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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 15.02.2008
Aktenzeichen: 2 K 243/07
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 36 Abs. 2
AO § 118
AO § 130
AO § 131
AO § 218 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

2 K 243/07

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung ausgezahlter Vorsteuerüberschüsse und über die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines Abrechnungsbescheides.

Im Gesamthandseigentum der Grundstücksgemeinschaft A & A GbR, x-Straße, H., (im folgenden als "A & A GbR" bezeichnet) stand das ... "z-Haus" in der y-Straße. An der A & A GbR waren zunächst die Eheleute Herr A und Frau A je zur Hälfte beteiligt. Mit Vertrag vom 11.12.2004 wurde die Aufnahme des Herrn B in die A & A GbR vereinbart. Herr B sollte nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt sein.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg (........) vom 11.01.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn A eröffnet.

Am 19.02.2005 wurde zwischen Herrn A, Frau A, Herrn B und der eine Vereinbarung getroffen, in der zunächst festgestellt wurde, dass Herr A aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 17 des Gesellschaftsvertrages aus der A & A GbR ausgeschieden sei. Des Weiteren wurde vereinbart, dass Herr B seine Beteiligung an die C GmbH abtrat. Die Beteiligung von Frau A wurde in eine Kommanditbeteiligung von 25.000,- EUR umgewandelt. Die A & A GbR sollte als Kommanditgesellschaft unter der Firma C ... GmbH & Co. KG fortgeführt werden.

Daneben gab es eine weitere Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen Herrn A und Frau A, nämlich die "D Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (im Folgenden als "GbR D" bezeichnet). Herr A brachte mit notariellem Vertrag vom 31.10.2002 das zuvor in seinem Alleineigentum stehende Grundstück D, auf dem bis 2003 ein Gebäude errichtet wurde, in die GbR D ein. Gleichzeitig trat er die Rechte aus dem mit ihm zuvor geschlossenen Generalunternehmervertrag an die GbR D ab, die im Innenverhältnis auch die bestehenden und noch entstehenden Verbindlichkeiten übernahm.

Bereits vor Einbringung des Grundstücks in die GbR D hatte Herr A mit der Bank 1 einen Darlehensvertrag über die Finanzierung des Bauvorhabens geschlossen. In Ziffer 4 dieses Vertrages war folgendes vereinbart:

"Es ist hiermit vereinbart, dass Sie Ihr zuständiges Finanzamt unwiderruflich anweisen, dass die von uns für das Bauvorhaben vorfinanzierte MwSt. ausschließlich auf Ihr Baukonto Nr. ..... bei uns im Haus zu erstatten ist. (...) Die hier dargestellte Finanzierung ist eine reine Nettofinanzierung."

Auf den weiteren Inhalt des Darlehensvertrages vom 14.01.2002 (Anlage K 2) wird Bezug genommen.

Die A & A GbR reichte für 2003 Umsatzsteuervoranmeldungen ein, in denen sie die auf das Bauvorhaben D entfallenden Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 452.605,58 EUR geltend machte. Aufgrund der durch den damaligen Steuerberater der A & A GbR und Herrn A unterzeichneten Anweisung vom 07.07.2003 (Anlage K 3) wurden die Zahlungen auf das für Herrn A unter der Bezeichnung "D GbR" bei der Bank 1 geführte Konto Nr. ..... überwiesen. Eine Zahlung in Höhe von 38.218,34 EUR wurde infolge einer mit Abtretungsanzeige vom 03./04.12.2003 (Anlage K 9) mitgeteilten Abtretung an den Steuerberater vorgenommen.

Mit Prüfungsanordnung vom 18.09.2003 ordnete das Finanzamt Hamburg-1 gegenüber der A & A GbR die Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume 4. Quartal 2002 und 1. Quartal 2003 an. Die Betriebsprüferin stellte fest, dass die im Prüfungszeitraum erklärten Vorsteuerbeträge im Wesentlichen das Bauvorhaben D betrafen. Diese Behandlung war nach Auffassung der Betriebsprüferin zwar unrichtig, sollte aber nicht beanstandet werden.

Da die A & A GbR für das Streitjahr zunächst keine Umsatzsteuererklärung einreichte, erließ das Finanzamt Hamburg-1 am 27.01.2005 einen Schätzungsbescheid für 2003. Hierin setzte es steuerpflichtige Umsätze von 900.000,- EUR an, ohne einen Vorsteuerabzug vorzunehmen (Umsatzsteuer: 144.000,- EUR), so dass sich eine Nachforderung von 511.426,73 EUR ergab.

Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Klägerin am 08.09.2005 Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2003 (Az. 2 K 215/05). Am 30.11.2006 reichte die Klägerin bei dem Beklagten die Umsatzsteuererklärung für 2003 ein, in der steuerpflichtige Umsätze von 682.145,- EUR (Umsatzsteuer 109.145,- EUR) und abziehbare Vorsteuern von 478.136,33 EUR erklärt waren. Der Beklagte führte daraufhin eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 2003 und 2004 bei der Klägerin durch. Der Prüfer kam dabei zu dem Ergebnis, dass die das Vorhaben D betreffenden Vorsteuerbeträge durch die Klägerin nicht beansprucht werden könnten. Der Beklagte änderte den angefochtenen Bescheid unter dem 05.07.2007 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) entsprechend und setzte die Umsatzsteuer auf 83.612,45 EUR fest. Nach Abzug von ausgezahlten Vorsteuerüberschüssen in Höhe von 367.426,73 EUR und einer Verrechnung in Höhe von 11.330,84 EUR ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 439.708,34 EUR zzgl. Säumniszuschlägen bis zum 28.02.2005 in Höhe von 133.314,00 EUR. Der erkennende Senat wies die unter dem Az. 2 K 215/05 geführte Klage durch Urteil vom 24.08.2007 ab. Auf den Inhalt des Urteils wird Bezug genommen. Die Klägerin legte hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH ein.

Mit Schreiben vom 08.08.2007 legte die Klägerin Einspruch gegen die Abrechnungsverfügung im Umsatzsteuerbescheid für 2003 ein. Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 28.08.2007 mit, dass er beabsichtige, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, da die kassentechnische Abrechnung keinen Verwaltungsakt darstelle, und regte an, einen Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides zu stellen. Durch Einspruchsentscheidung vom 02.10.2007 verwarf der Beklagte den Einspruch unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 28.08.2007 als unzulässig.

Die Klägerin hat am 05.11.2007 Klage gegen die Abrechnungsverfügung und hilfsweise auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides erhoben.

Die Klägerin trägt vor, bei der Abrechnungsverfügung handele es sich um einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt, der rechtswidrig sei. Denn die Klägerin sei mit der GbR D zusammen zur Umsatzsteuer zu veranlagen. Die gegenteilige Auffassung des erkennenden Senats im Urteil zum Verfahren 2 K 215/05 sei durch den BFH zu überprüfen.

Jedenfalls scheitere eine Rückforderung der ausgezahlten Vorsteuerüberschüsse aber daran, dass die Vorsteuern nicht an die A & A GbR, sondern an die GbR D als wahre Erstattungsberechtigte gezahlt worden seien sowie in Höhe von 38.218,34 EUR aufgrund einer Abtretung an den Steuerberater Herrn E. Der zuständige Sachbearbeiter des Finanzamtes Hamburg-1, Herr F, habe die Erteilung einer weiteren Steuernummer für die GbR D verweigert. Der Steuerberater Herr E habe aufgrund des Missverständnisses seitens des Finanzamtes, es handele sich bei der A & A GbR und der GbR D nur um eine Gesellschaft, in dem Schreiben vom 07.07.2003 (Anlage K 3) von einer Grundstückseinbringung in die A & A GbR gesprochen und erklärt, dieser stünden die Vorsteuererstattungsansprüche zu. Der wahre Sachverhalt sei aber allen Beteiligten bekannt gewesen (Beweis: Zeugnis E und F). Die GbR D sei im Zusammenhang mit dem Empfängerkonto genannt worden. Ihr hätten die Ansprüche aus dem Baukonto ..... wirtschaftlich zugestanden, da die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag mit der Bank 1 an sie abgetreten worden seien. Nicht die A & A GbR, sondern die GbR D habe daher die in dem Kontoauszug des Beklagten vom 25.01.2006 (Anlage K 4) aufgeführten Vorsteuererstattungen erhalten mit Ausnahme der Zahlung von 38.218,34 EUR, die an Herrn E gegangen sei. Die GbR D sei somit die wahre Erstattungsberechtigte und nach der Rechtsprechung des BFH als Leistungsempfängerin anzusehen. Das sei auch sachgerecht, weil die Klägerin gegenüber der GbR D als materiell Berechtigter keinen Regress nehmen könne. Der Streitfall unterscheide sich von den durch den BFH entschiedenen Anweisungsfällen dadurch, dass die Vorsteuern aus dem Bauvorhaben D materiell bestünden. Mit der GbR D habe auch der richtige Empfänger die gezahlten Vorsteuerüberschüsse erhalten. Sowohl nach der materiellen als auch nach der formellen Rechtsgrundtheorie sei die Zahlung mit Rechtsgrund erfolgt. Schließlich verhalte der Beklagte sich zum einen widersprüchlich, wenn er auch die auf das Steuerkonto des Herrn A umgebuchten Vorsteuerbeträge zurückverlange, da Herr A an beiden Gesellschaften zu 50% beteiligt gewesen sei, und zum anderen, wenn er nach wie vor an der Verrechnung der Vorsteuererstattungsansprüche mit Steuerschulden der Klägerin festhalte.

Zumindest sei der Beklagte aber zum Erlass eines Abrechnungsbescheides hinsichtlich der Rückforderung von Vorsteuern und etwaiger entfallender Säumniszuschläge verpflichtet. Das entsprechende Vorverfahren sei durchgeführt, da der Einspruch der Klägerin gegen die Abrechnungsverfügung den konkludenten Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides enthalte.

Die Klägerin beantragt,

die Abrechnungsverfügung im Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 05.07.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.08.2007 dahingehend zu ändern, dass Vorsteuern in Höhe von 367.426,73 EUR nicht als bereits getilgte Beträge behandelt werden und die Zahlungspflicht auf 72.281,61 EUR reduziert wird,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, einen Abrechnungsbescheid über die Rückforderung von Vorsteuern für 2003 zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und das Urteil zum Az. 2 K 215/05 und trägt ergänzend vor, dass ein Bestandteil des Abrechnungsteils eines Steuerbescheides nur dann ein selbständiger Verwaltungsakt sein könne, wenn dies durch das Gesetz vorgeschrieben werde, was hier aber nicht der Fall sei. Die gegenüber der Klägerin geltend gemachte Rückforderung bestehe nach Grund und Höhe zu Recht.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2008 wird Bezug genommen.

Das Gericht hat die Gerichtsakte zum Verfahren 2 K 215/05 beigezogen. Des Weiteren haben dem Gericht ein Band Akten betreffend "Abrechnungsangelegenheit USt 2003" und Band II der Umsatzsteuerakten (St.-Nr. ..... ) vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage ist im Hauptantrag als Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-) zulässig, denn sie ist auf die Aufhebung eines Verwaltungsaktes gerichtet.

Die Abrechnungsverfügung im geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 05.07.2007 ist ein Verwaltungsakt i.S. des § 118 Satz 1 AO. Danach ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine mit einem Steuerbescheid verbundene Verfügung des Finanzamtes über die Anrechnung von entrichteten Vorauszahlungen oder einbehaltenen Steuerabzugsbeträgen auf die im Wege der Veranlagung festgesetzte Jahressteuerschuld trotz ihrer technischen Zusammenfassung mit der Steuerfestsetzung ein eigenständiger Verwaltungsakt. Sie wirkt nicht rechtsbegründend (konstitutiv), da sie keine Rechte und Pflichten zur Entstehung bringt, die der Steuerpflichtige nicht auch ohne sie hätte. Vielmehr handelt es sich um einen deklaratorischen (bestätigenden) Verwaltungsakt, dessen Außenwirkung sich je nach dem Ergebnis der Anrechnung in einem Leistungsgebot oder in einer Erstattungsverfügung äußert (BFH-Urteil vom 15.04.1997 VII R 100/96, BFHE 182, 506, BStBl II 1997, 787; BFH-Beschluss vom 10.04.1992 I B 4/92, BFH/NV 1992, 683). Uneinigkeit besteht zwischen dem I. und dem VII. Senat darüber, ob eine auf der Grundlage des § 36 Abs. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- erlassene Anrechnungsverfügung nur unter den Voraussetzungen der §§ 130, 131 AO geändert werden kann und gegenüber einem nachfolgenden Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) Bindungswirkung entfaltet (so BFH-Urteil vom 15.04.1997 VII R 100/96, BFHE 182, 506, BStBl II 1997, 787; BFH-Urteil vom 16.10.1986 VII R 159/83, BFHE 148, 4, BStBl II 1987, 405) oder ob das Verfahren nach § 218 Abs. 2 AO vorrangig ist und keine Bindung ein eine zuvor erlassene Anrechnungsverfügung besteht (so BFH-Urteil vom 28.04.1993 I R 100/92, BFHE 171, 397, BStBl II 1993, 836). In jüngerer Zeit hat der BFH seine Rechtsprechung bzgl. der rechtlichen Einordnung einer Anrechnungsverfügung dahin gehend eingeschränkt, dass nicht alles, was das Finanzamt in den Abrechungsteil eines Steuerbescheides aufnimmt, Verwaltungsaktqualität hat. So ergehen Feststellungen in der Anrechnungsverfügung eines Einkommensteuerbescheides, die nicht auf § 36 Abs. 2 EStG beruhen, sondern über geleistete Zahlungen, Umbuchungen, Erstattungen und dergleichen abrechnen - etwa die Mitteilung, auf eine festgesetzte Steuer sei ein bestimmter Betrag gezahlt worden -, nicht in Form eines Verwaltungsaktes und erwachsen folglich zwischen den Beteiligten nicht in Bestandskraft, weil es hierfür - abgesehen von § 218 Abs. 2 AO - an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Sie informieren den Steuerpflichtigen über den Kassenstand, so dass diesbezügliche Mitteilungen in einem nach § 218 Abs. 2 AO ergehenden Abrechnungsbescheid ohne weiteres richtiggestellt werden können (BFH-Beschluss vom 19.10.2006 VII B 78/06, BFH/NV 2007, 200; BFH-Beschluss vom 13.01.2005 VII B 147/04, BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457).

Zwar wurden auch im Streitfall keine (positiven) Umsatzsteuervorauszahlungen auf die festgesetzte Umsatzsteuer angerechnet, sondern es wurden die aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldungen ausgezahlten Vorsteuerüberschüsse in Höhe von 367.426,73 EUR als "bereits getilgt" behandelt. Nach Auffassung des erkennenden Senates ist die zitierte einschränkende Rechtsprechung des BFH bzgl. Mitteilungen über getilgte Beträge auf das Umsatzsteuerrecht indes nicht übertragbar. Auch kann im Streitfall offen bleiben, welches rechtliche Verhältnis zwischen der Abrechnungsverfügung und dem Erlass eines Abrechnungsbescheides nach § 218 Abs. 2 AO besteht. Denn im Unterschied zum Einkommensteuerrecht kann im Umsatzsteuerrecht aufgrund einer Voranmeldung auch eine negative Umsatzsteuer, also ein zu erstattender Vorsteuerüberschuss, festgesetzt werden, der bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages zwischen den festgesetzten Vorauszahlungen und der Jahressteuerschuld nach § 18 Abs. 4 UStG ebenfalls anzurechnen ist. Da das Gesetz diese Anrechnung im Zusammenhang mit der Festsetzung der Jahressteuerschuld ausdrücklich vorsieht, ergeht die Steueranrechnung (-abrechnung) auch dann im Rahmen eines von der Steuerfestsetzung gesonderten Verwaltungsaktes, wenn sich hieraus ein Rückforderungsanspruch des Finanzamtes ergibt. Im Umsatzsteuerrecht bleibt es deshalb dabei, dass es sich bei der Abrechnungsverfügung um einen deklaratorischen (bestätigenden) Verwaltungsakt handelt, dessen Außenwirkung (§ 118 AO) sich je nach dem Ergebnis der Anrechnung in einem Leistungsgebot oder in einer Erstattungsverfügung äußert (BFH-Urteil vom 16.10.1986 VII R 159/83, BFHE 148, 4, BStBl II 1987, 405; Rothenberger in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 18 Rz. 151; Stadie in Rau/Dürrwächer/Flick/Geist, UStG, § 18 Rz. 168). Der Unterschiedsbetrag zwischen einer gegenüber der Steueranmeldung (§ 18 Abs. 3 UStG, §§ 150 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 1 Satz 1, 168 Sätze 1 und 2 AO) geänderten Umsatzsteuerfestsetzung im Umsatzsteuerjahresbescheid betrifft nicht die Steuerfestsetzung, sondern das Leistungsgebot (§ 18 Abs. 4 Satz 2 UStG, § 254 Abs. 1 AO), so dass diese Folgeentscheidung nicht im Steuerfestsetzungs-, sondern im Steuererhebungsverfahren ergeht (BFH-Beschluss vom 27.06.1991 V B 10/90, BFH/NV 1992, 277). Da ein Abrechnungsbescheid nach § 118 Abs. 2 AO keine Zahlungsverpflichtung begründet, sondern sie voraussetzt und nur die Feststellung beinhaltet, ob diese Pflicht erloschen ist, können Einwendungen, die sich gegen die Begründung der Zahlungsverpflichtung wenden, nur gegen die Abrechnung bzw. das Leistungsgebot im Umsatzsteuerbescheid richten und nicht im Verfahren nach § 218 Abs. 2 AO geltend gemacht werden (BFH-Beschluss vom 09.01.1990 VII B 77/89, BFH/NV 1990, 660). Das gilt auch für den Einwand, der Rückforderungsanspruch richte sich nicht gegen den Adressaten des Umsatzsteuerbescheides (BFH-Urteil vom 22.07.1986 VII R 10/82, BFHE 147, 117, BStBl II 1986, 776), wie ihn die Klägerin im Streitfall erhebt.

2. Der Hauptantrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Anrechnungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das Leistungsgebot richtet sich zu Recht gegen die Klägerin.

Die A & A GbR als Rechtsvorgängerin der Klägerin wurde, wie der erkennende Senat bereits im Urteil vom 24.08.2007 zum Az. 2 K 215/05 entschieden hat, Leistungsempfängerin bzgl. der Vorsteuererstattungen, weil diese in Höhe von 38.218,34 EUR aufgrund der von ihr vorgenommenen und angezeigten Abtretung an den Steuerberater E (§ 37 Abs. 2 Satz 3 AO) und im Übrigen auf ihre Anweisung hin auf das unter der Bezeichnung "GbR D" geführte Konto des Herrn A überwiesen wurden. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen. Neuen Sachvortrag hierzu enthält die Klage nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, ist Leistungsempfänger und damit Schuldner eines Rückforderungsanspruches nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO in den Fällen, in denen an dem Erstattungsvorgang mehrere Personen beteiligt waren, derjenige, zu dessen Gunsten erkennbar die Zahlung geleistet wurde, die zurückverlangt wird. Dies ist in der Regel derjenige, demgegenüber die Finanzbehörde ihre abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will. Ein Dritter ist folglich als Empfänger einer Zahlung nicht Leistungsempfänger, wenn er von dem Erstattungsberechtigten lediglich als Zahlstelle benannt worden ist oder die Finanzbehörde aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungsberechtigten an ihn eine Steuererstattung ausgezahlt hat. Denn in einem solchen Fall will die Finanzbehörde erkennbar nicht mit befreiender Wirkung zu dessen Gunsten leisten, sondern es erbringt seine Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem steuerlichen Rechtsinhaber zu erfüllen (BFH-Urteil vom 30.08.2005 VII R 64/04, BFHE 210, 319, BStBl II 2006, 353; BFH-Urteil vom 05.06.2007 VII R 17/06, BStBl II 2007, 738). Derjenige, dem gegenüber das Finanzamt seine abgabenrechtliche Verpflichtung erkennbar erfüllen will, also der steuerliche Rechtsinhaber, ist aber nicht stets, wie die Klägerin meint, der "wahre Berechtigte", dem die Forderung bei richtiger Festsetzung zustünde. Das ist schon deshalb ausgeschlossen, weil eine Rückforderung überhaupt nur entstehen kann, wenn eine Leistung ohne rechtlichen Grund, also an einen materiell Nichtberechtigten, erbracht wurde. Das Gesetz geht also davon aus, dass Leistungsempfänger nicht stets der "wahre Berechtigte" ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin werden auch nicht nur die Fälle von § 37 Abs. 2 AO erfasst, in denen der Erstattungsanspruch materiell überhaupt nicht besteht, sondern auch die Fälle, in denen der Anspruch besteht, das Finanzamt die Zahlung aber an den falschen Empfänger leistet (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 37 AO Rz. 27). Entscheidend ist, dass es gegenüber dem Leistungsempfänger an einem Rechtsgrund fehlt; ob der Anspruch einem Dritten oder niemandem zusteht, ist ohne Belang.

Im Streitfall wollte der Beklagte die Zahlung erkennbar an die A & A GbR leisten, zu deren Gunsten der Vorsteuererstattungsanspruch festgesetzt worden war. Auf ihre Anweisung hin überwies der Beklagte den Betrag auf das Konto des Herrn A. Für diese Leistung an die A & A GbR fehlte es an einem materiellen Rechtsgrund, weil ihr tatsächlich kein Vorsteuererstattungsanspruch zustand. Der formelle Rechtsgrund entfiel nachträglich durch die Änderung des Umsatzsteuerbescheides.

II.

Der auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines Abrechnungsbescheides gerichtete Hilfsantrag ist unzulässig.

Eine Verpflichtungsklage setzt nach § 40 Abs. 1, 2. Alt. FGO voraus, dass die

Finanzbehörde den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes entweder abgelehnt oder unterlassen hat.

Zwar ist der Klägerin darin zu folgen, dass in dem Einspruch gegen die Abrechnungsverfügung ein konkludenter Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides zu sehen sein könnte. Der Beklagte hatte diesen Antrag aber nicht abgelehnt. Die Einspruchsentscheidung bezieht sich ausschließlich auf die Anfechtung der Abrechnungsverfügung, und in dem Bezugsschreiben vom 28.08.2007 regt der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides gerade an und lehnt seinen Erlass nicht ab.

Der Beklagte hat den Erlass des Abrechnungsbescheides zwar unterlassen (§ 40 Abs. 1, 2. Alt. FGO). In diesem Fall ist eine Klage aber erst nach erfolglosem Untätigkeitseinspruch zulässig (§ 347 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 44 Abs. 1 FGO; vgl. BFH-Urteil vom 19.05.2004 III R 18/02, BStBl II 2004, 980; Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 13). Die Klägerin hat einen derartigen Einspruch jedoch nicht eingelegt.

Im Übrigen hat die Klägerin sich nach der oben dargelegten Rechtsauffassung des erkennenden Senats prozessual zu Recht - wenn auch in der Sache ohne Erfolg - gegen die Abrechnungsverfügung gewandt und nicht den Erlass eines Abrechnungsbescheides abgewartet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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