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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 03.12.2001
Aktenzeichen: 8 K 1864/01 E
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 2 Abs. 3 Satz 4 | |
EStG § 32c Abs. 2 | |
EStG § 32c Abs. 3 Satz 1 | |
EStG § 32c Abs. 4 |
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Entlastungsbetrages i.S.v. § 32 c des Einkommensteuergesetzes -EStG-.
Die Kläger erzielten im Streitjahr folgende Einkünfte:
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage. Die Kläger machen geltend, der Entlastungsbetrag belaufe sich auf 23.334 DM, da er auf der Grundlage gewerblicher Einkünfte von 519.427 DM zu berechnen sei. Die Kläger sind der Ansicht, der anteilige Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 S. 4 EStG dürfe bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte nicht berücksichtigt werden; dies sei nämlich weder in § 32 c Abs.2 EStG noch in § 2 Abs.3 EStG vorgesehen. Für die Ermittlung des Anteils der gewerblichen Einkünfte am zu versteuernden Einkommen sei die Summe dieser Einkünfte und nicht deren Zusammensetzung entscheidend. Es sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass die anteilige Verlustverrechnung, die sich lediglich auf die absolute Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 2 Abs.1 Nr.2 EStG als Teilbetrag der Summe der Einkünfte auswirke, auf die Höhe der gewerblichen Einkünfte i.S.v. § 32 c Abs.2 EStG Einfluss nehme. Wegen weiterer Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf die Schriftsätze vom 22.03. und 27.09.2001 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des angefochtenen Bescheides die Einkommensteuer 1999 auf 236.612 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Ansicht, die in § 32 c Abs. 3 EStG genannte Vergleichsgröße der Summe der Einkünfte meine den Betrag, der sich nach Berücksichtigung der Verlustausgleichsbegrenzung nach § 2 Abs. 3 EStG ergebe. Die Abzüge von der Summe der Einkünfte minderten somit anteilig (Verhältnisrechnung) auch den Anteil der privilegierten gewerblichen Einkünfte am zu versteuernden Einkommen, weil diese Abzugsbeträge keine bestimmte Einkunft herabsetzen dürften. Zu diesem Ergebnis habe auch eine bundeseinheitliche Abstimmung innerhalb der Finanzverwaltung geführt. Die OFD X habe daher die Anweisung erteilt, an dieser Auffassung festzuhalten.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig; der Entlastungsbetrag nach § 32 c Abs.4 EStG ist auf 23.334 DM zu erhöhen.
Ausgangsgröße für die Berechnung dieses Entlastungsbetrages ist der auf gewerbliche Einkünfte entfallende Anteil am zu versteuernden Einkommen. Vorliegend betragen die gewerblichen Einkünfte gemäß § 32 c Abs. 2 EStG 519.427 DM, denn in dieser Höhe unterliegt der Gewinn des Klägers nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes der Gewerbesteuer. Der von dem Kläger darüber hinaus erwirtschaftete Veräußerungsverlust i.S.v. § 17 EStG gehört - auch nach Ansicht des Beklagten - nicht zu den begünstigten gewerblichen Einkünften i.d.S., da § 17 EStG die Veräußerung nicht im Betriebsvermögen gehaltener Beteiligungen betrifft und dieser Vorgang daher nicht der Gewerbesteuer unterliegt (vgl. auch Abschnitt 40 Abs.1 Nr. 2 der Gewerbesteuerrichtlinien).
Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann eine anteilige Verlustverrechnung nach § 2 Abs.3 S.4 EStG bei Ermittlung der gewerblichen Einkünfte nicht vorgenommen werden, da der Wortlaut des § 32 c Abs.2 EStG dies nicht vorsieht. Dort wird auch nicht auf § 2 Abs.3 EStG n.F. verwiesen; der Gesetzestext des § 32 c EStG - diese Vorschrift ist zum 01.01.1994 in Kraft getreten - ist vielmehr nach Einfügung der Sätze 2 - 8 in § 2 Abs.3 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 unverändert geblieben.
Der auf die gewerblichen Einkünfte im o.a. Sinne entfallende Anteil am zu versteuernden Einkommen (gewerblicher Anteil) bemisst sich gemäß § 32 c Abs.3 S. 1 EStG nach dem Verhältnis der gewerblichen Einkünfte i.S.v. Abs. 2 zur Summe der Einkünfte.
Der Begriff der "Summe der Einkünfte" ergibt sich aus § 2 Abs. 3 EStG; hier wäre die sog. Verlustausgleichsbegrenzung des § 2 Abs.3 EStG n.F. zu berücksichtigen (vgl. auch Schmidt, EStG, 20. A., § 32 c Anm. 25; Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 32 c Anm. 11). Für den vorliegenden Fall ergeben sich hieraus jedoch keine Konsequenzen, weil - wie sich aus der Berechnung der Summe der Einkünfte im Steuerbescheid ergibt - sämtliche negativen Einkünfte ausgleichsfähig sind.
Der Entlastungsbetrag berechnet sich wie folgt:
begünstigte gewerbliche Einkünfte | 519.427 DM |
Summe der Einkünfte | 592.948 DM |
zu versteuerndes Einkommen | 576.911 DM |
gewerblicher Anteil am zu verst. Einkommen | 519.427 x 576.911 DM |
592.948 x 2 | |
= 252.689,23 DM | |
abgerundet auf den nächsten durch 54 teilbaren Betrag | = 252.666 DM |
tarifliche ESt auf den gewerblichen Teil (Grundtabelle) | = 111.026 DM |
tarifliche ESt für 93.690 DM | 27.820 DM |
zzgl. 45 % der Differenz zwischen gewerblichem Anteil 252.666 DM u. 93.690 DM | + 71.539 DM |
ESt nach Tarifbegrenzung für gewerblichen Anteil | 99.359 DM |
Entlastungsbetrag | (111.026 ./. 99.359) x 2 |
= 23.334 DM |
Daraus ergibt sich folgende festzusetzende Einkommensteuer 1999:
Einkommensteuer (Splitting) bisher | 259.946 DM |
Entlastungsbetrag lt. Urteil | - 23.334 DM |
Einkommensteuer lt. Urteil | 236.612 DM |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war wegen der Schwierigkeit des Falls notwendig, § 139 Abs.3 S.3 FGO.
Die Revision war gemäß § 115 Abs.2 Nr.2 FGO n.F. zur Fortbildung des Rechts (als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 115 Abs.2 Nr.1 FGO) zuzulassen. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift des § 32 c EStG letztmals für den Veranlagungszeitraum anzuwenden ist, in dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, die aus Wirtschaftsjahren stammen, die vor dem 01.01.2001 beginnen, § 52 Abs.44 EStG. Zwar kommt Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 115 Abs.2 Nr.1 FGO zu; eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn sich die als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage in nicht absehbarer Zukunft weiterhin bei einem nicht überschaubaren Personenkreis stellen wird (vgl. etwa Beschluss des Bundesfinanzhofs -- BFH - vom 22.11.1999 III B 58/99, BFH/NV 2000, 748). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier vor, wie auch der Umstand bestätigt, dass sich die Finanzverwaltung im Hinblick auf die Vielzahl von Einsprüchen zur Höhe des Entlastungsbetrages veranlasst gesehen hat, hierzu eine bundeseinheitliche Regelung zu treffen. Damit kann die Frage, ob die o.a. einschränkende Rechtsprechung zu ausgelaufenem Recht seit Inkrafttreten des § 115 Abs.2 Nr.1 FGO überhaupt noch Anwendung findet (verneinend Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 115 FGO Tz. 59), dahinstehen.
Ende der Entscheidung
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