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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 3 K 6/09
Rechtsgebiete: AO, EStG, DBA H
Vorschriften:
AO § 87 Abs. 1 | |
AO § 173 Abs. 1 | |
EStG § 3 | |
EStG § 15 Abs. 1 | |
EStG § 20 Abs. 1 | |
EStG § 20 Abs. 3 | |
EStG § 34c Abs. 1 | |
DBA H Art. 10 Abs. 1 | |
DBA H Art. 10 Abs. 2c |
Tatbestand:
Streitig ist nur die verfahrensrechtliche Frage, ob die bestandskräftig festgesetzte Einkommensteuer 2003 aufgrund einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache heraufgesetzt werden durfte, und zwar aufgrund einer Dividendenausschüttung aus Ungarn.
I. Der Kläger ist Kaufmann. Bei seinem Einzelunternehmen in Deutschland handelt es sich um das gewerbliche Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit einer deutschen GmbH.
In seinem Einzelunternehmen hält der Kläger auch eine hundertprozentige Beteiligung an einer ungarischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Korlátolt felelosségu társaság (Kft) mit Betrieb in Ungarn. Geschäftsführer (Ügyvezetök) sind der Kläger und ein ungarischer Geschäftsführer (Anlage K I 1/2, K I 1/3, K II 1, K II 2; Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 8, 53; Einkommensteuer-Akte Bd. III --ESt-A-- Bl. 3, 37, 121).
II. 1. a) In der Einkommensteuererklärung für 2001 - zwei Jahre vor dem Streitjahr - erklärte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in der Anlage N Zeile 15 nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn aus Ungarn.
Dazu fügte er eine in holprigem Deutsch abgefasste Bescheinigung der ungarischen Kapitalgesellschaft bei über "... 5.b ... nicht von selbständige Tätigkeit stammende Einkommen" ungarischer Währung. Auf der Bescheinigung befindet sich ein handschriftlicher Vermerk über die Umrechnung der genannten Position in DM.
Dividendeneinkünfte aus Ungarn erklärte der Kläger weder bei den gewerblichen Einkünften aus seinem Besitz-Einzelunternehmen (Anlage GSE Zeile 3 "gewerbliche Vermietung") noch bei den Kapitaleinkünften (Anlage KAP). Er reichte keine Anlage AUS ein (Anlagen K I 2/2; ESt-A Bl. 3, 7, 9 ff.; vgl. FG-A Bl. 69).
b) Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erfasste den als steuerfrei erklärten ungarischen Arbeitslohn im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 8. Januar 2003 und im bestandskräftig gewordenen Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2001 vom 2. Januar 2004 nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts (ESt-A Bl. 16R, 17, 34, 34R, 35).
2. a) In der Einkommensteuererklärung für das Vorjahr 2002 erklärte der Kläger wiederum bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in der Anlage N Zeile 15 nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn aus Ungarn.
Die von der ungarischen Kapitalgesellschaft durch ihren ungarischen Geschäftsführer ausgestellte Bescheinigung trug diesmal die Überschrift "Lohnnachweis zur personellen Einkommensteuererklärung". Nach den "Einnahmen" mit der kleiner geschriebenen Unterzeile "5. aus sonstigen, nicht selbständigen Tätigkeiten" folgen weiter unten u.a. "Separiert versteuerte Einnahmen" mit der kleiner geschriebenen Unterzeile "162. Dividende mit 20%". Der auf der Bescheinigung handschriftlich angebrachte Vermerk über die Währungsumrechnung bezieht sich wiederum nur auf den in die Steuererklärung Anlage N Zeile 15 übernommenen Betrag der Einnahmen aus nicht selbständiger Tätigkeit.
Dividendeneinkünfte aus Ungarn erklärte der Kläger in seiner deutschen Einkommensteuererklärung wiederum weder in Anlage GSE noch in Anlage KAP. Auch für 2002 reichte er keine Anlage AUS ein (Anlage K I 2/4; ESt-A Bl. 37, 41, 45 ff.; vgl. Rechtsbehelfs-Akte --Rb-A-- Bl. 3; FG-A Bl. 69).
b) Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2002 vom 13. Mai 2004 und in dem Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2002 vom 15. Dezember 2005 den als steuerfrei erklärten ungarischen Arbeitslohn beim Progressionsvorbehalt; es erfasste nicht die in der Erklärung nicht aufgeführten ungarischen Dividenden (ESt-A Bl. 50R, 51, 101, 101R).
3. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 vom Juni 2004 erklärte der Kläger wieder bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Anlage N Zeile 14 nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn aus Ungarn (ESt-A Bl. 77, 82).
a) Im Unterschied zu den Vorjahren reichte der Kläger eine Bescheinigung aus Ungarn nicht in deutscher Sprache, sondern in ungarischer Sprache in Form eines zweiseitigen engzeiligen EDV-Ausdrucks auf Endlosbögen ein. Letztere waren am Perforationsstreifen noch nicht voneinander abgetrennt worden, sondern eine Seite wurde kopfüber hinter die Rückseite der anderen Seite geklappt und gelangte auch so in die Steuerakte. Diese Bescheinigung war mit einem nach vorgeschriebenem Muster der ungarischen Fiskalverwaltung zugelassenen Programm in der ungarischen Kapitalgesellschaft erstellt und durch deren dortigen Geschäftsführer unterschrieben worden. Die meisten Zeilen des Ausdrucks beginnen mit einer Textziffer (ESt-A Bl. 76, 76R; Kopie Anlage K 4; vgl. FG-A Bl. 72).
b) Die erste (aber nach hinten geklappte und eingeheftete) Seite beginnt mit Angaben zur ungarischen Gesellschaft und zur Person des Klägers. Nach der Textziffer 5 und nach dem dazugehörigen ungarischen Text ist ein Betrag von 1.200.000 ungarischen Forint (HUF) ausgedruckt. Die Textziffer 5 war in den deutschen Bescheinigungen der Vorjahre vor den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit aufgeführt (oben 1 und 2).
Unten auf der Ausdruck-Seite wurde handschriftlich die Umrechnung der 1.200.000 HUF in 4.532 Euro vermerkt; bei letzteren handelt es sich um den in der Anlage N als steuerfreier Arbeitslohn genannten Betrag (ESt-A Bl. 76R).
c) Die zweite (aber nach vorn geklappte und geheftete) und unten mit Datum und Unterschrift endende Seite enthält nach den Textziffern 160, 82, 83, 36 und den dazugehörigen ungarischen Texten weitere ausgedruckte Beträge, darunter fünfstellig zu Textziffer 160, die in den Vorjahren nicht erschienen war, 24.385.213 HUF (ESt-A Bl. 76).
d) Hinweise in deutscher Sprache, dass die ungarische Bescheinigung noch irgendeinen anderen steuerlichen Zusammenhang betreffen könnte, ergeben sich weder aus der Steuererklärung noch aus den mit ihr eingereichten Unterlagen.
Wie in den Vorjahren gab der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 2003 keine weiteren ungarischen Einkünfte an, insbesondere keine Dividenden in Anlage GSE. Er reichte keine Anlage AUS ein nebst Formular BfF 2 (jetzt BZSt) mit Anlage "Ausländische Gesellschaft" (vgl. Formularausdrucke FG-A Bl. 74 ff.).
Wie in den Vorjahren wirkte bei der Anfertigung der Steuererklärung die von ihm beauftragte Steuerberatungsgesellschaft mit, deren Partner ihn jetzt als Prozessbevollmächtigter vertritt. Aus dem Büro der Steuerberatungsgesellschaft stammt die handschriftlich auf der ungarischen Bescheinigung vermerkte Währungsumrechnung (ESt-A Bl. 7, 7R, 81; FG-A Bl. 69, 70).
e) Das FA ging im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 30. August 2004 bezüglich der Einkünfte aus Ungarn von der Steuererklärung aus, in der der Kläger nur den steuerfreien Arbeitslohn angegeben und gemäß handschriftlich auf der Anlage vermerkter Umrechnung mit 4.532 Euro beziffert hatte (oben 3 b). Diesen Betrag berücksichtigte das FA beim Progressionsvorbehalt. Bei diesen Besteuerungsgrundlagen blieb es auch in den (dem jetzt angefochtenen Bescheid noch vorangegangenen) Einkommensteuer-Änderungsbescheiden 2003 vom 15. Dezember 2005 und vom 29. Dezember 2005 (ESt-A Bl. 85, 85R, 86, 106, 106R, 110).
4. Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Folgejahr 2004 vom Januar 2006 reichte der Kläger zu seinen ungarischen Einkünften sowohl einen zweiseitigen EDV-Ausdruck ein - ähnlich wie für 2003 (oben 3) als auch eine auszugsweise daraus deutsch übersetzte Bescheinigung (ähnlich wie für 2001 und 2002, oben 1 und 2; ESt-A Bl. 148, 121 ff.).
a) Die deutsche Bescheinigung mit der Überschrift "Lohnnachweis zur personellen Einkommensteuererklärung" wies nach der Position Einnahmen mit der kleiner geschriebenen Textzeile "5. aus sonstigen, nicht selbständigen Tätigkeiten stammenden Einkommen" unter der nächsten Position "Separiert versteuerte Einkommen" mit der kleiner geschriebenen Textzeile "61. Dividende mit 15%" und zuletzt die Position "Abgezogener Steuervorschuss (Steuer) mit den kleiner geschriebenen Textzeilen "82 die Summe des abgezogenen Steuervorschusses" und "83. die Summe der abgezogenen Quellensteuer" aus (ESt-A Bl. 121).
Die jeweils angegebenen Beträge stimmten mit den Beträgen zu denselben Textziffern der ungarischen Bescheinigung überein (ESt-A Bl. 122-123).
b) Nur für den Betrag der Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.200.000 HUF wurde eine handschriftliche Umrechnung in Euro beigefügt (ESt-A Bl. 120).
Auch nur letzteren Betrag von seinen ungarischen Einkünften erklärte der Kläger wieder bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Anlage N Zeile 13 als nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Arbeitslohn (ESt-A Bl. 153).
5. Gleichwohl fiel dem FA in dem "Lohnnachweis" die darin mit kleinerer Schrift vermerkte Dividende auf. Das FA bemühte sich bei der für den Kläger tätigen Steuerberatungsgesellschaft telefonisch um Aufklärung; auch wegen der Bescheinigungen und Dividenden für die Vorjahre 2002 und 2003 (ESt-A Bl. 139; Rb-A Bl. 11, 41).
a) Abgesehen vom Einkommensteuerbescheid 2004 erfasste das FA die ungarischen Dividenden sodann auch in Einkommensteuer-Änderungsbescheiden für 2002 und 2003 vom 31. Mai 2006. Die Änderung der bestandskräftigen Veranlagungen 2002 und 2003 stützte das FA auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), das heißt auf nachträglich bekanntgewordene Tatsachen (ESt-A Bl. 156, 159R-163, 164-168, Rb-A Bl. 37, 39).
b) Dabei legte das FA als Dividende für 2003 den im ungarischen EDV-Ausdruck 2003 auf der zweiten Seite zu
"ELKÜLÖNÜLTEN ADÓZÓ JÖVEDELMEK
...
169. Osztalék 10%-os"
ausgewiesenen Betrag von 24.385.213 HUF zu Grunde; diesen rechnete es um in 92.110,04 Euro. Davon setzte das FA nach dem Halbeinkünfteverfahren 46.055 Euro an, allerdings nicht bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, sondern bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (ESt-A Bl. 76, 164, 167; Rb-A Bl. 39).
Aus der auszugsweise in der deutschsprachigen Bescheinigung 2004 enthaltenen Übersetzung des ungarischen EDV-Ausdrucks 2004 konnte das FA nunmehr schließen, dass der in 2004 wie 2003 gleichlautende ungarische Text Dividenden nebst ihrem Quellensteuersatz bezeichnet (ESt-A Bl. 121, 122).
c) Als anzurechnende ungarische Dividenden-Quellensteuer berücksichtigte das FA den im ungarischen EDV-Ausdruck 2003 auf der zweiten Seite zu
"LEVONT ADÓELÖLEG (ADÓ)
...
83. A levont forrásadó összege"
ausgewiesenen Betrag von 3.657.782 HUF; diesen rechnete es um in 13.816,50 Euro (ESt-A Bl. 76, 164, 167; Rb-A Bl. 39, 40).
Aus der in der deutschsprachigen Bescheinigung 2004 auszugsweise enthaltenen Übersetzung des ungarischen EDV-Ausdrucks 2004 konnte das FA schließen, dass der in beiden Jahren zur gleichen Textziffer gleichlautende ungarische Text die Summe der abgezogenen Quellensteuer bezeichnet (ESt-A Bl. 121, 122).
6. Auf die am 08. Juni 2006 eingegangenen Einsprüche des Klägers gegen die Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2002 und 2003 vom 31. Mai 2006 hob das FA den Änderungsbescheid 2002 auf (vgl. Rb-A Bl. 43 unten, Bl. 45, 65 ff.).
7. In der Einspruchskorrespondenz hinsichtlich des Änderungsbescheids 2003 blieben das nachträgliche Bekanntwerden der Dividenden und eine Verletzung von Treu und Glauben wegen unzureichender Sachverhaltsaufklärung des FA streitig (Rb-A Bl. 2, 6, 8, 45).
8. Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Februar 2008 wies das FA den Einspruch des Klägers gegen den Änderungsbescheid 2003 als unbegründet zurück. Aus der ohne Übersetzung in die deutsche Amtssprache vorgelegten ungarischen Bescheinigung seien die Dividenden für das FA nicht ersichtlich gewesen. Es habe der Steuerklärung nicht mit Misstrauen zu begegnen brauchen, zumal diese unter Mitwirkung eines Steuerberaters angefertigt worden sei. Selbst wenn dem FA eine unzureichende Ermittlung vorgeworfen werden sollte, würde ein solcher Ermittlungsverstoß nicht überwiegen gegenüber dem Verstoß des Klägers gegen seine Pflicht zur Angabe der Dividendeneinnahmen in der Steuererklärung (Rb-A Bl. 58).
III. Der Kläger hat am 28. März 2008 Klage beim Finanzgericht (FG) erhoben (FG-A Bl. 1).
Im Klageverfahren hat er die - nicht in der Steuerakte befindlichen - ungarischen Steuerbescheinigungen für die Vorjahre 2001 und 2002 seiner Kft vorgelegt (Anlagen K I 2/3 und K I 2/5); die auszugsweisen Übersetzungen hatte er bereits als Bescheinigungen in deutscher Sprache in jenen Veranlagungsverfahren eingereicht (oben II 1 a, 2 a).
Auch nach gerichtlichem Hinweis im Erörterungstermin vom 19. September 2008 auf das Nichtvorliegen der ungarischen Bescheinigungen in den Steuerakten-Veranlagungsunterlagen 2001 und 2002 (FG-A Bl. 22) trägt der Kläger zur Begründung seiner Klage vor (FG-A Bl. 1, 7, 21, 24, 42, 49, 66, 68):
Das FA habe ungeachtet der in den Bescheinigungen für das Vorjahr 2002 in deutscher und ungarischer Sprache ausgewiesenen Dividenden den Sachverhalt für das Streitjahr 2003 anhand der gleich aussehenden nur ungarischen Bescheinigung 2003 nicht aufgeklärt.
Durch das Auffinden der ungarischen Steuerbescheinigung 2003 und durch deren Auswertung anlässlich der Folgeveranlagung 2004 seien weder ein Beweismittel noch eine Tatsache nachträglich bekanntgeworden i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.
Die ungarische Dividende sei im Jahresabschluss des Einzelunternehmens nicht enthalten gewesen, weil erst nach dessen Erstellung die Dividenden-Mitteilung aus Ungarn gekommen und mit der Einkommensteuererklärung eingereicht worden sei.
Im Übrigen habe er (der Kläger) seine Mitwirkungspflicht und erhöhte Auslands-Aufklärungs- und Beweisbeschaffungspflicht (§ 90 AO) erfüllt durch die Einreichung der nach amtlichem ungarischen Muster erstellten Bescheinigung.
Nach Bilanzierung der ungarischen Beteiligung im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens und nach Einreichung der deutschen Bescheinigung für das Vorjahr 2002 sowie der ungarischen Bescheinigung für das Streitjahr 2003 gehe die Subsumtion der schwierigen Auslandsbeziehungen über die Tatsachenmitteilung seitens des Steuerpflichtigen und seines mitwirkenden Steuerberaters hinaus.
Bei den beiderseitigen Mitwirkungspflichten herrsche der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 88 AO). Danach trage das FA die Verantwortung. Der Amtsermittlungsgrundsatz erfordere bei Auslandssachverhalten mit bekannten regelmäßigen Auslandseinkünften ein gesteigertes Maß, um dem öffentlichen Interesse Rechnung zu tragen.
Außerdem habe das FA nach der Verfahrensfürsorgepflicht (§ 89 AO) die Berichtigung einer aus offensichtlicher Unkenntnis unterbliebenen Erklärung anzuregen.
Einer Änderung der bestandskräftigen Veranlagung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO stehe der Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen nach Treu und Glauben entgegen, wenn das FA seine Amtsermittlungspflicht nicht gehörig erfüllt habe; wenn es etwa trotz ersichtlicher Unklarheiten keine weiteren Ermittlungen angestellt und eine Rückfrage unterlassen habe, insbesondere wenn es eine in fremder Sprache abgefasste Bescheinigung nicht selbst übersetzen könne und keine Übersetzung verlangt habe (§ 87 Abs. 2 AO; § 23 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz --VwVfG--).
Da ein Pflichtenverstoß lediglich auf Seiten des FA vorliege, komme es nicht mehr zu einer Abwägung beiderseitiger Verstöße.
Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 1, 72),
den Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2003 vom 31. Mai 2006 ersatzlos aufzuheben und die Kosten der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt (FG-A Bl. 72),
die Klage abzuweisen.
Das FA trägt in Ergänzung der Einspruchsentscheidung vor (FG-A Bl. 12, 21, 28, 44=47):
Der Kläger sei seiner Verpflichtung zur Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen in der amtlich vorgeschriebenen Form gemäß § 150 AO nicht nachgekommen. Er habe die Dividende nicht in der dafür vorgesehenen Formular-Anlage erklärt und nicht deutlich zur Prüfung unterbreitet. Erschwerend sei ihm das Fachwissen seines steuerlichen Beraters zuzurechnen.
Bei nur in einer fremden Sprache bescheinigten ausländischen Einkünften erhöhe sich in erster Linie die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen.
Selbst wenn zugleich das FA seiner Ermittlungspflicht nicht vollständig nachgekommen sei, überwiege der Pflichtenverstoß des Steuerpflichtigen, der den steuerlich relevanten Sachverhalt nicht richtig, deutlich und vollständig darstelle, sondern falsche, unvollständige oder missverständliche Angaben mache. Insbesondere könne der Steuerpflichtige sich nicht auf Treu und Glauben berufen, wenn er die in der Massenveranlagung unvermeidliche Unachtsamkeit einkalkuliere oder Einkünfte zwar nicht verschweige, aber im amtlich vorgeschriebenen Vordruck an falscher Stelle oder sogar - wie hier - gar nicht eintrage.
Auf Treu und Glauben könne sich ein Steuerpflichtiger selbst bei beiderseits in vergleichbarer Weise versäumter Sachverhaltsaufklärung nicht berufen, sondern nur bei einem - hier nicht gegebenen - deutlichen Überwiegen eines finanzamtlichen Pflichtenverstoßes.
IV. 1. Mit Auflösung des 7. Senats des FG ist die früher unter 7 K 77/08 eingetragene Streitsache auf den ab 2009 zuständigen 3. Senat des FG übergegangen und hat sie das Aktenzeichen 3 K 6/09 erhalten.
2. Am 07. Januar 2009 hat der 3. Senat den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen und hat letzterer dem Kläger eine Ausschlussfrist bis 20. Februar 2009 zur Einreichung erstens der Jahresabschlussunterlagen des deutschen Einzelunternehmens betreffend die ungarische Beteiligung und die Beteiligungserträge sowie zweitens der Register- und Gesellschaftsvertragsunterlagen der ungarischen Kapitalgesellschaft gesetzt (FG-A Bl. 30 ff.).
3. In der letzten mündlichen Verhandlung am 24. April 2009 haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass die angefochtene Besteuerung der Dividende in tatsächlicher Hinsicht jetzt der materiellen Rechtslage entspricht (FG-A Bl. 69).
4. Ergänzend nimmt das Gericht Bezug auf die Protokolle des Erörterungstermins vom 19. September 2008 (FG-A Bl. 21) und der mündlichen Verhandlungen vom 31. März und 24. April 2009 (FG-A Bl. 52, 68) sowie auf die vorstehend angeführten Unterlagen und die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) nebst Anlagenband und aus folgenden Steuerakten:
Einkommensteuer-Akte Bd. III (ESt-A),
Rechtsbehelfs-Akte (Rb-A).
Ferner hat dem Gericht folgende Steuerakte vorgelegen: Vermögensteuer-Akte (VSt-A) .
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das gilt sowohl für die Befugnis zur Änderung der Veranlagung (I) als auch für den Inhalt des Änderungsbescheids (II).
I. Zu Recht hat das FA die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung 2003 durch den angefochtenen Änderungsbescheid gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert.
Gemäß dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen.
1. Die von der ungarischen Kapitalgesellschaft an den Kläger als Einzelunternehmer in 2003 gezahlte Dividende ist eine Tatsache. Diese Tatsache ist unstreitig. Über die in der nach amtlichem Muster von der ungarischen Gesellschaft bescheinigte Dividende stimmen die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht überein (oben A IV 3).
2. Diese Dividende ist trotz der mit der Steuererklärung vorgelegten ungarischen Bescheinigung dem FA erst nachträglich nach Bestandskraft der Veranlagung bekanntgeworden.
a) Selbst wenn auf die - nicht in die Steuererklärung 2003 übernommene - Dividendenangabe der ungarischen Bescheinigung für 2003 abgestellt wird, war diese Angabe (in ihrer hier interessierenden inhaltlichen Bedeutung) für das deutsche FA unbekannt. Gemäß § 87 Abs. 1 AO ist die Amtssprache deutsch. Im Übrigen sind die umfangreichen Textinhalte der Bescheinigung von der schwierigen ungarischen Sprache her gänzlich unverständlich für Deutsche mit nur germanischen oder schulbedingt etwa angelsächsischen oder romanischen Sprachkenntnissen.
b) Bekannt wurde die Dividende erst bei der Bearbeitung der Steuererklärung für das Folgejahr 2004, als der Kläger für 2004 eine ungarische Bescheinigung mit auszugsweiser deutscher Übersetzung einreichte, in der - wenn auch nur unter der Überschrift Lohnnachweis versteckt oder überraschend - die Dividende 2004 aufgeführt war. Diese Übersetzung erlaubte - nach sehr sorgfältiger Ermittlung des FA - den Schluss auf eine entsprechende Bedeutung der Textangabe zu der gleichlautenden Textziffer 61 in der ungarischen Bescheinigung und danach auch eine Würdigung des Wortes "Osztalék" in der für 2003 eingereichten ungarischen Bescheinigung, wenn auch unter der Textziffer 160 (oben II 3 c, 4 a, 5).
3. Die Heraufsetzung der bestandskräftigen Steuer nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen.
a) Vertrauensschutz nach Treu und Glauben genießt der Steuerpflichtige, wenn dem FA die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Amtsermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Allerdings muss der Steuerpflichtige dann seinerseits seine Mitwirkungspflicht erfüllt haben. Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert werden kann (BFH vom 28. Juni 2006 XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835, 836 zu II 1 a; ständige Rechtsprechung).
b) Eindeutigen Steuererklärungen braucht das FA nicht mit Misstrauen zu begegnen; es kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen (BFH vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, BFHE 206, 303, BStBl II 2004, 911); zumindest wenn - wie hier - aus der Prüfung von Erklärung und Unterlagen keine Unklarheiten ersichtlich sind und sich keine Zweifelsfragen aufdrängen müssen (vgl. BFH vom 23. Juni 1993 I R 14/93, BFHE 171, 521, BStBl II 1993, 806 , vom 10. Dezember 1991 VII R 10/90, BFHE 166, 395, BStBl II 1992, 324); insbesondere wenn sich keine Anzeichen für eine Unvollständigkeit aus der äußeren Gestaltung ergeben, etwa anhand von Bezugnahmen in den Erklärungsvordrucken oder im Mantelborgen auf weitere oder nähere Angaben in Anlagen (FG Hamburg vom 13. Juli 1993 III 148/93, EFG 1994, 298; vgl. BFH vom 11. Februar 1998 I R 82/97, BFHE 185, 568, BStBl II 1998, 552).
Ohne Unterbreitung der für die rechtliche Beurteilung möglicherweise bedeutsamen Tatsachen und ohne wenigstens einen Hinweis auf den Kern des steuerlich zu prüfenden Vorgangs hat das FA - wie hier bezüglich der Dividenden - ohne erkennbaren Zusammenhang auch keinen Anlass zur Heranziehung anderer vorliegender Aktenstücke; das gilt erst recht nach - hier gegebener - Steuerberater-Mitwirkung (BFH vom 22. November 1988 VIII R 184/84, BFH/NV 2989, 726, m. Anm. Hardt, Kommentierte Finanz-Rechtsprechung --KFR-- F. 3 EStG § 15, 3/89, S. 171).
c) Unter diesen Umständen kommt es auch nicht auf die Akteninhalte der Vorjahre - hier 2002 und früher - an, deren Inhalt bei ggf. fortwirkenden Tatsachen das FA als bekannt gegen sich gelten lassen muss (vgl. zu Wohnsitzangaben BFH vom 13. Juli 1990 VI R 109/86, BFHE 161, 11, BStBl II 1990, 1047).
Davon abgesehen handelt es sich bei einer Jahresdividende nicht um solche jahresübergreifende Dauertatsache und hatte der Kläger auch in den Vorjahren keine ungarische Dividende in der Steuererklärung erklärt. Eine Dividende war nur in der deutsch übersetzten ungarischen Bescheinigung "Lohnnachweis" 2002 an nicht zu erwartender Stelle vermerkt, d.h. aus Sicht des deutschen Verfahrens nicht ohne weiteres erkennbar.
Im Übrigen kann das Vorbringen des Klägers nicht berücksichtigt werden, er habe für die Vorjahre nicht nur die deutsche auszugsweise Übersetzung eingereicht, sondern jeweils auch das ungarische Original, und anhand der Vorjahrestexte in beiden Sprachen hätte das FA aus der ungarischen Bescheinigung 2003 die Dividende erkennen können. Der Kläger hat seine Behauptung, die ungarischsprachigen Vorjahresbescheinigungen mit den Steuererklärungen eingereicht zu haben, auch nach gerichtlichem Hinweis (oben A III) weder substantiiert noch unter Beweis gestellt. Für die Einreichung beim FA sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich.
d) Dementsprechend ergibt sich für die Befugnis zur Änderung der Veranlagung des Streitjahrs 2003 bei der Prüfung von Treu und Glauben bisher kein Verstoß des FA gegen den Untersuchungsgrundsatz (§ 88 AO), auch nicht im Zusammenhang mit seinen Beratungs- und Auskunftspflichten (§ 89 AO), sondern beruht die ursprüngliche Nichtbesteuerung der Dividende 2003 auf deren Nichterklärung durch den Kläger.
Der Verstoß des Steuerpflichtigen gegen die Pflicht, seine Einkünfte gemäß amtlichem Vordruckmuster und dortigen Fragen (nebst Erläuterungen) nach bestem Wissen und Gewissen zu erklären (§ 150 AO) stellt - wie in den Fällen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO - regelmäßig ein grobes Verschulden dar (BFH vom 2. März 2005 IX B 176/03, BFH/NV 2005, 1577; vom 11. Mai 1990 VI R 76/86, BFH/NV 1991, 281; vom 10. August 1988 IX R 219/84, BFHE 154, 481, BStBl II 1989, 131). Der Steuerpflichtige muss sich daran festhalten lassen, dass er Fragen im Steuererklärungsformular nicht nach seinem Erkenntnisstand beantwortet hat (vgl. BFH vom 18. Januar 2001 V B 173/00, BFH/NV 2001, 889, bestätigt durch Bundesverfassungsgericht --BVerfG-- vom 3. Juli 2001 1 BvR 426/01, [...]).
In der Steuererklärung des Klägers für 2003 fehlen zu der ungarischen Dividende die Eintragungen und Frage-Beantwortungen in der Anlage GSE Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Zeile 3 bei dem Gewinn als Einzelunternehmer, Zeile 10 darin enthaltene Einkünfte im Halbeinkünfteverfahren), in der Anlage AUS Ausländische Einkünfte und Steuern (Zeile 19 und 23, Zeile 61) nebst Formular BfF 2 (jetzt BZSt 2) mit Anlage "Ausländische Gesellschaft" (oben A II 3 d).
e) Bei der groben Pflichtverletzung des Klägers bleibt es auch insoweit, wie er geltend macht, dass die Bescheinigung aus Ungarn erst nach Fertigstellung des Jahresabschluss 2003 eingegangen und daher der Dividendenbetrag im Jahresabschluss nicht enthalten und nicht mit letzterem in die Anlage GSE übertragen worden sei.
Ein Steuerpflichtiger handelt auch dann grob schuldhaft, wenn er nicht für die rechtzeitige Berücksichtigung einer steuerlich relevanten Bescheinigung durch seinen Steuerberater sorgt, dessen Unterlassen ihm ebenfalls zuzurechnen ist, oder wenn es zu einem Übertragungsfehler kommt und wenn danach die Steuererklärung mangels Überprüfung ihrer Vollständigkeit falsch ist (vgl. BFH vom 30. Januar 1997 III B 99/95, BFH/NV 1997, 385; vom 24. Juli 1996 I R 62/95, BFHE 181, 252, BStBl II 1997, 115). Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass der Kläger die Jahresabschlüsse oder die Jahresabschlussunterlagen betreffend die Beteiligungserträge trotz Ausschlussfristanordnung nicht eingereicht hat (oben A IV 2),
f) Der Steuerpflichtige kann sein grobes Verschulden auch nicht durch Geltendmachung eines Rechtsirrtums über die steuerliche Erheblichkeit entschuldigen, wenn er im Wesentlichen verständliche Formularfragen (oben d) nicht oder unvollständig beantwortet (vgl. BFH vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545; vom 19. Dezember 2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866) oder wenn er eine nicht ausdrücklich abgefragte aber möglicherweise steuerlich bedeutsame Tatsache dem FA nicht unterbreitet (BFH vom 22. November 1988 VIII R 184/84, BFH/NV 1989, 726 m. Anm. Hardt, KFR F. 3 EStG § 15, 3/89, S. 171).
Diese Grundsätze gelten auch bei unvollständiger oder unterlassener Eintragung wenig geläufiger Positionen der Steuererklärung, so auch - wie hier - bei Auslandseinkünften; erst recht bei entsprechender beruflicher Nähe oder Erfahrung des Steuerpflichtigen, insbesondere bei Kaufleuten und Geschäftsführern oder bei Mitwirkung eines Steuerberaters (vgl. FG Hamburg vom 22. April 2009 3 K 117/08; vom 25. Juli 2006 5 K 60/05, Datev, [...]; FG Düsseldorf vom 28. November 2001 17 K 1074/98 E, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 2002, 910; BFH vom 11. Februar 1998 I R 82/97, BFHE 185, 568, BStBl II 1998, 552; vom 21. April 1988 IV S 20/87, [...]).
g) Das Gewicht des Erklärungspflicht-Verstoßes des Klägers (§ 150 AO) mindert sich nicht maßgeblich durch die Beifügung der ungarischsprachigen Bescheinigung im Rahmen der (Auslands-)Mitwirkungspflicht des Klägers (§ 90 AO). Abgesehen davon, dass die Bescheinigung dem FA mangels Verständnis der ungarischen Sprache keine Kenntnis verschafft (oben 2 a), ersetzt die Bescheinigung nicht die Eintragung an den richtigen Stellen der Erklärungsformulare; der steuerlich relevante Sachverhalt muss dem FA richtig, vollständig und deutlich zur Prüfung unterbreitet werden (BFH vom 24. März 2004 X B 110/03, BFH/NV 2004, 1070).
h) Davon abgesehen trägt der Steuerpflichtige auch bei der Schwierigkeit der Übersetzung einer hier nicht gängigen Sprache die Mitverantwortung für die Aufklärung von Tatsachen aus seinem Einfluss- oder Wissensbereich und ist insoweit die Amtsermittlungspflicht begrenzt (BFH vom 28. Juni 2006 V B 199/05, BFH/NV 2006, 2098 m.w.N.).
Mangels Anhaltspunkten für eine über den Arbeitslohn hinausgehende hiesige einkommensteuerliche Bedeutung des Inhalts der ungarischsprachigen Bescheinigung (oben b-c, g) musste das FA in 2003 im Übrigen keinen Anlass sehen, in Ausübung seines Ermessens gemäß § 87 Abs. 2 AO vom Kläger eine Übersetzung des Textes zu verlangen und ihn mit diesem Aufwand zu belasten.
Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass das FA ansonsten das Risiko eines Missverständnisses einer fremdsprachigen Übersetzung zu tragen hätte, wenn nicht der Irrtum des FA durch den Steuerpflichtigen gefördert worden wäre, sei es durch unrichtige Steuererklärungen - wie hier im Streitjahr und im Vorjahr (oben c-f) - oder sei es durch zusätzliche Handlungen - wie hier durch die handschriftlichen Umrechnungsvermerke allein für den Arbeitslohnbetrag (oben A II 2 a, 3 b) - (vgl. BFH vom 5. Oktober 1966 VI 328/65, BFHE 87, 539, BStBl III 1967, 231). Auf eine so gefördert falsch zu verstehende oder missverstandene Auslandsbescheinigung kann der Steuerpflichtige sich auch dann nicht berufen, wenn keine Irreführungsabsicht festgestellt worden ist (BFH vom 7. Juli 1961 VI 311/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1962, 200).
i) Mangels Pflichtverletzung des FA erübrigt sich eine Pflichtenabwägung. Davon abgesehen wäre selbst bei beiderseitigen Aufklärungspflicht-Versäumnissen der Steuerpflichtige nach Treu und Glauben gegenüber einer Heraufsetzung der bestandskräftigen Steuer nicht geschützt (oben a; vgl. Sächsisches FG vom 17. August 2004 5 K 814/99, [...]) und sein grobes Erklärungsverschulden (oben d-g) nicht durch eine etwaige Verletzung der Aufklärungs- oder Fürsorgepflicht des FA entfallen (vgl. BFH vom 24. März 2004 X B 110/03, BFH/NV 2004, 1070; vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441; vom 9. August 1991 III R 24/87, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65; vom 11. November 1987 I R 108/85, BFHE 151, 333, BStBl II 1988, 115).
II. Auch materiell wird der Kläger durch die Steuer-Heraufsetzung nicht in seinen Rechten verletzt; darüber sind sich die Beteiligten auch in tatsächlicher Hinsicht einig (oben A IV 3).
1. Da die 100% Beteiligung an der ungarischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Kft zum Betriebsvermögen des inländischen gewerblichen Besitz-Einzelunternehmens des Klägers gehört, ist die Dividende von der Kft an den Kläger in Deutschland als Teil seiner gewerblichen Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (in der Fassung des Streitjahrs --EStG--) zu besteuern.
2. Die Dividende war in dem im Streitjahr 2003 geltenden deutschen Halbeinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur zur Hälfte der Besteuerung zu unterwerfen (wie im Änderungsbescheid geschehen, oben A II 5 b).
3. Soweit das FA bei der Bescheidänderung in Unkenntnis der Zugehörigkeit der Kft zum Einzelunternehmen von Kapital- statt Gewerbeeinkünften ausgegangen ist und - soweit noch nicht verbraucht - Werbungskostenpauschbetrag und Sparerfreibetrag berücksichtigt hat (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 9 a Satz 1 Nr. 2 EStG; oben A II 5 b), wird der Kläger dadurch nicht beschwert, sondern begünstigt und gilt für das gerichtliche Rechtsmittelverfahren nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO das Verbot der Verböserung (reformatio in peius; vgl. BFH vom 19. April 2005 III B 19/04, [...]; vom 29. Juli 1997 VIII R 80/94, BFHE 184, 74, BStBl II 1997, 727).
4. Gemäß Art. 10 Abs. 1, Abs. 2 Bstb. c des deutsch-ungarischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-Ungarn) darf Ungarn eine Quellensteuer bis zu 15% erheben, wenn es sich - wie hier - nicht um eine 25%-Schachtelbeteiligung einer deutschen juristischen Person oder Mutter-Kapitalgesellschaft handelt (vgl. Art. 10 Abs. 2 Bstb. a i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Bstb. c DBA-Ungarn). Obwohl in der ungarischen Bescheinigung der Dividendenbetrag in der Zeile mit dem Hinweis auf einen Quellensteuersatz 10% vermerkt ist, beträgt die tatsächlich ausgewiesene Quellensteuer 15% (vgl. oben A II 5 b-c).
5. Die Doppelbesteuerung wird gemäß Art. 23 Abs. 1 Bstb. b Nr. 1 DBA-Ungarn durch Anrechnung der ungarischen Quellensteuer bewirkt, soweit es sich - wie hier - nicht um Dividenden aus einer Schachtelbeteiligung einer deutschen Körperschaft oder für eine ungarische Betriebsstätte handelt (vgl. Art. 23 Abs. 1 Bstb. a, Bstb. c DBA-Ungarn; Reith und Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, DBA, DBA-Ungarn Art. 23 Rd. 62 ff. i.V.m. MA Art. 23 B Rd. 38 ff.).
6. Danach ist die ausländische Quellensteuer - wie im Änderungsbescheid - gemäß § 34 c Abs. 1 (i.V.m. § 12 Nr. 3) EStG anzurechnen.
Dabei wird der inländische Anteilseigner durch das im Streitjahr 2003 geltende Halbeinkünfteverfahren weiter begünstigt. Die ausländische und die dem Grunde nach identische inländische Bemessungsgrundlage fallen zwar betragsmäßig dadurch auseinander, dass letztere gemäß § 3 Nr. 40 EStG hälftig gemindert wird (oben 2). Gleichwohl wird der zulässige Höchstbetrag der ungarischen Steuer bis zur Höhe der auf die ungarische Dividende entfallenden deutschen Steuer aber voll angerechnet - wie geschehen (oben A II 5 c) - (vgl. Oberfinanzdirektion --OFD-- Münster vom 13. September 2006, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2006, 2216; Wied in Blümich, EStG, § 34 c Rd. 17, 33 m.w.N.; Menhorn, DStR 2005, 1885, 1887 unter Hinweis auf den vom Vermittlungsausschuss in Bundestags-Drucksache 14/3366 vom 16. Mai 2000, S. 18, 119 gestrichenen Entwurf des § 34 c Abs. 7; Heinicke in Schmidt, EStG, 28. A., § 34 c Rd. 6, 10; ferner sinngemäß Einkommensteuerrichtlinien --EStR-- Hinweis § 34 c {3}; BFH vom 2. Februar 1994 I R 66/92, BStBl II 1994, 727, 730 zu 1 h).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter nach § 6 FGO (oben A IV 2).
Ende der Entscheidung
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