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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.11.2006
Aktenzeichen: 1 K 240/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 24b
EStG § 32 Abs. 6
EStG § 63 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

1 K 240/05

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Abzug eines Entlastungsbetrages für Alleinerziehende nach § 24b EStG.

Die - vor dem Streitjahr verwitwete - Klägerin (-Kl-) bewohnt ein in ihrem Eigentum stehendes Haus. Neben der Kl wohnen in dem gemeinsamen Haushalt ihr im Streitjahr 28 Jahre alter Sohn A und ihre am ...1978 geborene, mithin im Streitjahr 26 Jahre alte, Tochter M. Alle drei Personen waren im Streitjahr in dem Haus der Kl durchgehend mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Der Sohn erzielt nach Abschluss einer Berufsausbildung seit etwa 10 Jahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Nach Angaben der Kl erzielt er hieraus im Jahr Einkünfte von etwa 33.000 Euro. Sein monatliches Nettoeinkommen beziffert er der Kl gegenüber nach deren Angaben zwischen 1.100 Euro bis 1.400 Euro. Der Kl stehen für den Sohn im Streitjahr ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld - zwischen den Beteiligten unstreitig - nicht zu.

Der Sohn bewohnt im Haus der Kl ein Zimmer nebst Badezimmer im Dachgeschoss. Darüber hinaus nutzt er die Küche und andere familienbezogene Räume des Hauses. Er wäscht u.a. gelegentlich seine Wäsche selber, geht der Kl bei körperlich schwereren Verrichtungen zur Hand und kümmert sich um die Wartung des familiären Kraftfahrzeugs. Der Sohn zahlt der Kl aufgrund einer zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung einen feststehenden monatlichen Pauschalbetrag. Dieser entspricht nach einvernehmlicher, überschlägiger Berechnung der Kl und des Sohnes einem Drittel der entstehenden laufenden Kosten für die Haushaltsführung der drei Personen. Abgegolten hierdurch sind die Kosten für Strom, Heizung, Wasser sowie Nahrungsmittel.

Die Tochter befand sich im Streitjahr in Ausbildung (Studium). Der Kl wurde für die Tochter im Streitjahr durchgehend Kindergeld ausgezahlt.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung 2004 - Anlage Kind - beantragte die Kl mit Blick auf die mit der Tochter gebildete Haushaltsgemeinschaft die Gewährung eines Entlastungsbetrages für Alleinerziehende. Der Beklagte (-Bekl-) gewährte einen solchen wegen des 28-jährigen, mit der Kl im selben Hause wohnenden Sohnes, in dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 04.05.2005 nicht. Hiergegen wandte sich die Kl mit beim Bekl am 06.06.2005 eingegangenem Einspruch. Sie trug vor, ihr Sohn wohne nur noch bei ihr, weil ihr durch den frühen Tod ihres Mannes unverhältnismäßig viel Wohnraum zur Verfügung stehe. Der Sohn sei der Tochter gegenüber nicht zum Unterhalt verpflichtet. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidung wurde am 07.10.2005 zur Post gegeben. Mit der am 04.11.2005 erhobenen Klage verfolgt die Kl ihr Begehren weiter.

Die Kl trägt vor, § 24b EStG stehe insoweit nicht im Einklang mit Art. 6 GG, als die Vorschrift auch Haushaltsgemeinschaften mit volljährigen Kindern als schädlich normiere.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 GG stünden Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Familie im Sinne des Art. 6 GG sei die Gemeinschaft der Eltern mit ihren Kindern; hierzu gehörten auch volljährige Kinder. Ein Eingriff in Art. 6 GG liege immer dann vor, wenn staatliche Maßnahmen (hier) die Familie schädigten, störten oder sonst beeinträchtigten. Durch die Einbeziehung von volljährigen Kindern, für die kein Anspruch auf Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld bestehe, in den Anwendungsbereich schädlicher Haushaltsgemeinschaften werde im Hinblick auf die Versagung des Entlastungsbetrages faktisch die Entscheidungsfreiheit zur gemeinsamen Lebensführung der Alleinerziehenden mit ihren volljährigen Kindern betroffen. Um den Entlastungsbetrag nicht zu verlieren, müssten die Alleinerziehenden ihre volljährigen Kinder aus der Wohnung weisen. Dies sei weder mit Art. 6 GG noch mit Sinn und Zweck der Regelung in § 24b EStG in Einklang zu bringen. Für die betroffenen Alleinerziehenden stelle sich die Frage, ob sie sich für die finanzielle Hilfe in Form des Entlastungsbetrages und damit gegen die Gemeinschaft mit den volljährigen Kindern entschieden oder ob sie auf die in vielen Fällen dringend notwendige finanzielle Hilfe im Hinblick auf die Familie verzichten. Gerade volljährige Kinder seien Alleinerziehenden eine große Unterstützung in der Bewältigung des Alltags, auf die sie häufig angewiesen seien.

Hinzu komme, dass durch die Einbeziehung von volljährigen Kindern in den Regelungsbereich des § 24b EStG diese faktisch Unterhalt für ihre Geschwister leisteten. Einen solchen Geschwisterunterhalt sehe das BGB nicht vor. Auch insoweit liege ein Verstoß gegen Art. 6 GG vor.

Im konkreten Fall leiste der Sohn der Kl zudem keinen finanziellen Beitrag zu einem gemeinsamen Haushalt; er ersetze ihr lediglich den durch ihn zusätzlich entstehenden Mehraufwand. Es bestehe mithin keine Haushaltsgemeinschaft.

Die Kl beantragt sinngemäß,

die Einspruchsentscheidung vom 07.10.2005 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 04.05.2005 dahingehend zu ändern, dass ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG in Höhe von 1.308 Euro von der Summe der Einkünfte abgezogen wird.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl trägt vor, ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende könne zugunsten der Kl nach dem Wortlaut des § 24b EStG nicht berücksichtigt werden, da sie mit einer anderen Person, nämlich ihrem volljährigen Sohn, eine Haushaltsgemeinschaft bilde und ihr für diesen kein Kinderfreibetrag und kein Kindergeld zustehe. Ergänzend nimmt der Bekl Bezug auf das - für ihn verbindliche - Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29.10.2004 - Az. IV C 4-S 2281-515/04 - BStBl. I 2004, 1042 - zu § 24b EStG.

Der zuständige Berichterstatter hat am 19.04.2006 einen Erörterungstermin durchgeführt. Die Beteiligten haben bei dieser Gelegenheit auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin verwiesen.

Die die Kl betreffenden Einkommensteuerakten des Bekl für das Streitjahr 2004 - Sonderheftung einschließlich Rechtsbehelfsverfahren - zur Steuernummer ... haben dem Gericht vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne die Durchführung einer mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (-FGO-).

I.

Die - zulässige - Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2004 vom 04.05.2005 und die diesen vollen Umfangs bestätigende Einspruchsentscheidung vom 07.10.2005 sind rechtmäßig und verletzen die Kl mithin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

1.

Zutreffend hat der Bekl den von der Kl geltend gemachten Abzug eines Entlastungsbetrages für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG für das Streitjahr nicht gewährt. Die Voraussetzungen für eine Gewährung lagen nach dem Wortlaut der Vorschrift im Streitfall nicht vor.

§ 24b EStG wurde durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003 (BGBl. I, S. 3076) ab dem Veranlagungszeitraum 2004 eingeführt und mit Wirkung vom 01.01.2004 neu gefasst durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21.07.2004 (BGBl. I, S. 1753).

Nach Abs. 1 der genannten Vorschrift in der für das Streitjahr geltenden Fassung können allein stehende Steuerpflichtige einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.308 Euro im Kalenderjahr von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG zusteht. Die Zugehörigkeit zum Haushalt ist anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des allein stehenden Steuerpflichtigen gemeldet ist. Eine Altergrenze für das Kind sieht § 24b EStG in der Fassung des Gesetzes vom 21.07.2004 nicht mehr vor.

Nach Abs. 2 sind allein stehend im Sinne des Abs. 1 Steuerpflichtige, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 26 Abs. 1 EStG) erfüllen oder verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden, es sei denn, für diese steht ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu oder es handelt sich um ein Kind im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG, das einen Dienst nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG leistet oder eine Tätigkeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausübt. Ist die andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, wird vermutet, dass sie mit dem Steuerpflichtigen gemeinsam wirtschaftet (Haushaltsgemeinschaft). Diese Vermutung ist widerlegbar, es sei denn, der Steuerpflichtige und die andere Person leben in einer eheähnlichen Gemeinschaft oder in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft.

Zu dem Haushalt der Kl gehört mindestens ein Kind, für das ihr ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht, nämlich die Tochter. Die Kosten des Haushalts werden grundsätzlich - und jedenfalls überwiegend - von der Kl getragen. Die Tochter steht zu ihr in einem Obhutsverhältnis. Ob und ggf. in welcher Höhe sie finanzielle Beiträge an die Kl leistet, kann dahinstehen, denn solche sind unschädlich (Schmidt-Drenseck/Glanegger EStG, 25. Aufl., § 24b Rd. 7). Der Kl stand für das gesamte Jahr 2004 Kindergeld für die Tochter zu. Diese war im Streitjahr durchgehend und nur bei der Kl mit Hauptwohnsitz gemeldet und schon allein dadurch haushaltszugehörig im Sinne des Gesetzes. Im Übrigen bestehen an der tatsächlichen Haushaltszugehörigkeit der Tochter in 2004 keine Zweifel.

Die Kl war bereits vor Beginn des Streitjahrs verwitwet. Außer ihr und ihren Kindern lebte nach Aktenlage und den Erkenntnissen des Gerichts keine weitere volljährige Person im Hause der Kl, mit der sie tatsächlich eine Haushaltsgemeinschaft bildete. Eine weitere volljährige Person ist - soweit für das Gericht ersichtlich - dort auch nicht mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet.

Die Kl ist gleichwohl nicht "allein stehend" im Sinne des § 24b Abs. 1 EStG. Sie bildet mit einer anderen volljährigen Person, nämlich ihrem Sohn, eine Haushaltsgemeinschaft. Dieser war im Streitjahr durchgehend bei ihr mit Hauptwohnsitz gemeldet. Der Kl stand für den im Streitjahr voll und nicht im Sinne des § 32 Abs. 5 EStG berufstätigen Sohn weder ein Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG noch Kindergeld zu. Nach § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG ist bei der vorliegenden melderechtlichen Situation bereits von Gesetzes wegen zu vermuten, dass der Sohn mit der Kl gemeinsam wirtschaftet. Das gemeinsame Wirtschaften begründet eine Haushaltsgemeinschaft zwischen der Kl und dem Sohn (Legaldefinition gemäß § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG).

Da die Kl und die andere Person - hier der Sohn - nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft oder in einer eingetragenen Partnerschaft leben, ist die gesetzliche Vermutung des gemeinsamen Wirtschaftens widerlegbar.

Im Streitfall hat die Kl die Vermutung indes nicht widerlegt. Zur Überzeugung des Senats steht nach dem Ergebnis des Erörterungstermins vielmehr positiv fest, dass die Kl mit dem Sohn in dem Haushalt der Familie gemeinsam wirtschaftet und eine Haushaltsgemeinschaft unterhält. Die für das im Eigentum der Kl stehende Haus anfallenden laufenden Kosten wurden nach der mit dem Sohn getroffenen Vereinbarung innerhalb der Familie rechnerisch nach der Anzahl der dort lebenden Personen geteilt, wie die Kl im Erörterungstermin darlegte. Der auf den Sohn entfallende Kostenanteil von einem Drittel wird von ihm in Gestalt einer auf dieser Basis pauschal mit der Kl vereinbarten monatlichen Summe getragen. Hierin enthalten sind sowohl die anteiligen Kosten für das Wohnen (Strom, Heizung und Wasser) als auch die anteiligen Kosten für Lebensmittel und sonstige kleinere Verbrauchsgüter des täglichen Lebens (Waschpulver u.s.w.), die von der Kl verauslagt werden. Der Sohn beteiligt sich mithin an den durch die gemeinsame Haushaltsführung entstehenden Aufwendungen. Er tut dies absprachegemäß in dem auf seine Person nach Köpfen entfallenden Umfang. Die Kl und er wirtschaften daher gemeinsam ("aus einem Topf" vgl. zutreffend BMF-Schreiben vom 29.10.2003 Tz 3 a, a.a.O.). Dass er - wie von der Kl vorgetragen - betragsmäßig lediglich die durch ihn verursachten Mehrkosten zahlt, steht dieser Feststellung schon dem Grunde nach nicht entgegen. Ein gemeinsames Wirtschaften setzt nicht zwingend Beiträge in gleicher Höhe voraus oder solche, die an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beteiligten orientiert sind. Der monatliche Beitrag des Sohnes stellt eine zwischen ihm und der Kl anhand konkreter Bemessungsgrundlagen (Kosten, Personen) fest vereinbarte Größe dar, die sowohl deswegen als auch im Hinblick auf ihre absolute Höhe einen verlässlichen und relevanten Anteil am monatlichen Haushaltsbudget ausmacht.

Der Sohn unterhält darüber hinaus mit den anderen Familienangehörigen auch jenseits seines finanziellen Beitrags einen gemeinsamen Haushalt. So nutzt er neben seinem Zimmer und Bad unstreitig auch familienbezogene Gemeinschaftsräume, wie z.B. die Küche. Soweit sein Bad nach Angaben der Kl nur über eine Toilette und ein Waschbecken verfügt, ist lebensnah bei Bedarf auch von einer Nutzung auch des im Erdgeschoss befindlichen Bades auszugehen. Gleiches dürfte - soweit vorhanden - zumindest auch für Garage, Keller, Garten etc. gelten. Er nimmt - wenngleich nach Auskunft der Kl zurückhaltend - zudem häusliche Arbeiten und Pflichten, wie gelegentliches Wäsche waschen und Wartung des Familienfahrzeuges wahr. Damit findet auch in tatsächlicher Hinsicht eine gemeinsame Haushaltsführung statt.

2.

Die Regelung des § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach Haushaltsgemeinschaften mit einer volljährigen Person nur in besonderen, vom Gesetzgeber abschließend definierten Fällen als unschädlich für das Tatbestandsmerkmal "allein stehend" und damit für die Gewährung eines Entlastungsbetrages qualifiziert werden und nicht zusätzlich grundsätzlich auch für den Fall, dass es sich bei der volljährigen Person um ein weiteres, im gemeinsamen Haushalt lebendes, volljähriges Kind des Steuerpflichtigen handelt, unterliegt nach der Rechtsauffassung des erkennenden Senats keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG.

Art. 6 Abs. 1 GG schützt Ehe und Familie. Familie in diesem Sinne ist die umfassende Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern (BVerfGE 10, 59,66; 80, 81,90); in erster Linie zwischen Eltern und minderjährigen Kindern (von Münch/Kunig-Coester-Waltjen, GG-Kommentar, Art 6, Rd 11). Der Schutzbereich umfasst aber darüber hinaus auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (BVerfGE 57, 170,176). Das geschützte Verhalten reicht von der Familiengründung bis in alle Bereiche des familiären Zusammenlebens. Art 6 Abs. 1 GG berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (BVerfGE 80, 81, 92). Eingriffe sind alle staatlichen Maßnahmen, die Ehe und Familie schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen (st. Rspr. BVerfG - vgl. nur BVerfGE 6, 55,76; 81 1,6). Die Pflicht zur Förderung der Familie umfasst besonders deren wirtschaftlichen Zusammenhalt, insbesondere u.a. die Kinderbetreuung. Die staatliche Familienförderung steht indes unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Der Staat ist nicht dazu verpflichtet, jegliche, die Familie treffende finanzielle Belastung auszugleichen. Es dürfen unterschiedliche Förderungsbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit der Elternteile berücksichtigt werden (siehe Jarass/Pieroth-Pieroth, GG-Kommentar, Art 6 Rd. 10 m.w.N. zur BVerfG-Rspr.). Aus dem Gebot der Förderung der Familie erwachsen noch keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen (BVerfG-Beschlüsse vom 6. Mai 1975 - 1 BvR 332/72 - BVerfGE 39, 316 , 326; sowie BVerfGE 82, 60 , 81). So lässt sich aus Art. 6 Abs. 1 GG z.B. kein Anspruch auf Kindergeld für Kinder herleiten, die nicht in der Bundesrepublik wohnen (BVerfG-Beschluss vom 5. November 1986 - 1 BvR 1108/86 - zu § 2 Abs. 5 Satz 1 BKGG a.F. - SozR 5870 § 2 Nr. 48).

Die Kl und ihre Kinder sowie die von ihnen unterhaltene familiäre Haushaltsgemeinschaft sind vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG im vorstehend definierten Sinne erfasst. Weder die gesetzliche Regelung des § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG noch deren konkrete Anwendung im Streitfall stellen indessen einen Eingriff in diesen Schutzbereich dar.

Der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003 neu geschaffene Entlastungsbetrag für Alleinerziehende soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers die regelmäßig höheren Lebensführungskosten von echten Alleinerziehenden, die einen gemeinsamen Haushalt nur mit ihren Kindern führen, gegenüber anderen Erziehenden berücksichtigen (BT-DrS 15/1751, S.6 sowie Bericht des Haushaltsausschusses zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 16.10.2003 a.a.O.). Im gleichen Zuge wurde parallel der Haushaltsfreibetrag des § 32 Abs. 7 EStG in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung endgültig abgeschmolzen und damit abgeschafft. Bei dem Entlastungsbetrag handelt es sich indes nicht um eine Nachfolgeregelung zu dem Haushaltsfreibetrag. Der Haushaltsfreibetrag sollte den Erziehungsaufwand für Kinder ausgleichen. Dessen Regelung hat das BVerfG für verfassungswidrig erklärt, weil sie verheiratete gegenüber unverheirateten Eltern benachteiligte, und den Gesetzgeber generell aufgefordert, die durch den Erziehungsbedarf ihrer Kinder verminderte Leistungsfähigkeit von Eltern neu zu regeln (BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BStBl II 1999, 182). Eine solche Neuregelung erfolgte im Zweiten Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2552) mit der Berücksichtigung des Erziehungsbedarfs bei allen Eltern, unabhängig von deren Familienstand, durch Anhebung des Kinderfreibetrages und Schaffung eines einheitlichen Freibetrags für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (§ 32 Abs. VI S. 1 u. 2 EStG). § 24b EStG will nicht das Existenzminimum sichern, sondern Mehraufwand berücksichtigen (BT-DrS 15/3339, S.21).

Art und Umfang konkreter Mehraufwendungen von echten Alleinerziehenden wurden in der ursprünglichen Gesetzesbegründung (BT-DrS 15/1751, S.6) zunächst nicht näher benannt. Im Zuge der rückwirkenden Neufassung durch das Gesetz vom 21.07.2004 wurde dies wie folgt nachgeholt. (BT-DrS 15/3339, S.11). Um echte Alleinerziehende handelt es sich danach, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt nur mit ihren (eine Entlastung rechtfertigenden) Kindern und keiner anderen erwachsenen Person führen, die tatsächlich oder finanziell zum Haushalt beiträgt. Sie haben aufgrund ihrer jeweiligen Lebenssituation regelmäßig höhere Kosten für die eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung gegenüber Eltern, die einen gemeinsamen Haushalt mit dem anderen Elternteil oder mit einer anderen erwachsenen Person führen können, die tatsächlich oder finanziell zur Haushaltsführung beiträgt. Die alleinige Verantwortung für sich und die Kinder engt die Gestaltungsspielräume bei der Alltagsbewältigung ein und führt insbesondere bei einer gleichzeitigen Erwerbstätigkeit auch zu einer besonderen wirtschaftlichen Belastung. Echte Alleinerziehende tragen für den Haushalt inklusive der Wohnung die alleinige Verantwortung. Sie können keine Synergieeffekte aufgrund einer gemeinsamen Haushaltsführung mit einer anderen erwachsenen Person zur Haushaltsersparnis nutzen. Auch können z.B. höhere Kosten für den alltäglichen Einkauf wegen mangelnder Mobilität oder erhöhte Kosten zur Deckung von Informations- und Kontaktbedürfnissen sowie für gelegentliche Dienstleistungen Dritter etc. entstehen (vgl. hierzu im Einzelnen auch schon Ross, DStZ 2004, 437 Fn. 12; FG Nürnberg - III 33/ 2004 - EFG 2004, 702). Diese bei echten Alleinstehenden über die von allen Eltern zu tragenden Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungskosten hinaus auftretende Mehrbelastung soll durch den Entlastungsbetrag pauschalierend abgegolten werden. Lebt in der gemeinsamen Wohnung des Steuerpflichtigen und des Kindes i.S.d. § 24b Abs. 1 EStG eine andere erwachsene Person, mit der der Steuerpflichtige eine Haushaltsgemeinschaft bildet und für die ihm kein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht, steht dies der Gewährung des Entlastungsbetrages entgegen. Als Haushaltsgemeinschaft kommen nach der Gesetzesbegründung (a.a.O. S. 12) ausdrücklich insbesondere u.a. Wohngemeinschaften mit Eltern, Geschwistern oder weiteren volljährigen Kindern des Steuerpflichtigen, für ihm weder Freibetrag noch Kindergeld zustehen, in Betracht.

Über die abstrakt dargestellten Gründe und den Umfang der vom Gesetzgeber typisiert unterstellten Mehraufwendungen echter Alleinerziehender wurden im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens keine konkreten, zahlenmäßigen, empirischen Ermittlungen angestellt. Bei dem Entlastungsbetrag handelt es sich mithin letztlich um eine von konkret bezifferbaren finanziellen Aufwendungen losgelöste Subvention und daher um eine staatliche Stützungsmaßnahme außerhalb des sogenannten privaten Nettoprinzips. Ebenso wie bei dem abgeschmolzenen und nunmehr aufgehobenen Haushaltsfreibetrag gemäß § 32 Abs. 7 EStG handelt es sich um eine verfassungsrechtlich nicht gebotene Begünstigung. Aus dem in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenen Gebot positiver Förderung der Familie (BVerfGE 28, 324 (347); 32, 260 (267) erwachsen - wie ausgeführt - noch keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen. Aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Dies liegt vielmehr grundsätzlich in der Kompetenz des Gesetzgebers (Beschluss des BVerfG vom 6. Mai 1975 - 1 BvR 332/72 - BVerfGE 39, 316), die bei dieser Art von Maßnahmen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit beinhaltet (so zutreffend Schmidt-Drenseck/Glanegger a.a.O. Rd. 2; Ross a.a.O.; a.A. von Proff zu Irnich, DStR 2004, 1904 ff).

Ein aktiver Eingriff in den von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Bereich der Kl und ihrer Familie durch eine schädigende, störende oder sonst beeinträchtigende staatliche Einzelmaßnahme ist im Streitfall zunächst ausgeschlossen. Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG kann indes in verfassungsmäßig relevanter Weise auch durch den Ausschluss einer Vergünstigung tangiert sein, wenn der Versagung die Qualität eines Eingriffs zukommt. Ein solches kann nach Auffassung des erkennenden Senats vorliegend nicht angenommen werden.

Eine Benachteiligung kommt u.a. in Betracht, wenn Eltern wegen ihrer Familie und deren Gestaltung von Steuerentlastungen ausgeschlossen sind (BVerfGE 99, 216 , BStBl II 1999, 182, unter Abschn. B.I.2.b der Gründe). Bei der Ausgestaltung des § 24b EStG hat der Gesetzgeber zur Überzeugung des Senats ganz bewusst jenen Alleinerziehenden die Gewährung der Vergünstigung nicht zugebilligt, die neben ihren minderjährigen auch mit ihren weiteren, erwachsenen Kindern eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Er bewegt sich nach der Auffassung des Senats damit in dem verfassungsrechtlich zulässigen Gestaltungsrahmen.

Bereits in der durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 29.12.2003 eingeführten Fassung sah § 24 Abs. 2 Nr. 2 EStG vor, dass Steuerpflichtige für den Anspruch auf einen Entlastungsbetrag "keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen Person bilden (dürfen), es sein denn, für diese steht ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu." Indem nicht eine Formulierung gewählt wurde, die sinngemäß lautete "es sei denn, bei dieser handelt es sich um ein Kind im Sinnes des § 32 Abs. 1 EStG", hat der Gesetzgeber schon in der ursprünglichen Gesetzesfassung auch volljährige Kinder grundsätzlich als "andere Person" angesehen und gezielt nur die im Einzelnen in der Vorschrift aufgeführten Kinder als entlastungsunschädlich qualifiziert. Durch das AO-Änderungsgesetz vom 21.07.2004 wurde der begünstigte Personenkreis für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende rückwirkend zum 01.01.2004 vergrößert. Die Vergünstigung ist danach einerseits nicht mehr auf minderjährige Kinder beschränkt. Insbesondere für den Streitfall relevant, hat der Gesetzgeber andererseits auch den Kreis der entlastungsunschädlichen, volljährigen Kinder erweitert, um jene Kinder im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG, welche einen Dienst nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG leisten oder eine Tätigkeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausüben. Trotz erneuter Befassung gerade auch mit der Gruppe der volljährigen Kinder, die mit dem Steuerpflichtigen eine Haushaltsgemeinschaft bilden, hat der Gesetzgeber diesen Personenkreis nicht generell ausgenommen und die auch nach Erweiterung verbleibende Gruppe volljähriger Kinder damit bewusst als weiterhin entlastungshindernd belassen. Er ist bei der Erweiterung des Kreises der begünstigten Kinder i.S.d. § 24b Abs. 1 EStG davon ausgegangen, "dass allein erziehenden Steuerpflichtigen auch bei einer Haushaltsgemeinschaft mit bereits volljährigen Kindern, für die ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht, höhere Lebensführungskosten entstehen, da sich diese Kinder in der Regel tatsächlich nicht wie ein Lebenspartner oder Wohngemeinschaftsangehöriger an der Haushaltsführung beteiligen und hierzu finanziell nicht in nennenswerten Umfang in der Lage sind" (BT-DrS 15/3339 - S. 11). Bei der Befassung mit der Gruppe der entlastungshindernden volljährigen Kinder hat er - wie bereits dargestellt - in der Gesetzesbegründung festgehalten, dass als den Anspruch ausschließende Haushaltsgemeinschaften insbesondere auch Wohngemeinschaften mit "weiteren volljährigen Kindern des Steuerpflichtigen, für die ihm weder Kindergeld noch ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG zusteht", in Betracht kommen (BT-DrS 15/3339 - S. 12).

Vor dem Hintergrund der Gesetzesentstehung und dem klaren Wortlaut der Vorschrift kommt eine erweiternde Auslegung im Sinne des klägerischen Begehrens, also eines generellen Ausschlusses erwachsener Kinder aus der Gruppe der entlastungsbetragsschädlichen Erwachsenen, nicht in Betracht. Eine unbeabsichtigte gesetzgeberische Regelungslücke liegt nicht vor.

Unter Berücksichtigung des dargestellten, mit § 24b EStG verfolgten gesetzgeberischen Entlastungszwecks (nur) bei Vorliegen der typisiert zugrunde gelegten Lebensumständen echter Alleinerziehender, ist die gesetzliche Regelung zudem auch folgerichtig.

Nach der auch vom Senat vertretenen Auffassung handelt es sich bei § 24b EStG um eine verfassungsrechtlich nicht gebotene Subvention und Stützungsmaßnahme zugunsten echter allein erziehender und -lebender Steuerpflichtiger außerhalb des privaten Nettoprinzips. Der Gesetzgeber bezweckt hierdurch die - typisiert unterstellten - "höheren Kosten für die eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung (derjenigen) abzugelten, die einen gemeinsamen Haushalt nur mit ihren insoweit begünstigten Kindern und keiner anderen erwachsenen Person führen, die tatsächlich oder finanziell zum Haushalt beiträgt" (BT-DrS 15/3339 - S. 11). Wenn er anderseits - in gleicher Weise typisierend - unterstellt, dass gerade jene höheren Kosten nicht anfallen, wenn der Steuerpflichtige zudem mit volljährigen Kindern jenseits bestimmter Altersgrenzen und/oder mit eigenem Einkommen über einer bestimmten Grenze eine Haushaltsgemeinschaft bildet, ist dies nicht zu beanstanden. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG kann darin nicht gesehen werden.

Eine Gewährung des Entlastungsbetrages auch in solchen Fällen würde demgegenüber vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Begründung der Vergünstigung den Schutzbereich des Art. 3 GG tangieren. Die dann gegebene Ungleichbehandlung Steuerpflichtiger, die mit anderen erwachsenen Personen in einem Haushalt wohnen, wäre sachlich nicht gerechtfertigt. Angesichts des formulierten Gesetzeszwecks ist - abgesehen von eheähnlichen Gemeinschaften oder eingetragenen Lebensgemeinschaften, die das Gesetz zum Schutz der Ehe ausdrücklich ausnimmt - eine Differenzierung nur nach Maßgabe des Vorliegens tatsächlicher oder finanzieller Beiträge der anderen erwachsenen Person zulässig. Steht fest, dass die andere Person derartige Beiträge leistet und damit den Steuerpflichtigen direkt entlastet, entfällt die Rechtfertigung für eine weitere staatliche Stützungsmaßnahme daneben. Hierbei darf es unter Gleichbehandlungsaspekten keinen Unterschied machen, ob die entlastende Person ein volljähriges Kind, ein anderer Familienangehöriger des Steuerpflichtigen oder ein Dritter ist.

Durch die dem Steuerpflichtigen gemäß § 24b Abs. 2 Satz 3 EStG ausdrücklich eröffnete Möglichkeit, die gesetzliche Vermutung gemeinsamen Wirtschaftens von in derselben Wohnung gemeldeten Personen und damit das tatsächliche Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft zu widerlegen, ist darüber hinaus sichergestellt, dass im Sinne des Gesetzeszwecks unsachgemäße Ergebnisse vermieden werden. Das ist geboten, reicht aber auch aus, um im konkreten Einzelfall die zutreffende Besteuerung nach der ggf. tatsächlich durch die alleinige Erziehung im Sinne des § 24b EStG geminderten Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Ein Ausschluss echter Alleinerziehender von der staatlichen Stützungsmaßnahme tritt dann im Ergebnis nicht ein. Die Gleichbehandlung ist gewährleistet.

Letztlich kann der Senat auch der klägerischen Argumentation nicht folgen, § 24b EStG in seiner geltenden Fassung führe zu einer Schädigung, Störung oder sonstigen Beeinträchtigung der Familie, indem der allein stehende Elternteil zwecks Erhaltung des Entlastungsbetrages gleichsam gezwungen werde, seine volljährigen Kinder aus dem Hause zu weisen und damit in seiner Entscheidungsfreiheit zur gemeinsamen Lebensführung mit diesen betroffen sei.

Im Lichte der vom Gesetzgeber beabsichtigten Entlastung kommt ein Konflikt echter Alleinerziehender aus der Alternative zwischen einer Entscheidung für eine Gemeinschaft mit volljährigen Kindern und Verzicht auf finanzielle Hilfe einerseits oder gegen eine solche Gemeinschaft und Erhalt finanzieller Hilfe andererseits ernstlich nicht in Betracht. Die Entscheidung für das Zusammenleben auch mit seinen volljährigen Kindern kann und wird der Steuerpflichtige ohne derartige Vorerwägungen treffen. Kommt es sodann weder in tatsächlicher noch finanzieller Hinsicht zu Beiträgen des volljährigen Kindes zum Haushalt, ist der Steuerpflichtige "allein stehend" im Sinne des § 24b EStG und hat Anspruch auf staatliche Entlastung nach dieser Vorschrift. Trägt das volljährige Kind demgegenüber zum Haushalt bei und bildet mit dem Steuerpflichtigen mithin eine Haushaltsgemeinschaft, wird dieser bereits unmittelbar dadurch - tatsächlich und/oder finanziell - entlastet. Für eine zusätzliche, mittelbare staatliche Entlastung besteht daneben mithin kein Bedarf mehr. Für die - typisiert - unterstellten Mehrbelastungen Alleinerziehender mangelt es an den dabei für § 24b EStG von Seiten des Gesetzgebers vorausgesetzten äußeren Rahmenbedingungen.

Bei der finanziellen Beteiligung des Sohnes an den laufenden Kosten des gemeinsam mit der Kl und der Tochter unterhaltenen Haushalts handelt es sich - entgegen der Einschätzung der Kl - nicht um die Gewährung von Geschwisterunterhalt. Zum einen liegt der monatlichen Zahlung nach der klaren Vereinbarung der Kl und des Sohnes ausschließlich der durch ihn verursachte und auf ihn entfallende anteilige Aufwand und nicht das Unterhaltsbedürfnis der Tochter zugrunde. Ein Unterhaltsanspruch der Tochter gegen den Sohn besteht - wie die Kl zutreffend ausführt - nicht. Insofern tritt in den rechtlichen Beziehungen zwischen dem Sohn und der Tochter durch die Zahlung oder Nichtzahlung an die Kl keine Änderung ein. Auch der Unterhaltsanspruch der studierenden Tochter gegenüber der Kl hängt nicht von einem finanziellen Beitrag des Sohnes ab. Zum anderen tritt der Ausschluss des Entlastungsbetrages gemäß § 24b EStG - ungeachtet finanzieller Transferleistungen - bereits durch tätige Beiträge zur gemeinsamen Haushaltsführung der anderen erwachsenen Personen, hier also des Sohnes, ein. Darin kann ebenfalls keine Unterhaltsleistung gegenüber der Tochter gesehen werden. Schließlich wird die Kl hinsichtlich ihres der Tochter gegenüber geschuldeten Unterhalts durch die Gewährung der Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG bzw. durch das Kindergeld staatlicherseits entlastet. Zu einer (anteiligen) Kompensation und Minderung dieser staatlichen Entlastung der Kl im Hinblick auf die von dem Sohn bezogenen Beiträge zum Haushalt kommt es nicht. Ein auch nur mittelbarer Zusammenhang zwischen Unterhaltsleistungen an die Tochter und den Zahlungen des Sohnes scheidet aus.

Nach allem sind schließlich die Voraussetzungen für eine - von der Kl angeregte - Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht erfüllt. Der Senat ist, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt. Zudem kommt es für die Entscheidung über die Gewährung des Freibetrags im vorliegenden Streitfall auf die Gültigkeit von § 24b EStG nicht an. Eine erweiternde Auslegung und Anwendung der Vorschrift auf den Streitfall ist nach den dargelegten Gründen ausgeschlossen. Sollte § 24b EStG entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung ggf. aus anderen Gründen verfassungswidrig und aufzuheben sein (vgl. die anhängige Revision BFH III R 4/05), stünde der Kl erst recht kein Anspruch auf den begehrten Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 1.308 Euro zu (vgl. BFH-Urteil vom 05.10.2004 - VIII R 38/03 - BFH/NV 2005, 529).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Klärung der streitigen Rechtsfrage hat angesichts der hohen Zahl allein erziehender Eltern in der Bundesrepublik Deutschland erhebliche Breitenwirkung und ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden.



Ende der Entscheidung

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