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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.11.2008
Aktenzeichen: 6 K 4398/99 K,F
Rechtsgebiete: UmwStG


Vorschriften:

UmwStG 1995 n.F. § 12 Abs. 2
UmwStG 1995 n.F. § 27 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

6 K 4398/99 K,F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin war alleinige Anteilseignerin der "G-GmbH" ("G-GmbH"). Am 29.04.1997 beschloss der Vorstand der Klägerin, die "G-GmbH" auf die Klägerin zu verschmelzen. Der Aufsichtsrat der Klägerin stimmte dem unter dem 29.06.1997 zu. Der Verschmelzungsvertrag wurde am 25.06.1997, Verschmelzungsbeschluss und Anmeldung zur Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister wurden am 31.07.1997 notariell beurkundet. Am 07.08.1997 versandte der Notar die Anmeldung an die beteiligten Handelsregister in "T-Stadt" und "E-Stadt", die dort jeweils am nächsten Tag einging. In der Folgezeit wurde die Verschmelzung in die Handelsregister eingetragen. Das Unternehmen der "G-GmbH" wurde als Betriebsstätte der Klägerin fortgeführt.

Am 03.03.1998 gab die Klägerin, die nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 01.10 bis 30.09. bilanziert, die Körperschaftsteuererklärung für 1997 beim Beklagten ab. Aus der Verschmelzung mit der "G-GmbH" ermittelte sie einen Beteiligungskorrekturgewinn in Höhe von 9.144.564,03 DM. Unter Hinweis auf die "Deckelung" der Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 S. 4 UmwStG 1995 in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) geltenden Fassung (UmwStG 1995 a.F.). setzte die Klägerin bei der Ermittlung des Einkommens diesen Beteiligungskorrekturgewinn nicht an, weil der Buchwert der Beteiligung an der "G-GmbH" mit 5.500.000,01 DM den Teilwert der von der "G-GmbH" übernommenen Wirtschaftsgüter (insgesamt 3.500.000,00 DM) überstieg.

Der Beklagte vertrat die Ansicht, die Verschmelzung der "G-GmbH" auf die Klägerin sei nach § 12 Abs. 2 UmwStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UmwStG 1995 n.F.) zu beurteilen, das eine "Deckelung" des Beteiligungskorrekturgewinnes nicht mehr zuließ und berücksichtigte im Körperschaftsteuerbescheid für 1997 vom 18.05.1998 den Beteiligungskorrekturgewinn von 9.144.564 DM einkommenserhöhend.

Hiergegen hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, mit der sie sich weiterhin gegen den einkommenserhöhenden Ansatz des Beteiligungskorrekturgewinns wendet. Zur Begründung trägt sie vor:

Die ertragsteuerliche Beurteilung der Umwandlung richte sich im Streitfall nach § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. Die Änderungen des Umwandlungssteuergesetzes durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform seien noch nicht anwendbar, weil die Eintragung in das Handelsregister noch vor dem Stichtag (5.08.1997) des § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 4 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 (BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7) - UmwStG 1995 n.F. -- beantragt worden sei. Unter "Beantragen" im Sinne dieser Vorschrift sei nicht der Eingang der Anmeldung beim Handelsregister, sondern die notarielle Beurkundung der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister zu verstehen. Dies ergebe sich daraus, dass § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. nicht den in § 12 HGB, § 16 Umwandlungsgesetz und § 20 Abs. 8 S. 1 UmwStG 1995 verwendeten Terminus "Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister" verwende. Der Gesetzgeber habe mithin nicht auf den Eingang der Anmeldung beim Handelsregister abstellen, sondern offenbar einen anderen Zeitpunkt für den zeitlichen Anwendungsbereich der neuen Regelung festlegen wollen. Da der Begriff "Beantragen" bisher vom Gesetzgeber nicht verwendet worden sei, sei eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffes vorzunehmen, die dem Vertrauensschutz der Klägerin hinreichend Rechnung trage. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die notarielle Beurkundung der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister bereits am 31.07.1997 vorgenommen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin noch nicht damit rechnen können, dass eine geänderte Fassung von § 12 Abs. 2 UmwStG auf der Grundlage einer Empfehlung des Vermittlungsausschusses vom 04.08.1997 am 05.08.1997 durch den Bundestag beschlossen werden würde. Aus Sicht der Klägerin sei am 31.07.1997 mit der notariellen Beurkundung der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister und der Beauftragung des Notars zur Versendung der Anmeldungen an die zuständigen Handelsregister alles zur Durchführung der Verschmelzung Erforderliche getan gewesen. Bei verfassungskonformer Auslegung des Begriffs "Beantragen" könne daher nicht auf den Eingang der Anmeldung zum Handelsregister abgestellt werden, sondern allenfalls auf den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung der Anmeldung zum Handelsregister durch den zuständigen Notar. Dies gelte umso mehr, als für die Klägerin am 31.07.1997 auch keinerlei Veranlassung bestanden habe, den Notar anzuweisen, die Anmeldung zur Eintragung unmittelbar an das Handelsregister abzusenden.

Unabhängig von der Auslegung des Begriffs "Beantragen" ergebe sich aus dem Rechtsstaatsprinzip, dass ihr Vertrauensschutz zu gewähren sei. So sei nach dem BVerfG-Urteil vom 3. 12 1997 (2 BvR 882/97, Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 97, 67) zur rückwirkenden Aufhebung von Verschonungssubventionen von einer echten Rückwirkung des Gesetzes auszugehen, wenn dessen Verkündung nach der Disposition durch den Steuerpflichtigen erfolge. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sei in ihrem Fall von einer unzulässigen echten Rückwirkung auszugehen, denn sie habe ihre Dispositionen spätestens mit der notariellen Beurkundung der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister am 31.07.1997 abgeschlossen. Zudem bestehe nach der Rechtsprechung des BVerfG der Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung eines Gesetzes. Auf den Zeitpunkt des Beschlusses des Bundestages werde regelmäßig nur abgestellt, falls das Unterlaufen einer sofort in Kraft zu setzenden Regelung durch Gestaltungen des Steuerpflichtigen zwischen dem ersten Beschluss des Bundestages und der Verkündung des Gesetzes verhindert werden solle. Von einem derartigen Unterlaufen der Neufassung des § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 könne im Streitfall jedoch ersichtlich keine Rede sein, weil das mehrstufige Verschmelzungsverfahren, das mit der Beschlussfassung des Vorstandes im April 1997 begonnen habe, mit Ausnahme der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister bereits am 31.07.1997 und damit vor dem erstmaligen Beschluss des Bundestages beendet gewesen sei.

Dass durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. entfallen sei, sei im Übrigen auch im Zeitpunkt der Anmeldung zum Handelsregister durch den Notar am 07.08.1997 noch nicht einmal der Fachwelt bekannt gewesen. Anders als in dem im BFH-Urteil vom 29.04.2008 I R 103/01, BStBl II 2008, 723 entschiedenen Fall habe im Streitfall offenkundig auch keine Möglichkeit bestanden, auf die neue Rechtslage zu reagieren und sich hierauf einzustellen. Soweit der BFH in der vorgenannten Entscheidung mit Hinweis auf diese Möglichkeit einen - weitergehenden - Vertrauensschutz verneine, greife diese Begründung im Streitfall gerade nicht.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 1997 vom 13.05.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.06.1999 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um den Beteiligungskorrekturgewinn von 9.144.564,03 DM gemindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzulehnen.

Er sieht seine Auffassung durch das BFH-Urteil in BStBl II 2008, 723 bestätigt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat das Einkommen der Klägerin zu Recht um den Beteiligungskorrekturgewinn in Höhe von 9.144.564,03 DM erhöht, da auf den Umwandlungsvorgang § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 n.F. Anwendung findet.

1. § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 n.F. verstößt im Ergebnis nicht gegen (formelles) Verfassungsrecht. Zwar hat das BVerfG mit Beschluss vom 15.01.2008 2 BvL 12/01, BGBl I 2008, 481 entschieden, dass Art. 3 Nr. 4 Buchst. a des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform, auf dem die Änderung dieser Vorschrift beruht, wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Gleichzeitig hat das BVerfG jedoch festgestellt, dass die Vorschrift trotz des festgestellten Verfassungsverstoßes dennoch gültig ist, weil es trotz des festgestellten Verfassungsverstoßes an der nötigen Evidenz des Verfahrensverstoßes fehlt.

Nach Auffassung des BVerfG ist die Norm auch materiell verfassungsgemäß. Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, die Hinzurechnung entsprechend der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. zu begrenzen. Diese Begrenzung des Beteiligungskorrekturgewinns bei der übernehmenden Körperschaft gemäß § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. in Kombination mit der Verlustübertragung nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 eröffnete eine Gestaltungsmöglichkeit zur doppelten Verlustnutzung durch denselben Steuerpflichtigen. Dem Gesetzgeber war es unbenommen, diese Gestaltungsmöglichkeit zu verschließen.

2. Nach der Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. ist auf den vorliegenden Umwandlungsvorgang § 12 UmwStG 1995 n.F. anzuwenden, denn der Antrag auf Eintragung im Handelsregister ist erst am 7.08.2008 und damit nach dem maßgebenden Stichtag 5.08.2008 gestellt worden.

a) Allerdings hat der Senat im vorliegenden Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung vom 26.03.2001 6 V 5847/98 A (K) (veröffentlicht in EFG 1999, 673) bei summarischer Prüfung noch die Auffassung vertreten, dass § 27 Abs.3 UmwStG 1995 n.F. im Hinblick auf das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot in der Weise verfassungskonform auszulegen sein könnte, dass eine Anwendung von § 12 Abs.2 UmwStG 1995 a.F. jedenfalls dann in Betracht zu ziehen ist, wenn die Anmeldung einer Verschmelzung zur Eintragung beim Handelsregister bis zum 5.08.1998 notariell beurkundet worden ist. Dieser Auffassung haben sich weitere Finanzgerichte angeschlossen (z.B. FG Köln, Urteil vom 11.04.2001 1 K 8574/99, EFG 2001, 1088 und Hessisches FG, Urteil vom 26.07.2001 1 K 1946/98, EFG 2002, 59).

b) Der BFH hat dagegen im Urteil in BStBl II 2008, 725 eine derartige (verfassungskonforme) Auslegung der Übergangsregelung in § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. ausdrücklich verworfen. Der Regelungswortlaut sei hinreichend klar und belasse keine Auslegungsräume. Eine sachliche Unterscheidung zwischen Antrag und Anmeldung sei trotz der terminologischen Abweichung nicht gerechtfertigt. Auch bei der Anmeldung handele es sich der Sache nach um einen Antrag, so dass für einen von der Anmeldung abzugrenzenden Antrag auf Registereintragung kein Raum bleibe.

c) Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des BFH an, dass die im Senatsbeschluss in EFG 1999, 673 bei summarischer Prüfung getroffene Auslegung des § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. durch den Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt ist. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut werden der verfassungskonformen Auslegung jedoch Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers treten würde, kann auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden (vgl. hierzu Beschluss des BVerfG vom 11.01.2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

3. Nach Auffassung des BFH in BStBl II 2008, 723 stößt die in § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. angeordnete Rückwirkung der erst am 30.10.1997 in Kraft getretenen Neuregelung auf keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das BVerfG hat die Frage, ob mit der Streichung des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. eine verfassungswidrige Rückwirkung verbunden war, im Beschluss in BGBl I 2008, 481 (letzter Absatz) ausdrücklich offen gelassen.

a) Der BFH hält in der vorgenannten Entscheidung in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des BVerfG an der Unterscheidung zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) und der tatbestandlichen Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) fest, wobei er die Übergangsregelung des § 27 Abs. 3 UmwStG auch nach den strengen Maßstäben einer Rückbeziehung von Rechtsfolgen für verfassungsrechtlich zulässig erachtet. Er hält es in diesem Zusammenhang für ausschlaggebend, dass die Beteiligten noch Gelegenheit hatten, auf die neue Rechtslage zu reagieren und sich hierauf einzustellen.

b) Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass ihr eine derartige Reaktionsmöglichkeit im Streitfall verwehrt war. Denn es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Klägerin oder der von ihr beauftragte Notar am 07.08.1997, als die Anmeldung zur Eintragung der Verschmelzung an die beteiligten Handelsregister versandt wurde, bereits positive Kenntnis von der am 4.07.1997 im Vermittlungsausschuss vereinbarten und am Folgetag vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderung hatte, zumal selbst die Gesetzesvorlage des Bundesrats vom 4.07.1997 zu Fragen der Verlustnutzung bei Umwandlungen keine Äußerung enthalten hatte.

Dass die Klägerin auf die Gesetzesänderung nicht mehr reagieren konnte, vermag allerdings ihrer Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach dem maßgebenden Stichtag hätte eine denkbare Reaktion allenfalls darin bestehen können, die noch nicht endgültig vollzogene Verschmelzung abzubrechen. Eine nachträgliche Rückabwicklung der im Streitjahr vollzogenen Verschmelzung ist aber aus rechtlichen wie tatsächlichen Gründen ausgeschlossen. Die "G-GmbH" ist mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erloschen, die Anteile der Klägerin sind im selben Zeitpunkt untergegangen. Vor diesem Hintergrund ist für den Senat auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, warum der BFH die Zulässigkeit der Rückwirkung (auch) von der Möglichkeit des Steuerpflichtigen abhängig machen will, auf die neue Rechtslage zu reagieren.

Es kommt hinzu, dass die Klägerin mit ihrer Klage auch nicht die Rückabwicklung der Verschmelzung, sondern die Begrenzung des Beteiligungskorrekturgewinn nach § 12 Abs. 2 S. 4 UmwStG 1995 a.F. anstrebt, die gerade den Abschluss des Umwandlungsvorgangs voraussetzt.

c) Nach Auffassung des Senats ist die Frage des - positiven - Vertrauensschutzes, d.h. des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage vorrangig danach zu entscheiden, inwieweit zum maßgebenden Stichtag der Sachverhalt verwirklicht ist, den der Tatbestand der einschlägigen Norm des UmwStG erfasst. Sind zu diesem Zeitpunkt die erforderlichen Dispositionen noch nicht abschließend vollzogen, so führt dies im Ergebnis zu einer tatbestandlichen Rückanknüpfung. Hier kommt der verfassungsgerichtliche Grundsatz zum Tragen, dass das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die unveränderte Fortgeltung des bestehenden Rechtszustand von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht schutzwürdig ist (z.B. Beschluss des BVerfG vom 29.10.1987 1 BvR 672/87, HFR 1989, 152). Ein Anspruch der Klägerin auf Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. lässt sich damit auch nicht mit der fehlenden Kenntnis der geplanten und kurzfristig umgesetzten Gesetzesänderung begründen.

Im Streitfall waren die Dispositionen der Klägerin mit Ablauf des 5.08.1997 noch nicht abgeschlossen und damit auch noch keine steuerlichen Folgen aus dem Umwandlungsvorgang zu ziehen. Denn die Verschmelzung wird erst mit Eintragung der Verschmelzung im Register des übernehmenden Rechtsträgers wirksam (vgl. hierzu Blümich/Klingberg, UmwStG 1995 Vorb. 24). Die Anmeldung zur Registereintragung ist damit die letzte maßgebende Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestands, die vom Steuerpflichtigen selbst zu veranlassen ist. Diese Anmeldung ist noch nicht mit der Beauftragung des Notars vollzogen, der insoweit lediglich als Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers tätig wird (vgl. hierzu auch BFH-Urteil in BStBl II 2008, 723 unter C 2 b aa).

4. Der Senat verkennt nicht, dass die für Klägerin nicht vorhersehbare gewinnerhöhende Erfassung des Beteiligungskorrekturgewinns zu einer unzumutbaren Härte führen kann. Der Vertreter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass die Verschmelzung weder aus betrieblichen noch aus steuerlichen Gründen erforderlich gewesen wäre und in Kenntnis der geänderten Rechtsfolgen eine Umwandlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht durchgeführt worden wäre.

Auch wenn die Klägerin (von Verfassungs wegen) nicht die Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. verlangen kann, steht ihr jedoch zumindest ein Anspruch auf hinreichende Planungssicherheit und Vorhersehbarkeit der steuerlichen Folgen einer Umwandlung zu. Die für sie nicht vorhersehbare Gewinnerhöhung stellt eine sachliche Besonderheit des Streitfalls dar, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat und der durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernden Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen ist, als die steuerliche Belastung sachlich unbillig ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 26.05.1994 IV R 51/93, BStBl II 1994, 833, m.w.N.). Die Festsetzung einer Steuer kann vor allem dann sachlich unbillig sein, wenn sie den Geboten des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Erfordernis der Zumutbarkeit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widerspricht (vgl. BFH-Urteil vom 31.10.1990 I R 3/86, BStBl II 1991, 610). Hier verschafft die abweichende Festsetzung von Steuern nach § 163 AO oder der Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 227 AO die Möglichkeit, ungewollten Überhängen des gesetzlichen Tatbestandes entgegenzuwirken.

Da es sich bei dem Steuerfestsetzungs- und Billigkeitsverfahren um unterschiedliche verschiedene Verfahren handelt (sog. Zweigleisigkeit), können derartige Billigkeitserwägungen im vorliegenden Rechtsstreit, der die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung betrifft, jedoch nicht berücksichtigt werden (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 4.07.2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.



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