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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 15.02.2008
Aktenzeichen: 2 K 244/06
Rechtsgebiete: KStG, FGO, AO


Vorschriften:

KStG § 27 Abs. 2
KStG § 28 Abs. 1 S. 3
KStG § 36 Abs. 7
KStG § 38 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 1 S. 1
AO § 162
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

2 K 244/06

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen.

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren einen Döner-Imbiss und einen Kiosk im x-Weg, ab dem 01.08.2001 eine Dönerproduktion in der x-Straße in V., vom 05.07.2001 bis zum 27.10.2002 einen Kiosk in der y-Straße und seit dem 01.12.2002 einen weiteren Imbiss und Kiosk in der z-Straße in W. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 01.06.2001 (Akte Allgemeines Bl. 2) gegründet und am 09.10.2001 in das Handelsregister eingetragen. Geschäftsführer war Herr A, der an der Klägerin zunächst zu 75% und seit dem 12.04.2002 zu 100% beteiligt war. Er hatte den Betrieb zuvor als Einzelunternehmen geführt und ihn in die Klägerin eingebracht.

Im April 2002 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Zeit vom 01.07. bis zum 31.12.2001 durch. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass im Voranmeldungsverfahren erklärte Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 12.442,75 DM nicht anzuerkennen seien, da die Belege nicht die erforderlichen formellen Voraussetzungen erfüllten. Auf den Inhalt des Prüfungsberichtes vom 22.04.2002 (Betriebsprüfungsakten -BpA-) wird Bezug genommen.

Am 19.02.2003 reichte die Klägerin bei dem Beklagten den Jahresabschluss, die Körperschaft- und die Gewerbesteuererklärung für 2001 ein, in denen sie einen Verlust von 9.495 DM und einen negativen Gewerbeertrag von 8.344 DM erklärte. Mit am selben Tag eingegangener Umsatzsteuererklärung für 2001 erklärte die Klägerin Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von 221.622 DM, Umsätze zum ermäßigten Steuersatz von 254.487 DM und Vorsteuerbeträge von 131.498,30 DM. Die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag wurden mit Bescheiden vom 19.03.2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zunächst auf jeweils 0 DM festgesetzt. Mit berichtigten Erklärungen vom 26.05.2003 erklärte die Klägerin einen Verlust von 203.435 DM bzw. einen negativen Gewerbeertrag von 202.284 DM.

In der Zeit vom 12.05.2003 bis zum 25.09.2003 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung für das Jahr 2001 durch. Der Betriebsprüfer stellte fest, dass keine ordnungsgemäße Buchführung vorliege, da ein Kassenbuch fehle, die Geschäftsvorfälle unvollständig und nicht zeitnah erfasst worden seien und zahlreiche Ein- und Ausgangsrechnungen fehlten, und nahm Hinzuschätzungen vor, die er als verdeckte Gewinnausschüttungen (in Höhe von 421.174,69 DM) behandelte. Auf den weiteren Inhalt des Prüfungsberichtes vom 21.10.2003 (BpA) wird Bezug genommen.

Aufgrund dieser Feststellungen erließ der Beklagte am 04.12.2003 für 2001 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung geänderte Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide, geänderte Bescheide auf den 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer, über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und über die gesonderte Feststellung der Endbestände nach § 36 Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3 und 38 Abs. 1 KStG sowie einen Umsatzsteuerbescheid, denen er die Ergebnisse der Außenprüfung und der vorherigen Umsatzsteuersonderprüfung zugrunde legte.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23.12.2003 Einspruch ein, den sie mit Schreiben vom 23.01.2004 (Rechtsbehelfsakten -RbA- Bl. 9) begründete. Die Betriebsprüfung sei von zu hohen Umsätzen ausgegangen.

Am 27.01.2004 leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes Hamburg-1 ein Strafverfahren gegen Herrn A ein. Die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin wurden für den Zeitraum 01.01.2001 bis 30.09.2003 geprüft. Am 30.03.2004 durchsuchte die Steuerfahndungsstelle die Betriebsräume der Klägerin. Hierbei stellte sie einen schwarzen Jahreskalender für 2001 sicher mit handschriftlichen Aufzeichnungen über Einnahmen (aus Dönerverkauf, Kiosk und Telefonkartenverkauf) und Ausgaben für die Zeit vom 05.02.2001 bis zum 09.04.2002 (Tz. 12 des Berichtes über die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin vom 04.10.2005, RbA Bl. 20 ff.). Die Steuerfahndung ging davon aus, dass die Aufzeichnungen ab dem 01.07.2001 die tatsächlichen Einnahmen der Klägerin enthielten, die sich bis zum 31.12.2001 auf 1.211.480 DM beliefen. Für das Jahr 2001 fand die Steuerfahndung bei der Klägerin kein Kassenbuch und keine sonstigen Kassenunterlagen oder -aufzeichnungen. Bei den für 2002 aufgefundenen Kassenberichten ging die Steuerfahndung davon aus, dass diese durch den Buchführungshelfer der Klägerin nachträglich erstellt worden seien. Auch für das Jahr 2003 wurden keine Kassenaufzeichnungen gefunden, für die Zeit von April 2002 bis September 2003 aber Einnahmeaufzeichnungen einfachster Art. Kassenabschläge ("Z-Abschläge") wurden überhaupt nicht gefunden (Tz. 7). Die Steuerfahndung ermittelte weiter, dass erhebliche Teile des Wareneinkaufs nicht in den Aufzeichnungen der Klägerin erfasst worden seien (Tz. 8 f.).

Die Steuerfahndung ging davon aus, dass die in dem Kalender aufgeführten Einnahmen die tatsächlichen Einnahmen der Klägerin seien. Sie reduzierte die von der Klägerin für das Jahr 2001 erklärten Umsätze um die auf die von der Fahndungsprüfung nicht betroffene Dönerproduktion entfallenden Erlöse (Tz. 14) und addierte die ihrer Auffassung nach nicht erklärten, im Kalender aufgeführten Einnahmen. Sie kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für 2001 nur rund 44% ihrer tatsächlichen Einnahmen erklärt habe, und ging für 2002 und 2003 von erklärten Einnahmen in Höhe von 50% der tatsächlichen Einnahmen aus (Tz. 17). Die Prüfungsfeststellungen der zuvor durchgeführten Betriebsprüfung übernahm die Steuerfahndung (Tz. 10). Zur Ermittlung der Umsatzsteuerschuld legte die Steuerfahndung das sich aus den erklärten Erlösen ergebende Verhältnis von Umsätzen zum vollen und zum ermäßigten Steuersatz zugrunde und berücksichtigte die sich aus den Feststellungen der Betriebsprüfung und dem nicht erklärten Wareneinkauf ergebenden zusätzlichen Vorsteuern (Tz. 19 ff. und Anlage 2 zum Bericht). Bei der Körperschaftsteuer behandelte die Steuerfahndung die nicht erklärten Betriebseinnahmen als verdeckte Gewinnausschüttung und die nicht erklärten Ausgaben als verdeckte Einlagen. Saldiert ergaben sich hieraus verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von 581.868,64 DM für 2001, von 864.112,48 EUR für 2002 und von 670.469,40 EUR für 2003 (Tz. 24 ff., Anlage 2 zum Bericht). Auf den weiteren Inhalt des Prüfungsberichtes wird Bezug genommen.

Der Beklagte änderte unter dem 21.03.2006 die Bescheide für 2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) entsprechend den Feststellungen der Steuerfahndung. Für 2002 und 2003 erließ er am selben Tag Körperschaftsteuerbescheide, in denen er wegen fehlenden Erklärungseingangs die jeweiligen Jahresüberschüsse auf 0 EUR und, ebenfalls entsprechend dem Steuerfahndungsbericht, verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen schätzte, sowie Gewerbesteuermessbescheide, in denen er entsprechend hohe Gewinne aus Gewerbebetrieb schätzte. Da der Beklagte davon ausging, dass es sich bei den durch die Steuerfahndung hinzugeschätzten Betriebsausgaben um verdeckte Einlagen handele, erhöhte er in dem geänderten Bescheid zum 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 u.a. KStG sowie den erstmaligen Bescheiden für 2002 und 2003 das bis dahin auf 0 festgestellte steuerliche Einlagenkonto jeweils entsprechend. Ebenfalls am 21.03.2006 erließ der Beklagte einen Schätzungsbescheid für die Umsatzsteuer 2002 und am 24.03.2006 für die Umsatzsteuer 2003, in denen er die durch die Klägerin im Voranmeldungsverfahren erklärten Umsätze und Vorsteuern um die durch die Steuerfahndung hinzugeschätzten Beträge erhöhte.

Gegen die Bescheide vom 21.03.2006 legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.03.2006 Einspruch ein. Am 07.07.2006 reichte die Klägerin eine Körperschaft- und eine Gewerbesteuererklärung 2002 (erklärtes zu versteuerndes Einkommen bzw. erklärter Gewerbeertrag: 71.881 EUR), eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach §§ 27 u.a. KStG und eine Umsatzsteuererklärung für 2002 (erklärter Gesamtumsatz: 1.376.398 EUR, erklärte Vorsteuer: 108.157 EUR) sowie eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung für 2002 ein (Rechtsbehelfsakten Bd. II Bl. 1 ff.). Am selben Tag reichte die Klägerin ferner die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und die Steuererklärungen für 2003 ein (erklärtes zu versteuerndes Einkommen/erklärter Gewerbeertrag: 132.580 EUR, erklärter Gesamtumsatz: 1.332.258 EUR, erklärte Vorsteuer: 95.743,93 EUR).

Mit Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 half der Beklagte den Einsprüchen gegen die Bescheide für 2001 zum Teil ab, indem er die Körperschaft- und Umsatzsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag niedriger festsetzte. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Schätzung sei dem Grunde nach berechtigt, da die Buchführung der Klägerin der Besteuerung nicht habe zugrunde gelegt werden können. Ein Kassenbuch sei nicht geführt und Grundaufzeichnungen seien nicht aufbewahrt worden. Kassenstreifen und Tagesabschläge fehlten. Die Geschäftsvorfälle seien nicht vollständig gebucht, nicht durch Belege nachgewiesen und nicht erklärt worden. Die Schätzung sei auch der Höhe nach angemessen. Lediglich die Betriebsausgaben, die mit den umsatzsteuerfreien Erlösen (aus der Veräußerung von Telefonkarten) zusammenhingen, seien unter Anwendung des durch die Betriebsprüfung ermittelten Aufschlagsatzes neu zu berechnen. Im Ergebnis seien Mehrbetriebsausgaben in Höhe von 38.998,62 DM als zusätzliche verdeckte Einlage anzusetzen.

Mit Einspruchsentscheidung vom selben Tag half der Beklagte den Einsprüchen gegen die Bescheide für 2002 und 2003 ebenfalls teilweise ab und wies sie im Übrigen als unbegründet zurück. Auch für diesen Zeitraum liege keine ordnungsgemäße Buchführung vor. Die durch die Klägerin eingereichten Erklärungen und Jahresabschlüsse könnten der Besteuerung nicht ohne Weiteres zugrunde gelegt werden, seien im Rahmen der Schätzung aber einzubeziehen. Es sei davon auszugehen, dass entsprechend den Feststellungen der Steuerfahndung in 2002 63% der Umsätze auf den Kiosk und den Imbiss entfallen seien und in 2003 73% und jeweils ein Viertel davon auf den Bereich Tabak und Zeitschriften und drei Viertel auf den Bereich Imbiss. Der Beklagte teilte den erklärten Wareneingang nach diesen Verhältnissen auf und nahm eine Schätzung nach den höchsten Rohgewinnaufschlagsätzen laut Richtsatzsammlung vor (Tabak und Zeitschriften: 33%, Imbissbetriebe: 270%).

Herr A wurde durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 15.08.2007 (FGA Bl. 183 ff.) wegen Steuerhinterziehung im Jahr 2001 in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt. Das Gericht folgte der Anklage und sah es aufgrund eines Geständnisses des Herrn A als erwiesen an, dass dieser unrichtige Steuererklärungen für die Klägerin abgegeben und die Klägerin im Jahr 2001 tatsächlich steuerpflichtige Nettoumsätze zu 7% in Höhe von 545.554 DM und zu 16% in Höhe von 492.518 DM sowie einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 159.155,59 DM erzielt habe, und ging von einer verdeckten Gewinnausschüttung an Herrn A in Höhe von 451.357,20 DM aus. Dem lag zugunsten des Herrn A die Annahme zugrunde, dass die Schwarzaufzeichnungen die gesamten Betriebseinnahmen enthielten, die dort aufgeführten Betriebsausgaben i. H. v. 235.893,50 DM aber zusätzlich zu den bereits gebuchten Betriebsausgaben anzusetzen seien. Auf den weiteren Inhalt der Anklageschrift vom 26.02.2007 (Ermittlungsakten -ErmA- Bd. XII Bl. 1743 ff.) und des Strafurteils (ErmA Bd. XII Bl. 1873 ff.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat am 25.10.2006 Klage erhoben. Sie trägt vor, dass bereits die Schätzung der Betriebsprüfung überhöht gewesen sei. Insbesondere sei die Kalkulation aufgrund des gebuchten Aufwandes für die Entsorgung von Knochenabfällen unzutreffend, da rund 40% der Knochenentsorgung im Auftrag einer anderen Firma erfolgt sei (vgl. eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der B GmbH, Anlage K 5), die Dönerproduktion erst Mitte Oktober begonnen habe und der Knochenanteil bei dem verwendeten Hühnerfleisch bei 40% liege. Ferner sei der Garverlust mit 20% zu niedrig bemessen worden.

Die Feststellungen der Steuerfahndung basierten auf rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlüssen. Die Durchsuchungsbeschlüsse seien trotz einer nach Einschätzung des Amtsgerichts nur vagen Verdachtslage (Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 11.03.2004 über Anordnung eines dinglichen Arrestes in das Vermögen des Herrn A, Anlage K 2) erstellt worden. Dies widerspreche der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 03.07.2006, 2 BvR 2030/04, HFR 2006, 922).

Bei der Auswertung des schwarzen Jahreskalenders für 2001 sei gegen den Untersuchungsgrundsatz gemäß § 88 Abs. 2 bzw. § 199 Abs. 1 AO verstoßen worden. Sie, die Klägerin, habe in den schwarzen Kalender nur die Bargeschäfte eingetragen. Es handele sich dabei um die Kassenbuchführung, die ohne Wissen des Geschäftsführers der Klägerin keinen Eingang in die von Herrn C geführte Buchhaltung gefunden habe. Die Betriebseinnahmen seien insgesamt in bar angefallen, die Betriebsausgaben dagegen nur zum Teil. Die übrigen, per Überweisung bezahlten Betriebsausgaben seien sämtlich gebucht worden. Die in dem Kalender aufgeführten Betriebsausgaben habe die Steuerfahndung aber zu Unrecht nicht berücksichtigt. Wenn die im Kalender aufgeführten - unstreitigen - Betriebseinnahmen angesetzt würden, müssten auch die Ausgaben berücksichtigt werden. Außerdem habe die Klägerin in der Zeit von Juli bis Anfang Oktober Dönerfleisch bei der Firma D bezogen. Die Ausgaben hierfür seien weder in dem schwarzen Kalender noch in den erklärten Betriebsausgaben enthalten, die Einnahmen aus dem Verkauf aber durchaus.

Die Schätzungen seien auch nach den Werten der Richtsatzsammlung deutlich überhöht und entbehrten jeglicher Grundlage, wie etwa einer Nachkalkulation oder Geldverkehrsrechnung. Insbesondere habe der Beklagte die im Beweismittelordner XXVI nebst Umschlag enthaltenen Kassenunterlagen offensichtlich nicht ausgewertet.

Für die Jahre 2002 und 2003 sei zu berücksichtigen, dass im x-Weg in einer Entfernung von ca. 30 m vom Betrieb der Klägerin ein weiterer Döner-Imbiss eröffnet habe und die Klägerin wegen dieser starken Konkurrenz gezwungen gewesen sei, ihre Verkaufspreise um ca. 1/3 zu reduzieren. Für diesen Zeitraum könnten Hinzuschätzungen daher nur unter Anwendung des für das Jahr 2001 unter Einbeziehung der Betriebsausgaben im schwarzen Jahreskalender ermittelten und um 30% reduzierten Rohgewinnaufschlagsatzes auf den erklärten Wareneinsatz vorgenommen werden.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Körperschaftsteuerbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid für 2001, den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG und den Bescheid zum 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2 u.a. KStG, jeweils vom 04.12.2003 und geändert durch Bescheide vom 21.03.2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 aufzuheben,

den Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 24.12.2003, geändert durch Bescheid vom 21.03.2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ./. 13.228,14 EUR festgesetzt wird,

den Körperschaftsteuerbescheid für 2002 vom 21.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen auf 71.881 EUR festgesetzt wird,

den Gewerbsteuermessbescheid für 2002 vom 21.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 71.881 EUR festgesetzt wird,

den Umsatzsteuerbescheid für 2002 vom 21.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 31.015,34 EUR festgesetzt wird,

den Körperschaftsteuerbescheid für 2003 vom 21.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen auf 132.580 EUR festgesetzt wird,

den Gewerbsteuermessbescheid für 2003 vom 21.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 132.580 EUR festgesetzt wird,

den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 24.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2006 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 40.330,04 EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der auf Aufhebung der Änderungsbescheide für 2001 gerichtete Klagantrag in keinem Fall Erfolg haben könne, da die Klägerin selbst nicht davon ausgehe, dass die ursprünglichen Bescheide rechtmäßig gewesen seien.

Die Durchsuchungsbeschlüsse seien rechtmäßig gewesen. Das Landgericht Hamburg habe durch Beschluss vom 24.03.2004 (Ermittlungsakten -ErmA- Bd. II Bl. 198 f.) auch den dinglichen Arrest in das Vermögen des Herrn A angeordnet.

Wenn schriftliche und zuvor geheim gehaltene Aufzeichnungen in einem schwarz geführten Kalender auftauchten, sei es nicht zu beanstanden, wenn die hierin aufgeführten Umsätze, die deutlich höher waren als die erklärten, der Schätzung zugrunde gelegt würden. Es sei Sache der Klägerin, diese Vermutung durch eine schlüssige Gegendarstellung zu erschüttern.

Dass er, der Beklagte, sich bei seiner Schätzung an der oberen Grenze orientiert habe, sei nicht zu beanstanden. Für das Jahr 2001 sei ein äußerer Betriebsvergleich anhand der Richtsatzsammlung nicht erforderlich gewesen, da auf der Grundlage des schwarzen Jahreskalenders individuelle Feststellungen möglich gewesen seien. Den Einwänden der Klägerin bzgl. des Knochenanteils usw. sei bereits im Rahmen der Betriebsprüfung Rechnung getragen worden. Im Übrigen seien diese Einwände durch die geänderte Schätzung nach der Steuerfahndungsprüfung überholt.

Ein Verstoß gegen den UntersuchungsgrundSatz 1iege nicht vor, da er, der Beklagte, durchaus auch Umstände zugunsten der Klägerin berücksichtigt habe, so etwa zusätzliche Betriebsausgaben als verdeckte Einlagen. Die unbar getätigten Betriebsausgaben seien zahlenmäßig deckungsgleich gewesen mit den gebuchten und auch voll angesetzt worden. Zusätzlich seien alle ermittelbaren Lieferanten angeschrieben und um eine Aufstellung der an sie geleisteten Zahlungen gebeten worden (vgl. Auskunftsersuchen u.a. gem. ErmA Bd. III Bl. 356 ff., Bd. IV Bl. 488 ff., Bd. VI Bl. 850 ff., Bd. VIII Bl. 1052 ff.). Auch diese Zahlungen seien als Betriebsausgaben angesetzt worden. Die weiteren in dem Kalender aufgeführten Ausgaben hätten sich nicht überprüfen lassen. Die Klägerin habe keine weiteren Lieferanten mitgeteilt.

Aus den Kassenaufzeichnungen in dem von der Klägerin angeführten Beweismittelordner ergebe sich nichts anderes. Die Kassenstreifen in dem Briefumschlag beträfen das Jahr 2004. Die in dem Beweismittelordner aufgeführten angeblichen Tageseinnahmen erweckten schon aufgrund des Schriftbildes den Anschein, in einem Zuge nachträglich erstellt worden zu sein. Sie seien außerdem viel niedriger als die in dem schwarzen Kalender enthaltenen Zahlen. Eine stichprobenhafte Überprüfung habe ergeben, dass die in den Kassenzetteln aufgeführten Zahlen nicht identisch seien mit den angeblichen Tageseinnahmen. Schließlich sei bei den Stichproben aufgefallen, dass die Klägerin vor Geschäftsschluss jeweils Stornierungen vorgenommen habe. Die Kassenaufzeichnungen seien daher für eine Kalkulation oder Schätzung nicht geeignet.

Auf die Sitzungsprotokolle der Erörterungstermine vom 07.09.2007 und vom 27.11.2007 sowie der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2008 wird Bezug genommen.

Dem Gericht haben je ein Band Körperschaftsteuer-, Umsatzsteuer-, Umsatzsteuerneben-, Bilanz- und Bilanzberichts-, Gewerbesteuer- und Betriebsprüfungsakten, Akten Allgemeines und Akten betreffend Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals, 2 Bände Rechtsbehelfsakten, 1 Hefter Kontrollmitteilungen und 1 Hefter "Steufa-Bericht" (St.-Nr. XXXXX), 14 Bände Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg (XXXXX) sowie ein Beweismittelordner vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I. Die Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG und den Bescheid zum 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3 und 38 Abs. 1 KStG ist unzulässig, weil die Klägerin nicht geltend macht, hierdurch in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Klägerin beantragt, das steuerliche Einlagekonto auf 0 DM festzustellen, während es in dem angefochtenen Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf 157.395 DM festgestellt wurde. Diese Feststellung verletzt die Klägerin aber nicht in ihren Rechten, weil hieraus keine steuerlich nachteiligen Folgen für sie entstehen könnten. Für ihre Anteilseigner ist die angefochtene Feststellung sogar vorteilhaft, da die festgestellten Einlagen im Falle einer Gewinnausschüttung nicht der Besteuerung unterlägen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz -EStG-).

II. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Hinzuschätzungen dem Grunde und der Höhe nach zu Recht vorgenommen.

Das Gericht ist gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 AO grundsätzlich zu einer eigenen Schätzung verpflichtet. Hierfür genügt es aber, wenn das Gericht die Schätzung des Finanzamtes als eigene übernimmt und nur substantiierten Einwendungen dagegen nachgeht (BFH-Beschluss vom 20. April 2006 VIII B 33/05, BFH/NV 2006, 1338). Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 162 Abs. 1 und 2 AO vor. Der Beklagte hat die Schätzung der Höhe nach im Ergebnis zutreffend durchgeführt, so dass der Senat sie nach Maßgabe der folgenden Ausführungen als eigene übernimmt.

1. Die Voraussetzungen für eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen liegen vor. Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO sind Besteuerungsgrundlagen, die nicht ermittelt oder berechnet werden können, zu schätzen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder wenn er Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden. Die Klägerin war nach § 140 AO i.V.m. §§ 13 Abs. 3 GmbH-Gesetz (GmbHG), 6 Abs. 1, 238 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) zur Führung von Büchern und Erstellung von Bilanzen verpflichtet. Die Buchführung der Klägerin kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, weil sie formell ordnungswidrig ist und Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu bezweifeln.

a. In Bezug auf das Jahr 2001 ist unstreitig, dass die Buchführung der Klägerin unvollständig war (vgl. § 146 Abs. 1 Satz 1 AO), da die Buchung eines erheblichen Teils der in dem schwarzen Kalender verzeichneten Einnahmen und Ausgaben unterblieben ist, und dass keine ordnungsgemäße Kassenbuchführung vorlag, weil keinerlei Kassenaufzeichnungen vorhanden waren, die Kasseneinnahmen und -ausgaben also nicht täglich festgehalten wurden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO).

b. Aber auch die Buchführung der Klägerin für die Jahre 2002 und 2003 kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, weil die Klägerin nach den unstreitigen Feststellungen der Steuerfahndung zahlreiche Wareneinkäufe nicht oder jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Durchsuchung und damit nicht zeitgerecht in der Buchhaltung erfasst hat (Tz. 9 des Prüfungsberichtes) und es an einer ordnungsgemäßen Kassenbuchführung fehlt.

Gemäß § 146 Abs. 1 Satz 2 AO sind die Kasseneinnahmen und -ausgaben täglich aufzuzeichnen. Für eine formell ordnungsgemäße Kassenbuchführung ist erforderlich, dass entweder die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in das Kassenbuch eingetragen und das Zustandekommen dieser Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Kassenbons nachgewiesen wird oder die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, indem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden. Dann brauchen die Kassenstreifen, Kassenzettel und Kassenbons nicht aufbewahrt zu werden (BFH-Urteil vom 20.06.1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12). Die Aufbewahrung der Kassenstreifen usw. ist ferner dann nicht erforderlich, wenn die Gewähr der Vollständigkeit der vom Kassenbeleg übertragenen Aufzeichnungen dadurch gegeben ist, dass Registrierkassen eingesetzt und die Tagesendsummenbons mit Ausdruck des Nullstellenzählers (fortlaufende sog. "Z-Nummer") aufgewahrt werden (BMF-Schreiben vom 09.01.1996 IV A 8-S 0310-5/95, BStBl I 1996, 34).

Die Steuerfahndung hat bei der Durchsuchung der Firmenräume der Klägerin für das Jahr 2003 keine Kassenaufzeichnungen vorgefunden, sondern lediglich "Einnahmeaufzeichnungen einfachster Art". Bei den für das Jahr 2002 sichergestellten Kassenberichten ging die Steuerfahndung davon aus, dass diese durch den Buchführungshelfer der Klägerin nachträglich erstellt worden seien. Die Klägerin hat diese Feststellungen nicht substantiiert in Abrede gestellt, sondern lediglich einen Beweismittelordner mit Kassenunterlagen vorgelegt. Doch auch hieraus ergibt sich keine ordnungsgemäße Kassenbuchführung. Der Ordner enthält Tagesendsummenbons für den Döner-Imbiss im x-Weg nur für die Zeit ab Oktober 2003 in ungeordneter Form und für die Betriebsstätten in W. und in der y-Straße überhaupt nicht. Für den Kiosk im x-Weg sind für die Zeit ab April 2002 zwar Tagesendsummenbons und Übersichten über die Tageseinnahmen vorhanden, doch sind sowohl die Bons als auch die darauf verzeichneten Z-Nummern lückenhaft (z.B. Z-Nr. 704 für den Bon vom 14.12.2003 und anschließend Z-Nr. 707 für den Bon vom 16.12.2003). Die in den Übersichten verzeichneten Tageseinnahmen für April 2002 stimmen nicht mit den in dem schwarzen Kalender für diese Tage aufgeführten Einnahmen überein.

2. Bei der Höhe der Schätzung ist eine Schätzungsmethode zu wählen, die die größte Gewähr dafür bietet, mit einem zumutbaren Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen. Bei der Schätzung nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen besteht eine Bandbreite möglicher Wertansätze (Schätzungsrahmen). Der Schätzungsrahmen ist umso größer, je ungesicherter das Tatsachenmaterial ist, auf dem die Schätzung basiert. Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch darauf, dass sich die Schätzung bei Einnahmen u.Ä. im untersten Rahmenbereich bewegt. Der seine Mitwirkungspflicht verletzende Steuerpflichtige soll nicht besser stehen als derjenige, der die Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß aufzeichnet und erklärt. Bei groben Pflichtverletzungen (z.B. keine Abgabe der Steuerklärung), die darauf hindeuten, dass Einkünfte verheimlicht werden sollen, kann sich das Finanzamt daher an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren (BFH-Urteil vom 29.03.2001 IV R 67/99, BStBl II 2001, 484). Das gilt insbesondere auch bei großen Manipulationsmöglichkeiten, wie sie bei fast ausschließlichen Bargeschäften bestehen.

a. Streitjahr 2001

aa. Dass die Klägerin im Jahr 2001 über die gebuchten und erklärten Einnahmen hinaus entsprechend den Aufzeichnungen in dem schwarzen Jahreskalender weitere Einnahmen in Höhe von 1.211.480 DM erzielt hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dies haben Herr A im Straf- und die Klägerin im hiesigen Verfahren eingeräumt. Auf die Frage, ob die Durchsuchung der Betriebsräume der Klägerin rechtmäßig war oder nicht, kommt es daher nicht an. Im Übrigen könnte die Klägerin sich schon deshalb nicht auf ein Verwertungsverbot bzgl. des Kalenders berufen, weil sie gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg (ErmA Bd. II Bl. 162) kein Rechtsmittel eingelegt hat.

Zwar besteht auch bei dem schwarzen Jahreskalender keine Gewähr dafür, dass die dort aufgeführten Einnahmen richtig und vollständig erfasst wurden. Da es nach dem Vortrag der Klägerin Betriebsausgaben gegeben haben soll, die weder in dem Kalender noch in der offiziellen Buchführung erfasst wurden, könnte dasselbe auch für die Einnahmenseite gelten. Hierfür fehlen jedoch konkrete Anhaltspunkte, so dass das Gericht ebenfalls von Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.211.480 DM ausgeht.

bb. Der Beklagte hat zusätzlich zu den gebuchten Betriebsausgaben weitere Betriebsausgaben in Höhe von 118.397,14 DM angesetzt (Anlage 2 zum Bericht über die steuerlichen Verhältnisse). Hierin sind die durch die Steuerfahndung zusätzlich ermittelten und die durch die Betriebsprüfung hinzugeschätzten Betriebsausgaben enthalten. In der Einspruchsentscheidung wurden weitere Betriebsausgaben im Zusammenhang mit dem Telefonkartenverkauf in Höhe von 38.998,62 DM berücksichtigt (insgesamt also 157.395,76 DM). In dem schwarzen Kalender sind Betriebsausgaben von insgesamt 235.893,50 DM aufgeführt, die nach dem Vortrag der Klägerin als zusätzliche (Bar-) Betriebsausgaben zu berücksichtigen sein sollen.

Das Gericht sieht jedoch keine Veranlassung, über den Betrag von 157.395,76 DM hinaus weitere Betriebsausgaben hinzuzuschätzen. Mit dem genannten Betrag sind von den in dem schwarzen Jahreskalender aufgeführten Positionen folgende in etwa abgedeckt: "Metro" (12.005 DM), "Bäcker" (28.541,50 DM), "Döner" (18.101 DM), "Karten" (22.287 DM), "Getränke" (7.657 DM), "E." (für Edelstahltische, 9.200 DM) und "F." (für Servietten etc., 324 DM). Mit dem verbleibenden Betrag von 59.280,26 sind nach Auffassung des erkennenden Senates etwaige weitere Aufwendungen für Dönerfleisch (über die o.g. Aufwendungen von 18.101 DM hinaus), "Lohn" und "Sonstiges" vor dem Hintergrund, dass die Klägerin überhaupt keine weiteren Aufwendungen nachgewiesen hat, jedenfalls in angemessener Weise berücksichtigt. Der Klägerin, die die objektive Beweislast für das Vorliegen von Betriebsausgaben trägt, hätte darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass und welche weiteren Betriebsausgaben angefallen sein sollen. Der Steuerfahndung ist es trotz zahlreicher Auskunftsersuchen an alle ermittelbaren Lieferanten nicht gelungen, weitere Betriebsausgaben festzustellen. Ohne einen entsprechenden Vortrag und Beweisangebote ist es dem Gericht nicht möglich nachzuprüfen, ob, in welcher über die angesetzten Beträge hinausgehenden Höhe und an wen Zahlungen für Dönerfleisch, Lohn oder "Sonstiges" geleistet worden sein sollen. Bei der letztgenannten Position, für die die Klägerin in einem halben Jahr 100.294 DM in bar aufgewandt haben will, ist nicht einmal die betriebliche Veranlassung dargelegt.

Hinsichtlich der durch die Klägerin begehrten zusätzlichen Berücksichtigung von Vorsteuern fehlt es jedenfalls an den nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) erforderlichen Rechnungen mit Vorsteuerausweis.

Dem Argument der Klägerin, dass es sich bei dem schwarzen Kalender um eine Kassenbuchführung handele und man konsequenterweise auch die Ausgaben ansetzen müsse, wenn man auf der Einnahmenseite von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnungen ausgehe, vermag das Gericht nicht zu folgen. Auf der Einnahmenseite setzt das Gericht die Einnahmen aus dem Jahreskalender nicht deshalb an, weil es insoweit von einer vollständigen und richtigen Aufzeichnung ausgeht. Wegen der fehlenden Kassenbuchführung der Klägerin besteht keinerlei Gewähr dafür, dass über die dort verzeichneten Einnahmen hinaus nicht noch weitere Einnahmen erzielt wurden. Das Gericht schätzt die Einnahmen allein deshalb auf den sich aus dem Kalender ergebenden Betrag, weil dieser zwischen den Beteiligten unstreitig ist und es keine konkreten Anhaltspunkte für weitere Einnahmen gibt. Auf der Ausgabenseite gibt es ebenso wenig eine Gewähr dafür, dass die Aufzeichnungen richtig und vollständig sind. Bei dem schwarzen Kalender handelt es sich eben gerade nicht um eine vorschriftsmäßige Kassenbuchführung, die eine Überprüfung erlaubt und deshalb die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat. So hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass es über die im Kalender aufgeführten Ausgaben hinaus weitere Ausgaben gegeben habe, die weder im Kalender noch in den gebuchten Betriebsausgaben enthalten seien. Andersherum ist es durchaus möglich, dass Teile der im Kalender aufgeführten Ausgaben entweder überhaupt nicht angefallen oder bereits in den gebuchten Betriebsausgaben enthalten sind. Das Gericht hält es für wenig wahrscheinlich, dass die Klägerin in nur einem halben Jahr Betriebsausgaben in Höhe von mehr als 157.395,76 DM in bar aufgewandt haben soll. Vor allem aber hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, die entsprechenden Aufwendungen konkret darzulegen und nachzuweisen. Dass sie die Belege vorschriftswidrig nicht aufbewahrt und auch nachträglich keine entsprechenden Nachweise vorgelegt hat, obwohl ihrem Geschäftsführer bekannt sein muss, bei wem die Klägerin etwa Getränke bezogen hat oder wem sie in der fraglichen Zeit Löhne gezahlt hat, begründet einen Verstoß gegen ihre Mitwirkungspflicht. Wenn dennoch der größere Teil der nicht gebuchten und nicht belegten Aufwendungen anerkannt wird, bewegt sich die Schätzung insgesamt bereits an der unteren Grenze des Schätzungsrahmens.

cc. Der Beklagte konnte die nach der Außenprüfung am 04.12.2003 erlassenen Bescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, da er erst später Kenntnis von dem Jahreskalender als Beweismittel erlangte. Dass die Bescheide vom 04.12.2003 aufgrund einer Außenprüfung ergangen waren, hindert die Änderung nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO nicht, weil eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) vorliegt. Das Gericht macht sich insoweit die Feststellungen in dem strafgerichtlichen Urteil vom 15.08.2007, die auf dem Geständnis des Herrn A basieren und gegen die die Klägerin keine Einwendungen erhoben hat, zu Eigen (vgl. BFH-Beschluss vom 13.01.2005 VII B 261/04, BFH/NV 2005, 936).

b. Streitjahre 2002 und 2003

Das Gericht hält die durch den Beklagten in der Einspruchsentscheidung durchgeführte Schätzung im Ergebnis für zutreffend, weicht in der Begründung jedoch ab.

aa. Der Beklagte geht in seiner Schätzung von dem durch die Klägerin erklärten Wareneingang (als Wareneinsatz) aus und errechnet unter Anwendung der jeweiligen Höchstsätze nach der Richtsatzsammlung höhere als die erklärten Umsätze. Die zugrunde liegende Annahme, der erklärte Wareneingang entspreche dem tatsächlichen, teilt das Gericht jedoch nicht. Schon aufgrund der Ermittlungen der Steuerfahndung steht fest, dass die Klägerin in 2002 und 2003 Wareneinkäufe nicht gebucht hat (Tz. 9 des Berichtes über die steuerlichen Verhältnisse). Für das Jahr 2001 wurden Aufwendungen für weitere Wareneinkäufe hinzugeschätzt (vgl. Tz. 10.8 ff. des Berichtes und Einspruchsentscheidung für 2001). Das Gericht hält es daher für sachgerechter, die Erlöse so zu schätzen, wie es die Steuerfahndung getan hat. Für das Jahr 2001 ist unstreitig, dass die Klägerin lediglich 44% ihrer Erlöse erklärt hatte und Herr A für sein Einzelunternehmen lediglich 27 bzw. 28% (Tz. 17 des Berichtes). Das Gericht folgt der Steuerfahndung darin, dass unter Abzug eines Sicherheitsabschlages davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin in 2002 und 2003 nur 50% der tatsächlichen Erlöse erklärt hat. Da sich die im Jahr 2006 eingereichten Abschlüsse und Steuererklärungen hinsichtlich der erklärten Erlöse kaum von den Voranmeldungen der Klägerin unterscheiden, die die Steuerfahndung zugrunde gelegt hat, können erstere zur Ermittlung der tatsächlichen Erlöse herangezogen werden. Danach ist für 2002 von zusätzlichen Erlösen in Höhe von 867.131,11 EUR brutto (63% der erklärten Erlöse, da die auf die Dönerproduktion entfallenden Erlöse herauszurechnen sind, vgl. Einspruchsentscheidung) und für 2003 von zusätzlichen Erlösen von 972.548,63 EUR (73% der erklärten Erlöse) auszugehen.

bb. Da aber anzunehmen ist, dass die Klägerin das in 2001 praktizierte System in 2002 und 2003 fortgeführt hat, müssen, ebenso wie für 2001, zusätzliche Betriebsausgaben, v. a. für den Wareneinkauf, hinzugeschätzt werden. Für das Jahr 2001 ergibt sich aus den unstreitigen Erlösen gemäß dem schwarzen Kalender und dem gebuchten Wareneinsatz zuzüglich den von der Steuerfahndung ermittelten und von der Außenprüfung geschätzten Aufwendungen für Wareneinkäufe ein Rohgewinnaufschlagsatz von 168,5% (vgl. Ziff. 4 der Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 15.11.2007, FGA 2 V 222/07, Bl. 26 f.). Da die dort aufgeführten Bestandsveränderungen in Höhe von 85.000 DM auch in der berichtigten Bilanz der Klägerin für 2001 enthalten sind, geht das Gericht davon aus, dass diese zutreffend sind. Addiert man zu dem Wareneinsatz die durch den Beklagten in der Einspruchsentscheidung für 2001 hinzugeschätzten Aufwendungen für Telefonkarten in Höhe von 38.998,62 DM, ergeben sich ein Wareneinsatz von 447.275,23 DM, ein Rohgewinnaufschlag von 649.302,30 und ein Rohgewinnaufschlagsatz von 145%. Das Gericht hält die Übertragung dieses, aus einem internen Betriebsvergleich ermittelten, Aufschlagsatzes auf die Folgejahre für sachgerechter als die Anwendung eines Wertes aus der Richtsatzsammlung, die eine erhebliche Spannbreite aufweist.

cc. Dem Vortrag der Klägerin, aufgrund der Eröffnung eines Konkurrenzbetriebes in unmittelbarer Nähe des Imbisses/Kiosks der Klägerin habe sie die Preise um 30% reduzieren müssen, vermag das Gericht ohne jede weitere Darlegung bzgl. der Preisgestaltung der einzelnen Produkte vor und nach der Eröffnung des anderen Betriebes nicht zu folgen. Zugunsten der Klägerin kann aber von einem Abschlag von 10% auf den für 2001 ermittelten Rohgewinnaufschlagsatz und damit von einem Aufschlagsatz von 135% ausgegangen werden.

dd. Für 2002 ergibt sich daraus folgendes (brutto und in EUR):

 erklärte Erlöse (63%, vgl. Einspruchsentscheidung)867.131,11
geschätzte Erlöse(s.o. unter aa.)1.734.262,20
geschätzter Wareneinsatz (Rohgewinnaufschlagsatz 135%)737.983,91
abzügl. erklärter Wareneinsatz(vgl. Einspruchsentscheidung)441.027,66
zusätzlicher Wareneinsatz 296.956,25
verdeckte Gewinnausschüttung (Mehrerlöse abzgl. Mehrwareneinsatz)570.174,86

Für 2003 ergibt sich:

 erklärte Erlöse 1.332.258,40
davon 73% (in der Berechnung in der Einspruchsentscheidung offensichtlich versehentlich nur 63% berücksichtigt)972.548,63
geschätzte Erlöse (s.o. unter aa.)1.945.097,20
geschätzter Wareneinsatz (Rohgewinnaufschlagsatz 135%)827.700,93
abzügl. erklärter Wareneinsatz(73% von 681.616,83 EUR) 497.580,28
zusätzlicher Wareneinsatz 330.120,65
verdeckte Gewinnausschüttung (Mehrerlöse abzgl. Mehrwareneinsatz)642.427,98

Diese Beträge liegen für 2002 um 66.816,86 EUR und für 2003 um 147.334,98 EUR über der Schätzung des Beklagten. Das Gericht geht nicht davon aus, dass über diese Beträge hinaus Betriebsausgaben angefallen sind, die weder gebucht und erklärt wurden, noch auf den Wareneinkauf entfallen, etwa für die Knochenentsorgung. Da eine Verböserung im gerichtlichen Verfahren nicht in Betracht kommt, bleibt es bei der Schätzung des Beklagten.

ee. Offen bleiben kann, ob der Beklagte die Hinzuschätzungen zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt und außerbilanziell hinzugerechnet hat oder ob stattdessen der Gewinn zu erhöhen gewesen wäre. Auf die Höhe des zu versteuernden Einkommens bzw. des Gewerbeertrages und damit auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrages hätte dies jedenfalls keinen Einfluss.

ff. Für die Festsetzung der Umsatzsteuer gelten die obigen Ausführungen entsprechend.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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