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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: 2 K 12/09
Rechtsgebiete: AO, VersStG 1996


Vorschriften:

AO § 155
AO § 167 Abs. 1
AO § 169 Abs. 2
AO § 170 Abs. 2
AO § 171 Abs. 4
VersStG 1996 § 7 Abs. 1
VersStG 1996 § 8 Abs. 1
VersStG 1996 § 8 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Krankenversicherung, die Bestandteil von Reiseversicherungspakten ist, von der Versicherungsteuer ausgenommen ist.

Die Klägerin vertreibt seit Anfang der achtziger Jahre Reiseversicherungspakete, die in unterschiedlichen Zusammenstellungen folgende Versicherungen enthalten: Reiserücktrittskostenversicherung, Reiseabbruchversicherung, Reisekrankenversicherung (bei Auslandsreisen), Notfallversicherung (für Beistandsleistungen), Reiseunfallversicherung, Reisehaftpflichtversicherung und Reisegepäckversicherung. Entsprechend der individuellen Zielgruppe und deren Bedürfnissen werden die jeweiligen Leistungsinhalte eines Versicherungspakets bestimmt und das jeweilige Risiko kalkuliert. Der Kunde (Versicherungsnehmer) kann zwischen verschiedenen Leistungszusagen im Rahmen feststehender Paketangebote auswählen. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung werden die jeweiligen Versicherungszweige, die Bestandteil des Reiseversicherungspakets sind, separat erläutert. Die Versicherungsbedingungen unterteilen sich in einen allgemeinen Teil A und einen besonderen Teil B, der die spezifischen Bedingungen zu den einzelnen Versicherungsteilen enthält. Für das angebotene Leistungspaket ist eine Gesamtprämie zu zahlen. Der Gesamtpreis des Versicherungspakets basiert nach Angaben der Klägerin auf einer Kalkulation der einzelnen Prämien für jede Versicherungssparte unter Berücksichtigung der spezifischen Risikofaktoren. Die Prämien für die verschiedenen Leistungszusagen werden im Rahmen gesonderter Spartenerfolgsrechnungen buchhalterisch voneinander getrennt erfasst. Ein Risikoausgleich zwischen den unterschiedlichen Sparten ist wegen des Gebots der Spartentrennung unzulässig und erfolgt nicht.

In den monatlichen Versicherungsteueranmeldungen hatte die Klägerin die Reiseversicherungspakete nach dem Inhalt der Versicherung qualifiziert und die auf die Krankenversicherung entfallenden Prämienanteile nach § 4 Nr. 5 Versicherungsteuergesetz (VersStG) als versicherungsteuerfrei behandelt. Diese versicherungsteuerrechtliche Behandlung der Reiseversicherungspakete wurde erstmalig im Rahmen einer am 17.05.2005 begonnenen Außenprüfung für den Zeitraum 2001 bis 2004 beanstandet. Mit Schreiben vom 12.07.2005 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass es sich bei den Reiseversicherungspaketen um ein einheitliches Versicherungsverhältnis handle mit der Folge, dass eine Steuerbefreiung nach § 4 VersStG für Teilbeträge des Versicherungsentgelt nicht in Betracht komme.

Aufgrund einer mit dem Beklagten abgestimmten verfahrensrechtlichen Vorgehensweise teilte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 19.07.2007 mit, dass in der Versicherungssteuer-Voranmeldung für Januar 2001 die in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Krankenversicherungsanteile als steuerfrei beurteilt worden seien. An dieser Beurteilung werde festgehalten. Bei einer Behandlung der Krankenversicherungsanteile als versicherungsteuerpflichtig ergäben sich zu versteuernde Beträge von insgesamt 3.186.716,57 DM. Die Steuer wäre um 93.774,50 DM (47.946,14 EUR) höher auf 415.212,60 DM festzusetzen.

Der Beklagte erließ daraufhin am 25.07.2007 einen Versicherungsteuerbescheid für Januar 2001 und setzte die Steuer um 47.946,14 EUR höher auf insgesamt 212.294,83 EUR fest.

Hiergegen wendete die Klägerin sich mit einer am 23.08.2007 erhobenen Sprungklage, die nach Beschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 09.10.2007 wegen fehlender Zustimmung des Beklagten gemäß § 45 Abs. 1 und 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) als außergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln war. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.02.2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit Schreiben vom 22.02.2008, eingegangen am 27.02.2008, hat die Klägerin Klage erhoben. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe sie keine geänderte Versicherungsteueranmeldung abgegeben, sondern lediglich mitgeteilt, welche zu versteuernden Beträge sich bei einer versicherungsteuerpflichtigen Beurteilung des Krankenversicherungsanteils in den Reiseversicherungspaketen ergeben würden. Da sie, die Klägerin, im Vertrauen auf die jahrzehntelange rechtliche Einordnung von einer Steuerbefreiung des Krankenversicherungsanteils habe ausgehen können, sei beim Versicherungsnehmer keine Versicherungsteuer erhoben worden. Der Beklagte könne deshalb nachträglich keinen Entrichtungsanspruch, sondern nur einen Haftungsanspruch geltend machen. Die Entrichtungsschuld sei begrenzt auf die (ursprünglich) angemeldete Versicherungsteuer. Soweit der Beklagte nunmehr entgegen der bisherigen Praxis Versicherungsteuer auf die Krankenversicherungsanteile der Reiseversicherungspakete erhebe, könne dies nur im Rahmen und im verfahrensrechtlichen Schutz einer Inanspruchnahme als Haftungsschuldner erfolgen, denn entsprechend der bestehenden Praxis sei keine Steuer auf diesen Teil des Versicherungsentgelts vereinnahmt worden. Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen könne der Steuerbescheid auch nicht in einen Haftungsbescheid umgedeutet werden.

Die Unklarheit der steuerlichen Abwicklung resultiere allein aus der Verpflichtung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 in VersStG, wonach der Versicherer eine Steueranmeldung abzugeben habe. Die Definition als Steueranmeldung verweise auf das Begriffsverständnis des § 155 Abs. 1 S. 3 Abgabenordnung (AO) und damit auf § 167 AO. § 9 VersStG verdeutliche hingegen, dass das Steuerschuldverhältnis mit dem Versicherungsnehmer bestehe. Die Ausgestaltung ähnlich einer Abzugsteuer diene lediglich der Erleichterung der Realisierung der Versicherungssteuer. Das Steuerentrichtungsverhältnis stehe zwischen dem Steuerschuldverhältnis und dem Haftungsverhältnis, was bei den verfahrensrechtlichen Konsequenzen einer Nacherhebung aus dem Steuerschuldverhältnis zu berücksichtigen sei. Der Wortlaut des § 167 Abs. 1 S. 1 AO sei im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt nicht eindeutig. Es werde der Fall nicht erwähnt, in dem eine Anmeldung der Versicherungsteuer ursprünglich vorgenommen worden sei und sich nunmehr vermeintliche Nachforderungen im Rahmen einer Außenprüfung ergäben. Es sei möglich, dass der Gesetzgeber mit dem Verfahren nach § 167 Abs. 1 S. 1 AO für Steueranmeldungen durch den Abzugsverpflichteten ein Verfahren neben dem Haftungsverfahren geschaffen habe. Nicht akzeptabel sei es jedoch, der Finanzbehörde durch die Wahl der Verfahrensart die Möglichkeit zu geben, der Ermessensausübung und damit auch einer Berücksichtung der Verschuldensfrage zu entgehen. Im vorliegenden Fall führe der Steuerbescheid zu einer Eingriffsverschärfung, weil sie, die Klägerin, im Vertrauen auf eine jahrzehntelange steuerliche Praxis, die auch durch die Finanzverwaltung nicht beanstandet worden sei, die Krankenversicherung nicht der Versicherungsteuer unterworfen habe. Im Rahmen der vorangegangenen Außenprüfung sei von dem Betriebsprüfer die Versicherungsteuer neu kalkuliert worden. Der Prüfer habe dabei auch die einen erheblichen Anteil ausmachende Auslandskrankenversicherung nachkalkuliert, so dass sie, die Klägerin, davon habe ausgehen können, dass ihre Handhabung des in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Krankenversicherungsanteils ordnungsgemäß sei. Da der Entrichtungsanspruch auf Weiterleitung einbehaltenen Vermögens eines Dritten gerichtet sei und ein grobes Verschulden nicht vorliege, sei die Erhebung der Versicherungsteuer durch Steuerbescheid im vorliegenden Fall unzulässig.

Auf die auf die Reisekrankenversicherung entfallenden Prämien sei keine Versicherungsteuer zu erheben. Es handle sich um selbstständige Versicherungen, denn es würden selbstständige Versicherungsbedingungen und unabhängige Tarife gelten sowie eine gesonderte Beitragskalkulation erfolgen. Die von dem Beklagten angeführte Rechtsprechung sei nur begrenzt auf den streitigen Sachverhalt übertragbar. Insbesondere ergebe sich daraus nicht, dass die Prämienberechnung für die einzelnen Versicherungsleistungen gegenüber dem Versicherungsnehmer offen gelegt werden müsse. Maßgeblich sei vielmehr, ob der Versicherer die Prämie intern gesondert im Sinne einer Beitragskalkulation berechne und buchhalterisch getrennt erfasse. Aus § 10 a Abs. 3 S. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ergebe sich, dass die Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbstständiger Versicherungsverträge in einem Antragsvordruck rechtlich zulässig sei.

Für den Versicherungsnehmer sei auch erkennbar, dass er mehrere Versicherungen abschließe. Dies ergebe sich aus der Trennung der Leistungsbeschreibungen und der Versicherungsbedingungen. Auch auf dem Zahlschein werde deutlich nach den jeweiligen Versicherungsarten getrennt. Der Gesamtpreis des Versicherungspakets basiere auf einer Kalkulation der Einzelprämien für jeden Versicherungszweig unter Berücksichtigung der Vorgaben durch die Spartentrennung. Entgegen der Darstellung des Beklagten sei nicht der Reisepreis die Kalkulationsgrundlage für ein Gesamtrisiko. Lediglich bei der Reiserücktrittskostenversicherung bestimme sich die Versicherungssumme u.a. nach dem Reisepreis. Den Versicherungsnehmern würden aus Effizienzgründen bestimmte Leistungsbündel, die aus Erfahrung den Kundenbedürfnissen entsprächen, angeboten. Dem Bedürfnis einer individuellen Ausrichtung der Reiseversicherung werde dadurch Rechnung getragen, dass eine Vielzahl unterschiedlicher "Pakete" angeboten würde. Die Tatsache, dass die Versicherungsnehmer sich ihre Reiseversicherungspakete nicht selbst zusammenstellen könnten, lasse danach nicht den Schluss zu, dass es sich um einen einheitlichen Versicherungsvertrag handle.

Davon unabhängig stünden die Leistungen der Reiseversicherungspakete rechtlich selbstständig nebeneinander. Dies ergebe sich zwar nicht aus einer gesonderten Kündbarkeit, jedoch u.a. aus der zeitlich gestuften Erledigung durch Zweckerreichung oder Versicherungsfall. Die Schadensabwicklung erfolge getrennt nach den einzelnen Versicherungssparten. Auch unterschieden sich die einzelnen Versicherungszweige des Versicherungspakets in der zeitlichen Gewährung des Versicherungsschutzes (z.B. ende bei der Reiserücktrittskostenversicherung der Versicherungsschutz mit Antritt der Reise, bei der Reisekrankenversicherung beginne er zu diesem Zeitpunkt). Es komme zwar praktisch kaum zu Rückzahlungen von Versicherungsprämienanteilen nach Schadenseintritt, was jedoch daran liege, dass dieser Anspruch von den Kunden nicht geltend gemacht werde. Sie, die Klägerin, betreibe die Rückzahlung von Prämien bei fehlendem oder weggefallenem Interesse nicht aktiv, so dass die Fälle von Rückzahlungen sehr begrenzt seien. Soweit sich Versicherungsnehmer an sie, die Klägerin, wendeten, erfolge in der Regel eine Rückzahlung der anteiligen Prämie, ggf. auf Basis von Kulanz. Im Übrigen vertrete sie die Auffassung, dass tatsächlich keine Prämienerstattung vorgenommen werden müsse, da diese vollständig mit der zu erhebenden Geschäftsgebühr verrechenbar sei.

Da die einzelnen Versicherungszweige grundsätzlich auch einzeln abgeschlossen werden könnten, werde durch die Bündelung zu einem Versicherungspaket lediglich eine Vereinfachung in der Handhabung des Versicherungsschutzes vorgenommen. Dies könne jedoch keine Auswirkung auf die versicherungsteuerrechtliche Behandlung der Versicherungszweige innerhalb eines solchen Versicherungspakets haben. Auch stünden die verschiedenen Versicherungsleistungen nicht in einem Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung zueinander, sondern deckten jeweils unterschiedliche, bewertbare Risiken ab. Keine der einzelnen Versicherungen stelle nur das Mittel dar, um die Hauptleistung in Anspruch zu nehmen.

Die Klägerin beantragt,

den Versicherungssteuerbescheid vom 25.07.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 12.02.2008 aufzuheben,

hilfsweise,

die Einspruchsentscheidung vom 12.02.2008 aufzuheben und den Versicherungssteuerbescheid vom 25.07.2007 und in der Weise zu ändern, dass die Versicherungssteuer um 47.946,14 EUR niedriger auf 164.348,69 EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass gegenüber der Klägerin zu Recht ein Steuerbescheid erlassen worden sei. Die Nachforderung hätte nicht in Form eines Haftungsbescheids geltend gemacht werden müssen, denn der Versicherer sei Steuerentrichtungsschuldner und verpflichtet, die Versicherungsteueranmeldungen in der richtigen Höhe abzugeben. Trotz eines gegenteiligen Hinweises der Klägerin sei das Schreiben vom 19.07.2007 als berichtigte Steueranmeldung zu qualifizieren. Es sei unerheblich, ob die Klägerin Versicherungsteuer für den Krankenversicherungsanteil kalkulatorisch weiter belastet habe. Für den Versicherten als den Steuerschuldner sei es gleichgültig, wie die Prämie kalkuliert worden sei. Durch den Hinweis in den Versicherungsverträgen der Klägerin, dass die Prämien die gesetzliche Versicherungsteuer enthielten, habe der Versicherte mit der Prämienzahlung alles zur Erfüllung seiner Pflichten getan.

Er, der Beklagte, hätte auch ohne eine berichtigte Steueranmeldung nach § 167 Abs. 1 Nr. 1 AO einen geänderten Steuerbescheid erlassen können. Nach ganz herrschender Meinung finde diese Vorschrift auch auf den Steuerentrichtungsverpflichteten Anwendung. Es sei auch nicht deshalb ein Haftungsbescheid zu erlassen, weil im Steuerbescheid eine Eingriffsverschärfung liege. Eine Eingriffsverschärfung liege tatsächlich nicht vor. Aus § 7 Abs. 1 S. 2 VersStG folge, dass der Versicherer stets hafte, auch wenn kein vorwerfbares Verhalten seinerseits vorliege. Der Versicherer hafte nach dem VersStG auch vorrangig. Er, der Beklagte, habe sich durch den Erlass des Steuerbescheids nicht einer Verschuldensprüfung entzogen. Bei einer verschuldensunabhängigen Haftung, wie sie das VersStG regle, habe das Finanzamt das Wahlrecht, ob es einen Steuerbescheid oder einen Haftungsbescheid erlasse.

Die in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Krankenversicherungsanteile seien nicht steuerfrei, denn bei den von der Klägerin vertriebenen Reiseversicherungen handle es sich um einheitliche Versicherungsverhältnisse und nicht lediglich um gebündelte, eigenständige Versicherungen. Grundlage für das Entstehen der Versicherungsteuer sei das konkret vereinbarte Versicherungsverhältnis. Nach § 4 Nr. 5 VersStG sei unter anderem die Zahlung eines Versicherungsentgelts für eine Krankenversicherung von der Besteuerung ausgenommen. Die Befreiung beziehe sich stets auf die Zahlung für eine freigestellte Versicherung. Das Entgelt für eine befreite Versicherung müsse im Versicherungsvertrag besonders festgelegt sein. Eine nachträgliche Ermittlung des Teils des Gesamtentgelts, der auf die befreite Versicherung entfalle, komme nach der Rechtsprechung des BFH nicht in Betracht.

Das Vertragsverhältnis sei nach zivilrechtlichen Grundsätzen und damit nach dem objektiven Empfängerhorizont und dem darin zu Tage tretenden Parteiwillen auszulegen. Danach liege ein einheitliches Versicherungsverhältnis vor, denn die unterschiedlich zusammengesetzten Versicherungspakete würden in einem Versicherungsschein abgesichert gegen Zahlung nur einer Prämie und die einzelnen Bestandteile seien weder frei kombinierbar noch einzeln kündbar. Für den Versicherungsnehmer werde unter einem Oberbegriff wie z.B. "Kreuzfahrtpakete Europa" oder "Bahnpakete" und über mehrere Standards (2- bis 5-Sterne) eine Versicherung zur Auswahl angeboten, die sich aus Sicht des Versicherungsnehmers als ein einheitliches Versicherungsverhältnis aus mehreren zusammengestellten Versicherungssparten darstelle. Die Prämie sei unterschiedlich je nach gebuchter Produktvariante und Höhe des Reisepreises. Gerade die Heranziehung des Reisepreises als Preisbemessungsgrundlage mache deutlich, dass ein Gesamtrisiko Grundlage der Prämienkalkulation sei. Der Prämienanteil, der auf die Krankenversicherung entfalle, sei nicht erkennbar. Nach dem Empfängerhorizont werde lediglich eine Versicherung abgeschlossen. Das Bestehen eines einheitlichen Versicherungsvertrages komme auch dadurch zum Ausdruck, dass der Versicherungsnehmer nicht nach seinen Bedürfnissen Versicherungskomponenten zusammenstellen, sondern nur unter den angebotenen Paketen wählen könne. Für ein einheitliches Vertragsverhältnis spreche zudem, dass es ersichtlich außer in zwei Fällen von Kulanz zu keiner Erstattung von Prämienanteilen gekommen sei, wenn im Fall eines Reiserücktritts die übrigen versicherten Risiken, wie zum Beispiel Reisegepäckversicherung oder Auslandskrankenversicherung entfielen. Wenn es sich bei dem Versicherungspaket nicht um ein einheitliches Versicherungsvertragsverhältnis handeln würde, hätten die Versicherungsnehmer aber einen Anspruch nach dem Versicherungsvertragsgesetz auf Rückzahlung der übrigen Prämie. Nach Angaben der Klägerin würden die zu erstattenden Prämienanteile mit einer Geschäftsgebühr gemäß § 68 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verrechnet. Tatsächlich hätten in der Buchhaltung der Klägerin Umbuchungen von Prämienanteilen auf Geschäftsgebühren nicht festgestellt werden können. Gegen den Vortrag der Klägerin spreche außerdem, dass eine Geschäftsgebühr nicht immer in genau der Höhe der Restprämien angefallen sein dürfte. Mit dem Verhalten der Klägerin im Einklang stehe ein Einbehalten der Gesamtprämie, wie es § 68 Abs. 4 VVG bei einem einheitlichen Vertrag erlaube.

Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zwar biete die Klägerin seit 1995 derartige Reiseversicherungspakete an. Er, der Beklagte, habe durch sein Verhalten jedoch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, weder durch die vorangehende Außenprüfung, bei der die Reiseversicherungspakete kein Prüfungspunkt gewesen seien, noch durch sonstige Äußerungen. Gegenstand der vorangegangenen Außenprüfung sei nicht die Steuerfreiheit einzelner Leistungsanteile der Reiseversicherungspakete gewesen. Die Klägerin habe zudem weder eine Anfrage wegen der steuerlichen Behandlung gestellt, noch "steuerfreie Krankenversicherungsanteile in Reiseversicherungspaketen" angemeldet. Auch aus dem Schreiben vom 12.07.2005 zur künftigen Beachtung der Versicherungsteuerpflicht der Reiseversicherungspakete könne nicht gefolgert werden, dass die Krankversicherungsanteile dieser Versicherung in der Vergangenheit nicht besteuert werden würden.

Dem Gericht hat die Versicherungsteuerakte des Beklagten zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akte, die im gerichtlichen Verfahren eingereichten Unterlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Nachforderungsbescheid vom 25.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Der Beklagte war befugt, die auf die Prämie für Krankenversicherungsanteile entfallende Versicherungsteuer durch Nachforderungsbescheid gemäß § 167 Abs. 1 S. 1 AO geltend zu machen (1.). Die auf die Krankenversicherung entfallenden Anteile der Prämien für die Reiseversicherungspakete unterliegen der Versicherungsteuer, weil sie Bestandteil eines einheitlichen Versicherungsverhältnisses sind (2.).

1. Der Hauptantrag der Klägerin auf Aufhebung des Versicherungsteuerbescheides vom 25.07.2007 hat keinen Erfolg. Der Beklagte war befugt, durch Versicherungsteuerbescheid eine Nachforderung von Versicherungsteuer für den Anmeldungszeitraum Januar 2001 gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Der Beklagte ist nicht auf den Erlass eines Haftungsbescheides zu verweisen.

Nach § 7 Abs. 1 VersStG ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer. Für die Steuer haftet der Versicherer. Er hat die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten. In § 8 Abs. 1 und Abs. 2 VersStG ist im Weiteren geregelt, auf welche Weise der Versicherer die Steuer anzumelden und zu entrichten hat. Wer eine Steuer für Rechnung eines anderen abzuführen und die abzuführende Steuer anzumelden hat und diese Verpflichtung nicht ordnungsgemäß erfüllt, haftet regelmäßig - hier nach § 7 Abs. 1 S. 2 VersStG - für den dadurch entstandenen Steuerausfall. Er kann nach den allgemeinen Regeln durch Haftungsbescheid (§ 191 AO) in Anspruch genommen werden. § 167 Abs. 1 S. 1 AO bestimmt jedoch, dass auch bei Nichtabgabe oder nicht ordnungsgemäßer Abgabe einer Steueranmeldung durch einen Haftungsschuldner eine Festsetzung der Steuer erforderlich ist. Aus dem Wortlaut und dem Regelungszusammenhang des § 167 Abs. 1 S. 1 AO folgt, dass eine Steuerfestsetzung auch demjenigen gegenüber zulässig ist, der eine Steuer, die ein Dritter schuldet, anzumelden und abzuführen hat. Nach § 167 Abs. 1 S. 1 AO ist eine Steuer bei der Verpflichtung zur Abgabe einer Steueranmeldung im Sinne von § 150 Abs. 1 S. 2 AO nur festzusetzen, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt. Daraus folgt, dass eine Steuerfestsetzung auch dann erfolgen kann, wenn derjenige, der die Steuer anzumelden oder abzuführen hat, nicht zugleich der Steuerschuldner ist (vgl. BFH, Urteil vom 07.07.2004 - VI R 177/00, BStBl II 2004, 1087; Urteil vom 13.09.2000 - I R 61/99, BStBl II, 2001, 67; Rüsken in Klein, AO, 9. Auflage 2006, § 167 Rn. 5 f.; Buciek in Gosch/Beermann, AO, Stand August 2009, § 167 Rn. 20 f.; a. A. Frotscher in Schwarz, AO, Stand Juni 2009, § 167 Rn. 7). Diese Auslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, denn die ausdrückliche Erwähnung des Haftungsschuldners in § 167 Abs. 1 S. 1 AO dient nach der Gesetzesbegründung der Klarstellung, "dass der Steuerpflichtige auch dann im Wege einer Steuerfestsetzung und nicht lediglich im Wege eines Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann, wenn er die Steuer für Rechnung eines anderen einzubehalten hat und dies nicht oder nicht ordnungsgemäß tut" (Begründung des Steuerreformgesetzes 1990 zu § 167 AO, BR-Drucks. 100/88, Seite 402).

Ist ein Entrichtungsschuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steueranmeldung nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen, kann er danach entweder durch Haftungsbescheid gemäß § 191 AO oder durch Nachforderungsbescheid gemäß § 155 AO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 S. 1 AO in Anspruch genommen werden. Bei der Inanspruchnahme durch Steuerbescheid geht es um die Geltendmachung der durch die Steueranmeldung ausgelösten Entrichtungsschuld. Dies gilt nicht nur für die Inanspruchnahme durch Nachforderungsbescheid in den Fällen, in denen die Besteuerungsmerkmale in vollem Umfang geschätzt werden müssen (vgl. BFH, Urteil vom 07.07.2004 - VI R 171/00, BStBl II 2004, 1087; Urteil vom 07.07.2004 - VI R 168/01, BFH/NV 2005, 357), sondern auch in den Fällen, in denen - wie im vorliegenden Fall - sachverhaltsbezogen eine Nachforderung geltend gemacht wird (vgl. BFH, Urteil vom 13.09.2000 - I R 61/99, BStBl II 2001, 67).

Das Vorgehen über den Erlass von Nachforderungsbescheiden ändert jedoch nichts daran, dass es sich in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht nur um die Geltendmachung einer Entrichtungsschuld, sondern um die Geltendmachung eines Haftungsanspruchs handelt; die Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 S. 1 AO in Verbindung mit § 155 AO erfasst denjenigen, der die Steueranmeldung als Entrichtungsschuldner nicht oder nicht ordnungsgemäß abgibt, gerade auch in seiner Funktion als Haftungsschuldner. Das aber hat zur Folge, dass die tatbestandlichen Erfordernisse der Haftungsnorm - hier § 7 Abs. 1 VersStG - zu beachten sind (vgl. BFH, Urteil vom 13.09.2000 - I R 61/99, BStBl II 2001, 67; Tipke, in Tipke/Kruse, AO, Stand März 2009, § 167 Rn. 9; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Stand April 2009, § 167 Rn. 13). Diese Auslegung entspricht dem Vereinfachungszweck des Gesetzes, eine Haftungsinanspruchnahme auch dann zu vermeiden, wenn der Entrichtungsverpflichtete seine Pflicht verletzt, die Steuer zutreffend anzumelden. Aus der Inanspruchnahme durch Steuerbescheid folgt, dass in Bezug auf ein Auswahl- und Entschließungsermessen eine Ermessensentscheidung nicht zu treffen ist. Der Entrichtungsschuldner kann jedoch nur bei schuldhaften Verhalten durch einen Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen werden, wenn dies Voraussetzung für eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner ist. Insoweit ist die Inanspruchnahme des Entrichtungsschuldners durch Steuerbescheid tatbestandlich nicht an geringere Anforderungen als an die Heranziehung als Haftungsschuldner zu knüpfen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Inanspruchnahme der Klägerin durch Nachforderungsbescheid nicht zu beanstanden. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 VersStG sind mit der Haftung des Versicherers keine weiteren Voraussetzungen verbunden. Insbesondere kommt es auf ein Verschulden des Versicherers nicht an. Dies ist auch vor dem Hintergrund schlüssig, dass der Versicherungsnehmer in der Regel nicht nachvollziehen kann, ob und in welchem Umfang auf eine Versicherung Steuer zu entrichten ist. Er vertraut auf die Kenntnisse und das rechtmäßige Verhalten des Versicherers. Die Versicherungsteuer wird regelmäßig von dem Versicherer berechnet und mit der Prämie geltend gemacht. Dem entsprechend enthalten auch die angebotenen Versicherungen der Klägerin den Hinweis, dass die Versicherungsteuer in den Prämien enthalten ist.

Da der Beklagte nach § 167 Abs. 1 S. 1 AO in Verbindung mit § 155 Abs. 1 AO befugt war, durch Steuerbescheid die höhere Versicherungsteuer nachzufordern, kommt es nicht darauf an, ob in dem Schreiben der Klägerin vom 19.07.2007 eine berichtigte Steueranmeldung zu sehen ist.

Darüber hinaus steht dem Erlass eines Nachforderungsbescheids nicht eine Festsetzungsverjährung entgegen.

Nach § 8 Abs. 1 VersStG hat der Versicherer innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf eines jeden Anmeldungszeitraums eine eigenhändig unterschriebene Steuererklärung abzugeben, in der er die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung), und die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer zu entrichten. Der Anmeldungszeitraum ist nach § 8 Abs. 2 VersStG der Kalendermonat.

Entsprechend dieser Vorschrift hatte die Klägerin am 15.02.2001 für Januar 2001 eine Versicherungssteueranmeldungen über 321.438,10 DM abgegeben. Mit Bescheid vom 25.07.2007 ist abweichend von dieser Anmeldung die Steuer auf 212.294,83 EUR festgesetzt worden. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) begann nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen. Vor Ablauf der Festsetzungsfrist ist am 17.05.2005 mit einer Außenprüfung bei der Klägerin begonnen worden, die noch nicht abgeschlossen wurde. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist somit nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt, so dass bei Erlass des Steuerbescheids vom 25.07.2007 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten war.

2. Der Hilfsantrag der Klägerin auf Herabsetzung der Versicherungsteuer hat ebenfalls keinen Erfolg. Die auf die Krankenversicherung entfallenden Anteile der Prämien für die Reiseversicherungspakete unterliegen der Versicherungssteuer.

Nach § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses der Steuer. Als Verkehrsteuer stellt die Versicherungsteuer auf den rein tatsächlichen Vorgang der Zahlung des Versicherungsentgelts ab. Versicherungsentgelt ist gemäß § 3 Abs. 1 VersStG jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Aus diesen Vorschriften folgt, dass die Zahlung auf jeden einzelnen Versicherungsvertrag der Steuer unterworfen sein soll.

Nach § 4 Nr. 5 VersStG ist u.a. von der Besteuerung die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Versicherung ausgenommen, durch die Ansprüche auf sonstige Leistungen im Falle der Krankheit begründet werden. Da die Steuer an das auf jeden einzelnen Versicherungsvertrag geleistete Entgelt anknüpft, kann die Steuerbefreiung nur gewährt werden, wenn ein entsprechendes Versicherungsverhältnis der Zahlung zugrunde liegt. Wird ein Gesamtentgelt für mehrere versicherte Risiken geleistet, dann kann dieses Entgelt nicht ausschließliches Entgelt für eine nach § 4 Nr. 5 VersStG steuerbefreite Versicherung sein. Eine nachträgliche Ermittlung des Teils des Gesamtentgelts, der auf die Krankenversicherung entfällt, kommt nicht in Betracht. Das Versicherungsteuerrecht kennt grundsätzlich keine erst für Zwecke der Besteuerung vorzunehmende Teilung des Versicherungsentgelts in dem Fall, dass das Versicherungsentgelt sich im Versicherungsvertrag unaufgeteilt auf mehrere Versicherungszweige oder mehrere Versicherungsarten bezieht, die teils steuerpflichtig und teils von der Besteuerung ausgenommen sind. Die Vielzahl der Steuerfälle auf dem Gebiet der Versicherung erfordert eine von vornherein gegebene Klarheit in Bezug auf den der Steuer unterliegenden Rechtsvorgang (vgl. BFH, Urteil vom 16.12.1953 - II 175/52 U, BStBl III 1954, 54; FG Nürnberg, Urteil vom 27.06.1957 - I 432/55, DStZ/B 1957, 470).

Die Versicherungsnehmer zahlen jeweils ein einheitliches Entgelt für die in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Versicherungen. Es wird zu keinem Zeitpunkt, weder in den Leistungsbeschreibungen noch in dem Versicherungsschein, erläutert, welcher Anteil der Prämie auf welche Versicherung entfällt. Eine Befreiung der in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Krankenversicherung von der Versicherungsteuer kommt somit nur in Betracht, wenn insoweit ein eigenständiges Versicherungsverhältnis vorliegt.

Es kommt also darauf an, welcher Art das Versicherungsverhältnis ist, ob in den Reiseversicherungspaketen mehrere Versicherungsverträge gebündelt werden oder ob es sich um einen einheitlichen Versicherungsvertrag mit mehreren versicherten Risiken handelt. Die Auslegung des Vertragsverhältnisses hat nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen. Dabei kommt es darauf an, welche Vorstellungen der Versicherungsnehmer nach den objektiven Umständen und unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts haben konnte bzw. haben musste. Es ist danach nicht erheblich, dass die Klägerin den Gesamtpreis des Versicherungspakets auf der Grundlage einer Kalkulation der Einzelprämien für jeden Versicherungszweig unter Berücksichtigung der Vorgaben durch die Spartentrennung ermittelt hat. Dies wird nach außen hin nicht erkennbar, denn die verschiedenen Konstellationen der Reiseversicherungspakete werden zu einem einheitlichen Gesamtpreis angeboten ohne einen Ausweis kalkulierter Einzelprämien.

Aus Sicht des Versicherungsnehmers stellen sich die Reiseversicherungspakete als einheitlicher Versicherungsvertrag dar. Ein wesentliches Kriterium hierfür ist, dass der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis nur in der angebotenen Form mit den vorgesehenen Varianten abschließen kann. Es ist nicht vorgesehen, dass er sich nach seinen persönlichen Bedürfnissen den benötigten Versicherungsschutz zusammenstellt. Dem individuellen Bedürfnis eines Versicherungsnehmers wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in der gebotenen Weise dadurch Rechnung getragen, dass er zwischen verschiedenen Paketen wählen kann. Beispielsweise ist bei dem im Verwaltungsverfahren eingereichten Heft über Reiseversicherungen ersichtlich, dass der Versicherungsnehmer zwischen unterschiedlichen Varianten einer Reiseversicherung für einen bestimmten Reisetyp (Kreuzfahrt Weltweit oder Kreuzfahrt Europa, Bahnpaket oder Buspaket) entscheiden kann, aber in jedem Fall eine Reisekrankenversicherung abschließen muss. Er kann ebenso wenig nur eine Reiserücktrittsversicherung mit einer Reisegepäckversicherung abschließen. Gleiches gilt für weitere Kombinationen.

Zwar wird in der Leistungsbeschreibung im Einzelnen dargelegt, welche Risiken mit der Versicherung abgedeckt werden. Neben den allgemeinen Versicherungsbedingungen werden in besonderen Versicherungsbedingungen die für den jeweiligen Versicherungszweig geltenden Vertragsbedingungen gesondert abgedruckt. Diese differenzierte Darstellung der Versicherungsleistungen sowie der besonderen Vertragsbestimmungen führt jedoch nicht dazu, dass aus objektiver Sicht mehrere Verträge geschlossen werden. Denn in gleicher Weise lassen diese Bestimmungen die Annahme zu, dass der Vertrag mehrere Leistungen zum Gegenstand hat. Entsprechend einem solchen Verständnis wird in den allgemeinen Versicherungsbedingungen auch von "dem Versicherungsvertrag" und nicht von Versicherungsverträgen (siehe im gerichtlichen Verfahren eingereichtes Versicherungsheft) gesprochen. Die verschiedenen Versicherungen sind nicht einzeln kündbar und haben nach den Vertragsbedingungen eine einheitliche Laufzeit durch Bestimmung von Vertragsbeginn und Vertragsende. Davon unabhängig ist der Umstand zu sehen, dass der gewährte Versicherungsschutz je nach dem Gegenstand der Versicherung unterschiedliche, zum Teil hintereinander liegende Zeiträume umfasst.

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 03.12.1952 - II 207/51 U, BStBl III 1953, 24) ist die Kündbarkeit der jeweiligen Versicherungen nicht ein allein ausschlaggebendes Kriterium für die Beurteilung als selbstständiges oder einheitliches Rechtsverhältnis. Die Versicherungsverhältnisse (Versicherungsverträge) müssen vielmehr einen selbstständigen Charakter haben. Jeder Versicherungsvertrag muss unabhängig von dem anderen Vertrag ein eigenes Leben führen und nicht weitgehend dem Schicksal einer anderen Versicherung (Haupt-, Stammversicherung) folgen. Er muss demnach selbstständig sein, also insbesondere ohne dass das Bestehen eines anderen Versicherungsverhältnisses Voraussetzung ist, begründet werden, den anderen Vertrag überdauern können und nicht von selbst mit ihm enden. Die mit den Reiseversicherungspaketen abgeschlossenen Versicherungen können zwar auch Gegenstand eines eigenständigen Versicherungsvertrags sein. Durch die Zusammenfassung in den Reiseversicherungspaketen verlieren sie jedoch durch die Art der vertraglichen Gestaltung ihre Eigenständigkeit. Die in den Reiseversicherungspaketen zusammengefassten Versicherungen werden von der Klägerin auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten, wie dies in der Bezeichnung der Versicherungspakete als "Deutschland-Paket", "Bus-Paket", "Kreuzfahrt-Paket" bereits zum Ausdruck kommt. Auch dadurch entsteht der Charakter eines einheitlichen Versicherungsverhältnisses, mit dem Versicherungsschutz für eine besondere Lebenssituation angeboten wird, der die Einheitlichkeit, die - wie ausgeführt - in der weiteren vertraglichen Ausgestaltung zum Ausdruck kommt, unterstreicht. Der Umstand, dass die Versicherungsnehmer nur ganz ausnahmsweise die Erstattung von Versicherungsprämie geltend machen, wenn sich die übrigen versicherten Risiken nicht mehr verwirklichen können - wie beispielsweise im Fall eines Reiserücktritts -, ist ein weiteres Indiz für die Wahrnehmung als einheitlicher Versicherungsvertrag durch den Versicherungsnehmer.

Der Senat konnte über die Frage, ob ein einheitlicher Versicherungsvertrag oder die Bündelung von mehreren Versicherungsverträgen vorliegt, ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise entscheiden. Anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall zum Feuerschutzsteuergesetz (vgl. Urteil vom 24.10.1984 - II R 49/82, [...]) war im vorliegenden Fall nicht über die Frage zu entscheiden, ob die Verbindung von Einzelversicherungen sich zu einem "geschlossenen Versicherungstyp", zu einer selbständigen Einheitsversicherung in dem Sinne verdichtet hat, dass die einzelnen versicherten Gefahren so stark in den Hintergrund treten, dass allein der versicherte Gegenstand der Versicherung das Gepräge gibt. Es stellte sich nicht die Frage einer neuen selbständigen Versicherung, denn eine selbständige Versicherung entsteht (noch) nicht allein dadurch, dass mehrere Gefahren, die sonst zu verschiedenen Versicherungen gehören würden, in einem Vertrag versichert werden (Urteil vom 24.10.1984 - II R 49/82). Im vorliegenden Fall war vielmehr kenntlich, dass verschiedene Gefahren mit unterschiedlichem Versicherungsgegenstand lediglich verbunden durch die Reisesituation Gegenstand eines (einheitlichen oder gebündelten) Versicherungsvertrags sein sollten.

3. Von einer Nachforderung der Versicherungsteuer ist auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben abzusehen, weil die Klägerin aufgrund einer anderen Beurteilung der Krankenversicherungsanteile in den Reiseversicherungspaketen als der Beklagte von einer Berechnung der Versicherungsteuer bei dem Versicherungsnehmer abgesehen hat. In der vorangegangenen Betriebsprüfung waren die in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Krankenversicherungen nicht in der Weise Gegenstand der Prüfung, dass der Beklagte zu der Verfahrensweise der Klägerin ausdrücklich Stellung genommen hätte. Allerdings ist die Versicherungsteuer von der Betriebsprüfung auf der Basis der Daten der Klägerin nachkalkuliert worden. Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass ein Vertrauenstatbestand von dem Beklagten in der Weise geschaffen wurde, dass die Klägerin auf eine bestimmte rechtliche Würdigung hätte vertrauen können. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die Behandlung der Krankenversicherungsanteile in den Reiseversicherungspaketen als steuerfrei von der Betriebsprüfung als ordnungsgemäß gewürdigt wurde. In anderer Weise, etwa durch eine verbindliche Auskunft, ist eine rechtliche Stellungnahme des Beklagten nicht eingeholt worden. Aus den Versicherungsteueranmeldungen war für den Beklagten die Behandlung der auf die Krankenversicherungsanteile entfallenden Prämie nicht ersichtlich. Damit fehlt es an einem durch den Beklagten begründeten Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Beklagte gehindert sein könnte, in einem späteren Veranlagungszeitraum eine von der bisherigen Praxis der Klägerin abweichende Würdigung des Sachverhalts vorzunehmen. Insbesondere gab es keine über Jahre hinweg andauernde Verwaltungsübung, die es unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nahelegen würde, von einer Erhebung der Versicherungssteuer für die Vergangenheit abzusehen (vgl. BFH, Beschluss vom 17.12.2007 - GrS 2/04, BStBl II 2008, 608) Die Klage ist danach insgesamt abzuweisen 4. Die Klägerin hat nach § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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