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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.01.2004
Aktenzeichen: 7 K 3859/01 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 24
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Kläger betrieben seit 1977 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf dem gepachteten Hof Z (ca. 38 ha groß). Der Pachtvertrag war auf Lebenszeit der Kläger abgeschlossen. Am 14. 4. 1992 schlossen sie einen Vertrag mit dem Eigentümer des Hofes, wonach dieser den Klägern 11,85 ha der bisher gepachteten Grundstücke zu Eigentum übertrug. Als Gegenleistung verzichteten die Kläger auf alle Rechte aus dem Pachtvertrag, der mit Besitzübergabe an den Grundstücken enden sollte. Der Veräußerer übernahm außerdem eine Darlehensschuld in Höhe von 46.000 DM. Der Wert der übertragenen Grundstücke wurde in dem Vertrag mit rund 350.000 DM beziffert. Für diesen Betrag bildeten die Kläger einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, der ab dem Wirtschaftsjahr 1992/93 über einen Zeitraum von 25 Jahre erfolgswirksam aufzulösen war (14.000 DM p.a.).

Den nicht mit veräußerten Grundbesitz pachteten die Kläger von dem neuen Eigentümer, dem X, an und bewirtschafteten die Hofanlage weiter.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1995, die im August 1997 begonnen wurde, vertrat der Prüfer die Ansicht, die Voraussetzungen für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens lägen nicht vor. Die Außenprüfung wurde auf das Jahr 1992 (Wirtschaftsjahr 1992/93 für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) ausgedehnt. Gegen die Prüfungsanordnung erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage (Az. 7 K 8439/97 AO). Nach einem von den Klägern in Auftrag gegebenen Verkehrswertgutachten betrug der Wert der ihnen übertragenen Flächen 260.000 DM, der Wert der Gebäude 43.758 DM. Der Prüfer vertrat demgegenüber in einem während der Betriebsprüfung für 1993-1995 gefertigten Aktenvermerk vom 16. 11. 1999 die Auffassung, die Veräußerung der Grundstücke sei als eine Pachtaufhebungsentschädigung anzusehen und in Höhe von 658.006 DM zu versteuern. Wegen des laufenden Klageverfahrens gegen die Prüfungserweiterung sei für 1992 und 1993 eine Vorabauswertung der Prüfungsfeststellungen vorzunehmen.

Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 7. 12. 1999 für 1992 und 1993 setzte der Beklagte eine Pachtaufhebungsentschädigung von 658.006 DM als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an (Einkünfte LuF 1992: 422.161 DM, 1993: 395.596 DM). Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, die Wertermittlung sei unzutreffend, zudem sei der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Im Rahmen der Prüfung wurde dem Prozessvertreter der Kläger der Kompromissvorschlag unterbreitet, die Entschädigung mit 396.000 DM zu berücksichtigen, die dem vollen Steuersatz unterlägen, im Gegenzug solle die Klage vor dem Finanzgericht zurückgenommen werden. In einem Telefonvermerk des Prüfers vom 18. 4. 2000 über ein Gespräch mit dem Prozessvertreter ist vermerkt: "Einigungsvorschlag wird akzeptiert. a) volle Besteuerung von 396.000,-, b) Klagerücknahme." Mit Fax vom 20. 4. 2000 teilte der Prozessvertreter mit, "hiermit bestätigen wir, dass unsere Mandanten damit einverstanden sind, dass der Wert der Pachtaufhebungsentschädigung auf insgesamt 396.000 DM .... festgesetzt wird." Die Klage gegen die Prüfungsanordnung im Verfahren 7 K 8439/97 AO nahm er zurück.

Die Prüfung wurde durch Bericht vom 8. 5. 2000 abgeschlossen. Hiergegen wandten die Kläger ein, es sei der ermäßigte Steuersatz anzusetzen. Eine Einigung dahingehend, dass der volle Steuersatz anzusetzen sei, sei nie getroffen worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. 6. 2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer unter Anwendung des vollen Steuersatzes für 1992 auf 99.704 DM, für 1993 auf 88.498 DM fest, wobei er Einkünfte aus LuF für 1992 von 305.563 DM und für 1993 von 271.403 DM berücksichtigte.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger tragen vor:

Die Pachtaufhebungsentschädigung unterfalle § 24 Nr. 1 a oder b EStG, da für die Kläger ein Gewinnausfall eingetreten sei und sie unter Druck des Verpächters gehandelt hätten. Dieser habe mit einer Zwangsversteigerung des Hofes gedroht, falls die Pächter der Regelung nicht zustimmten. Bei einer Zwangsversteigerung hätte der auf Lebenszeit abgeschlossene Pachtvertrag aufgehoben werden können. Die Kläger hätten zwar eine Weiterpachtung erhalten, dies hätte aber zum Wegfall von Einnahmen geführt. In der Schlussbesprechung sei eine tatsächliche Verständigung getroffen worden, die Entschädigung mit 396.000 DM zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 unter Berücksichtigung des ermäßigten Steuersatzes für die Pachtaufhebungsentschädigung in Höhe von 396.000 DM zu ändern,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

§ 24 Nr. 1 EStG gelte nicht für Entschädigungen, die einen Ersatz für steigende Aufwendungen, hier höhere Pacht, und dadurch sinkende Einnahmen dienten. Eine Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen bei Pachtaufhebung und danach ergäbe, dass keine Einnahmeausfälle vorlägen. Im Rahmen der Weiterbewirtschaftung des Betriebes habe der Kläger auch eine Weiterpachtung der bisherigen Flächen durch den X erhalten. Die Kläger hätten auch nicht unter Druck gehandelt, sondern eine vertraglich gesicherte Rechtsposition freiwillig aufgegeben. Die Entschädigung sei der Höhe nach mit 619.864 DM anzusetzen. Der Wert der übertragenen Wirtschaftsgüter belaufe sich nach Anlage 1 zum Prüfungsbericht auf 573.864 DM, hinzu komme die übernommene Darlehensschuld von 46.000 DM.

Mit Bescheid vom 26. 4. 2003 hat der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung für die Streitjahre aufgehoben.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

Zu Recht hat der Beklagte die Pachtaufhebungsentschädigung dem vollen Steuersatz unterworfen. Hieran war er nicht etwa durch eine tatsächliche Verständigung mit den Klägern gehindert. Die Kläger haben sich nicht im Rahmen der Betriebsprüfung mit dem Beklagten im Wege einer tatsächlichen Verständigung dahingehend geeinigt, dass ihnen der ermäßigte Steuersatz zu gewähren sei. Eine solche tatsächliche Verständigung (zu den Voraussetzungen i.e. vgl. BFH vom 31. Juli 1996 XI R 78/95 BStBl II 1996,625) ist nach Aktenlage zu keiner Zeit getroffen worden. Gegenstand des Einigungsvorschlags, den der Prüfer bereits im April 2000 gemacht hatte, war allenfalls die Höhe der Pachtaufhebungsentschädigung. Diese sollte mit 396.000 DM angesetzt und im Gegenzug von den Klägern die Klage gegen die Prüfungsanordnung zurückgenommen werden. Weder aus dem Telefonvermerk des Prüfers vom 18. 4. 2000 noch dem Erwiderungsschreiben des Prozessvertreters ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, dass eine Einigung über die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes getroffen worden ist. Desgleichen ist weder vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich, dass im Rahmen der Schlussbesprechung davon die Rede war.

Die Voraussetzungen der §§ 24 Nr. 1, 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG liegen im Streitfall nicht vor.

Nach § 24 Nr. 1 a EStG gehören zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist sowohl dem Begriff der Entschädigung als auch der Formulierung des Nr. 1 a "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" zu entnehmen, dass der Steuerpflichtige einen Schaden erlitten haben muss oder erlitten hätte, wenn er die Entschädigung nicht erhalten hätte (BFH vom 25. März 1998 IV B 30/97 n.v.). Ein derartiger Schaden ist anzunehmen, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen durch den Wegfall einer Einnahmequelle oder in anderer Weise verschlechtert (BFH-Urteil vom 16. September 1966 VI 381/65, BFHE 86, 760, BStBl III 1967, 2) bzw. ihm die Grundlage zum Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften dergestalt verloren geht, dass dem Unternehmen - zumindest teilweise - die Ertragsgrundlage entzogen wird (BFH-Urteil vom 20. Juli 1978 IV R 43/74, BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9). Aus dem gesetzlichen Erfordernis des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen entgangenen oder entgehenden Einnahmen und der Entschädigung folgt, dass durch das Schadensereignis die Rechtsgrundlage für Einnahmen entfallen sein muss, mit denen der Steuerpflichtige rechnen konnte. Der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch muss auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen. Die entscheidende Ursache hierfür darf nicht vom Steuerpflichtigen ausgegangen sein; vielmehr muss der Ausfall der Einnahmen von dritter Seite veranlasst worden sein. Hat der Steuerpflichtige selbst an der Herbeiführung des Einnahmeausfalls durch eine Auflösung des Vertragsverhältnisses mitgewirkt, so muss er insoweit unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gehandelt haben (BFH-Urteile vom 20.Juli 1978 IV R 43/74, BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9; in BFH/NV 1992, 455; vom 9.Juli 1992 XI R 5/91, BFHE 168, 338, BStBl II 1993, 27; vom 11. September 1993 IX R 32/90 BFH/NV 1994,308). Schließlich muss es sich bei dem den Einnahmeausfall i.S. von § 24 Nr.1 Buchst.a EStG verursachenden Ereignis um einen außergewöhnlichen Vorgang handeln, der über den Rahmen einzelner, für die jeweilige Einkunftsart typischer Geschäfte hinausgeht. Ob die Entschädigung im konkreten Fall als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für andere Nachteile gezahlt wird, die durch das die Entschädigung auslösende Ereignis veranlasst sind, ist der Entschädigungsvereinbarung, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, zu entnehmen. Es ist Sache der Vertragsparteien, die Höhe des dem Steuerpflichtigen entstehenden Schadens zu ermitteln und danach die Entschädigung zu bemessen. Auf diese, in der Entschädigungsvereinbarung zum Ausdruck kommende Sicht der Vertragsparteien ist abzustellen, sofern dem kein missbräuchliches Zusammenwirken zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1974 VI R 142/72, BFHE 113, 239, BStBl II 1974, 714, und vom 26. Januar 1984 IV R 141/80, n.v.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall vermag der Senat die Voraussetzungen für eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 a EStG nicht festzustellen. Denn die Kläger haben gerade keine Einnahmequelle eingebüßt, sondern ihre wirtschaftliche Lage gegenüber der vor Abschluss des Übertragungsvertrages verbessert. An Stelle der lebenslänglichen Pacht haben sie das Eigentum an 11,85 ha der Hofanlage unentgeltlich erworben. Auch die übrigen Flächen haben sie weiter bewirtschaften können. Dass ihnen durch diese Veränderung der rechtlichen Situation tatsächlich ein Schaden in Form von Einnahmeausfällen oder auf Grund sonstiger Erschwernisse (z.B. wesentlich höhere neue Pacht) entstanden ist, haben sie weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen. Der Übertragungsvertrag mit dem bisherigen Verpächter enthält auch keine Aussage dazu, ob und inwieweit die Grundstücksübertragung dem Ausgleich eines Schadens dienen soll. Dies wäre aber, wie sich aus der oben zitierten Rechtsprechung ergibt, erforderlich. Insoweit kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Kläger wegen der drohenden Zwangsversteigerung, die dem Erwerber ein Kündigungsrecht nach § 57 a ZVG eingeräumt hätte, bei Auflösung des Pachtvertrages unter Druck gehandelt haben. Denn es fehlt bereits an den sonstigen Voraussetzungen für eine begünstigte Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 a EStG.

Auch die Voraussetzungen des § 24 Nr. 1 b EStG liegen im Streitfall nicht vor. Zum einen setzt auch diese Vorschrift eine Entschädigung voraus, die eine finanzielle Einbuße ausgleichen soll, die der Steuerpflichtige infolge einer Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter zu erwarten hat (BFH vom 8. August 1986 VI R 28/84 BFHE 147,370BStBl II 1987, 106). Zum anderen erfordert § 24 Nr. 1 b EStG einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Zahlung und Aufgabe bzw. Nichtausübung einer Tätigkeit des Steuerpflichtigen in dem Sinne, dass die Entschädigung gerade als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Einkunftserzielung geleistet wird (BFH vom 12. Juni 1996 XI R 43/94 BStBl II 1996,516). Daran fehlt es hier. Denn die Kläger haben ihre land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit gerade nicht aufgegeben, sondern - auf der gleichen Hofanlage - weiter ausgeübt.

Soweit der Beklagte sich nunmehr im Klageverfahren erneut darauf beruft, die Pachtaufhebungsentschädigung sei mit 658.000 DM anzusetzen, kann dies im Rahmen der Entscheidung keine Berücksichtigung finden. Denn eine Verböserung kommt im finanzgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht. Von daher kann dahinstehen, ob die Höhe der steuerlich zu erfassenden Entschädigung Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung war oder nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; der Senat weicht auch nicht von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes ab.

Ende der Entscheidung

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