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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 7 K 4565/04 F
Rechtsgebiete: UmwStG, EStG


Vorschriften:

UmwStG § 18 Abs. 4 S. 1
EStG § 35
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

7 K 4565/04 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist mit Vertrag vom 3. Mai 2001 durch formwechselnde Umwandlung auf den 1. Januar 2001 aus der Fa. K-GmbH entstanden; der Formwechsel erfolgte rückwirkend zum 1. Januar 2001. Durch Vertrag vom 27. Juni 2001 veräußerte die einzige Kommanditistin, Frau K. - die Beigeladene -, sämtliche Anteile mit schuldrechtlicher Wirkung zum 1. Juli 2001 an sieben Erwerber. Dabei wurden stille Reserven von 1,5 Mio. DM aufgedeckt; der Veräußerungsgewinn erhöhte nach § 18 Abs. 4 S. 1 UmwStG den Gewerbesteuermessbetrag für 2001. Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Klägerin für das Jahr 2001 berücksichtigte der Beklagte den auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Teil des Gewerbesteuermessbetrags nicht. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug vor, die Finanzverwaltung wende § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG auf alle Veräußerungsvorgänge nach dem 31. Dezember 1996 an. Danach solle die Vorschrift rückwirkend seit Inkrafttreten des § 35 EStG zum 1. Januar 2001 Wirkung entfalten. Das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) sei am 9. November 2001 vom Bundestag beschlossen worden; nach Ablehnung des Gesetzesentwurfs durch den Bundesrat sei eine modifizierte Fassung am 14. Dezember 2001 beschlossen worden, der der Bundesrat am 20. Dezember 2001 zugestimmt habe. Die Verkündung sei am 24. Dezember 2001 erfolgt. Am 27. Juni 2001 sei der Kauf- und Übertragungsvertrag zwischen der Klägerin und Frau K. erfolgt. Frau K. habe darauf vertraut, dass die entstehende Gewerbesteuer nach § 35 EStG auf die Einkommensteuer 2001 angerechnet werden könne. Dieses schutzwürdige Vertrauen sei durch die rückwirkende Anwendung des § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG verletzt.

Der Beklagte wies den Einspruch am 8. Juli 2004 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, nach § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG sei der auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne iS des § 18 Abs. 4 S. 1 und 2 UmwStG bei der Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 EStG nicht zu berücksichtigen. § 18 Abs. 4 UmwStG sei erstmals auf Veräußerungs- oder Aufgabevorgänge nach dem 31. Dezember 1996 anzuwenden, § 27 Abs. 4 a UmwStG. § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG gelte daher für alle Fälle ab Einführung des § 35 EStG ab 2001. Eine verfassungswidrige Rückwirkung liege nicht vor. Satz 3 der Norm enthalte nur eine Klarstellung. Der Wegfall der Gewerbesteuervergünstigung ergebe sich bereits aus Satz 1 des § 18 Abs. 4 UmwStG. Der Beklagte verweist insoweit auf das Urteil des BFH vom 11. Dezember 2001 BStBl II 2004,474.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor,

§ 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG enthalte eine rechtsbegründende Regelung, die Rückwirkung entfalte. Insoweit bezieht die Klägerin sich auf ihre Einspruchsbegründung.

Die Klägerin beantragt,

den nach § 35 Abs. 3 EStG festzustellenden Gewerbesteuer-Messbetrag mit 61.210 DM festzustellen,

hilfsweise

Revisionszulassung.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

Revisionszulassung.

Zur Begründung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

Wird eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt und innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang der Betrieb der Personengesellschaft veräußert oder aufgegeben, unterliegt der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn der Gewerbesteuer, § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG; dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift entsprechend bei Veräußerung eines Anteils an der Personengesellschaft.

Im Streitfall liegen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG vor. Die K-GmbH & Co. KG, die Klägerin, ist durch formwechselnde Umwandlung zum 1. Januar 2001 aus der K-GmbH hervorgegangen. Zum 1. Juli 2001 hat die Kommanditistin Frau K., die Beigeladene, ihre Kommanditanteile veräußert. Der Veräußerungsgewinn unterliegt damit der Gewerbesteuer.

Nach § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG ist der auf Veräußerungsgewinnen i.S. der Sätze 1 und 2 beruhende Teil des Gewerbesteuermessbetrags bei der Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 EStG nicht zu berücksichtigen. Die Regelung wurde eingefügt durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) vom 20. Dezember 2001. Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucks. 14/7344 S. 10) war die Ergänzung des § 18 Abs. 4 UmwStG erforderlich, damit Gewerbesteuer-Messbeträge, die auf Veräußerungs- und Aufgabegewinnen i.S. dieser Norm beruhen, auch künftig nicht zu einer Tarifermäßigung bei der Einkommensteuer nach § 35 EStG n.F. führen (vgl. auch Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 14/7343 S. 26 und 14/7344 S. 42). Nach § 52 Abs. 50 a EStG war § 35 EStG erstmals in dem Veranlagungszeitraum anzuwenden, in dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, die aus Wirtschaftsjahren stammen, die nach dem 31. Dezember 2000 beginnen; damit korrespondiert der Wegfall des § 32 c EStG, der letztmals für vor dem 1. Januar 2001 beginnende Wirtschaftsjahre anzuwenden war (vgl. auch Schmidt/Glanegger EStG 20. Aufl. 2001 § 35 Rz. 2).

Ab welchem Zeitpunkt die Regelung des Satzes 3 in § 18 Abs. 4 UmwStG, welche die Anwendung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG in den Fällen des § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG ausschließt, erstmalig anwendbar ist, ist in der Literatur umstritten. Teilweise wird vertreten, die Bestimmung sei erst ab Verkündung - 24. bzw. 25. Dezember 2001 - anzuwenden (Höreth/Schiegl/Zipfel BB 2002,489; Rödder DStR 2002,943). Nach anderer Auffassung ist auf § 27 Abs. 1 a UmwStG abzustellen, so dass die Vorschrift des § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG auf die Veräußerung von Personengesellschaften Anwendung finden soll, die aus einer Umwandlung mit Übertragungsstichtag nach dem 31. Dezember 2000 entstanden sind (Melchior DStR 2002,8). Nach einer weiteren Meinung ist die Regelung erstmals auf Veräußerungsvorgänge des Jahres 2002 anzuwenden (Gosch in Kirchhof § 35 EStG Rz. 14).

Nach der allgemeinen Anwendungsregelung des UntStFG in Art. 12 Abs. 1 UntStFG tritt das Gesetz "am Tag nach der Verkündung" (25. Dezember 2001) in Kraft. Dies hätte zur Folge, dass Satz 3 des § 18 Abs. 4 UmwStG auf alle im Veranlagungszeitraum 2001 entstandenen Veräußerungsgewinne anzuwenden ist (gl. A. Korezkij BB 2002,2100; Korn/Schiffers § 35 EStG Rz. 44.2). I.R. der Änderungen der einzelnen Gesetze sieht das UntStFG zwar teilweise abweichende Anwendungsregelungen vor; teilweise ist eine spätere Anwendung - ab 2002 oder ab August 2001 - in Art. 12 UntStFG ausdrücklich vorgesehen, so auch zu § 27 UmwStG für die Änderung des § 20 Abs. 5 UmwStG; § 18 UmwStG wird hier aber gerade nicht aufgeführt. Damit bedeutet das Inkrafttreten ab Verkündung eine Anwendung auf alle Vorgänge des Veranlagungszeitraums 2001.

Hierin liegt jedoch keine verfassungswidrige Rückwirkung.

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass steuerrechtliche Dispositionsbedingungen vom Tag der Entscheidung an eine Vertrauensgrundlage bilden, auf die der Steuerpflichtige sein steuerlich geregeltes Verhalten stützt (BverfG vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83 BverfGE 72,200 BStBl II 1986,628; vom 5. Februar 2002 2 BvR 305,348/93 BverfGE 105,17). Nach den Vorlagebeschlüssen des BFH vom 16. Dezember 2003 (IX R 46/02 BFHE 204,228 BStBl II 2004,284) und vom 2. August 2006 (XI R 30/03) ist der verstärkte Schutz von Dispositionen auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken. Ein Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen ist danach bis zum Zeitpunkt der Verkündung eines Gesetzes gegeben (BFH vom 2. August 2006 XI R 30/03).

Im hier zu beurteilenden Sachverhalt konnte die Klägerin jedoch zum Zeitpunkt der Veräußerung im Juni 2001 nicht darauf vertrauen, von der Gewerbesteuer entlastet zu werden. Denn die Belastung des Gewinns aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils mit Gewerbesteuer ergab sich bereits aus der Regelung des § 18 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 UmwStG, der durch das Jahressteuergesetz 1997 eingeführt worden war. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 23/01 BFHE 197,425 BStBl II 2004,474) soll die Regelung des § 18 Abs. 4 UmwStG verhindern, dass die Gewerbesteuerpflicht des Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns bei der Kapitalgesellschaft dadurch unterlaufen wird, dass der Betrieb erst nach vollzogener Umwandlung von der Personengesellschaft veräußert oder aufgegeben wird und der hierbei erzielte Gewinn entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (vgl. BFH vom 28. Februar 1990 I R 92/86 BFHE 160,262 BStBl II 1990,699; vom 2. April 1997 X R 6/95 BFHE 183,208 BStBl II 1998,25, vom 27. März 1996 I R 89/95 BFHE 161,499 BStBl II 1997,224) nicht mehr der Gewerbesteuer unterfiele. § 18 Abs. 4 UmwStG ergänzt damit die auf die Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen gerichtete Zielsetzung der Vorschrift folgerichtig (BFH vom 11. Dezember 2001 aaO.). Durch § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG wird nach dem gesetzgeberischen Willen nur klargestellt, dass die Belastung mit Gewerbesteuer nicht durch eine Tarifermäßigung nach § 35 EStG bei der Einkommensteuer kompensiert werden kann (vgl. Dötsch/Patt/Pung/Jost Umwandlungssteuerrecht 5. Aufl. § 18 UmwStG Tz. 78). Ein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen dahingehend, nicht mit Gewerbesteuer belastet zu werden, bestand insofern vor Inkrafttreten des UntStFG nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).



Ende der Entscheidung

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