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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.04.2009
Aktenzeichen: 8 K 4063/08 Verk
Rechtsgebiete: KraftStG 1994, PBefG, StVO
Vorschriften:
KraftStG 1994 § 8 | |
KraftStG 1994 § 12 Abs. 2 | |
PBefG § 4 Abs. 4 | |
StVO § 18 Abs. 5 |
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 25. August 2008.
Der Kläger ist Halter eines Kraftfahrzeugs der Marke ... Es handelt sich dabei um einen am 22. Februar 2001 erstmals zum Verkehr und am 22. Juli 2005 erstmals auf den Kläger zugelassenen Pick-up mit Doppelkabine und offener Ladefläche. Das Fahrzeug verfügt über einen 7,3 l Dieselmotor und ein zulässiges Gesamtgewicht von 4.490 kg. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) bemaß die Kraftfahrzeugsteuer zunächst wie bei Lastkraftwagen (Lkw) nach dem zulässigen Gesamtgewicht und setzte die Steuer ab dem 22. Juli 2005 auf jährlich 158 Euro fest.
Bei einer Vorführung des Fahrzeugs durch den Kläger am 05. August 2008 stellte das FA die Länge der Doppelkabine mit 2,30 m und die Länge der offenen Ladefläche mit 2,13 m fest. Es gelangte zu der Auffassung, dass das Fahrzeug kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Personenkraftwagen (Pkw) einzustufen sei und erließ am 25. August 2008 einen Kraftfahrzeugsteuerbescheid, mit dem es die Kraftfahrzeugsteuer ab dem 22. Juli 2008 auf jährlich 1.259 Euro festsetzte. Den Bescheid stützte das FA auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) und § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Entscheidung vom 20. Oktober 2008 als unbegründet zurück.
Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, es handele sich um ein Importfahrzeug aus den USA, das lt. Herstellerangaben ein Lkw sei. Die Behauptung des FA, die Ladefläche sei kleiner als die der Personenbeförderung dienende Fläche, sei unzutreffend. Das FA habe nur die Länge der Ladefläche (2,13 m) und die Länge der zur Personenbeförderung dienenden Fläche (2,30 m) verglichen. Es habe aber die unterschiedlichen Breiten von Fahrgastraum (1,5 m) und Ladefläche (1,7 m) unberücksichtigt gelassen. Danach überwiege die Ladefläche mit 3,621 qm die Fläche der Fahrgastzelle von 3,45 qm deutlich. Die Einordnung des Fahrzeugs als Pkw sei deshalb unzutreffend.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, bei dem Fahrzeug bestehe die Möglichkeit, mit Hilfe weiterer Vorrichtungen einen Sattelauflieger mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 6,5 t zu montieren. Unabhängig davon verfüge das Fahrzeug über eine Anhängerkupplung. Die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs betrage zwar, wie im Fahrzeugbrief angegeben, 145 km/h. Da es jedoch ein zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t habe, unterliege es den Beschränkungen für Lkw, sodass es nicht schneller als 80 km/h fahren dürfe. Einen Fahrtenschreiber besitze sein Pick-up allerdings nicht, da er das Fahrzeug nicht gewerblich nutze.
Der Kläger beantragt,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 25. August 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2008 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren trägt es vor, zu den Merkmalen, denen bei der Zuordnung eines Kraftfahrzeugs zum Typ des Pkw oder des Lkw besonderes Gewicht beizumessen sei, gehöre insbesondere die Größe der Ladefläche des Fahrzeugs und die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, weil diese Merkmale von besonderer Bedeutung dafür seien, ob die Möglichkeit einer Benutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang habe.
Da es sich um ein Importfahrzeug aus den USA handele, habe das computergestützte Kraftfahrzeugsteuerprogramm wegen fehlender Typenschlüsselbezeichnung das Fahrzeug bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung nicht als Pkw eingestuft. Erst nach Bekanntwerden der tatsächlichen Beschaffenheit des Fahrzeugs sei die Festsetzung von Beginn des laufenden Entrichtungszeitraums an geändert worden.
Im Übrigen habe der Bundesfinanzhof (BFH) im Beschluss vom 07. November 2006 VII B 79/06 einen baugleichen Pick-up als Pkw eingestuft.
Mit Beschluss vom 25. März 2009 ist das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 25. August 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Das FA hat das Fahrzeug des Klägers zu Recht der emissionsbezogenen Hubraumbesteuerung gem. § 8 Nr. 1 KraftStG unterworfen. Es handelt sich bei dem Fahrzeug kraftfahrzeugsteuerrechtlich um einen Pkw und nicht um ein "anderes Fahrzeug" i.S. des § 8 Nr. 2 KraftStG, insbesondere nicht um einen Lkw. Für das Kraftfahrzeugsteuergesetz ist der kraftfahrzeugsteuerrechtliche Begriff des Pkw, wie er sich nach dem historischen Willen des Gesetzgebers ergibt und wie er in § 4 Abs. 4 Nr. 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) enthalten ist, maßgebend (BFH-Urteil vom 01. Oktober 2008 II R 63/07, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2009, 20, unter III.1. der Gründe).
a) Pkw sind danach solche Kraftfahrzeuge (Kfz), die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschl. Fahrer) geeignet und bestimmt sind. Ob ein Kfz nach Bauart und Ausstattung hierzu oder zur Beförderung von Gütern bestimmt ist (dann Lkw, § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG) ist anhand seiner objektiven Beschaffenheit unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Als für die Einstufung relevante Merkmale zu berücksichtigen sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung z.B. die Zahl der Sitzplätze, die Größe der Ladefläche, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers (BFH in BStBl II 2009, 20, unter III.1. der Gründe m.w.N.). Dies gilt nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung mit Wirkung ab dem 01. Mai 2005 auch für Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t (BFH-Urteil vom 09. April 2008 II R 62/07, BStBl II 2008, 691, unter II.2.b der Gründe). Dabei kann kein Merkmal von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs als von vornherein allein entscheidend angesehen werden, mag auch einzelnen Merkmalen ein besonderes Gewicht zukommen und eine Zuordnung als Pkw oder anderes Fahrzeug besonders nahe legen (BFH-Beschluss vom 07. November 2006 VII B 79/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2007, 778, unter II.1.b der Gründe). Die Einstufung des Fahrzeugs durch die Verkehrsbehörde hat dagegen kraftfahrzeugsteuerrechtlich keine Bindungswirkung (BFH-Beschluss vom 21. August 2006 VII B 333/05, BStBl II 2006, 721, unter II.1.a der Gründe).
b) Bei Berücksichtigung der Gesamtheit aller Merkmale und Bewertung der objektiven Beschaffenheit gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass es sich bei dem Fahrzeug des Klägers um einen Pkw i.S. des § 8 Nr. 1 KraftStG handelt. Das Kfz ist nach der Gesamtwürdigung nach Bauart und Einrichtung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen, einschl. des Fahrers, geeignet und bestimmt.
Das Fahrzeug des Klägers verfügt - für einen Pkw üblich - über fünf vollwertig ausgestattete Sitzplätze, die über vier Türen zu erreichen sind. Alle Sitzplätze sind mit Sicherheitsgurten ausgestattet. Das Fahrzeug des Klägers ist einem Pkw entsprechend rundum verglast. Auch das rückwärtige, der offenen Ladefläche zugewandte Fenster ist nicht verblecht. Des Weiteren spricht die geringe Zuladungsmöglichkeit des Fahrzeugs nicht dafür, dass es vorrangig zur Beförderung von Gütern bestimmt ist. Bei einer Nutzlast von 1.170 kg und einem zulässigen Gesamtgewicht von 4.490 kg beträgt die Zuladungsmöglichkeit nur 26,06 % des zulässigen Gesamtgewichts.
Die Ladefläche macht mit 51,2 % etwas mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche aus. Der Kläger hat ihre Größe unwidersprochen mit 3,621 qm und die Größe des Fahrgastraums mit 3,45 qm angegeben. Zwar kommt der Größe der Ladefläche neben der verkehrsrechtlich zulässigen Zuladung eine besondere Bedeutung zu, allerdings ist sie nicht allein ausschlaggebend (BFH-Beschluss vom 07. November 2006 VII B 79/06, BFH/NV 2007, 778, unter II.3. der Gründe). Der BFH hat es lediglich für gerechtfertigt erachtet, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge mit einer Ladefläche von weniger als der Hälfte der gesamten Nutzfläche (jedenfalls) als Pkw zu beurteilen sind, da sie nicht vorwiegend der Lastenbeforderung zu dienen geeignet und bestimmt sind (BFH-Urteil vom 01. August 2000 VII R 26/99, BStBl II 2001, 72, unter 4. der Gründe). Eine umgekehrte Typisierung, dass ein - wie der Pick-up des Klägers - gleichermaßen für den Personentransport wie für den Lastentransport konzipiertes Fahrzeug, dessen Ladefläche oder Laderaum mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht, als Lkw einzuordnen ist, hat der BFH hingegen abgelehnt (BFH-Beschluss vom 09. Dezember 2005 VII B 26/05, BFH/NV 2006, 826). Das Überwiegen der Ladefläche ist nur ein - wenn auch gewichtiges - kraftfahrzeugsteuerrechtliches Indiz für die Zuordnung zum Typus als Lkw. Wegen der anderen für einen Pkw sprechenden Ausstattungs- und Bauartmerkmale führt die um 0,171 qm größere Ladefläche (als der Fahrgastraum) nicht dazu, dass es sich bei dem Fahrzeug des Klägers um ein "anderes" Fahrzeug als einen Pkw handelt.
Auch die aufgrund der Motorisierung erreichbare Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h ist kein Indiz, das gegen die Eignung und Bestimmung des Fahrzeugs zur Personenbeförderung spricht. Dem Hinweis des Klägers auf die Geschwindigkeitsbeschränkung für Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t kommt insoweit keine Bedeutung zu. Unabhängig davon, dass der BFH zur Unterscheidung zwischen Pkw und "anderen Fahrzeugen" in ständiger Rechtsprechung auf die nach der Motorisierung erreichbare Höchstgeschwindigkeit und nicht auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit abstellt, ist auch nicht erkennbar, dass das Fahrzeug der vom Kläger genannten Beschränkung unterliegt. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen für Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t zwar 80 km/h. Von dieser Begrenzung ausgenommen sind jedoch u.a. Pkw. Mangels eigener Definition des Begriffes Pkw in der Straßenverkehrs-Ordnung greift die Rechtsprechung auch hier auf die in § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG enthaltene Definition des Pkw zurück, wonach es sich - wie oben dargelegt - um ein Kfz handelt, das nach seiner Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschl. Fahrer) geeignet und bestimmt ist (Oberlandesgericht OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. August 2004 2 Ss 80/04, Deutsches Autorecht DAR 2004, 715, unter II.b der Gründe m.w.N.). Auf die Eintragung der Fahrzeugart im Fahrzeugbrief oder im Fahrzeugschein kommt es - wie im Kraftfahrzeugsteuerrecht - nicht an; es ist auch hier auf die konkrete Bauart und Einrichtung abzustellen (OLG Karlsruhe in DAR 2004, 715, unter II.b der Gründe).
Ferner lässt die Konzeption des Fahrzeugs als "Light Truck", also als "Pick-up" mit geschlossener Doppelkabine und offener Ladefläche, angesichts der vielfältigen Verwendbarkeit des Fahrzeugs z.B. im Bereich von Freizeit, Hobby oder Beruf sowohl zur Personen- als auch zur Güterbeförderung nicht den Schluss auf eine Konzeption als Lkw zu.
Schließlich kommt dem Umstand, dass das Fahrzeug des Klägers über eine Anhängerkupplung verfügt und deshalb einen mit Gütern beladenen Anhänger ziehen könnte, keine Bedeutung für die Beurteilung zu, ob es sich bei dem Fahrzeug um einen Pkw oder ein anderes Fahrzeug handelt. Die Ladefläche eines Anhängers kann nicht der Ladefläche des kraftfahrzeugsteuerrechtlich zu beurteilenden Fahrzeugs zugerechnet werden. Ebenso bedarf die Frage, wie das Fahrzeug des Klägers kraftfahrzeugsteuerrechtlich einzuordnen wäre, wenn es sich nicht um einen Pick-up mit Doppelkabine und offener Ladefläche handelte, sondern um ein Zugfahrzeug für einen Sattelauflieger, keiner Entscheidung. Der Kläger hat nicht behauptet, dass es sich bei seinem Kfz um ein Zugfahrzeug handelt, sondern hat lediglich darauf hingewiesen, dass es die Funktion eines solchen Fahrzeugs bei entsprechenden Umbauten übernehmen könnte.
2. Zutreffend hat das FA die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab 22. Juli 2008 neu festgesetzt. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG ist eine Steuer neu festzusetzen, wenn eine Steuerfestsetzung fehlerhaft ist. Die Steuer wird von Beginn des Ermittlungszeitraums an neu festgesetzt, in dem der Fehler dem FA bekannt wird, bei einer Erhöhung der Steuer jedoch frühestens von Beginn des Entrichtungszeitraums an, in dem der Steuerbescheid erteilt wird (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 KraftStG).
Die fehlerhafte Besteuerung des Fahrzeugs als "anderes Fahrzeug" i.S. des § 8 Nr. 2 KraftStG ist dem FA anlässlich der Vorführung des Fahrzeugs am 05. August 2008 bekannt geworden. Dementsprechend hat es die Steuer von Beginn des Entrichtungszeitraums "22. Juli 2008 bis 21. Juli 2009" an neu festgesetzt. Der unzutreffende Hinweis auf die nicht einschlägigen Korrekturnormen § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG und § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO im angefochtenen Bescheid macht diesen jedoch nicht rechtswidrig.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.
Ende der Entscheidung
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