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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 21.04.2008
Aktenzeichen: 4 K 114/08
Rechtsgebiete: EnergieStG, EnergieStV, FGO


Vorschriften:

EnergieStG § 24 Abs. 2 S. 1
EnergieStG § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EnergieStV § 55
FGO § 138 Abs. 1
FGO § 138 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

4 K 114/08

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob sich das vorliegende Klageverfahren in der Hauptsache erledigt hat.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz zunächst in H, nunmehr auf A; Gegenstand des Unternehmens ist die Beratung und der Service für Medien und Kommunikation und die Verwertung geistigen Eigentums sowie die Vermittlung und Durchführung von Dienstleistungen, auch soweit diese im Zusammenhang mit der Seebestattung der Asche sowohl von verstorbenen Menschen als auch von verstorbenen Tieren stehen. Unter dem 10.10.2005 beantragte die Klägerin beim beklagten Hauptzollamt die Erteilung einer Erlaubnis zur Verwendung von steuerfreien Schiffsbetriebsstoffen für das Schiff "B". Das beklagte Hauptzollamt erteilte der Klägerin in der Folgezeit die beantragte Erlaubnis zunächst mit Bescheid vom 19.12.2005 befristet bis zum 31.03.2006 und sodann mit Bescheid vom 18.04.2006 befristet bis zum 31.08.2006.

Aufgrund einer zollrechtlichen Überprüfung des Schiffes "B" gelangte das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit zu der Auffassung, dass die Klägerin die Motorbarkasse nicht in der gewerblichen Schifffahrt einsetze, und nahm deshalb mit Bescheid vom 28.06.2006 die der Klägerin befristet erteilte Erlaubnis zur Verwendung von steuerbegünstigtem Mineralöl als Schiffsbetriebsstoff für die Motorbarkasse "B" rückwirkend zurück.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin 11.06.2007 Klage (4 K 134/07) erhoben, und beantragt, den Bescheid vom 28.06.2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.05.2007 aufzuheben (Antrag zu 1) und das beklagte Hauptzollamt zu verpflichten, ihr gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 Energiesteuergesetz eine unbefristete Erlaubnis zum Bezug steuerbefreiter Mineralöle zu erteilen (Antrag zu 2).

In der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2008 hat die Klägerin das Verfahren bezüglich des Antrags zu 2) für in der Hauptsache erledigt erklärt. Das beklagte Hauptzollamt hat insoweit keine Erklärung abgegeben. Daraufhin hat das Gericht mit Beschluss vom 21.04.2008 das Verfahren bezüglich des Antrags zu 2) abgetrennt, das nunmehr unter dem Aktenzeichen 4 K 114/08 geführt wird.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 4 K 134/07 und 4 K 114/08 sowie der Sachakte des beklagten Hauptzollamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig.

Der vorliegende Rechtsstreit ist dadurch gekennzeichnet, dass lediglich die Klägerin den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt hat. Das beklagte Hauptzollamt hat dagegen keine Erledigungserklärung abgegeben. Zwar hat das beklagte Hauptzollamt der Erledigung auch nicht ausdrücklich widersprochen. Die Einlassung des beklagten Hauptzollamtes in der mündlichen Verhandlung, insoweit keine Erklärung abgeben zu wollen, kann aber auch nicht als konkludente Erledigungserklärung mit der Folge angesehen werden, dass das Gericht an die Erklärungen gebunden und der Rechtsstreit unmittelbar beendet wäre (vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 20.05.2005, VIII R 103/03, [...]). Als Prozesserklärung kann die Erledigung zwar auch durch konkludentes Verhalten, nicht aber - abgesehen von der Fiktion des § 138 Abs. 3 FGO - durch bloßes Schweigen erklärt werden (vgl. Brandt, in: Beermann/Gosch, Kommentar zur AO und FGO, § 138 FGO, Rz. 100; Brandis, in: Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 138, Rz. 20). Hinzu kommt, dass eine Wertung des Schweigens als Erledigungserklärung auch einer Flucht des Klägers in die Erledigungserklärung in der Hoffnung auf eine eventuell günstigere Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 1 FGO Vorschub leisten würde. Vor diesem Gesamtkontext kann das Schweigen des beklagten Hauptzollamtes nur dahin verstanden werden, dass es seinen Sachantrag aus der Klageerwiderung aufrechterhält. Gegenstand dieses Klageverfahrens ist folglich die Frage, ob sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

Die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache durch - wie hier - einseitige Erledigungserklärung kann wirksam nur erfolgen, wenn die Klage zulässig war. War die Klage von Anfang an unzulässig, kann sich der Rechtsstreit durch ein nachträgliches Ereignis nicht in der Hauptsache erledigen, denn der Kläger wird nicht erst durch dieses nachträgliche Ereignis daran gehindert, die von ihm ursprünglich mit Klageinreichung erbetene gerichtliche Entscheidung durchzusetzen. War die Klage bereits unzulässig erhoben, kann nicht nur kein nachträgliches Ereignis für die Erledigung des Rechtsstreits ursächlich werden (vgl. BFH, Urteil vom 30.04.1980, VII R 94/74, [...]; Hessisches FG, Urteil vom 25.01.2001, 11 K 1547/99, [...]; Thüringer FG, Urteil vom 22.01.1997, I 242/96, [...]), vielmehr konnte der Kläger auch zu keinem Zeitpunkt eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache erreichen, weil die Hauptsache überhaupt nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden war. Dieser Umstand erhellt zugleich, dass das Gericht bei einer bereits unzulässig erhobenen Klage auch durchgängig gehindert war, über die Hauptsache selbst zu entscheiden.

Die Klage war im Streitfall unzulässig. Denn der Klägerin stand ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung dieser Klage von Anfang an nicht zur Seite.

In § 24 Abs. 2 Satz 1 des am 01.08.2006 in Kraft getretenen Energiesteuergesetzes (EnergieStG) vom 15.07.2006 (BGBl. I S. 1534, mit späteren Änderungen) ist zwar im Grundsatz bestimmt, dass die steuerfreie Verwendung von Energieerzeugnissen in den Fällen der §§ 25 bis 27 EnergieStG der Erlaubnis bedarf. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG dürfen Energieerzeugnisse der Unterpositionen 2710 19 41 bis 2710 19 99 der Kombinierten Nomenklatur in Wasserfahrzeugen für die Schifffahrt mit Ausnahme der privaten nicht gewerblichen Schifffahrt steuerfrei verwendet werden. Dieser Grundsatz erfährt allerdings durch § 55 der am 04.08.2006 in Kraft getretenen Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes (Energiesteuer-Durchführungsverordnung - EnergieStV) vom 31.07.2006 (BGBl. I S. 1753, mit späteren Änderungen) vielfältige Ausnahmen, wonach nämlich unter Verzicht auf eine förmliche Einzelerlaubnis nach Maßgabe der Anlage 1 zur EnergieStV die Verwendung und die Verteilung von steuerfreien Energieerzeugnissen sowie das Verbringen von steuerfreien Energieerzeugnissen aus dem Steuergebiet allgemein erlaubt werden. Von dieser allgemeinen Erlaubnis erfasst werden auch Energieerzeugnisse nach § 27 Abs. 1 EnergieStG, die nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG für die Schifffahrt verwendet werden. Gilt aber die von der Klägerin beabsichtigte Verwendung seit dem 04.08.2006 nach Maßgabe des § 55 EnergieStV als allgemein erlaubt, bestand für die von der Klägerin am 11.06.2007 erhobenen Klage von Anfang kein Rechtsschutzbedürfnis.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.



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