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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 7 K 3473/05 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 35
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

7 K 3473/05 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Der Kläger ist seit dem 19. 12. 1998 Alleingesellschafter der T-GmbH, L-Stadt. Durch Vermietung des im Eigentum des Klägers stehenden Betriebsgrundstücks L-Stadt, L-Str. an die GmbH besteht seit September 2001 eine Betriebsaufspaltung. In der Einkommensteuererklärung 2002 erklärte der Kläger gewerbliche Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks an die GmbH von ./. 3.998 EUR und Gewinnanteile aus der GmbH-Beteiligung von 106.065 EUR. Er beantragte für die gewerblichen Einkünfte aus der Ausschüttung die Steuerermäßigung nach § 35 EStG. Nachdem der Beklagte die Ermäßigung mit Bescheid vom 16. 9. 2004 zunächst gewährt hatte, berücksichtigte er diese im geänderten Einkommensteuerbescheid 2002 vom 7. 10. 2004 nicht mehr mit der Begründung, die GmbH falle nicht unter § 35 EStG; für den Kläger selbst ergebe sich kein Gewerbesteuermessbetrag.

Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, den der Beklagte am 14. 7. 2005 zurückwies.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger trägt vor:

Er habe im Jahr 2002 aus der Beteiligung an der GmbH Gewinnausschüttungen von brutto 212.130 EUR erhalten, für die das Halbeinkünfteverfahren gelte. Die unstreitig durch die Betriebsaufspaltung entstandene gewerbliche Vermietung des Grundstücks an die GmbH sei Bestandteil im Gewerbebetrieb des Besitzunternehmens des Klägers. Die Ausschüttungen an den Kläger seien als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren. Hervorzuheben sei die mit vollem Risiko behaftete unternehmerische Tätigkeit des Klägers durch die personelle und sachliche Verflechtung mit einheitlichem gewerblichen Tätigkeitswillen. Auch wenn die Gewerbesteuer für die GmbH festgesetzt und abgeführt werde, sei eine tatsächliche persönliche Belastung des Klägers beim selben Ertragspotential mit Einkommensteuer und der auf den Ausschüttungen für 2002 zusätzlich lastenden Gewerbesteuer gegeben. Daher sei eine pauschalierte Gewerbesteueranrechnung mit dem 1,8fachen des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags nach § 35 EStG zu gewähren. Es sei auf die Rechtsprechung des BFH zum Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 EStG und die dabei erkannte direkte Belastung eines Alleingesellschafters einer GmbH zu verweisen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2002 vom 7. 10. 2004 die Einkommensteuer 2002 auf 90.904 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er trägt vor:

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei eine Ermäßigung bei den Einkünften aus gewerblichen Unternehmen bezüglich des für das Unternehmen festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags vorgesehen. Hier erfolge aber die Festsetzung der Gewerbesteuer für eine Kapitalgesellschaft, die Versteuerung der Einkünfte bei einer Einzelperson. Damit fehle es an der vom Gesetz geforderten Personenidentität. § 35 Abs. 1 Nr. 2 finde ebenfalls keine Anwendung, da die erforderliche Mitunternehmerschaft nicht gegeben sei.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 FGO. Eine Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 EStG kommt im Streitfall nicht in Betracht.

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f und 34g, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt, bei Einkünften aus gewerblichen Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 um das 1,8fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum nach § 14 des Gewerbesteuergesetzes für das Unternehmen festgesetzten Steuermessbetrags (Gewerbesteuer-Messbetrag).

Ziel der Vorschrift ist es, i.V.m. dem Abzug der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe, Unternehmer wirtschaftlich von der Gewerbesteuer zu entlasten (BT-Drucks. 14/2683 S. 97). § 35 EStG begünstigt natürliche Personen, die Einkünfte aus § 15 EStG erzielen. Körperschaftsteuersubjekte fallen nicht unter § 35 EStG (Steiner/Jachmann in Lademann § 35 EStG Rz. 16; Korn/Schiffers § 35 EStG Rz. 7).

§ 35 Abs. 1 EStG stellt auf den festgesetzten Gewerbesteuer-Messbetrag ab, so dass die Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich sind. Damit genügt es nicht, dass die gewerblichen Einkünfte lediglich abstrakt der Gewerbesteuer unterliegen (Steiner/Jachmann in Lademann § 35 EStG Rz. 38). Begünstigt nach § 35 EStG sind zwar die gewerblichen Einkünfte des EStG. Sie müssen aber mit Gewerbesteuer tatsächlich belastet sein (Schmidt/Glanegger § 35 EStG Rz. 5).

Der Kläger erzielt vorliegend zwar Einkünfte aus Gewerbebetrieb, denn die Betriebsaufspaltung zwischen ihm als Besitzunternehmer und der GmbH als Betriebsunternehmen hat zur Folge, dass die von ihm erzielten Einkünfte aus der Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen sowie aus Ausschüttungen der GmbH zu Einkünften aus § 15 EStG bei dem Besitzunternehmer führt.

Als Gewerbebetrieb gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63) eine ihrer Art nach lediglich vermögensverwaltende Tätigkeit, wenn sie die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an ein gewerbliches (Betriebs-)Unternehmen beinhaltet (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen gemeinsam in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Diese steuerliche Beurteilung hat ihren Grund darin, daß die hinter dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben, der (über das Betriebsunternehmen) auf die Ausübung einer gewerblichen Betätigung gerichtet ist (BFH-Urteil vom 18. Juni 1980 I R 77/77, BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39). Das Besitzunternehmen ist dementsprechend als Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG von dem Zeitpunkt an zu behandeln, in dem die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung erstmals erfüllt sind. In diesem Zeitpunkt beginnt damit grundsätzlich auch die Gewerbesteuerpflicht für das Besitzunternehmen (BFH vom 15. 1. 1998 IV R 8/97 BStBl II 1998,478).

Im Streitfall fehlt es beim Kläger aber an einer tatsächlichen Belastung mit Gewerbesteuer. Der Gewerbeertrag unterliegt zwar grundsätzlich der Gewerbesteuer (vgl. Reiß in Kirchhof § 15 EStG Rz. 104, BFH BStBl II 1998,478), tatsächlich ist im hier vorliegenden Fall aber keine Gewerbesteuer festgesetzt worden. Denn bezüglich der Ausschüttungen greift die Kürzung nach § 9 Nr. 2 a GewStG ein (vgl. Reiß in Kirchhof § 15 EStG Rz. 106). Die aus der Vermietung erzielten Einkünfte waren im Streitjahr negativ.

Die bei der GmbH festgesetzte Gewerbesteuer kann beim Kläger nicht berücksichtigt werden. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Personenidentität. Denn anzurechnen ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG das 1,8 fache des "für das Unternehmen" festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags. Der Gesetzesintention nach soll § 35 lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb begünstigen, die im eigenen Gewerbebetrieb des Unternehmers i.S. von § 35 Abs. 1 S. 1 erzielt werden. Insbesondere soll die Begünstigung nicht auf Gewerbeerträge von Kapitalgesellschaften durchschlagen (Gosch in Kirchhof § 35 EStG Tz. 46). Die GmbH als Betriebsunternehmen im Rahmen der Betriebsaufspaltung ist ein anderes gewerbliches Unternehmen und damit ein anderes Steuersubjekt als das Besitzunternehmen des Klägers.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. März 2006 (X R 59/00 BStBl II 2006,661), wonach die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. C GewStG sich bei einer Betriebsaufspaltung auf die Vermietungsumsätze des Besitzpersonenunternehmers erstreckt. Zwar wird damit der bisher geltende Grundsatz der strikten Trennung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen hinsichtlich der Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände durchbrochen. Dies begründet der BFH im konkreten Fall mit dem sozial- und wirtschaftspolitisch motivierten Zweck der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 GewStG und einer entsprechend weiten Auslegung dieser Vorschrift. Im hier zu entscheidenden Fall geht es indes nicht um die Erstreckung einer Begünstigungsvorschrift, die für die Betriebsgesellschaft gilt, auf das Besitzunternehmen. Die grundsätzliche steuerrechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen hat der BFH auch in dem Urteil vom 29. März 2006 (aaO.) betont. Danach vermag die sachliche und personelle Verflechtung der beiden Betriebe nicht dazu zu führen, sie im steuerrechtlichen Sinne als ein einziges Unternehmen zu qualifizieren mit der Folge, dass z.Bsp. der in beiden Organisationseinheiten erzielte Gesamtgewinn einheitlich der Besteuerung zu unterwerfen oder das in einem Unternehmen erzielte Ergebnis dem anderen Unternehmen zuzurechnen wäre. Von daher kann, wie oben ausgeführt, auch die für die GmbH festgesetzte Gewerbesteuer nicht bei dem Kläger als Besitzunternehmer zur Anrechnung im Rahmen des § 35 EStG gelangen.

Das vom Kläger herangezogene Urteil des BFH vom 28. Juli 2004 (XI R 9/04 BFH/NV 2005,196) zum Vorwegabzug ist auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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