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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.10.2002
Aktenzeichen: 8 K 1803/02 E
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 3 Nr. 12 Satz 2 | |
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1 | |
EStG § 12 Nr. 1 Satz 2 |
Tatbestand
Streitig ist, ob ein dem Kläger von seinem Arbeitgeber monatlich gezahlter Betrag von 150 DM gem. § 3 Nr. 12 des Einkommensteuergesetzes -EStG- steuerfrei ist.
Der Kläger, Dipl.-Verwaltungswirt, ist Vorsitzender des Gesamtpersonalrates der Stadt; von sonstigen dienstlichen Aufgaben ist er frei gestellt. Bis zum Jahr 1999 erhielt er anlässlich dieser Tätigkeit auf Grund Beschlusses des Personal- und Organisationsausschusses der Stadt zusätzlich zu seinem Arbeitslohn einen monatlichen Betrag von 150 DM (jährlich 1.800 DM). Die Stadt behandelte den Betrag als steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Im Erstbescheid zur Einkommensteuer 1993 beließ der Beklagten den Betrag von 1.800 DM steuerfrei. Zugleich lehnte er einen Werbungskostenabzug für die von der Stadtverwaltung bescheinigten, im Rahmen der Tätigkeit als Personalratsvorsitzender erledigten 79 Dienstgänge ab, da die Aufwendungen mit steuerfreien Einnahmen zusammenhingen.
In dem dagegen gerichteten Einspruchsverfahren trug der Kläger vor, die monatliche Aufwandsentschädigung sei für repräsentative Zecke bestimmt, u.a. für Präsente, Bewirtung, Einladungen für bzw. von Dritten. Dazu legte er eine Bestätigung der Stadt vom 12.08.1999 vor, dass er "als Vorsitzender des Gesamtpersonaltrates für den damit verbundenen Aufwand eine Aufwandsentschädigung von 150 DM monatlich" erhalte; die Aufwandsentschädigung solle "weder Verdienstausfall noch Zeitverlust ausgleichen".
Der Beklagte vertrat daraufhin die Auffassung, der Betrag von 1.800 DM sei steuerpflichtig, da die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 EStG nicht erfüllt seien. Der Betrag sei nicht dazu bestimmt, Werbungskosten abzugelten. Folglich könnten allerdings die erklärten Werbungskosten von pauschal 8 DM je Dienstgang (insges. 8 x 79 DM = 632 DM) anerkannt werden.
Zwei Eingaben des Klägers beim Bundesministerium für Finanzen sowie eine Petition blieben erfolglos. Die Oberfinanzdirektion und das Bundesfinanzministerium vertraten ebenfalls die Auffassung, der Betrag sei nicht steuerfrei. Offen sei bereits, auf Grund welcher Rechtsgrundlage er gezahlt worden sei. Zudem gehörten Repräsentationsaufwendungen nicht zu den begünstigten Zwecken i.S.v. § 3 Nr. 12 EStG.
Der Beklagte nahm mit der Einspruchsentscheidung die angekündigte Verböserung vor, erhöhte somit die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um 1.168 DM (+ 1.800 DM ./. Werbungskosten 632 DM).
Hiergegen richtet sich die Klage, die der Kläger im Wesentlichen wie folgt begründet:
Es sei nicht zulässig, den Begriff "Aufwand" i.S.v. § 3 Nr. 12 EStG so eng auszulegen, dass praktisch kein Raum mehr verbleibe. Es sei zu berücksichtigen, dass ihm als Personalratsvorsitzender ein untypischer Aufwand entstehe, der bei anderen Beschäftigten so nicht anfalle. Zusätzlich möge ein erheblicher Verpflegungsmehraufwand angeführt werden, der grundsätzlich als Werbungskosten abziehbar wäre. Hilfsweise möge der Betrag von 150 DM monatlich pauschaliert als Werbungskosten berücksichtigt werden. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Klagevortrags wird auf den Schriftsatz vom 28.03.2002 Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger persönlich angehört worden ist, hat er nach der Frage der Verwendung der "Aufwandsentschädigung" Folgendes ausgeführt:
Die "Aufwandsentschädigung" habe er monatlich im Wesentlichen verbraucht, und zwar insbesondere für Kaffee oder sonstige Getränke anlässlich dienstlicher vertraulicher Gespräche mit Kollegen, die ihre Angelegenheiten regelmäßig nicht im Büro, sondern unter vier Augen "auf neutralem Boden" hätten führen wollen. Häufiger hätten außerdem Treffen mit Personalräten oder Amtsleitern anderer Behörden oder anderer Städte stattgefunden, teilweise auch mit Beigeordneten. Derartige Gelegenheiten seien häufig mit Arbeitsessen verbunden gewesen, die üblicherweise mal der eine, mal der andere bezahlt habe. Wenn er, der Kläger, zu Feiern anlässlich Beförderungen, Jubiläen o.ä. eingeladen werde, pflege er kleine Präsente wie Blumen oder Getränke mitzubringen. Dem Arbeitgeber habe er keine Abrechnung über die Ausgaben vorlegen müssen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Bescheides die Aufwandsentschädigung von 1.800 DM als steuerfrei zu behandeln und die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Gem. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG sind Bezüge steuerfrei, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.
Nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, der sich das Gericht anschließt, muss es sich bei den Aufwendungen, für die der Steuerpflichtige entschädigt wird ("Aufwandsentschädigung"), um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handeln. Zu diesen Aufwendungen gehören insbesondere nicht solche, die als Repräsentationskosten zugleich durch die Lebensführung des Steuerpflichtigen mit veranlasst sind (Urteile des BFH vom 09.07.1992 IV R 7/91, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1993, 50; vom 17.03.1993 III R 29/91, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1994, 371; vgl. auch Abschn. 13 Abs. 3 S. 1 der Lohnsteuerrichtlinien 1993; Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 Rdn. 450). Der Begriff des "Aufwandes" in § 3 Nr. 12 S. 2 EStG deckt sich also nicht mit dem haushaltsrechtlichen Begriff des Dienstaufwandes.
In der Literatur wird allerdings teilweise auch die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift des § 3 Nr. 12 S. 2 EStG eine Vereinfachung bezwecke mit der Folge, dass eine Prüfung, ob tatsächlich Werbungskosten vorliegen, nicht erfolgen solle (Kirchhof/Söhn, EStG, § 3 Nr. 12 B 12/32). Aber auch dort wird ein Abzug verneint, wenn feststeht, dass keine Werbungskosten entschädigt werden (a.a.O. B 12/100).
Nach diesen Grundsätzen genügt hier die "Aufwandsentschädigung" nicht den Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 S. 2 EStG. Denn nach dem eigenen Vortrag des Klägers steht fest, dass die Entschädigung nicht dazu bestimmt ist und verwendet wird, Werbungskosten abzugelten. Die vom Kläger aufgeführten Ausgaben, die er mit dem monatlichen Betrag von 150 DM vortragsgemäß bestreitet, genügen sämtlich nicht den Anforderungen des § 9 EStG.
Werbungskosten sind gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sind dies nach ständiger Rechtsprechung alle durch den Beruf veranlassten Aufwendungen; sie müssen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zur Förderung des Berufs gemacht werden. Sie dürfen nicht zugleich der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen. § 12 Nr. 1 S. 2 EStG verbietet die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern (Urteil des BFH vom 23.01.1991 X R 6/84, BStBl II 1991, 396). Aufwendungen zur Bewirtung von Mitarbeitern, seien es Vorgesetzte, gleichrangige Kollegen oder Untergebene, sind bei einem Arbeitnehmer mit feststehenden Bezügen im Hinblick auf das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG in aller Regel Kosten der allgemeinen Lebensführung. Denn es lässt sich nicht nach objektiven und leicht erkennbaren Maßstäben feststellen, ob der Anlass nur beruflicher Natur war oder ob er ganz oder teilweise auf den durch die dauernde Zusammenarbeit begründeten gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen beruhte (Kirchhof/Söhn, EStG, § 9 B 386; Herrmann/Heuer, EStG, § 9 Rdn. 750 "Bewirtungskosten").
Vorliegend beruhten die Ausgaben des Klägers zwar auch auf beruflichen Erwägungen, da er die streitigen Ausgaben anlässlich Besprechungen über im Zusammenhang mit der Personalvertretung stehende Themen getätigt bzw. in seiner Eigenschaft als Personalratsvertreter an den bezeichneten Treffen teilgenommen hat. Zugleich hängen die Aufwendungen in untrennbarem Umfang aber auch mit der Lebensführung des Klägers zusammen. Sie dienten dem Essen/Trinken und damit einem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, das grundsätzlich der privaten Lebensführung zugeordnet wird; sie beruhten außerdem auf der wirtschaftlichen Stellung des Klägers, der es angesichts seiner Position für angemessen hielt, seinerseits Gesprächsteilnehmer zum Kaffee einzuladen (hinsichtlich der Personalvertretungsgespräche mit Kollegen) bzw. der sich bei überbehördlichen oder überörtlichen Treffen Repräsentationsverpflichtungen gegenüber sah. Hätte der Kläger diese Aufwendungen nicht (selbst) bestritten, wäre dies ohne Einfluss i.S. von § 9 EStG auf seinen Arbeitslohn und auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben geblieben; die Auswirkung hätten sich auf sein gesellschaftliches Ansehen und die Art der Repräsentation beschränkt.
Stellen damit die mit der "Entschädigung" bestrittenen Ausgaben keine Werbungskosten dar, scheidet bereits deshalb auch der vom Kläger hilfsweise geltend gemachte pauschale Werbungskostenabzug aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.
Ende der Entscheidung
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