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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 23.05.2008
Aktenzeichen: 2 K 15/07
Rechtsgebiete: KStG, EStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 S. 2
EStG § 4 Abs. 1 S. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

2 K 15/07

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob Versorgungsleistungen an die Witwe des ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ... 1985 (Akte Allgemeines Bl. 5ff) mit Wirkung zum ... 1985 gegründet. Herr A, geb. am ..., war alleiniger Gesellschafter der Klägerin. Die Stammeinlage sollte durch Einbringung des seit ... durch Herrn A geführten Einzelunternehmens A. A & Co. im Wege der Umwandlung erbracht werden. Zum Geschäftsführer wurden Herr A sowie sein Sohn Herr B jeweils mit Alleinvertretungsbefugnis bestellt (Akte Allgemeines Bl. 1 ff.). Am ... 1985 schloss die Klägerin mit Herrn A auf dessen Lebenszeit zum ... 1985 einen Geschäftsführeranstellungsvertrag (Betriebsprüfungsarbeitsakte - BpA - I Bl. 123). Das Bruttogehalt sollte monatlich 5.900 DM zzgl. eines 13. Monatsgehalts betragen. Gem. § 4 des Vertrages war zudem vereinbart, dass im Falle des Todes des Geschäftsführers dessen überlebende Witwe nach der verabredeten dreimonatigen Gehaltsfortzahlung bis an ihr Lebensende monatliche Versorgungsbezüge in Höhe von 11/20 der zuletzt gezahlten Monatsbezüge des Geschäftsführers erhält. Laut Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dem weiteren Geschäftsführer B vom ... 1985 erhielt dieser nebst Tantiemezahlung ein monatliches Bruttogehalt von 6.200 DM (ab ... 1985); vereinbart war zudem ein Pensionsanspruch für den Fall des Ausscheidens aus der Firma wegen Erreichens des 65. Lebensjahres (Akte Allgemeines Bl. 28). Nachdem das Stammkapital zwischenzeitlich von 100.000 DM auf 50.000 DM reduziert worden war (Akte Allgemeines Bl. 16ff), erwarb B mit Anteilsübertragungsvertrag vom ... 1985 (Gerichtsakte 2 V 98/06 Bl. 48ff) den Geschäftsanteil des A zu 100%. In der Folgezeit wurde das Geschäftsführergehalt des B mehrfach erhöht, auf 7.200 DM ab 01.11.1985, 10.000 DM ab 01.08.1987, 15.000 DM ab 01.02.1989, 20.000 DM ab 01.01.1990, 25.000 DM ab 01.01.1991, 30.000 DM ab 01.05.1991 und 35.000 DM ab 01.02.1996 (Gesellschaftsbeschlüsse s. Akte Allgemeines Bl. 32ff). Unter dem ... 1985 erfolgte unter Bezugnahme auf Feststellungen einer zwischenzeitlichen Betriebsprüfung für die Jahre 1989 bis 1992 ein Nachtrag zum Geschäftsführeranstellungsvertrag des B (Akte Allgemeines Bl. 40). Hiernach sollte die Gesamtvergütung einschließlich Tantieme für das Jahr 1994 720.000 DM betragen.

Im ... 1993 verstarb Herr A. Die Klägerin hatte keine Pensionsrückstellungen gebildet, sondern die seit 1993 an die Witwe geleisteten Pensionszahlungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe behandelt (s. Schr. Beklagter vom 18.04.2006 S. 2, BpA II Bl. 163, 164).

Unter Hinweis auf die Ergebnisse einer Betriebsprüfung (Betriebsprüfungsbericht vom 17.01.2006 BpA I Bl. 165) erließ der Beklagte gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unter dem 13.03.2006 Änderungsbescheide betreffend Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 1999 bis 2003, Körperschaftsteuer 1999 bis 2003, gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zum 31.12.1999 und 31.12.2000, über die gesonderte Feststellung der Endbestände gem. § 37 Abs. 7 KStG nebst gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 3, 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001, gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 3, 37 Abs. 2, 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2002 und 31.12.2003, gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 sowie die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2000. Der Prüfer hatte die laufenden Pensionszahlungen an die Witwe des verstorbenen Geschäftsführers mit der Begründung als verdeckte Gewinnausschüttungen angesehen, dass der Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Pensionszusage schon 65 Jahre alt gewesen sei. Die Erklärungen betreffend Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer 1999 waren im Jahr 2001 (Gewerbesteuerakte - GewStA - II Bl. 127, Körperschaftsteuerakte - KStA - III Bl. 214), die entsprechenden Erklärungen für das Jahr 2000 im Jahr 2002 (GewStA III Bl. 1, KStA IV Bl. 36) eingereicht worden. Die Betriebsprüfung begann in Übereinstimmung mit der Prüfungsanordnung vom 19.9.2005 (BpA I Bl. 1) im Oktober 2005.

Gegen die (Änderungs-)Bescheide legte die Klägerin am 11.04.2006 Einspruch ein (BpA II Bl. 138), den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19.12.2006 als unbegründet zurückwies. Einen bei Gericht gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte der Senat mit Beschluss vom 11.07.2006 abgelehnt (2 V 98/06).

Am 18.01.2007 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor:

Die Versorgungszahlungen zugunsten der Ehefrau des verstorbenen Geschäftsführers A stellten keine verdeckten Gewinnausschüttungen dar.

Unter dem Aspekt des Fremdvergleichs sei die im Vergleich zu der Vereinbarung mit B geringe, bis zu seinem Tod unveränderte Vergütung des Geschäftsführers A zu berücksichtigen. Offenkundig habe dem eine Einpreisung der Altersversorgung an die Ehefrau zugrunde gelegen. Die Betriebsprüfung habe seinerzeit für die Jahre 1990 bis 1992 eine Geschäftsführervergütung von 600.000 DM bzw. 660.000 DM für angemessen gehalten. Eine entsprechend höhere Vergütung des Herrn A hätte, so die Klägerin, unter Berücksichtigung der steuerlichen Bedingungen nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung geführt. Eine Aufspaltung der Vergütung in einen Gehaltsanspruch und einen Versorgungsanspruch könne nicht anders behandelt werden. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungs- oder Nachzahlungsverbot liege nicht vor, da die Gehaltshöhe sowie die später fällig werdenden Versorgungszahlungen in dem Anstellungsvertrag im Vorwege genau geregelt worden seien.

Das Überschreiten der Altersgrenze von 60 Jahren zum Zusagezeitpunkt könne nicht allein maßgeblich sein. Zum einen seien im Hinblick auf den Hauptzweck betrieblicher Altersversorgung, die Belohnung von Betriebstreue, auch die Erbringung vergangener Dienste und damit Zeitpunkte vor der Zusageerteilung zu berücksichtigen, in denen A die Klägerin über Jahrzehnte als Einzelunternehmen geführt habe. Auch bei einem jüngeren Geschäftsführer sei aufgrund der Möglichkeit unvorhergesehener Ereignisse niemals sichergestellt, dass dieser die Witwenversorgung während seiner Dienstzeit erdienen könne. Zudem sei die erst im Jahre 1994 von dem BFH eingeführte Rechtsprechung zum 10-jährigen Erdienenszeitraum schon aufgrund der von dem BMF erlassenen Übergangsregelung erst für Sachverhalte anwendbar, die nach Veröffentlichung der Entscheidung des BFH liegen.

Schließlich sei die mit Urteil vom 07.08.2002 (I R 2/02) eingeleitete und mit Urteilen vom 25.01.2005 (I R 8/04) und vom 17.11.2004 (I R 56/03) fortgeführte neue Rechtsprechung des BFH zu beachten, nach der eine verdeckte Gewinnausschüttung nur vorliege, wenn die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft geeignet sei, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auszulösen. Hiernach sei mithin jeweils im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Vermögensminderung/verhinderte Vermögensmehrung bei der Gesellschaft geeignet sei, beim Gesellschafter einen korrespondierenden Vermögensvorteil auszulösen. Angesichts dessen sei fraglich, ob die Aussage des BFH im Urteil vom 18.12.1996 (I R 139/94) noch Bestand habe. Da im Streitfall eine Pensionsrückstellung nicht gebildet worden sei und frühestens ab 1993 verdeckte Gewinnausschüttungen in Betracht kämen, komme es darauf an, ob in den Streitjahren beim Gesellschafter B einkommensteuerlich relevante Vorteile entstanden seien. Dies sei zu verneinen. Vielmehr würde durch die Versorgungsleistungen das Jahresergebnis der Gesellschaft verschlechtert und reduzierten sich etwaige spätere Gewinnausschüttungen. Dies belaste den zu 100% beteiligten Gesellschafter B vollen Umfangs. Die Befreiung des Gesellschafters B von potenziellen Unterhaltspflichten gegenüber seiner Mutter könne nicht gegen gerechnet werden, da in den Streitjahren 1998 bis 2003 keine Notlage der Mutter absehbar gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag 1999 bis 2003, gesonderte Feststellung der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG nebst gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 3, 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001, gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 3, 37 Abs. 2, 38 Abs.1 KStG zum 31.12.2002 und 31.12.2003, jeweils vom 13.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.12.2006 dahingehend zu ändern, dass die in Tz. 1.5 d des Betriebsprüfungsberichts vom 17.01.2006 angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen (Versorgungsbezüge Frau A) nicht berücksichtigt, die Körperschaftssteuer sowie der Gewerbesteuermessbetrag entsprechend niedriger festgesetzt und die Auswirkungen auf die übrigen Bescheide entsprechend angepasst werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung lägen selbst dann vor, wenn man hierfür die Eignung verlangte, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auszulösen. Dies sei bei der Zahlung an die Witwe als nahe stehender Person zweifellos der Fall. Den von der Klägerin zitierten BFH-Urteilen lägen andere Konstellationen zugrunde, in denen in Frage gestanden habe, ob nur ein Vorteil der Gesellschaft selbst vorliege. Einer Überprüfung der Angemessenheit der Bezüge des Geschäftsführers A bedürfe es nicht, da eine Bezugnahme auf das angemessene Gehalt dem Nachzahlungsverbot entgegenstünde. Ob die Witwe gegen den gegenwärtigen Geschäftsführer einen Zahlungsanspruch hätte, sei unbeachtlich, da es auf die Verhältnisse im Zusagezeitpunkt ankomme. Bei der Übergangsregelung der Verwaltung handele es sich allein um eine Billigkeitsregelung.

Dem Senat haben Band II, III und IV der Gewerbesteuerakten, Band III, IV und V der Körperschaftsteuerakten, Band II, III und IV der Akten betr. das verwendbare Eigenkapital, Band I und II der Betriebsprüfungsarbeitsakten, Band II der Betriebsprüfungsakten, eine Akte Allgemeines sowie Band I der Rechtsbehelfsakten und die Gerichtsakte 2 V 98/06 vorgelegen.

Auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2008 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der Beklagte hat die Versorgungszahlungen zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet.

1. Voraussetzung für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG bei einer Kapitalgesellschaft ist eine Vermögensminderung/verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (BFH Urteil vom 17.10.2001 I R 103/00, BStBl II 2004, 171). Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt regelmäßig vor, wenn der Begünstigte zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist und diese einem Gesellschaftsfremden unter ansonsten vergleichbaren Umständen keinen entsprechenden Vorteil gewährt hätte. Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann aber auch dann anzunehmen sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahe stehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH Urteil vom 22.02.2005 VIII R 24/03, NV 2005, 1266).

2. Im Streitfall sind die Versorgungszahlungen an die Witwe des seinerzeitigen Gesellschafter-Geschäftsführers A als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten. Eine Würdigung der Umstände rechtfertigt die Einschätzung, dass die Versorgungszusage und damit auch die hierauf basierenden Versorgungszahlungen ihre Ursache in dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Gesellschafter A haben.

a) Die Versorgungszahlungen haben den Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG gemindert. Für den Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttungen hat der Beklagte daher zu Recht auf den Zeitpunkt der Versorgungszahlungen und nicht auf den Zeitpunkt der Pensionszusage abgestellt. Die Pensionszusage hat nicht zu einer Minderung des Einkommens der Klägerin geführt. Eine Pensionsrückstellung ist nicht gebildet worden und musste für bis zum 01.01.1987 erteilte Pensionszusagen auch nicht gebildet werden (vgl. Art. 28 Abs.1 EGHGB; BFH Urteil vom 16.12.2002 VIII R 14/01, BStBl II 2003, 347, 348). Das handelsrechtliche Passivierungswahlrecht führte steuerlich ggf. zu einem Passivierungsverbot, nicht aber zu einer Passivierungspflicht (vgl. Weber-Grellet in: Schmidt EStG 27. Aufl. § 5 Rn. 31).

b) Der Annahme verdeckter Gewinnausschüttung steht nicht entgegen, dass die zugesagte Witwenversorgung auf einer den gegenwärtigen beherrschenden Gesellschafter der Klägerin (Herrn B) bindenden Vereinbarung beruht, die ihre Ursache in einer Entscheidung des seinerzeitigen Gesellschafter-Geschäftsführers (Herrn A) hat.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage, ob ein Vermögensvorteil in Form einer Pensionszahlung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person zugewandt worden ist, d.h. für die Beurteilung des Näheverhältnisses, sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage. Unbeachtlich ist es, wenn der dem Pensionsberechtigten nahe stehende Gesellschafter im Zeitpunkt der Pensionszahlung nicht mehr Gesellschafter ist (BFH Urteil vom 18.12.1996 I R 139/94, BStBl II 1997, 301, 303 Tz. 15 bei [...]). Entsprechendes gilt für die Würdigung der Veranlassung der Vorteilszuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis (vgl. a. BFH Urteil vom 18.12.1996 Tz. 17). Demzufolge ist es auch ohne Bedeutung, dass derjenige die Pensionszusage nicht beeinflusst hat bzw. beeinflussen konnte, der gegenwärtig bzw. im Zeitpunkt der in Rede stehenden Pensionszahlungen die Gesellschafterstellung inne hat bzw. inne hatte (der im Streitfall bezogen auf die Begünstigte zudem auch ein nahe stehender Gesellschafter ist). Letzteres kann allenfalls Auswirkung auf die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung auf der Ebene der Gesellschafter haben (diese war streitgegenständlich in den Verfahren gem. BFH Urteil vom 22.02.2005 VIII R 24/03, NV 2005, 1266 und FG Düsseldorf Urteil vom 14.02.2005 10 V 6438/04 A(E); die Frage der Zurechnung auf der Ebene der Gesellschafter in dem dessen Besteuerung betreffenden Verfahren ausdrücklich offen lassend auch BFH Urteil vom 18.12.1996 a.a.O. Tz. 14; zur Auslösung von Kapitaleinkünften bei dem Erben des Gesellschafters nach Eintritt des Versorgungsfalls Gosch KStG § 8 Rn. 228). Demgegenüber geht es im Streitfall um die verdeckte Gewinnausschüttung auf der Ebene der Gesellschaft.

c) Nach Ansicht des Senats genügt die Zusage (und spätere Zahlung) der Pension an die Witwe des Gesellschafters der erforderlichen Vorteilszuwendung.

Während die Rechtsprechung zunächst in Fällen der Zuwendung an nahe stehende Personen nur dann von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausging, wenn die Zuwendung an die nahe stehende Person auch im Interesse des Gesellschafters erfolgte (BFH Urteil vom 27.01.1972 I R 28/69, BStBl II 1972, 320), hat der BFH mit Urteil vom 18.12.1996 (I R 139/94, BStBl II 1997, 301) deutlich gemacht, dass die verdeckte Gewinnausschüttung in Form der Zuwendung an eine nahe stehende Person keinen Vorteil für den Gesellschafter voraussetzt. Danach genügt es, wenn die Kapitalgesellschaft entweder ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH Urteil vom 22.08.2007 I R 32/06, BStBl II 2007, 961 Tz.19 bei [...]).

Zwar erwähnt der I. Senat des BFH seit dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 07.08.2002 (I R 2/02, BStBl II 2004, 131), dass die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Ebene der Kapitalgesellschaft "zusätzlich" geeignet sein müsse, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auszulösen - den der BFH in späteren Entscheidungen (Beschluss vom 25.01.2005 I R 8/04, BStBl II 2006, 190 Tz. 18 bei [...]; Urteil vom 22.08.2007 a.a.O. Tz. 21 bei [...]) als materiellen Vorteil im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG bezeichnet. Dass mit diesem Zusatz eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung insbesondere im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung an nahe stehende Personen beabsichtigt ist, hat der BFH indes nicht zu erkennen gegeben. Den Entscheidungen lagen auch keine Konstellationen der Zuwendung an nahe stehende Personen zugrunde. Soweit im Urteil vom 07.08.2002 unter Berufung auf diese "zusätzliche" Voraussetzung mangels korrespondierenden vermögensmäßigen Vorteils des Gesellschafters Beiträge, die die Gesellschaft für eine Versicherung entrichtet, die sie zur Rückdeckung einer ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Pension abgeschlossen hat, nicht als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet wurden, erscheint dies einleuchtend. Wassermeyer (DB 2002, 2668) hat das "neue" Merkmal als notwendige Einschränkung der verdeckten Gewinnausschüttung in einem im Urteil vom 07.08.2002 besonders gelagerten Sachverhalt gesehen, in dem habe deutlich gemacht werden müssen, dass nicht jede Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis eine verdeckte Gewinnausschüttung auslöst und ggf. eine Korrektur durch das Korrespondenzprinzip bedürfe.

Dennoch hat die neue Formulierung des BFH (unter dem Begriff der "Vorteilsgeneigtheit") zu Spekulationen und Diskussionen in der Literatur, gerade auch für die Fallgestaltungen der Zuwendung an nahe stehende Personen geführt (vgl. Kohlhepp DB 2005, 1705; Rose DB 2005, 2596). Insbesondere wird in Frage gestellt, ob sich die Aussage des BFH in dem Urteil vom 18.12.1996 (a.a.O.) noch aufrecht erhalten lässt (Kohlhepp a.a.O. S. 2597) und ob nur mittelbare Mehrungen des Gesellschaftervermögens und dieses Vermögen beeinflussende Fernwirkungen (z.B. Aufwendungsersparnisse für den Fall einer im Zuwendungszeitpunkt nicht absehbaren Notlage des Nahestehenden bei Bestehen einer Unterhaltspflicht) noch ausreichen (Gosch a.a.O. Rn. 228).

Der erkennende Senat ist demgegenüber weiterhin der Ansicht, dass eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendung an eine nahe stehende Person so zu beurteilen ist, als hätte der Gesellschafter den Vorteil erhalten und diesen an die nahe stehende Person weitergegeben (vgl. BFH Urteil vom 22.02.2005 a.a.O. Tz. 15 bei [...] - der allerdings darauf hinweist, dass dies uneingeschränkt nur dann gilt, wenn andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind).

Insbesondere wenn wie im Streitfall die Zuwendung an die nahe stehende Person auf einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Gesellschafter beruht, ist zudem im Zweifel davon auszugehen, dass die Zuwendung in dessen Interesse liegt.

Dabei kommt es - wie unter I 2 b (1) dargelegt - auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Pensionszusage und damit auf den Vorteil bzw. das Interesse der in diesem Zeitpunkt beteiligten Gesellschafter - hier: Herr A - bzw. der diesen nahe stehenden Personen an.

d) Die Versorgungsleistungen halten auch unter den besonderen, im Falle einer Pensionszusage bzw. Pensionszahlung zu prüfenden Anforderungen einem Fremdvergleich nicht stand und sind als ausschließlich durch das Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und dem seinerzeitigen Gesellschafter A veranlasst zu werten.

Die Frage, ob eine Pensionszusage/Pensionszahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Dabei ist nach der Rechtsprechung insbesondere zu berücksichtigen, ob der Versorgungsanspruch aus der Sicht des Zusagezeitpunkts während der voraussichtlich noch verbleibenden Dienstzeit erdient werden konnte (BFH Urteile vom 09.11.2005 I R 94/04, NV 2006, 616; vom 23.07.2003 I R 80/02, BStBl II 2003, 926; vom 29.10.1997 I R 52/97, BStBl II 1999, 318; vom 24.01.1996 I R 41/95, BStBl II 1997, 440; vom 21.12. 1994 I R 98/93, BStBl II 1995, 419). Dies wird für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer im Allgemeinen verneint, wenn sie im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatten oder wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne von weniger als 10 Jahren liegt. Die aktive Tätigkeit vor der Pensionszusage an einen beherrschenden Gesellschafter hat unberücksichtigt zu bleiben (sog. Nachzahlungsverbot, BFH Urteile vom 24.01.1996 und 21.12.1994, jeweils a.a.O.).

Im Hinblick auf den mit Urteil vom 21.12.1994 für maßgeblich erachteten 10-jährigen Erdienenszeitraum hat das BMF eine Übergangsregelung vom 01.08.1996 (IV B 7 - S 2742 - 88/96, BStBl I 1996, 1138) erlassen, wonach dieser Grundsatz nur auf Pensionszusagen anzuwenden ist, die nach der Veröffentlichung des genannten Urteils zivilrechtlich wirksam geworden sind.

An der starken Indizwirkung der Altersgrenze von 60 Jahren zum Zusagezeitpunkt hat der BFH ungeachtet der allgemein gesteigerten Lebenserwartung festgehalten. Er hat hierzu zu Recht festgestellt, dass mit fortschreitendem Alter das Risiko einer Minderung der Leistungsfähigkeit ansteigt und deshalb in der folgenden Lebensphase unabhängig von dem konkreten Gesundheitszustand des Geschäftsführers die Erdienbarkeit des Versorgungsanspruchs in Frage gestellt ist (BFH Urteil vom 23.07.2003 I R 80/02, a.a.O.; vgl. a. Urteil vom 05.04.1995 I R 138/93, BStBl II 1995, 478).

Wird schon bei Gründung der Gesellschaft dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage erteilt, kann für eine verdeckte Gewinnausschüttung sprechen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter ohne Erprobung des neu angestellten Geschäftsführers auf dessen Qualifikation und ohne gesicherte Erkenntnisse über die Ertragsentwicklung des Unternehmens eine Pension nicht zugesagt hätte (BFH Urteil vom 29.10.1997 a.a.O.).

Die dargestellte, für die Pension des Gesellschafter-Geschäftsführers selbst entwickelte Rechtsprechung gilt entsprechend, wenn daneben oder statt dessen eine Versorgung für die Witwe eines Gesellschafter-Geschäftsführers versprochen bzw. geleistet wird (BFH Urteil vom 13.12.1961 I 321/60 U BStBl III 1962, 243; BFH Beschluss vom 19.06.2000 I B 110/99, NV 2001, 67; BFH Urteil vom 13.04.1988 I R 284/82, NV 1989, 395).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist auch im Streitfall davon auszugehen, dass die Versorgungszusage und damit auch die hierauf basierenden Versorgungszahlungen ihre Ursache in dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Gesellschafter A hatten.

Zwar ist es im Streitfall aufgrund der der Klägerin bei Abschluss des Geschäftsführervertrages bekannten Vorerfahrung des seinerzeitigen Gesellschafters A und der möglicherweise zu erwartenden Fortsetzung der bei der Einzelfirma zu verzeichnenden Gewinnlage - die der Beklagte nicht bestritten hat - nicht zu beanstanden, wenn ohne eine Probezeit eine Pensionszusage - auch an dessen Witwe - erteilt wird. Jedoch war durch die Versorgungsvereinbarung allein schon aufgrund des Lebensalters des Gesellschafters A von seinerzeit 65 Jahren nicht sichergestellt, dass der Gesellschafter die ihm zugunsten seiner Ehefrau zugesagte Witwenversorgung während seiner Dienstzeit als Geschäftsführer noch erdienen konnte. Dies gilt ungeachtet der vereinbarten Anstellung auf Lebenszeit und einer von der Klägerin angeführten guten Gesundheit des Geschäftsführers A. Denn das Risiko auch plötzlich eintretender gesundheitlicher Veränderungen nimmt erfahrungsgemäß mit zunehmendem Alter zu. Und der Versorgungsanspruch wäre auch dann einzulösen gewesen, wenn der Gesellschafter A unmittelbar nach Antritt seiner Geschäftsführertätigkeit aufgrund eines solchen unerwarteten gesundheitlichen Ereignisses verstorben wäre. Zudem war das auch bei guter Gesundheit bei einem 65-jährigen Arbeitnehmer stets vorhandene Risiko verminderter Arbeits- und Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

Der Hinweis der Klägerin auf die ihrer Ansicht nach geringe laufende Vergütung des Geschäftsführers A und die "offenkundig" erfolgte Einpreisung der Witwenversorgung vermag eine andere Einschätzung schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil Hinweise auf eine entsprechende Kalkulation nicht erkennbar sind und zudem die im Vergleich zu der des Sohnes geringere laufende Vergütung auch mit Rücksicht auf eine Aufgabenteilung oder unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Geschäftsführer zurückzuführen sein kann.

Im Übrigen ist diese Erwägung allenfalls bei der Prüfung der Gesamtausstattung des Geschäftsführers und der Würdigung der Angemessenheit der Höhe der Gesamtausstattung relevant; demgegenüber handelt es sich bei dem Aspekt der Erdienbarkeit einer Pension um einen daneben und unabhängig von der Angemessenheit der Gesamtausstattung zu würdigenden Aspekt (vgl. ausdrücklich BFH Urteil vom 21.10.1994 a.a.O. S. 420) des Fremdvergleichs (s. BFH Urteil vom 19.06.2000 a.a.O. Tz. 8 bei [...]) bzw. der Angemessenheit dem Grunde nach (s. Wochinger in: Ernst & Young verdeckte Gewinnausschüttungen - Pensionszusagen 4/55 Lfg. Januar 2006).

Für die Prüfung der sog. Erdienbarkeit sind Verdienste des A vor der Erteilung der Zusage, insbesondere auch im Rahmen seines Einzelunternehmens, angesichts der beherrschenden Stellung des A aufgrund des vorerwähnten hier geltenden Nachzahlungsverbots unbeachtlich (vgl. ausdrücklich zur Berücksichtigung von Vordienstzeiten im Rahmen eines Einzelunternehmens BFH Urteil vom 23.07.2003 a.a.O.; vgl. hierzu auch in Abgrenzung zum nicht beherrschenden Gesellschafter Gosch a.a.O. § 8 Rn. 1099).

Anhaltspunkte dafür, dass andere Gründe als die verwandtschaftliche Beziehung zu dem Gesellschafter-Geschäftsführer A für die Vereinbarung der Witwenversorgung und damit der späteren Zahlung der Versorgungsbezüge eine Rolle gespielt haben, sind nicht ersichtlich.

e) Zwar hat der BFH seine Rechtsprechung zu dem Aspekt der erforderlichen Erdienbarkeit der Pension im Laufe der Jahre fortentwickelt und u.a. unter Rückgriff auf das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) typisierende Maßstäbe gewonnen. Zum einen entsprachen jedoch der Aspekt der Erdienbarkeit der Versorgung und insbesondere die Bedeutung einer Altersgrenze schon seit den 60er Jahren der Rechtsprechung des BFH (BFH Urteile vom 10.04.1961 I 70/61, HFR 1962, 233 - für einen 64-jährigen Gesellschafter; vom 13.12.1961 I 321/60 U, BStBl III 1962, 243 - im konkreten Fall für einen 69-jährigen Gesellschafter; s. a. Streck KStG 2. Aufl. 1984 § 8 Rn. 150 zu 6.) und haben das Gesamtbild der Rechtsprechung geprägt (vgl. dazu im Rahmen des § 176 Abs.1 Nr. 3 Abgabenordnung - AO - Loose in: Tipke/Kruse AO Lfg. August 2006 Tz 15), ohne dass eine Festlegung auf ein bestimmtes Alter erfolgt war. Zum anderen wäre selbst eine schrittweise Rechtsentwicklung grundsätzlich nicht geeignet, Vertrauensschutz unter dem Gesichtspunkt des § 176 Abs.1 Nr. 3 AO zu begründen (BFH Urteil vom 14.11.2001 X R 39/98, BStBl II 2002, 246), zumal nicht ersichtlich ist, dass zu irgend einem Zeitpunkt ein dem vorliegenden entsprechender Sachverhalt von dem BFH zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden worden wäre. Ob die Verwaltungsrichtlinien einen Hinweis auf die erwähnte Rechtsprechung enthielten, ist unbeachtlich. Von der Verwaltung erlassene Übergangsvorschriften haben allenfalls in einem Billigkeitsverfahren Bedeutung, sind indes im Anfechtungsverfahren gegen Steuerbescheide nicht zu berücksichtigen (BFH Urteil vom 20.03.2002 X R 34/00, NV 2002, 914).

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Senat hat die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zur Klärung der Bedeutung des durch den I. Senats des BFH eingeführten Merkmals der Vorteilsgeneigtheit zugelassen.



Ende der Entscheidung

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