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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 3 K 70/07
Rechtsgebiete: GrEStG, AO


Vorschriften:

GrEStG § 13 Nr. 2
GrEStG § 13 Nr. 5 lit. a
GrEStG § 18
GrEStG § 19 Abs. 1 S. 2
AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
AO § 170 Abs. 1
AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

3 K 70/07

Tatbestand:

A. Streitig ist in erster Linie, ob die Grunderwerbsteuer dadurch verjährt ist, dass der Kläger den zu besteuernden Grunderwerb dem beklagten Finanzamt (FA) in 1996 angezeigt hat. Dabei geht es um die Übernahme des Vermögens der Grundstücks-GbR in Hamburg infolge Anwachsung des Anteils der ausgeschiedenen Mitgesellschafterin. Von der Anzeige hängt es ab, ob die vierjährige Verjährung mit Ablauf des Jahres 1996 begann und mit Ablauf des Jahres 2000 endete, d. h. vor einem Bescheid des FA.

Streitig ist weiterhin die Höhe der Gegenleistung für den Anteils- bzw. Grunderwerb.

I. 1. Der Kläger war gemeinsam mit seiner Schwester an einer GbR beteiligt, die Eigentümerin von Grundstücken in Hamburg war (GbR-HH). Der Gesellschaftsanteil des Klägers betrug 60 %, der der Schwester 40 % (Einheitswert-Akte -EW-A- Bl. 258 f, Grunderwerbsteuer-Feststellungs-Akte -GrESt-F-A- Bl. 1, 67).

Weiterhin waren der Kläger und seine Schwester Gesellschafter einer anderen GbR, zu deren Vermögen Grundstücke in SCHLESWIG-HOLSTEIN gehörten (GbR-SH). Hieran waren der Kläger zu 70 % und die Schwester zu 30 % beteiligt (GrESt-F-A Bl. 12, 71, Finanzgerichts-Akte III 358/02 -FG-A III 358/02- Bl. 5).

Außerdem waren der Kläger, seine Mutter und seine Schwester an einer GmbH & Co KG als Kommanditisten beteiligt, und zwar der Kläger mit 400.000 DM, die Mutter mit 400.000 DM und die Schwester mit 200.000 DM (GrESt-F-A Bl. 3, FG-A III 358/02 Bl. 95, 97).

Die drei Kommanditisten waren zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH, und zwar der Kläger mit 20.000 DM, die Mutter mit 20.000 DM und die Schwester mit 10.000 DM; die Geschäftsanteile waren jeweils eingezahlt (FG-A III 358/02 Bl. 100, 109).

2. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1994 kündigte die Schwester sämtliche Gesellschaftsverträge zum 31. Dezember 1995 (FG-A III 358/02 Bl. 89).

Die GbR-Beteiligungen wuchsen gemäß vertraglichen Fortsetzungsklauseln dem Kläger als allein verbliebenem Gesellschafter an, der infolgedessen die GbR-Vermögen übernahm (FG-A III 358/02 Bl. 91).

Die Kommanditeinlage der Schwester von 200.000 DM an der vorgenannten GmbH & Co KG wurde laut Handelsregisteranmeldung vom 28. Juni 1996 (GrESt-F-A Bl. 3, FG-A III 358/02 Bl. 98) im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf den Kläger übertragen. Damit schied die Schwester als Kommanditistin aus der Gesellschaft aus und erhöhte sich die Kommanditeinlage des Klägers auf 600.000 DM.

Bezüglich des GmbH-Anteils der Schwester erklärte der Kläger in ihrem und seinem Namen in notarieller Urkunde vom 28. Juni 1996 den Verkauf und die Übertragung an sich selbst (FG-A III 358/02 Bl. 108). Die Schwester genehmigte am 10. März 1998 die vom Kläger für sie am 9. Juli 1996 abgegebene Erklärung (FG-A III 358/02 Bl. 116). Dadurch erhöhte sich der Geschäftsanteil des Klägers auf 30.000 DM.

3. Zum Zeitpunkt der Anteilsübertragungen standen die Gegenleistungen für die Schwester noch nicht fest.

Im April 1996 beauftragte der Kläger eine Immobilienberatung mit der Bewertung der Grundstücke der GbR-HH. Die Immobilienberatung kam nach Besichtigung vom 3. April 1996 in ihrem Gutachten auf den 6. Mai 1996 zu einem damaligen Wert von (9,4 Mio + 1,7 Mio =) 11,1 Mio DM (GrESt-F-A Bl. 24 ff). Soweit sich die Verhältnisse in den vorherigen 4 Monaten seit dem Ausscheiden der Schwester Ende 1995 nicht geändert hatten, entfielen auf ihren Anteil von 40 % an der GbR-HH rechnerisch (40 % von 11,1 =) 4,44 Mio DM.

4. In einer schriftlichen Vereinbarung vom 24. Februar 1998 legten die Schwester und der Kläger Folgendes fest (GrESt-F-A Bl. 12 ff):

" ... (Schwester) hat ihre Beteiligungen an den folgenden Gesellschaften:

1. ...(GmbH)

2. ...(GmbH & Co KG)

3. ...(GbR-HH)

4. ...(GbR-SH)

durch Schreiben vom 30. Dezember 1994 zum 31. Dezember 1995 ordnungsgemäß gekündigt mit der Rechtfolge, dass sie zum 31. Dezember 1995 aus allen o. b. Gesellschaften ausgeschieden ist.

Die Beteiligten sind darüber einig, dass sämtliche Beteiligungen von ... (Schwester) an den zuvor genannten Gesellschaften mit Wirkung vom 01. Januar 1996 auf ... (Kläger) übergegangen sind bzw. übertragen werden, soweit noch nicht erledigt. Die hierfür (teilweise) erforderliche Zustimmungen der Gesellschaften und von ... (Mutter) als Mitgesellschafterin liegen vor.

Dies vorausgeschickt schließen die Parteien die folgende Vereinbarung:

"1. ... (Schwester) überträgt hiermit ihre Beteiligungen als Gesellschafterin an den folgenden Gesellschaften in dem nachstehend bezeichneten Umfang an den Mitgesellschafter ... (Kläger):

1. 20 % Geschäftsanteil an der Beteiligungsgesellschaft ... (GmbH)

2. 20 % Kommanditanteil an der ... (GmbH & Co KG)

3. 40 % Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft ... (GbR-HH)

4. 30 % Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft ... (GbR-SH)

mit der Wirkung, dass dem Erwerber mit Wirkung ab 01. Januar 1996 sämtliche Rechte und Pflichten als Gesellschafter anstelle von ... (Schwester) als Veräußerin der Beteiligungen zustehen, und zwar einschließlich aller Gewinn- bzw. Verlustbeteiligungen, von denen ... (Kläger) ... (Schwester) ggf. Dritten gegenüber freizuhalten hat...".

Zur Gegenleistung heißt es dort:

" 3. Abweichend von den gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens von ... (Schwester) (§ 11 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligungsgesellschaft ... [GmbH] und jeweils § 11 der Gesellschaftsverträge der Grundstücksgesellschaften ... [GbR-HH] und ... [GbR-SH] und § 16 des Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft in Firma ... [GmbH & Co KG]) vereinbaren die Parteien hiermit einen Gesamtkaufpreis in Höhe von DM 5 Mio.".

Eine Regelung, wie der Abfindungsbetrag auf die einzelnen Gesellschaftsanteile zu verteilen ist, wurde nicht getroffen (GrESt-F-A Bl. 12 ff, 17 ff, 24 ff).

II. 1. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1996 teilte der in Hamburg ansässige steuerliche Berater des Klägers der Grunderwerbsteuerstelle des für die Grunderwerbsteuerfestsetzung zuständigen schleswig-holsteinischen Finanzamts (FA SH) mit, dass die Schwester ihre Beteiligung an der GbR-SH gekündigt habe (GrESt-F-A Bl. 50).

2. Am 30. Oktober 1996 ging bei dem Beklagten, dem FA für Verkehrssteuern und Grundbesitz in Hamburg, ein weiteres Schreiben desselben steuerlichen Beraters des Klägers vom 29. Oktober 1996 ein (EW-A Bl. 268, GrESt-F-A Bl. 49, FG-A III 358/02 Bl. 11):

"Finanzamt für Verkehrsteuern und Grundbesitz

Postfach 30 17 21

20306 Hamburg

Sehr geehrte Damen und Herren,

"... (Schwester) hat ihre 40 %ige Beteiligung an den Grundstücksgesellschaften in Hamburg, ..., (GbR-HH) zum 31. Dezember 1995 gekündigt. An diesen Gesellschaften war außer ihr nur noch ... (Kläger) beteiligt.

Über die Bewertung der Grundstücke zum 31.12.1995 besteht noch kein Einvernehmen zwischen den Beteiligten.

... (Schwester) und ... (Kläger) haben jeweils 20 %-Punkte ihrer Beteiligung im Wege der Schenkung von ihrer Mutter, ..., erhalten (vgl. Ihr Aktenzeichen ././. und . vom 17.3.1994).

..."

Das FA für Verkehrsteuern und Grundbesitz in Hamburg befasst sich u. a. für alle Grundstücke in Hamburg in seiner Bewertungsstelle mit der Einheitsbewertung und Grundsteuer und in seiner Grunderwerbsteuerstelle mit der Grunderwerbsteuer. Die im Schreiben erwähnten Aktenzeichen betrafen die Einheitsbewertung der GbR-Grundstücke. Auf dem vom FA auf dem Schreiben angebrachten Eingangsstempel befinden sich ein grüner und ein blauer Strich. Der grüne Strich deutet darauf hin, dass der Posteingang dem Vorsteher des Finanzamts vorgelegen hat. Das Schreiben wurde innerhalb des FA an die Bewertungsstelle - nicht an die Grunderwerbsteuerstelle - weitergeleitet (EW-A Bl. 268).

3. Zum 1. Januar 1996 nahm die Bewertungsstelle des beklagten FA eine Zurechnungsfortschreibung zu grundsteuerlichen Zwecken für die Grundstücke in Hamburg auf den Kläger vor (EW-A Bl. 269 ff; GrESt-F-A Bl. 67 ff). Eine Information der Grunderwerbsteuerstelle und die Festsetzung von Grunderwerbsteuer unterblieben.

4. Vier Jahre später ging am 4. September 2000 bei der Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA eine Kontrollmitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts Hamburg-1 vom 29. August 2000 ein. Darin heißt es nach Darstellung der Beteiligungen an der GbR-HH per 1995 (GrESt-F-A Bl. 1, FG-A III 358/02 Bl. 92):

"... (Schwester) hat ihren Anteil per 1. 1. 1996 auf ... (Kläger) übertragen.

Die Übertragung ist bisher der Grunderwerbsteuerstelle nicht angezeigt worden.

..."

Beigefügt hatte der Prüfer erstens die (zu I 2 erwähnte) Handelsregister-Anmeldung betreffend das Ausscheiden der Kommanditistin aus der GmbH & Co KG (GrESt-F-A Bl. 3) und die (zu I 4 wiedergegebene) Entgelt-Vereinbarung vom 24. Februar 1998 (GrESt-F-A Bl. 12), zweitens eine vom steuerlichen Berater aufgenommene Kaufpreisaufteilung (GrESt-F-A Bl. 122), drittens das (zu I 3 erwähnte) Wertgutachten über die Grundstücke der GbR-HH (GrESt-F-A Bl. 24) sowie viertens einen Ermittlungsvermerk vom 29. August 2000 (GrESt-F-A Bl. 41).

5. Die Kaufpreisaufteilung hatte der steuerliche Berater zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Schwester des Klägers und für dessen Ergänzungsbilanz bei der GmbH & Co KG bei deren Betriebsfinanzamt eingereicht. Darin werden die (Gesamt-)Teilwerte der GmbH und der (im Buchwert negativen) GbR-SH mit null DM und der GmbH & Co KG mit 25,5 Mio DM sowie der GbR-HH mit 11,1 Mio DM geschätzt, so dass der Kaufpreis im Verhältnis der beiden letzteren Beträge zu ihrer Summe (25,5/36,6 und 11,1/36,6) gerundet mit 70 % und mit 30 % verteilt wird. Im Ergebnis wird der unverzinst in zehn Raten zu zahlende Kaufpreis von 5 Mio DM auf 4.568.960 DM abgezinst und mit 70 % bzw. 3.198.272 DM auf den Kommanditanteil und mit 30 % bzw. 1.370.688 DM auf den Anteil an der GbR-HH aufgeteilt (GrESt-F-A Bl. 17 ff).

Auf den Grundstücken verbliebene Belastungen oder ihre Höhe werden weder in der Kaufpreisaufteilung noch in dem Wertgutachten der GbR-HH angegeben.

6. Der Prüfer berichtet in seinem Vermerk vom 29. August 2000, dass er keinen Hinweis auf eine Festsetzung von Grunderwerbsteuer gefunden und daher die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA aufgesucht habe. Dort habe er von der Sachbearbeiterin Frau A erfahren, dass die Eigentumsveränderung betreffend die GbR-HH dort bis dahin nicht bekannt gewesen sei. Absprachegemäß sei daher die Kontrollmitteilung für grunderwerbsteuerliche Zwecke übersandt worden. - Gemäß Grundbucheinsicht sei die Eigentumsveränderung auch dem Grundbuchamt nicht angezeigt worden (GrESt-F-A Bl. 41).

7. Ein Jahr später mit Schreiben vom 1. Oktober 2001 forderte die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA den Kläger auf, für Zwecke der Grunderwerbsteuer mitzuteilen, wie die Abfindung für die Schwester des Klägers auf die einzelnen Gesellschaftsanteile aufzuteilen sei (GrESt-F-A Bl. 44). Der steuerliche Berater des Klägers berief sich in dem folgenden Schriftverkehr auf Feststellungsverjährung und machte keine Angaben über die Aufteilung (GrESt-F-A Bl. 46 ff).

8. a) Am 11. Dezember 2001 erließ das beklagte FA im Hinblick auf die Belegenheit der wertvolleren Grundstücke in Hamburg und der übrigen Grundstücke in SCHLESWIG-HOLSTEIN einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer ( § 17 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG-). Die Steuerbarkeit bejahte es wegen des durch die Anwachsung bewirkten Eigentumsübergangs ( § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG), wobei es die bisherigen Anteile des Klägers aus der Bemessungsgrundlage herausnahm ( § 6 Abs. 2 GrEStG). In Ermangelung geeigneter Wertangaben und unter Bezugnahme auf telefonische Rückfragen bewertete es den Anteil an der GbR-HH gemäß Wertgutachten mit 4,44 Mio DM (oben I 3) und den Anteil an der GbR-SH mit ebenfalls geschätzten 1,5 Mio DM (GrESt Bl. 58 f, FG-A III 358/02 Bl. 5). Eine Aufteilung des Entgelts auf den Kommanditanteil und auf den GmbH-Anteil unterblieb (vgl. FG-A III 358/02 Bl. 106 f). Der Bescheid erging ohne besondere Nebenbestimmung.

b) Durch Grunderwerbsteuerbescheid vom 24. Januar 2002 setzte das beklagte FA die Grunderwerbsteuer für den auf die GbR-HH entfallenden Anteils- bzw. Grunderwerb fest. Dabei ging das FA von der im Feststellungsbescheid getroffenen Feststellung einer Bemessungsgrundlage von 4.440.000 DM aus (Grunderwerbsteuer-Akte -GrESt-A- Bl. 2, Klageakte -FG-A- Bl. 3, 11).

9. a) Gegen den Feststellungsbescheid legte der Kläger am 3. Januar 2002 Einspruch ein (GrESt-F-A Bl. 62). Die gesetzliche Voraussetzung für eine gesonderte Feststellung sei nicht erfüllt, insbesondere handele es sich bei dem Zuwachsen der Gesellschaftsanteile an der GbR-HH und GbR-SH in das Vermögen des Klägers nicht um den in § 17 Abs. 2, 2. Alt. GrEStG geforderten einheitlichen Rechtsvorgang. Zudem sei die Feststellung verjährt. Die Grunderwerbsteuer wegen Eigentumsübergangs nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG sei gemäß Rechtsprechung unabhängig von der noch fehlenden Abfindungsvereinbarung bereits im Zeitpunkt der Anwachsung entstanden. Das beim beklagten FA am 30. Oktober 1996 eingegangene Schreiben stelle eine Anzeige (i. S. d. §§ 19, 20 GrEStG i. V. m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO-) dar. Danach habe die vierjährige Feststellungsfrist bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1996 begonnen und vor 2001 geendet (GrESt-F-A Bl. 65, 82, 87).

b) Am 29. Januar 2002 legte der Kläger mit seiner vorstehenden Einspruchsbegründung zugleich Einspruch gegen den Grunderwerbsteuer(folge)bescheid vom 24. Januar 2002 ein (GrESt-F-A Bl. 66, GrESt-A Bl. 4).

10. a) Nach weiterer Korrespondenz (GrESt-F-A Bl. 76, 86, 88) wies das beklagte FA den Einspruch in der Feststellungssache mit Einspruchsentscheidung vom 23. September 2002 zurück (GrESt-F-A Bl. 89, FG-A III 358/02 Bl. 7, 20). Die Abfindung von 5 Mio DM sei für alle Gesellschaftsanteile der Schwester pauschal, d. h. ohne Aufteilung, vereinbart worden. Darin sei ein einheitlicher Rechtsvorgang zu ersehen; die Belegenheit der Grundstücke in unterschiedlichen Finanzamtsbezirken rechtfertige eine gesonderte Feststellung. Die Feststellungsfrist habe nicht am 31. Dezember 1996 begonnen, da das am 30. Oktober 1996 eingegangene Schreiben nicht die Voraussetzungen einer Anzeige i. S. v. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, §§ 19, 20 GrEStG erfülle. Es sei nicht - wie von der Rechtsprechung gefordert - deutlich und klar erkennbar gewesen, dass ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang habe angezeigt werden sollen. Da es auf den Wissensstand der zuständigen Dienststelle ankomme, ersetze das Wissen der Bewertungsstelle von dem Ausscheiden der Schwester aus der GbR-HH nicht die gesetzlich geforderte Anzeige an die Grunderwerbsteuerstelle.

b) Den Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid wies das FA mit weiterer Einspruchsentscheidung vom 23. September 2002 zurück (GrESt-A Bl. 16 f, FG-A Bl. 5, 13). Der nur mit Mängeln des Grundlagenbescheids begründete Einspruch gegen den Folgebescheid sei gemäß § 351 Abs. 2 i.V.m. § 182 Abs. 1 AO unzulässig.

III. 1. Am 21. Oktober 2002 reichte der Kläger beim Finanzgericht (FG) Klagen ein, sowohl in der Feststellungssache (III 358/02) als auch in der vorliegenden Grunderwerbsteuersache (damaliges Az. III 357/02).

2. Nach Erörterung beider Sachen am 1. April 2003 hat der Berichterstatter mit Beschluss vom 3. April 2003 das vorliegende Klageverfahren gemäß § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt bis zur Erledigung der gegen den Grundlagen- bzw. Feststellungsbescheid gerichteten Klage III 358/02 (FG-A Bl. 36).

3. In dem Grundlagenbescheid-Klageverfahren hat der Senat am 29. April 2005 mündlich verhandelt und mit Urteil vom selben Tag den Feststellungsbescheid vom 11. Dezember 2001 in Gestalt der letzteren betreffenden Einspruchsentscheidung vom 23. September 2002 ersatzlos aufgehoben (FG-A III 358/02 Bl. 125, 161, 162, 165, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2005, 1641, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst -DStRE- 2005, 1360): Das FA habe zwar zu Recht die Steuerbarkeit auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG gestützt und das Vorliegen der in § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG bestimmten Voraussetzungen für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer bejaht. Die zunächst aufgrund der Kündigungen vom 30. Dezember 1994 gegebenen mehreren Rechtsvorgänge seien durch die Vereinbarung einer Gesamtabfindung im Vertrag vom 24. Februar 1998 nachträglich zu einer Einheit zusammengefasst worden. Dem Erlass des Feststellungsbescheids habe aber die mit Ablauf des Jahres 2000 eingetretene Feststellungsverjährung entgegengestanden. Die Schreiben vom 29. Oktober 1996 an das beklagte FA und das FA SCHLESWIG-HOLSTEIN hätten den gesetzlichen Mindestanforderungen an eine Anzeige der Erwerbsvorgänge genügt.

4. Die vom Senat zugelassene Revision des FA hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 26. Oktober 2006 II R 32/05 als im Ergebnis unbegründet zurückgewiesen (BStBl II 2007, 323, BFH/NV 2007, 312):

"... Die Entscheidungsgründe der Vorentscheidung ergeben zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts; die Entscheidung selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar ( § 126 Abs. 4 FGO).

1. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die in § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG geregelten Voraussetzungen für den Erlass eines Feststellungsbescheids gegeben sind.

a) Nach dieser Vorschrift stellt in Fällen, in denen sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht, die in den Bezirken verschiedener FÄ liegen, das FA, in dessen Bezirk das wertvollste Grundstück oder der wertvollste Bestand an Grundstücken liegt, die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest. Mit dem Begriff "Rechtsvorgang" nimmt die Vorschrift Bezug auf § 1 GrEStG, der im Einzelnen regelt, welche "Rechtsvorgänge" der Grunderwerbsteuer unterliegen. Ein "Rechtsvorgang" i.S. des § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG kann danach nur ein nach § 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegender Vorgang sein.

b) Ein solcher sich auf mehrere in den Bezirken verschiedener FÄ belegene Grundstücke beziehender Rechtsvorgang ist im Streitfall nicht gegeben.

Wie FA und FG zutreffend angenommen haben, unterliegt der durch Anwachsung bewirkte Übergang der Grundstücke aus den Gesamthandsvermögen der GbR in das Alleineigentum des Klägers der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, da kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedurfte (...). Dabei liegen ebenso viele Rechtsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG vor, wie Grundstücke übergegangen sind (...). Davon ist auch das FG ausgegangen.

Diese Rechtsvorgänge waren mit dem Übergang der Grundstücke in das Alleineigentum des Klägers vollendet und führten nach § 38 AO 1977 zur Entstehung der Steuer. Die Vereinbarung vom 24. Februar 1998 berührte diese Rechtsvorgänge, die bereits mit Wirksamwerden der von (der Schwester) zum 31. Dezember 1995 ausgesprochenen Kündigungen abgeschlossen waren, nicht und konnte sie daher auch nicht (rückwirkend) zu einem Rechtsvorgang i.S. von § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG zusammenfassen.

Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer besteht bei durch Anwachsung bewirkten Erwerbsvorgängen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, die vor dem 1. Januar 1997 verwirklicht wurden und für die deshalb nach § 23 Abs. 4 Satz 1 GrEStG noch nicht gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG i.d.F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1996 (...) die Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen sind, in der anteiligen Gegenleistung ( § 8 Abs. 1 GrEStG), die der übernehmende Gesellschafter für das jeweils auf ihn übergegangene Grundstück zu erbringen hat. Dazu gehören im Einzelnen der gesellschaftsvertragliche oder gesetzliche Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters, die Schulden der Gesellschaft, für die der übernehmende Gesellschafter nunmehr allein einzustehen hat, und der "bisherige Gesellschaftsanteil" des übernehmenden Gesellschafters (...). Gehen im Wege der Anwachsung nicht nur Grundstücke, sondern auch weitere nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Vermögensgegenstände auf den Übernehmenden über, so ist die (Gesamt-)Gegenleistung verhältnismäßig aufzuteilen (...). Die auf der Grundlage der so ermittelten Gegenleistung als Bemessungsgrundlage errechnete Steuer wird vorbehaltlich der in § 6 Abs. 4 GrEStG vorgesehenen Einschränkungen nach § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Erwerber am Vermögen der Gesamthand beteiligt war.

Wird nach dem Übergang der Grundstücke in das Alleineigentum des übernehmenden Gesellschafters durch Anwachsung statt des gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Abfindungsanspruchs des ausscheidenden Gesellschafters ein davon abweichender Ablösebetrag vereinbart, betrifft dies nur die Bemessungsgrundlage der Steuer und nicht den/die der Besteuerung zu Grunde liegenden Rechtsvorgang/Rechtsvorgänge. Bezieht sich die nachträgliche Vereinbarung eines einheitlichen Ablösebetrags -wie im Streitfall- auf mehrere aufgelöste Personengesellschaften, ist sie danach nicht geeignet, die einzelnen der Besteuerung unterliegenden Rechtsvorgänge zu einem einheitlichen Rechtsvorgang zusammenzufassen und so eine diese Personengesellschaften umfassende gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG zu begründen.

2. Da die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG für den Erlass des Feststellungsbescheids nicht vorlagen, hat ihn das FG im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Auf die Frage der Feststellungsverjährung kommt es nicht an. ..."

IV. Nach vorbeschriebener rechtskräftiger Erledigung des Grundlagenbescheid-Klageverfahrens und Aufhebung des Feststellungsbescheids hat das FA den ursprünglichen Grunderwerbsteuer(folge)bescheid nunmehr durch einen eigenständigen Grunderwerbsteuerbescheid vom 27. Februar 2007 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. Dabei hat das FA die Grunderwerbsteuer von 79.455 EUR auf 45.403 EUR herabgesetzt. Anstelle des ursprünglich versehentlich verwendeten, aber gemäß § 23 Abs. 4 GrEStG erst seit 1997 geltenden Steuersatzes von 3,5 % hat das FA nunmehr den vorher zum Zeitpunkt der Anteilsanwachsung gemäß § 11 GrEStG 1983 noch geltenden Steuersatz von 2 % angewandt. Unverändert ist das FA vom Grundstückswert 11.100.000 DM ausgegangen (2 % GrESt = 222.000 DM) und hat es davon gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG nur den 40 % Anteilserwerb des Klägers besteuert (GrESt 88.000 DM bzw. 45.403 EUR; FG-A Bl. 44, 52).

Nach der durch das BFH-Urteil bewirkten Erledigung der Aussetzung des Grunderwerbsteuer-Klageverfahrens III 357/02 ist dieses unter dem jetzigen Aktenzeichen 3 K 70/07 wieder eingetragen worden und haben die Beteiligten den Änderungsbescheid vom 27. Februar 2007 übersandt, der gemäß § 68 FGO jetzt Verfahrensgegenstand geworden ist (FG-A Bl. 44, 52).

V. Der Kläger bezieht sich zur Begründung der fortgeführten Klage im Wesentlichen auf die finanzgerichtlichen Ausführungen zur Verjährung und auf seinen diesbezüglichen Vortrag im Feststellungsverfahren (FG-A Bl. 51, ferner Bl. 1, 9, 15, 16, 20 ff, 29, 40, 47; FG-A III 358/02 Bl. 1, 3, 13, 24 f, 33, 50, 55):

Der grunderwerbsteuerliche Tatbestand sei mit der Anwachsung am 1. Januar 1996 verwirklicht worden. Der Verjährungsbeginn sei nicht gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO gehemmt worden. Die Mitteilung vom 29. Oktober 1996 an das beklagte FA stelle eine Anzeige dar. Danach sei die vierjährige Feststellungs- und Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO seit Ende 1996 bis Ende 2000 abgelaufen, mithin vor dem Feststellungsbescheid vom 11. Dezember 2001 und vor dem Grunderwerbsteuerbescheid vom 24. Januar 2002.

Aus dem Hinweis auf die Übertragung einer 40 %-Grundstücksbeteiligung sei ersichtlich, dass ein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand erfüllt worden sei. Der Hinweis, dass der Kläger außer seiner Schwester der einzige Gesellschafter gewesen sei, sei nur für die grunderwerbsteuerlichen Zwecke und nicht für die Einheitswertfortschreibung von Bedeutung. Das Schreiben könne daher nur an die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA gerichtet gewesen sein. Im Betreff sei kein Aktenzeichen genannt worden, weil ein Grunderwerbsteuer-Aktenzeichen erst nach der Anzeige habe erteilt werden können. Die Einheitswert-Aktenzeichen im Text seien lediglich zur einfacheren Grundstücksidentifizierung angegeben worden. Ein Antrag auf eine Einheitsbewertung sei nicht gestellt worden. Die fehlerhafte Weiterleitung des Schreibens stelle ein Versäumnis des FA dar und führe zu dessen positiver Kenntnis von dem grunderwerbsteuerlichen Vorgang (Hinweis auf Rechtsprechung betreffend § 16a GrEStG 1982 Nordrhein-Westfalen). In Anbetracht der Hamburger Besonderheit des speziell für Verkehrsteuern und Grundbesitz zuständigen FA obliege es diesem, in seiner Sphäre für die richtige Verteilung der an dieses FA gerichteten Anzeigen zu sorgen.

Im Übrigen seien die Feststellungen auch der Höhe nach unrichtig.

Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 9, 50, 61),

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 24. Januar 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2002 und der Änderung vom 27. Februar 2007 ersatzlos aufzuheben.

Das beklagte FA beantragt (FG-A Bl. 17, 61),

die Klage abzuweisen.

Das FA hat die ursprünglich gegen den Folgebescheid erhobene Klage zunächst als unzulässig angesehen. Materiell nimmt das FA Bezug auf sein Vorbringen zur Verjährungsfrage in der Feststellungssache (FG-A Bl. 42, 54 ferner Bl. 17, 22, 29, FG-A III 358/02 Bl. 19, 33, 42, 46):

Die Grundsteuer sei nicht verjährt. Die vierjährige Frist habe mangels wirksamer Anzeige gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des dritten auf das Steuerentstehungsjahr 1996 folgenden Jahres zu laufen begonnen, d. h. ab Ende 1999.

Die Mitteilung des Klägers vom 29. Oktober 1996 stelle keine grunderwerbsteuerliche Anzeige dar. Das Schreiben sei einzig für die Bewertungsstelle vorgesehen gewesen. Die Angabe der Einheitswertaktenzeichen habe als Antrag auf Fortschreibung der Einheitswerte gedeutet werden müssen. Aus dem Schreiben sei kein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand ersichtlich. Das gelte zumal für die Mitarbeiter der Bewertungsstelle, die z. T. speziell auf dem Gebiet der Bewertung und nicht hinsichtlich anderer Steuern geschult seien. Es komme auf die Kenntnis bzw. das positive Wissen der Grunderwerbsteuerstelle an. Etwas anderes könne nur gelten bei Fehlleitung einer ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle gerichteten Mitteilung.

VI. Ergänzend nimmt das Gericht Bezug auf die Sitzungsniederschriften (FG-A Bl. 29, 60) sowie auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der vorliegenden Klageakte (FG-A) und aus der die Feststellungssache betreffenden Finanzgerichts-Akte (FG-A III 358/02) sowie aus folgenden Steuerakten:

Grunderwerbsteuerakte (GrESt-A),

Grunderwerbsteuer-Feststellungs-Akte (GrESt-F-A).

Vorher hat dem FG in dem die Feststellungssache betreffenden Klageverfahren außerdem bereits die

Einheitswert- und Grundsteuerakte (EW-A),

vorgelegen und hat es folgende Registerakten beigezogen und daraus Kopien gefertigt und (wie oben mit Blattzahlen bezeichnet) zur dortigen Akte (FG-A III 358/02) genommen:

Handelsregister-Akte HRA betreffend die KG,

Handelsregister-Akte HRB betreffend die GmbH.

Entscheidungsgründe:

B. I. Die Anfechtungsklage gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung ist zulässig und begründet (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Grunderwerbsteuer ist seit Ablauf des Jahres 2000 verjährt. Dies hat der Senat bereits in seinem die Feststellungssache betreffenden Urteil vom 29. April 2005 III 358/02 sinngemäß ausgeführt. Der BFH hat in seinem dortigen Revisionsurteil vom 26. Oktober 2006 II R 32/05 diesbezüglich keinen Anlass zu einer Beanstandung oder zu einem kritischen Hinweis gesehen.

1. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 170 Abs. 1 AO regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist.

Besteht die Pflicht, einen steuerbegründenden Tatbestand anzuzeigen, beginnt die Festsetzungsfrist davon abweichend gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem eine Steueranzeige eingereicht wird. Wird keine Steueranzeige eingereicht, beginnt die Festsetzungsverjährung erst mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

Anzeigen i.S.v. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO sind Mitteilungen des Steuerpflichtigen über steuerlich erhebliche Vorgänge, die es dem FA ermöglichen, eine Steuer festzusetzen. Dazu gehört auch die Anzeige eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgangs gemäß § 19 Abs. 1 GrEStG (vgl. BFH vom 26. Februar 2007 II R 50/06, Juris; vom 18. Mai 2006 III R 80/04, BFHE 214, 1, BFH/NV 2006, 2323).

2. Aufgrund einer solchen Anzeige des Grunderwerbs durch den Kläger mit Schreiben vom 29. Oktober 1996 an das zuständige FA begann die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Jahres 1996 und endete sie mit Ablauf des Jahres 2000.

a) Der Kläger war gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 GrEStG zur Anzeige verpflichtet. Er war Steuerschuldner im Sinne von § 19 Abs. 1 i. V. m. § 13 Nr. 2 und Nr. 5 lit. a GrEStG (in der damaligen Fassung). Eine vorrangige Anzeigepflicht der Gerichte, Behörden und Notare nach § 18 GrEStG bestand nicht, insbesondere waren noch keine Anträge auf Grundbuchberichtigung im Sinne von § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GrEStG gestellt worden. Ebenso wenig erfüllte der Kläger einen der vorrangigen Katalogtatbestände des § 19 Abs. 1 S. 1 GrEStG.

b) Das Schreiben vom 29. Oktober 1996 an das beklagte FA war eine Anzeige im Sinne von § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO.

aa) Die Anzeige konnte formlos abgegeben werden gemäß § 19 Abs. 5 S. 2 GrEStG (in der damaligen Fassung).

bb) Die Anzeige hatte den gemäß § 20 GrEStG erforderlichen Inhalt. Aus ihr ergaben sich der Grundstücksübergang und die daran beteiligten Personen. Durch die Angabe der Einheitswert-Aktenzeichen waren die Grundstücke sowie die weiteren für § 20 Abs. 1 GrEStG relevanten Einzelheiten bestimmbar, insbesondere die Grundstücksgröße und die Art der Grundstücksbebauung (vgl. FG Düsseldorf vom 15. August 2006 3 K 3341/04 GE, DStRE 2007, 495, EFG 2006, 1778 m. Anm. Fumi, Revision II R 55/06).

Aufgrund dieser Bestimmbarkeit war der Anzeigeninhalt hinreichend konkret. Anzeigen im Sinne des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO dürfen gewisse Unvollständigkeiten aufweisen. Die Vorschrift des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO ist auch dann erfüllt, wenn die Steueranzeige teilweise unvollständig oder unrichtig ist, solange sie nicht derart lückenhaft ist, dass dies praktisch auf die Nichtabgabe der Anzeige hinausläuft (BFH vom 23. August 2004 IV S 7/04, BFH/NV 2005, 9; Cöster in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 170 Rd. 24; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 170 AO Rd. 12). Entscheidend ist, dass die Anzeige es dem Finanzamt ermöglicht, die Verwirklichung eines grunderwerbsteuerlichen Tatbestands zu prüfen (vgl. BFH vom 20. Januar 2005 II B 52/04, BFHE 208, 456, BStBl II 2005, 492; Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 170 AO Rd. 15). Vorliegend war die Unvollständigkeit nicht derart groß, dass von einer Anzeige im Sinne des § 170 Abs. 2 AO nicht mehr gesprochen werden könnte. Die Anzeige ermöglichte es dem FA, ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren einzuleiten und die nicht ausdrücklich angegebenen Einzelheiten -verfahrensökonomisch - den bezeichneten Akten zu entnehmen.

cc) Unschädlich ist, dass entgegen § 20 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG keine Gegenleistung angegeben wurde. Zum Zeitpunkt der Anzeige vom 29. Oktober 1996 war noch keine Gegenleistung vereinbart. Die grunderwerbsteuerliche Anzeigepflicht erstreckt sich nur auf Tatsachen, die im Zeitpunkt der Anzeige bereits vorliegen. Dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Gegenleistung vereinbart wurde, ändert nichts daran, dass die Anzeige vom 29. Oktober 1996 ordnungsgemäß im Sinne des § 20 Abs.1 GrEStG war.

c) Die Anzeige war richtig adressiert im Sinne des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO. Da der Kläger gemäß § 19 GrEStG anzeigepflichtig war, bestimmt sich der richtige Adressat nach § 19 Abs. 4 S. 1 GrEStG als das im Zeitpunkt der Anzeige zuständige Finanzamt.

aa) Für die Grunderwerbsteuer in Hamburg bestand gemäß Abschnitt XV Nr. 2 der Zuständigkeitsanordnung vom 7. April 1992 (Amtl. Anz. 1992, 733; seinerzeit zuletzt geändert 18. Dezember 1995, Amtl. Anz. 1995, 2573; jetzt Abschnitt XI Abs. 1 Nr. 2 der Zuständigkeitsanordnung vom 28. Oktober 1997, Amtl. Anz. 1997, 2609; zuletzt geändert 21. November 2006, Amtl. Anz. 2006, 2813, 2822) eine spezielle Zuständigkeit des beklagten FA, des Finanzamts für Verkehrsteuern und Grundbesitz in Hamburg. An dieses Finanzamt richtete der Kläger seine Anzeige.

bb) Unschädlich ist, dass die Anzeige nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA gerichtet war. Weder § 170 Abs. 2 S.1 Nr. 1 AO noch § 19 Abs. 4 i. V. m. § 17 Abs. 1 S. 1 GrEStG verlangen, dass die Anzeige ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle innerhalb des zuständigen Finanzamts zu richten ist. Ob eine Anzeige richtig adressiert ist, ist somit anhand der allgemeinen Anforderungen an die Abgabe einer steuerlichen Anzeige zu beurteilen. Nach diesen allgemeinen Anforderungen muss eine Anzeige nicht nur richtig und vollständig, sondern darüber hinaus auch deutlich und klar sein (BFH vom 4. März 1999 II R 79/97, BFH/NV 1999, 1301). Diese Grundsätze gelten auch für grunderwerbsteuerliche Anzeigen (Viskorf in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 20 Rd. 11; Pahlke in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. A., § 20). Durch die Erfordernisse der Deutlichkeit und Klarheit wird gewährleistet, dass die Anzeige innerhalb des Finanzamts der zuständigen Stelle zugeleitet werden kann. So setzt eine Anzeige i.S.v. § 18 oder § 19 und § 20 GrEStG voraus, dass sie eindeutig auf die Mitteilung eines grunderwerbsteuerlichen Sachverhalts gerichtet ist (vgl. FG Düsseldorf vom 15. August 2006 3 K 3341/04 GE, DStRE 2007, 495, EFG 2006, 1778 m. Anm. Fumi, Revision II R 55/06).

Diese Anforderungen werden durch die Anzeige vom 29. Oktober 1996 erfüllt.

aaa) Der Kläger zeigte einen grunderwerbsteuerlich zu prüfenden Eigentumswechsel an. Die Angaben zu den bisherigen prozentualen GbR-Anteilen waren im Zuständigkeitsbereich des beklagten FA nur für § 6 Abs. 2 GrEStG von Bedeutung, weil der bisherige Anteil des übernehmenden Gesellschafters danach von der Grunderwerbsteuer ausgenommen war und nur der übernommene Anteil der Grunderwerbsteuer unterlag. Für eine Einheitswert-Zurechnungs-fortschreibung konnten diese Angaben nicht von Bedeutung sein, weil es dafür nur auf den neuen Alleineigentümer ankam. Auch die Mitteilung der vorherigen schenkweisen Übernahme von Anteilen der Mutter war nur für die Prüfung von § 6 Abs. 2 und 4 GrEStG von Interesse.

bbb) Dass die Anzeige für die Grunderwerbsteuerstelle bestimmt war, ergibt sich auch daraus, dass eine Anzeigepflicht für Zwecke der Einheitswert-Zurechnungsfortschreibung nicht besteht. Nach § 28 BewG sind Bewertungserklärungen nur auf Aufforderung abzugeben (vgl. BFH vom 10. November 2004 II R 1/03, BFHE 208, 33, BStBl II 2005, 244). Selbst bei der Bedarfsbewertung kommt es nicht auf eine bewertungsrechtliche Anzeige, sondern auf die grunderwerbsteuerliche Anzeige und die danach beginnende Verjährung an (BFH vom 5. August 2004 II B 26/04, BFH/NV 2005, 7).

ccc) Im Übrigen hätte die Anzeige vom 29. Oktober 1996 schon wegen des klar und deutlich bezeichneten Grundstücks-Eigentumsübergangs innerhalb des beklagten FA an die Grunderwerbsteuerstelle geleitet werden müssen. Besitzt ein Finanzamt neben der Zuständigkeit für die Grunderwerbsteuer noch weitere spezielle Zuständigkeiten für andere Steuerarten, obliegt es ihm, eingehende Anzeigen auf einen grunderwerbsteuerlichen Gehalt hin zu überprüfen und erforderlichenfalls für die Weiterleitung an die Grunderwerbsteuerstelle zu sorgen. Auch unabhängig von der besonderen Organisation des beklagten Spezialfinanzamts sind grunderwerbsteuerliche Anzeigen grundsätzlich zunächst der Grunderwerbsteuerstelle zuzuleiten (vgl. Oberfinanzdirektion -OFD- Hannover vom 14. Dezember 2000 S 4520-10-StH 563, Juris; OFD Koblenz vom 21. November 1995 S 4600 A-St 53 4, Juris, vorgehend vom 16. April 1973 S 4600 A-St 52 1, Juris; OFD Rostock vom 19. Dezember 1994 S 3300-St 34, Juris). Anschließend hat die Grunderwerbsteuerstelle die für die Veranlagung und Bewertung zuständigen Stellen zu informieren. Dies geschieht durch Übersendung von Durchschriften oder Kopien der Anzeige (OFD Nürnberg vom 20. Juni 2001 O 2161-1/St 11, Juris; OFD Hannover vom 8. November 2000 S 4600-63-StH 565, Juris, vorgehend vom 11. November 1997 S 4548-145-StH 563, Juris, vom 26. April 1976 S 4540-1-StH 432, Juris; OFD Magdeburg vom 10. Mai 2000 S 4600-13-St 333, Juris; OFD Rostock vom 22. März 1991 S 4600 A-St 251, Juris; Finanzmin. Baden-Württemberg vom 3. Oktober 1985 S 4632-12/85, Juris; OFD Koblenz vom 28. Februar 1972 S 4600 A-St 411, Juris; vom 3. Januar 1963, S 4540 A-St 531, Juris). Auch soweit ausnahmsweise die primäre Zuleitung grunderwerbsteuerlicher Anzeigen an die Vollstreckungsstelle angeordnet wurde, waren die Anzeigen von dort unverzüglich an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzuleiten (OFD München vom 17. Juli 1978 S 0500-31 St 44, Juris; OFD Hannover vom 6. November 1972 S 4540-1-StH 432, Juris). - Erhält die Bewertungsstelle ohne eine über die Grunderwerbsteuerstelle geleitete Veräußerungsmitteilung Kenntnis von einem Grundstücks-Eigentumsübergang (wie etwa durch Mitteilung des Grundbuchamts), hat die Bewertungsstelle die Grunderwerbsteuerstelle hierüber zu unterrichten (OFD Hannover vom 26. Juli 1994 S 4520-10-StH 334). - Die Grunderwerbsteuerstelle darf sich nicht auf die Auswertung nur der nach amtlichem Vordruck - gemäß § 18 GrEStG - eingereichten Anzeigen beschränken (vgl. nur deren Erwähnung in der Informationsbroschüre des FA, S. 27, FG-A III 358/02 Bl. 128, 142).

d) Da vorliegend der grunderwerbsteuerliche Vorgang dem zuständigen Finanzamt ordnungsgemäß angezeigt wurde, muss nicht auf die tatsächliche Kenntniserlangung des Finanzamts und eine finanzamtsinterne Wissenszurechnung abgestellt werden. Daher erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zur Kenntniserlangung und Wissenszurechnung (vgl. BFH vom 5. August 2004 II B 26/04, BFH/NV 2005, 7; FG Mecklenburg-Vorpommern vom 27. Mai 2004 3 V 58/04, EFG 2004, 1477; kritisch FG Düsseldorf vom 15. August 2006 3 K 3341/04 GE, DStRE 2007, 495, EFG 2006, 1778 m. Anm. Fumi, Revision II R 55/06) bzw. mit der auf die Kenntnis abstellenden Vorschrift § 16a S. 2 GrEStG Nordrhein-Westfalen in der bis 1982 geltenden Fassung (dazu BFH vom 21. Juni 1995 II R 11/92, BFHE 178, 228, BStBl II 1995, 802). Offen bleiben kann auch, welche Folgerungen sich daraus ergeben, dass § 170 AO in seinem Abs. 5 nur in Bezug auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer die Kenntnis des Finanzamts für maßgeblich erklärt und nicht in Bezug auf die Grunderwerbsteuer.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen im Hinblick auf die tatrichterliche Würdigung der Anzeige nicht vor. Davon abgesehen hat der BFH die diesbezüglichen finanzgerichtlichen Ausführungen bereits in seinem die Feststellungssache betreffenden Revisionsurteil vom 26. Oktober 2006 II R 32/05 unbeanstandet gelassen (oben A III 4, B I).

Ende der Entscheidung

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