass das Auftreten der Antragstellerin gegenüber den staatlichen Lotteriegesellschaften als Handeln im Namen und für Rechnung der akquirierten Lottospieler und damit - für sich genommen - als Vermittlungsleistung zu bewerten ist.
Hiergegen wendet die Antragstellerin ein, dass sie gegenüber den Lottogesellschaften stets in eigenem Namen und lediglich für Rechnung der von ihr geworbenen Lottospieler gehandelt habe und daher ihre Umsätze als Geschäftsbesorgungsleistungen zu qualifizieren seien.
Grundsätzlich hätte es der Antragstellerin, die sich auf die Steuerfreiheit der von ihr erbrachten Leistungen gemäß §§ 3 Abs.11 i.V.m. 4 Nr.9 b) UStG beruft, oblegen, das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür nachzuweisen, bzw. in diesem summarischen Verfahren zumindest glaubhaft zu machen.
Dementsprechend hatte der Senat die Antragstellerin aufgefordert, zusätzlich zu den beiden Rahmenverträgen der "C" Gruppe mit den Lottogesellschaften "S" GmbH und "T" GmbH die Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und den Lottospielern sowie die von der Antragstellerin in den Streitjahren verwendeten Werberundschreiben dem Gericht vorzulegen, um sich ein genaueres Bild von den zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen zu machen.
Da nach Darstellung der Antragstellerin diese angeforderten Unterlagen nicht mehr vorgelegt werden können, standen dem Senat lediglich die beiden Verträge mit den staatlichen Lotteriegesellschaften zur Verfügung, die allerdings nach den hierin enthaltenen Regelungen eher darauf hindeuten, dass die Antragstellerin gegenüber den Lottogesellschaften im Namen und für Rechnung der Lottospieler und damit als Vermittlerin tätig geworden ist. So wird in § 1 des Vertrages zwischen der Firma "Ca" und der "T" GmbH - dessen Regelungen auch die Rechtsbeziehungen der Antragstellerin zu der Lottogesellschaft zutreffend wiedergeben sollen - zum Gegenstand des Vertrages ausgeführt, dass sich die Firma "C" als Organisator von Spiel- und Wettgemeinschaften betätigt und im Rahmen dieser Tätigkeit im Namen und für Rechnung der Mitglieder dieser Spielgemeinschaften Spielaufträge zur Teilnahme am Zahlenlotto nebst entsprechenden Spieleinsätzen an diverse Lotterieunternehmen weiterleitet.
Für die Annahme einer vermittelnden Tätigkeit spricht auch, dass die Antragstellerin sich bei ihrem Handeln offensichtlich an der Vorschrift des § 14 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (Lotteriestaatsvertrag - LoStV - vom 26.6.2004) zu orientieren hatte, welche die gewerbliche Spielvermittlung regelt.
Soweit die Antragstellerin gegen die Annahme, sie habe steuerpflichtige Vermittlungsleistungen erbracht, den Einwand erhebt, sie sei gegenüber den Lottogesellschaften im eigenen Namen aufgetreten, diesen seien die Namen der Lottospieler gar nicht namentlich bekannt gewesen, kann sich das FA demgegenüber zu Recht auf die Rechtsprechung des BFH in dessenUrteil vom 16.03.2000 V R 44/99 (BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361) berufen, wonach ein Handeln in fremdem Namen nicht unbedingt zur Voraussetzung hat, dass der Name des Vertretenen bei Vertragsabschluss genannt wird. Vielmehr kann sich ein Vertretungshandeln auch aus den sonstigen Sachverhaltsumständen ergeben.
2. Ohne sich insoweit abschließend festlegen zu müssen, ob das Auftreten der Antragstellerin gegenüber den staatlichen Lottogesellschaften als Handeln im Namen und für Rechnung der Lottospieler und damit als vermittelnde Tätigkeit oder ob es als Handeln im eigenen Namen und lediglich für Rechnung der Spieler und damit als Geschäftsbesorgung zu beurteilen ist, dürften die Leistungen der Antragstellerin bei einer Gesamtbetrachtung jedoch in beiden Fällen aus anderen Erwägungen als steuerpflichtig anzusehen sein:
2.1. Die Leistung des Geschäftsbesorgers bzw. des Vermittlers ist nach der Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte (vgl. u.a. Urteil des BFH vom 18.05.1994, XI R 107/92, BFH/NV 1994, 913; Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.12.2006, 4 K 2638/01, EFG 2007, 715) nur dann einheitlich als Besorgungs- bzw. als Vermittlungsleistung zu beurteilen, wenn nicht neben der eigentlichen Besorgung oder Vermittlung weitere Leistungen mit eigenem wirtschaftlichen Gewicht erbracht werden.
In seinerEntscheidung vom 18.05.1994 (XI R 107/92, a.a.O.) macht der BFH zum Vorliegen von Besorgungsleistungen im Zusammenhang mit Warentermingeschäften folgende Ausführungen:
"Eine Besorgung liegt vor, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen, die er selbst nicht schuldet, durch einen Dritten erbringen lässt ("verdeckte Vermittlung"). Der Besorgungsunternehmer schuldet seinem Auftraggeber nicht die besorgte Leistung; er schuldet und erfüllt nur eine Geschäftsbesorgung i.S. des § 675 BGB. Wer für private Anleger im Erhebungsgebiet (Inland) Warenterminkontrakte besorgt, die an ausländischen Börsen gehandelt werden und die Geschäfte durch einen im eigenen Namen tätigen, im Außengebiet (Ausland) ansässigen Broker ausführen lässt, kann im Einzelfall eine Besorgungsleistung bewirken. Die Leistung des Besorgers ist aber nur dann einheitlich als Besorgungsleistung zu beurteilen, wenn nicht neben der eigentlichen Besorgung weitere Leistungen mit eigenem wirtschaftlichen Gewicht erbracht werden. Denn dann ist die Besorgungsleistung nur unselbständiger Teil einer einheitlichen sonstigen Leistung. Eine zusätzliche Beratungstätigkeit, die über eine Inkasso- und Auskunftstätigkeit hinausgeht, kann den Charakter der Leistung in der Weise verändern, dass die Beratungsleistung nicht lediglich im Gefolge der Besorgungsleistung erbracht wird, sondern Beratung und Besorgung zu einer eigenständigen sonstigen Leistung zusammenzufassen sind."
2.2. Bei Anwendung dieser Rechtsprechung auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die Leistungen der Antragstellerin - unabhängig davon, ob ihr Auftreten gegenüber den staatlichen Lotterieunternehmen als Handeln im eigenen Namen oder als Handeln im Namen der geworbenen Lottospieler anzusehen war - als einheitliche sonstige Leistungen steuerpflichtig sein dürften.
Ganz offensichtlich kam es den von der Antragstellerin akquirierten Lottospielern nicht vorrangig darauf an, über die Mitwirkung der Antragstellerin überhaupt Zugang zu den Leistungen der staatlichen Lotterieunternehmen zu erhalten und am Lottospiel teilzunehmen. Denn am Lottospiel kann jeder Interessent grundsätzlich leicht - und ohne hierfür ein erhebliches zusätzliches Entgelt für einen Vermittler bzw. Geschäftsbesorger aufbringen zu müssen - über die allerorts vorhandenen Lottoannahmestellen oder über das Internet teilnehmen. In beiden Fällen werden neben den Spielanteilen lediglich geringe Bearbeitungsgebühren erhoben.
Stellt aber alleine der Zugang zu den staatlichen Lottoziehungen aufgrund der jedermann möglichen Abgabe von Tippscheinen in den zahlreichen Lottoannahmestellen oder im Internet gegen ein nur geringfügig über den Spielanteilen liegendes Entgelt keinen messbaren eigenständigen Wert dar, so dürften hierauf gerichtete Vermittlungs- oder Geschäftsbesorgungsleistungen aus Sicht der Lottospieler, welche die Leistungen der Antragstellerin in Anspruch genommen haben, lediglich als unselbständiger Bestandteil der übrigen von der Antragstellerin erbrachten Leistungen zu beurteilen sein.
Aus Sicht der angeworbenen Lottospieler dürfte bei den Leistungen der Antragstellerin im Vordergrund gestanden haben, dass die Antragstellerin aus den Mitspielern Tippgemeinschaften von etwa 70 Spielern bildete, was für den einzelnen Spieler erwartungsgemäß eine Beteiligung an einer großen Zahl von Tippreihen und damit eine Erhöhung der Chancen, überhaupt einen Lottogewinn zu erzielen, zur Folge hatte.
Außerdem dürfte für die Lottospieler bei Inanspruchnahme der Leistungen der Antragstellerin auch relevant gewesen sein, dass die Antragstellerin die zu spielenden Zahlenreihen mittels einer für diesen Zweck entwickelten und angeschafften Computersoftware auf der Grundlage einer statistischen Auswertung der früheren Lottoziehungen ermittelte. Auch hierdurch dürften sich die Spieler eine Erhöhung ihrer eigenen Gewinnchance erhofft haben.
Die Bildung von Tippgemeinschaften einerseits und die Ermittlung der zu spielenden Zahlenreihen unter Zuhilfenahme statistischer, computergestützter Auswertungen andererseits waren bei lebensnaher Betrachtung aus Sicht der Lottospieler die ausschlaggebenden Gründe für die Inanspruchnahme der Leistungen der Antragstellerin. Die Vermittlung des Zugangs zu den Leistungen der staatlichen Lotteriegesellschaften bzw. die Geschäftsbesorgungsleistungen in Bezug auf die Lotterieteilnahmen sind hingegen bei lebensnaher Betrachtung - im Verhältnis zu der Erwartung der Lottospieler, mit Hilfe der Antragstellerin durch die Beteiligung an Tippgemeinschaften und durch eine "computeroptimierte" Ermittlung von Tippzahlen höhere Gewinnchancen zu erlangen - als nebensächlich anzusehen.
Nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH, insbesondere wie sie in dessenUrteil vom 18.05.1994, XI R 107/92 (a.a.O.) zum Ausdruck gekommen ist, dürften daher - aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers - sämtliche Leistungen der Klägerin, die sie gegenüber ihren Lottospielerkunden gegen Entgelt erbracht hat, als eigenständige, einheitliche sonstige Leistung, die mangels Eingreifens einer Steuerbefreiungsvorschrift steuerpflichtig ist, zusammen zu fassen sein. Unselbständige Bestandteile dieser eigenständigen Leistung sind die Bildung von Tippgemeinschaften, die computergestützte Ermittlung zu spielender Zahlenreihen, die Weiterleitung der Lottoscheine und der Spielanteile an die staatlichen Lottogesellschaften und die Verteilung der möglichen Gewinnanteile an die Mitspieler.
3. Auf Vertrauensschutz kann sich die Antragstellerin bei der Begründung ihres Aussetzungsantrags schon deshalb nicht mit Erfolg stützen, weil das FA einen Vertrauenstatbestand dahingehend, die bei der Antragstellerin verbliebenen Geldbeträge als Entgelt für steuerfreie Umsätze zu behandeln, nicht geschaffen hat.
Weder war das FA an die von der Antragstellerin angeführte Verfügung der OFD Hamburg vom 22.12.1998 - Az.: S 3 S 7110 - 10/89 - gebunden, noch kann sich die Antragstellerin auf eine verbindliche Zusage des FA über die steuerliche Behandlung ihrer Umsätze berufen.
Vielmehr standen die ursprünglich erklärungsgemäß ergangenen Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2004 bis zum Ergehen der Änderungsbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und konnten daher im Zuge der Betriebsprüfung gemäß § 164 Abs.2 der Abgabenordnung geändert werden.
Auch der Umstand, dass andere Lottoprojektgesellschaften sich im Rahmen von Betriebs- oder Umsatzsteuersonderprüfungen mit ihrer Rechtsauffassung in Bezug auf das Vorliegen gemäß §§ 3 Abs.11 i.V.m. 4 Nr.9 b) UStG steuerfreier Geschäftsbesorgungsleistungen offensichtlich durchgesetzt haben, gibt der Antragstellerin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Denn das Steuerrecht sieht eine "Gleichheit im Unrecht" nicht vor (vgl. u.a. Beschluss des BFH vom 12.10.2000, V B 66/00, BFH/NV 2001, 296).
Da in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden 2002 bis 2004 entsprechend der Auffassung des Gerichts die Umsätze der Antragstellerin als steuerpflichtig behandelt werden, gleichzeitig zugunsten der Antragstellerin nachträglich hierfür der Vorsteuerabzug gewährt wurde, war der Aussetzungsantrag insgesamt mit der Kostenfolge des § 135 Abs.1 FGO abzulehnen.
Ende der Entscheidung
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