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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 15.06.2006
Aktenzeichen: 2 K 152/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 7 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, welchen Buchwert ein Pkw im Streitjahr gehabt hat. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Klägerin verpflichtet gewesen ist, die Afa in den Vorjahren bis zu einem Erinnerungswert vorzunehmen, und ob die Möglichkeit besteht, in den Vorjahren nicht vorgenommene Afa im Streitjahr nachzuholen.

Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Am 24.07.1991 wurde von der Klägerin ein Kfz für 60.987,20 DM angeschafft und dem Sozius Dr. L zur Verfügung gestellt. Für 1991 wurden anteilig Abschreibungen in Höhe von 7.623,20 DM, in 1992 und 1993 jeweils eine Afa in Höhe von 15.246,00 DM und in 1994 eine Afa in Höhe von 12.872,00 DM vorgenommen, so dass ein Restwert in Höhe von 10.000 DM verblieb. In den Jahren 1995 bis 1998 wurde keine Afa geltend gemacht. Die Nutzungswertentnahme von Dr. L wurde nicht nach den pauschalen Wertansätzen (1%-Regelung) ermittelt, sondern durch die tatsächlich durch den Pkw entstandenen Aufwendungen bestimmt. 1999 wurde das Fahrzeug entnommen. Als Entnahmewert wurden 10.000 DM (Netto) angesetzt. Der Restbuchwert in Höhe von 10.000 DM wurde als Betriebsausgabe berücksichtigt und dementsprechend ein Entnahmegewinn von 0,00 DM erklärt.

Durch den Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29.05.2005 wurden Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... Mio. DM festgestellt. Der Bescheid erging gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit vom 22.08.2001 bis zum 17.04.2002 wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Betriebsprüferin gelangte insbesondere zu der Ansicht, dass der Pkw nur mit einem Erinnerungswert von 1,00 DM anzusetzen gewesen wäre und dementsprechend die Entnahme einen Entnahmegewinn von 10.000 DM bewirke, da die nicht vorgenommene Afa nicht nachgeholt werden könne.

Durch den Bescheid vom 02.07.2002 wurde der Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29.05.2005 geändert und Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... Mio. DM festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Hiergegen richtet sich der Einspruch vom 12.07.2002. Dabei monierte die Klägerin neben anderen nicht mehr streitigen Punkten die Nichtberücksichtigung eines Pkw-Restbuchwertes von 10.000 DM in 1999.

Der Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 02.07.2002 wurde gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO durch den Bescheid vom 15.07.2002 geändert. Hierdurch wurden Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... Mio. DM festgesetzt.

Durch Einspruchsentscheidung vom 27.05.2005 wurde der Einspruch insbesondere bezüglich des Entnahmegewinnes des Pkws als unbegründet zurückgewiesen. Die Anschaffungskosten seien auf die Gesamtdauer der Verwendung zu verteilen. § 7 Abs. 1 EStG unterstelle einen gleichmäßigen Werteverzehr, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Aus § 7 EStG ergebe sich die gesetzliche Pflicht zur Vornahme der Afa. Ein Wahlrecht ergebe sich nicht, auch aus dem Handelsrecht nicht. Der BFH habe in seinem Urteil vom 07.02.1975 entschieden, dass bei einem Pkw ... kein gegenüber den Anschaffungskosten erheblicher Schrottwert zu erwarten sei. Eine bewusst unterlassene Afa könne anders als eine versehentlich nicht vorgenommene Afa nicht nachgeholt werden.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 28.06.2005. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, sie sei nicht verpflichtet gewesen, eine höhere als die geltend gemachte Afa vorzunehmen, denn § 7 EStG stelle eine Vorschrift für einen Werteverzehr dar. Sinn und Zweck der Afa-Regelung sei die Berücksichtigung von Kosten. Kosten könnten nur dann entstehen, wenn tatsächlich ein Werteverzehr stattgefunden habe. Die Klägerin könne deshalb nicht verpflichtet sein, Afa vorzunehmen bis zu einem Erinnerungswert von 1 DM, wenn tatsächlich ein viel höherer Teilwert bestanden habe, was insbesondere durch die Feststellung des Entnahmewertes bestätigt worden sei. Gerade bei Wirtschaftsgütern mit hohen Schrottwerten sei eine Afa auf 1 DM nicht zwingend. Ein Restwert müsse ebenso behandelt werden wie ein Schrottwert. Ein Restwert des Pkws von 10.000 DM bei ursprünglichen Anschaffungskosten von 60.987,20 DM sei sowohl absolut als auch relativ von Gewicht. Aus dem Urteil des FG Hamburg vom 26.10.1999 (Aktz. VI­I 303/98) ergebe sich zudem, dass Afa nur vorgenommen werden könne, wenn tatsächlich auch eine Abnutzung erfolgt sei. Aus den von dem Beklagten zitierten Urteilen ließen sich keine anderen Konsequenzen herleiten, zumal bei allen diesen Entscheidungen der Sachverhalt nicht vergleichbar sei, da jeweils der Steuerpflichtige auf 1 DM habe abschreiben wollen. Es sei jedoch eine andere Frage, ob man abschreiben könne oder aber dies müsse. Die Klägerin habe die Abschreibung nicht vorgenommen, weil bereits bei Kauf des Pkw aufgrund vorangegangener Erfahrungen klar gewesen sei, welchen Entnahmewert der Wagen haben würde. Der Beklagte sei durch eine Rundverfügung der OFD Düsseldorf gehalten, einen ins Gewicht fallenden Schrottwert bei der Bemessung der Afa nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, sondern dem Steuerpflichtigen zur freien Wahl zu überlassen. Es sei sinnwidrig, einen Unternehmer erst zu einem nicht entstandenen Wertverlust und später zu einem nicht entstandenen Veräußerungsgewinn zu zwingen.

Selbst wenn eine Verpflichtung zur Abschreibung bestanden habe, hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, eine Teilwertzuschreibung vorzunehmen.

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die unterlassene Afa in 1999 nachgeholt werden könne, da die Afa im ersten noch offenen Jahr durchzuführen sei. Es stimme nicht, dass die Afa von der Klägerin bewusst verlagert worden sei, um steuerliche Vorteile zu erlangen, denn die Vorgehensweise sei nur gewählt worden, um eine betriebswirtschaftlich nicht gerechtfertigte steuerliche Benachteiligung zu vermeiden. Es sei nicht erheblich, dass die Klägerin selbst von einer vierjährigen Afa-Dauer ausgegangen sei. Entscheidend sei nur, dass der Anhaltewert von 10.000 DM richtig gewesen sei.

Der Beklagte habe für die Vorjahre keine weitere Abschreibung vorgenommen. Die Ausbuchung des Restbuchwertes durch die Klägerin stelle keine Absetzung für Abnutzung dar. Soweit ersichtlich habe sich die Rechtsprechung zur Problematik der Restbuchwert-Ausbuchung bei vorheriger Abschreibung nur bis auf den Anhaltewert nicht geäußert.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999 vom 15.07.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27.05.2005 dahingehend zu ändern, dass ein Gewinn aus der Entnahme des ... (Kfz) von 0,00 DM festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 27.05.2005. Er ist der Ansicht, dass es nicht relevant sei, dass die Feststellungsbescheide bis einschließlich 1998 mittlerweile bestandskräftig seien, denn von der Bestandskraft würden lediglich die Besteuerungsgrundlagen und nicht einzelne Bilanzposten erfasst. § 7 EStG sei eine zwingende Vorschrift, wonach Afa vorzunehmen ist. Eine Nachholung der Afa sei nicht möglich, da ansonsten eine Verlagerung von Aufwand in andere Jahre möglich wäre. Auch könne die Klägerin nicht mit den negativen Auswirkungen der 1%-Regelung argumentieren, da sie sich bewusst für die 1%-Regelung entschieden habe. Wegen der Deckelung der Kosten in den Vorjahren hätte eine höhere Afa auch zu einer höheren Entnahme geführt. Dies habe die Klägerin vermeiden wollen. Damit habe sie nach Ansicht des Beklagten versucht, steuerliche Vorteile zur erzielen.

Dem Senat haben die Gewinnfeststellungsakten, Betriebsprüfungsakten und Rechtsbehelfsakten (Steuernummer ...) vorgelegen. Auf die Sitzungsprotokolle des Erörterungstermins vom 07.02.2006 und der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2006 wird verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Feststellungsbescheid 1999 ist rechtmäßig. Zu Recht hat der Beklagte den erklärten Gewinn um 10.000,00 DM erhöht.

Der für den Entnahmegewinn maßgebliche Restbuchwert des entnommenen Pkws war unzutreffend ermittelt. Zum Zeitpunkt der Entnahme durfte er nur noch mit einem Erinnerungswert im Betriebsvermögensverzeichnis stehen (1.). Der Entnahmegewinn kann nicht durch eine nachgeholte Afa im Streitjahr ausgeglichen werden (2.).

1. Der für die Bestimmung des Entnahmegewinnes maßgebliche Buchwert des entnommenen Pkws betrug zum Zeitpunkt der Entnahme 0,00 DM (Erinnerungswert 1,00 DM).

a) § 7 Abs. 1 EStG enthält für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG die bindende Rechtsfolge, dass eine Afa vorzunehmen ist, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Die Absetzung bemisst sich hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. Gem. § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG sind die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung auch bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, zu befolgen. Entsprechend sind die Werte des Betriebsvermögens im Bestandsverzeichnis zu erfassen und fortzuschreiben.

Als Rechtsfolge ordnet § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG an, dass die Abschreibung durchzuführen ist. Es handelt sich dabei um eine zwingende Rechtsfolge. Es ist nicht in das Ermessen des Steuerpflichtigen gestellt, ob er steuerrechtlich eine Afa vornehmen will. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm, denn es heißt "ist" abzusetzen (BFH vom 07.12.1967, GrS 1/67, BStBl 1968 II, 268).

Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG liegen auch bei der Klägerin vor, da der Pkw ihrem Betrieb länger als ein Jahr diente bzw. von ihr genutzt wurde. Da die Klägerin bei Anschaffung des Pkw von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 4 Jahren ausging, hätte der Pkw bis 1995 auf einen Erinnerungswert abgeschrieben werden müssen.

Der Gesetzgeber hat sich in § 7 EStG für eine schematische Regelung entschieden, die der Vereinfachung dient. Das kommt darin zum Ausdruck, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nicht exakt festgestellt, sondern nur geschätzt werden kann. Dem Willen des Gesetzgebers zur Schematisierung und Vereinfachung ist nach Auffassung des Großen Senats des BFH dadurch Rechnung zu tragen, dass in den Regelfällen die AfA bis auf den Erinnerungswert von 1 DM vorzunehmen sind (BFH vom 07.12.1967, GrS 1/67, BStBl 1968 II, 268). Es besteht kein Wahlrecht. Der Theorienstreit, ob der Charakter der Afa-Regelungen in der Kostenverteilungsfunktion oder der Berücksichtigung des Wertverzehr gesehen wird (siehe z.B. Littmann/Bitz/Pust-Handzik § 7 EStG Rn. 9; Blümich-Brandis § 7 EStG Rn. 30 ff), kann dahingestellt bleiben, denn der Gesetzgeber hat sich mit der Regelung des § 7 Abs. 1 EStG dahingehend festgelegt, dass eine Afa vorzunehmen ist. Die Regelung des § 7 EStG enthält eine Typisierung, welche als Folge beinhaltet, dass der einem Wirtschaftsgut zum jeweiligen Bilanzstichtag infolge der Afa beizumessende Wert nicht mit dem wirklichen Wert übereinstimmt. Eine Afa muss auch dann vorgenommen werden, wenn durch die Afa der Buchwert unter den Teilwert sinkt (Blümich-Brandis § 7 EStG Rn. 33). Dementsprechend ist die Afa auch dann vorzunehmen, wenn feststeht, dass der Wert des Anlagegutes in dem betreffenden Wirtschaftsjahr nicht gesunken ist, und selbst dann, wenn er gestiegen ist (Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht § 5 V 2a). Die Afa-Regelungen sind weitgehend schematisiert, um den Bedürfnissen einer verwaltungsmäßigen Vereinfachung Rechnung zu tragen. Diese Typisierung ist auch sachgerecht, denn sie stellt eine im Steuerrecht notwendige Vereinfachungsregelung dar, die eine praktikable Behandlung erlaubt, ohne im Einzelfall umfangreiche Nachforschungen anstellen zu müssen. Gerade in Bereichen von verkehrsüblichen Pkws ist eine vereinfachende Regelung auch sinnvoll, da es sich hierbei um Wirtschaftsgüter handelt, die von fast allen Betrieben genutzt werden. Es ist nicht der Zweck der Afa, für ein einzelnes Wirtschaftsgut einen bestimmten Betrag zutreffend abzuziehen. Vielmehr geht es darum, die Gesamtheit der Aufwendungen für das Wirtschaftsjahr auf die Jahre der voraussichtlichen Nutzung schematisch nach einem bestimmten Konzept zu verteilen, ohne dass man die im einzelnen Wirtschaftsjahr tatsächlich eingetretene Wertminderung festzustellen genötigt ist. Es kann durch die Anwendung des § 7 EStG auch zu Abweichungen des steuerrechtlichen Bilanz von der Handelsbilanz kommen (z.B. durch Anwendung der §§ 279ff HGB). Insoweit besteht eine Durchbrechung des Grundsatzes der Maßgeblichkeit. Dementsprechend sind die Abschreibungen durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 7 EStG vorliegen (so auch Herrmann/Heuer/Raupach-Nolde § 7 EStG Rn. 6). Es ist auch sachgerecht, die Afa-Regelung zwingend zu gestalten, da ansonsten der Steuerpflichtige die Afa so durchführen könnte, dass sie steuerrechtlich am günstigsten für ihn wäre.

Die Regelung stellt keinen unzulässigen Eingriff in die Entscheidungsfreiheit des Steuerpflichtigen dar. Dies gilt insbesondere, weil der Steuerpflichtige auch die Möglichkeit hat, eine andere Afa-Methode zu wählen, z.B. die der Leistungs-Afa gem. § 7 Abs. 1 S. 6 EStG. Dem Steuerpflichtigen obliegt grundsätzlich die Wahl, für welche Afa-Regelung er sich entscheidet. Entscheidet er sich für eine Afa-Methode, teilweise auch für eine Afa-Dauer, ist er an diese Entscheidung auch gebunden.

b) Ein Ausnahmefall von dieser Regel, wie er seit der Entscheidung des Großen Senats vom 07.12.1967 (GrS 1/67) in ständiger Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte entschieden wird, liegt hier nicht vor, im Streitfall ist für den Pkw kein erheblicher Schrottwert anzunehmen, der gegen die Durchführung der Afa bis zu einem Erinnerungswert von 1 DM sprechen würde.

Ein Schrottwert in diesem Sinne ist nur gegeben, wenn, wie im allgemeinen bei besonders schweren Gegenständen und bei Gegenständen aus wertvollem Material (z.B. bei Schiffen oder Flugzeugen), nach völliger Ausnutzung der Funktion des Wirtschaftsgutes durch die Verwertung des reinen Materials ein Schrottwert zu erwarten ist, der im Vergleich zu den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten erheblich ins Gewicht fällt. Dieser Wert ist bei der Verteilung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer in der Weise zu berücksichtigen, dass lediglich der Unterschied zwischen den Anschaffungskosten und Herstellungskosten und dem Schrottwert verteilt wird (vgl. BFH vom 07.12.1967, GrS 1/67, BStBl 1968 II, 268, siehe auch FG Hamburg vom 26.10.1999, VII 303/98, zitiert nach juris).

Ein verkehrsüblicher Pkw zählt weder zu solchen Gegenständen, noch besteht er aus wertvollem Material, so dass sich kein relevanter Schrottwert ergibt, der ein Grund dafür wäre, Pkws lediglich bis zu einem Schrottwert abzuschreiben (so auch der BFH vom 07.02.1975, VI R 133/72, BStBl 1975 II, 478 bezüglich eines Mercedes 230). Das zeigt auch die Einführung der gesetzlichen Verpflichtung für die Autohändler, verkaufte Pkws wieder zurückzunehmen, denn eine solche Verpflichtung wäre überflüssig gewesen, wenn jedes nicht mehr funktionsfähige Kfz noch einen erheblichen Materialwert gehabt hätte, dann bestünde auf dem Markt ein eigenes Interesse an dem Ankauf derartiger Kfz.

Auch ein Anhaltewert, der sich nicht aus dem Schrottwert, sondern einem späteren höheren Teilwert ergibt, führt nicht zu einer zulässigen Beschränkung der Afa nur bis zum Teilwert. Eine solche Verfahrensweise würde gerade einer verwaltungsökonomischen praktikablen Handlungsweise widersprechen, die darauf abzielt, nicht in jedem Einzelfall zu prüfen, welchen tatsächlichen Wert das Wirtschaftsgut jeweils besitzt. Die Abkehr von der pauschalen Betrachtungsweise würde zudem dem Prinzip der steuerlichen Gleichbehandlung widersprechen, weil sie Gewinnverlagerungen ermöglichen würde.

Ebenso wenig ist eine Teilwertzuschreibung möglich, da ansonsten die zwingenden Afa-Regelungen umgangen werden könnten (so auch Schmidt-Drenseck § 7 EStG Rn. 7).

c) Der Buchwert des hier streitigen Pkws ist für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zu Recht von 10.000 DM auf einen Erinnerungswert von 1 DM korrigiert worden.

Die Korrektur des Buchwertes des Pkws in 1999 auf 1 DM ist zulässig, obwohl die Vorjahre bereits festsetzungsverjährt sind. Dem steht der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs, der bei der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG und der dort erforderlichen Fortschreibung der Werte des Anlagevermögens entsprechend gilt, nicht entgegen.

Dementsprechend ist der für die Berechnung des Entnahmegewinns dem Entnahmewert gegenüberzustellende Buchwert im Ergebnis entsprechend den Grundsätzen der Bilanzberichtigung zu ermitteln. Ein Bilanzansatz ist fehlerhaft, wenn er objektiv gegen ein handelsrechtliches oder steuerrechtliches Bilanzierungsverbot oder -gebot verstößt und der Steuerpflichtige diesen Verstoß nach den im Zeitpunkt der Bilanzerstellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten über die zum Bilanzstichtag gegebenen objektiven Verhältnisse bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung erkennen konnte. Bilanzierungsfehler können nur so lange berichtigt werden, wie die Berichtigung der fehlerhaften Veranlagung möglich ist, also längstens bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist (Schmidt-Heinicke § 4 EStG Rn. 689), die für das Streitjahr noch nicht eingetreten ist.

Grundsätzlich ist das Finanzamt verpflichtet, die Korrektur einer fehlerhaften Bilanz-/Buchposition im ersten noch offenen Jahr vorzunehmen. Das wäre im Streitfall im Zeitpunkt der Betriebsprüfung 1996 gewesen. Aus Gründen der Praktikabilität wird in der Praxis häufig nicht das erste Jahr, sondern das letzte Jahr geändert, um Mehraufwand zu verhindern, der durch die Änderung von mehreren Jahren entstehen würde. Das ist nach teilweise geäußerter Ansicht in der Kommentarliteratur nicht zulässig (Schmidt-Heinicke § 4 EStG Rn. 706). Im Streitfall ergibt sich jedoch keine steuerliche Auswirkung daraus, ob die Korrektur des Buchwertes des Pkws in 1996 oder in 1999 erfolgt wäre, so dass es hier dahingestellt bleiben kann, ob das Finanzamt die Korrektur bereits in 1996 hätte durchführen und nach 1999 fortschreiben müssen, denn auch eine Änderung in 1996 hätte zu einem Buchwert von 1 DM geführt.

2. Die in den Vorjahren nicht in Anspruch genommene Afa kann nicht im Streitjahr nachgeholt werden, entscheidend ist dabei, dass die Klägerin die Afa bewusst unterlassen hat.

Für die von der Klägerin begehrte "Nachholung der AfA" im Streitjahr findet sich keine Stütze im Gesetz. Im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gilt der Grundsatz zeitraumrichtiger Abgrenzung von Aufwand und Ertrag (periodengerechte Gewinnermittlung). Aus ihm folgt, dass bei der Ermittlung des Gewinns für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr nur solche Aufwendungen berücksichtigt werden können, die gerade dieses Wirtschaftsjahr betreffen. Die Nachholung von Afa in einem anderen Steuerjahr widerspräche dem Grundsatz, dass die Einkommensteuer - dem Grunde wie der Höhe nach - als Jahressteuer (§ 2 Abs. 7 EStG) kraft Gesetzes jeweils mit Ablauf eines jeden Veranlagungszeitraums entsteht (§ 38 der Abgabenordnung -AO 1977- i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dieses Prinzip der Abschnittsbesteuerung betrifft auch den einkünftebezogenen Aufwand, der daher nur im Wege der AfA abgezogen werden darf (§ 4 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 7 EStG), zeitanteilig den Veranlagungszeiträumen (§§ 2 Abs. 7, 25 Abs. 1 EStG) zwischen Anschaffung/Herstellung und dem Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zuzuordnen ist. Diese Aufteilung ist zwingend (Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 7 EStG Rz. 93 ff.; Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 7 Rdnr. A 40 ff.; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., 2001, § 7 Rz. 6). Eine gesetzliche Ausnahme hiervon ist ebenso wenig vorgesehen wie bei der zeitlichen Zuordnung der mit der Verausgabung abzusetzenden Aufwendungen (siehe BFH vom 24.10.2001, X R 153/97). Die Rechtsprechung lässt aber Ausnahmen zu. Insbesondere versehentlich unterlassene Abschreibungen oder unterlassene Abschreibungen wegen unrichtiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage können nach hM und der Rechtsprechung nachgeholt werden (siehe hierzu z.B. Herrmann/Heuer/Raupach § 7 EStG Rn. 95 ff).

Absichtlich unterlassene Absetzungen darf der Steuerpflichtige nicht nachholen, wenn er die Absetzungen in der Absicht der Steuerersparnis unterließ. Er ist nach Treu und Glauben an sein bisheriges Verhalten gebunden (siehe z.B. BFH vom 03.07.1980, IV R 31/77, BStBl 1981 II, 255). Die nicht abgesetzten Beträge gehen dem Steuerpflichtigen verloren. Der Bilanzzusammenhang wird durchbrochen, indem in der Anfangsbilanz des ersten Jahres, dessen Schlussbilanz noch nicht einer bestandskräftigen Veranlagung unterlegen ist, der Buchwert der vorhergehenden Jahresschlussbilanz um die versäumte Absetzung gekürzt wird (Herrmann/Heuer/Raupach-Nolde § 7 EStG Rn. 96; Schmidt-Drenseck § 7 EStG Rn. 7). Diese Folge kann auch nicht durch eine Teilwert-Afa umgangen werden (Schmidt-Drenseck § 7 EStG Rn. 7). Entsprechendes gilt auch für den Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.

Auf den Streitfall übertragen folgt hieraus, dass das Nachholen der Afa nicht möglich war, weil die Klägerin die Absetzungen in den Jahren 1994 und 1995 absichtlich unterlassen hat. Entscheidend ist, dass sie wegen der Kostendeckelung in den Jahren 1994 und 1995 (Begrenzung der pauschalen Wertansätze durch die tatsächlich entstandenen Aufwendungen; siehe BMF vom 12.05.1997,BStBl I 1997, 562 bzw. BMF vom 21.01.2002,BStBl I, 148) einen niedrigeren Eigenverbrauch versteuert hat als es bei ordnungsgemäß durchgeführten Absetzungen der Fall gewesen wäre, denn dann hätten die zusätzlichen Afa-Beträge unmittelbar den Eigenverbrauch erhöht. Auch wollte die Klägerin durch den höheren Buchwert einen Entnahmegewinn vermeiden. Zwar ist die Klägerin der Ansicht, dass sie hierdurch nur steuerliche Nachteile vermeiden und keine steuerlichen Vorteile erlangen wollte. Das Argument kann indes nicht überzeugen, denn die Klägerin hat sich bewusst dafür entschieden, den Pkw im Betriebsvermögen zu halten und dementsprechend die Nutzung des Gesellschafters nach der 1%-Regelung durchzuführen. Alternativ hätte sie die Möglichkeit gehabt, den Pkw bereits früher aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Insofern hatte sie auch alle mit ihrer Entscheidung verbundenen Konsequenzen zu tragen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

Anmerkung

Revision eingelegt (BFH IV R 48/06)

Ende der Entscheidung

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