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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 4 K 133/06
Rechtsgebiete: EMA-Prot. 4


Vorschriften:

EMA-Prot. 4 Art. 32
EMA-Prot. 4 Art. 33
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

4 K 133/06

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird im Hinblick auf folgende Fragen um Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Wege der Vorabentscheidung ersucht:

1. Ist dem Einführer einer Ware, die ihren Ursprung im Westjordanland hat, die begehrte Präferenzbehandlung im Hinblick darauf, dass die Präferenzbehandlung in zwei in Betracht kommenden Abkommen - nämlich dem "Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits" (EMA) sowie dem "Europa-Mittelmeer-Interassoziationsabkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen andererseits" (EMI-PLO) - für Waren vorgesehen ist, die ihren Ursprung in dem Gebiet des Staates Israels bzw. im Westjordanland haben, auf jeden Fall zu gewähren, auch wenn nur ein formelles Ursprungszeugnis aus Israel vorgelegt wird?

Falls die Frage 1) mit "Nein" zu beantworten ist:

2. Ist die Zollbehörde eines Mitgliedsstaates im Verhältnis zu einem Einführer, der für eine in das Gebiet der Gemeinschaft eingeführte Ware die Gewährung der Präferenzbehandlung begehrt, nach dem EMA an einen Ursprungsnachweis der israelischen Behörde gebunden - und das Prüfungsverfahren nach Art. 32 EMA-Prot. 4 nicht eröffnet -, solange die Zollbehörde keinen anderen Zweifel an der Ursprungseigenschaft der Ware hat als den Zweifel, ob die Ware nicht aus einem Gebiet stammt, das lediglich unter israelischer Kontrolle steht - nämlich nach dem Israelisch-Palästinensischen Interimsabkommen von 1995 - und solange kein Verfahren nach Art. 33 EMA Prot. 4 durchgeführt wurde?

Falls die Frage 2) mit "Nein" zu beantworten ist:

3. Darf die Zollbehörde des Einfuhrlandes dann, wenn auf ihr Prüfungsersuchen nach Art. 32 Abs. 2 EMA-Prot. 4 von den israelischen Behörden (nur) bestätigt worden ist, dass die Waren in einem Gebiet hergestellt worden seien, dass unter israelischer Zollzuständigkeit stehe und sie somit israelischen Ursprungs seien, und wenn die daraufhin ergangene Aufforderung der Einfuhrzollbehörde um nähere Darlegung von den israelischen Behörden unbeantwortet geblieben ist, bereits aus diesem Grund die Präferenzbehandlung ohne weiteres verweigern, insbesondere ohne dass es noch darauf ankommt, welchen Ursprung die Ware tatsächlich hat?

Falls die Frage 3) mit "Nein" zu beantworten ist:

4. Darf die Zollbehörde die Präferenzbehandlung nach dem EMA ohne weiteres deswegen verweigern, wenn - wie inzwischen feststeht - die Ware ihren Ursprung im Westjordanland hat, oder ist die Präferenzbehandlung nach dem EMA auch für Waren dieses Ursprungs zu gewähren, jedenfalls solange kein Streitbeilegungverfahren nach Art. 33 EMA Prot. 4 über die Auslegung des Abkommensbegriffs "Gebiet des Staates Israel" durchgeführt worden ist?

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben. Die Beteiligten streiten über den Ursprung der eingeführten Waren. Bei den Waren handelt es sich um ... sowie ... und ..., die der Lieferant der Klägerin, die Fa. A, Israel, die ein ermächtigter Ausführer im Sinne von Art. 23 EMA-Prot. 4 ist, hergestellt hat.

1.

Die Fa. A hat die Waren in ihrer Produktionsstätte gelegen in dem Ort B (belegen bei dem Ort C) hergestellt.

B liegt im Westjordanland, östlich von Jerusalem. Dieses Gebiet ist von Israel 1967 besetzt worden und unterfällt nach dem am 28. September 1995 geschlossenen Israelisch-Palästinensischen Interimsabkommen (auch "Oslo-II" genannt) der unter israelischer Kontrolle stehenden Gebiete der "Kategorie C".

2.

a)

Die Klägerin hat in der Zeit zwischen dem 13. Februar 2002 und dem 29. Juni 2002 mit insgesamt 62 Zollanmeldungen die Überführung der Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr beantragt. Als Ursprungsland wurde "Israel" angemeldet und unter Angabe des entsprechenden Codes "300" die Anwendung der Zollpräferenz beantragt. Es wurden die Rechnungen des Lieferanten vorgelegt, auf denen er bestätigt, dass es sich um Ware mit Ursprung in Israel handele.

b)

Das Zollamt nahm die Zollanmeldungen an und überließ die Waren zu dem beantragten Zollverfahren unter Gewährung der begehrten Zollpräferenz.

Das Zollamt setzte die Einfuhrabgaben aber nicht abschließend fest, da die Ergebnisse von nachträglichen Prüfungsersuchen hinsichtlich der Präferenznachweise abgewartet werden sollten.

3.

a)

Das beklagte Hauptzollamt (HZA) hat im Juni und Oktober 2002 Ersuchen um nachträgliche Prüfung von Präferenznachweisen an die Zentralstelle Ursprungsnachprüfung (ZUN) in Münster gerichtet. Als Grund für die nachträgliche Prüfung war angegeben: "Nachprüfungsersuchen gemäß BMF (Bundesministerium der Finanzen) -Erlass vom ..... 2000, A III B 5 - Z 4215 ..."

Gemäß dem zwischenzeitlich ergangenen BMF-Erlass III B 5 - Z 4215 - 28/01 vom 6. Dezember 2001 waren entsprechend dem Hinweis der Europäischen Kommission vom 23. November 2001 (Amtsblatt C 328/6) für alle in Israel ausgestellten Präferenznachweise Nachprüfungsersuchen einzuleiten, wenn für die betreffenden Warenlieferungen der begründete Verdacht bestand, dass sie aus den von Israel besetzten Siedlungsgebieten im Westjordanland, dem Gazastreifen, Ostjerusalem beziehungsweise den Golanhöhen stammen könnten.

Der Lieferant der Waren, die Fa. A, war in einer entsprechenden Aufstellung des BMF-Erlasses III B 5 - Z 4215 .... vom .... 2000 genannt worden.

Das Nachprüfungsersuchen ist sodann nach Israel weitergeleitet worden mit der Bitte um Mitteilung, ob die Waren in israelischen Siedlungsgebiete im Westjordanland hergestellt wurden.

b)

Die israelische Behörde "State of Israel, Department of Customs and VAT (Rules of Origin Section)" antwortete

"that our verificaton has proven that the goods in question originate in an area that i.S. under Israeli Customs responsibility. As such, they are originating products pursuant to the Israel-EU Association Agreement and are entitled to preferential treatment under that agreement."

c)

Die ZUN bat die israelischen Behörde daraufhin unter dem 6. Februar 2003 schriftlich um eine ergänzende Mitteilung, ob die in den Präferenznachweisen aufgeführten Waren in den israelischen Siedlungsgebieten im Westjordanland, dem Gazastreifen, Ost-Jerusalem bzw. den Golanhöhen hergestellt wurden. In dem Schreiben heißt es weiter:

"Nach Auffassung der EG sind Waren, die in Orten hergestellt werden, die sich seit 1967 unter israelischer Verwaltung befinden, nicht präferenzberechtigt im Rahmen des Abkommens. Ich bitte Sie daher nochmals, mir konkret mitzuteilen, ob die Waren in den genannten Siedlungsgebieten hergestellt wurden oder nicht."

Die ZUN kündigte in diesem Schreiben an, dass das Schreiben der israelischen Zollverwaltung als nicht ausreichend im Sinne des Art. 32 Abs. 6 EMA-Prot. 4 betrachtet werden würde, falls die Antwort keine genauen Angaben über die gestellten Fragen enthalten sollte.

Auf dieses Schreiben der ZUN gaben die israelischen Behörden keine Antwort.

4.

Ein Verfahren nach Art. 33 EMA-Prot. 4 zur Beilegung von Streitigkeiten hinsichtlich der Auslegung des EMA-Prot. 4 ist für die Frage, worauf sich der abkommensrechtliche Begriff des "Gebietes des Staates Israel" erstreckt, offenbar nicht durchgeführt worden.

5.

Mit an die Klägerin gerichtetem Einfuhrabgabenbescheid vom 25. September 2003 lehnte das beklagte HZA die Präferenzgewährung ab, weil nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne, dass die eingeführten Waren unter das Präferenzabkommen der EG mit Israel fallen.

In den Fällen, in denen die Einfuhrabgaben gemäß Art. 248 ZKDVO unmittelbar buchmäßig erfasst worden waren, wurde die Festsetzung der Abgaben abgeschlossen. In den anderen Fällen wurden die Einfuhrabgaben in Höhe des Drittlandszolls nachträglich buchmäßig erfasst.

Insgesamt erfolgte eine Nacherhebung von ZOLL-EU in Höhe von 19.155,46 Euro.

6.

Den hiergegen am 10. Oktober 2003 eingelegten Einspruch wies das beklagte HZA mit Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2006 als unbegründet zurück.

7.

Die Klägerin erhob am 10. Juli 2006 Klage.

Die Klägerin vertritt in erster Linie die Auffassung, dass der von ihr vorgelegte Ursprungsnachweis genüge, um die Präferenzbehandlung zu erwirken.

Die Klägerin vertritt die Meinung, dass die Frage des Ursprungs der Waren aufgrund des Abkommens zu erfolgen habe und die Bestimmung des Ursprungs für Waren, die in die EG eingeführt werden sollen, allein den israelischen Behörden obliege. An deren Bestimmung seien Zollbehörden der EG-Mitgliedsstaaten gebunden.

Soweit Zweifel an der Richtigkeit der Bestimmung bestünden, die - wie hier - nicht den tatsächlichen Ursprung der Ware betreffen, sondern die rechtliche Auslegung des Abkommens - hier den Umfang des Abkommensgebiets -, sei es nicht zulässig, deswegen das Verfahren nach Art. 32 Abs. 6 EMA-Prot. 4 zu betreiben.

Derartige Zweifel könnten gegebenenfalls nur im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens gemäß Artikel 33 EMA-Prot. 4 geklärt werden, das hier allerdings nicht durchgeführt worden sei.

Eine einseitige Nichtanerkennung der vorgenommenen Ursprungsbestimmung sei rechtlich nicht zulässig.

Im Übrigen ist die Klägerin der Meinung, die in B hergestellten Produkte seien auch materiellrechtlich als Ursprungsprodukte Israels anzusehen.

Die Klägerin beantragt,

den Einfuhrabgabenbescheid des beklagten HZA vom 25. September 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2006 (S 0625 B ...) aufzuheben.

Das beklagte HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte HZA meint, die Waren unterfielen nicht dem EMA. Es komme allein darauf an, ob sie israelischen Ursprungs seien, was jedoch nicht der Fall sei.

Nach der Auffassung der Europäischen Kommission und der Mitgliedsstaaten der EU, der sich das beklagte HZA anschließe, sei der Abkommensbegriff "Gebiet des Staates Israel" nach völkerrechtlichen Gesichtspunkten auszulegen. Er beziehe sich auf den Grenzverlauf im Jahre 1967 vor Beginn des so genannten Sechs-Tage-Krieges. Dies ergäbe sich aus den einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen. Der aufgrund von Erkenntnissen der Europäischen Kommission ergangene Erlass des deutschen Bundesministers der Finanzen entspräche im Übrigen auch der Rechtsprechung in Deutschland.

Das im Streitfall durchgeführte Verfahren stehe in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Europäischen Kommission und folge der von der Gemeinschaft vorgenommenen Auslegung des EMA.

II.

Der beschließende Senat setzt das Verfahren in analoger Anwendung des § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) aus und legt dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß § 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EGV) die im Tenor genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Nach Auffassung des beschließenden Senats sind für die Lösung des Streitfalls die folgenden Rechtsvorschriften maßgeblich:

1. Gemeinschaftsrechtliche Quellen

a) Abkommen

i)

Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits (vom 20. November 1995, genehmigt vom Rat der Europäischen Union und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften durch Beschluss vom 19. April 2000, ABl. vom 21. Juni 2000 L 147/1 - im Folgenden: EMA).

Art. 8 EMA lautet:

"Einfuhr- und Ausfuhrzölle sowie Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen der Gemeinschaft und Israel verboten. Dies gilt auch für Finanzzölle."

Art. 83 EMA lautet:

"Dieses Abkommen gilt für die Gebiete, in denen der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl angewandt werden und nach Maßgabe jener Verträge einerseits sowie für das Gebiet des Staates Israel andererseits."

Art. 28 EMA lautet:

"Die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "Ursprungserzeugnisse" und die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen in diesem Bereich sind für diesen Titel in Protokoll Nr. 4 festgelegt".

Zum Begriff "Israel" findet sich allein in Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 1 EMA-Prot. 4 eine Bestimmung: "Die Begriffe "Gemeinschaft" und "Israel" umfassen auch die Küstenmeere der Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft und Israels.

Art. 23 Abs. 1 EMA-Prot. 4 lautet:

"Die Zollbehörden des Ausfuhrlands können einen Ausführer (im folgenden "ermächtigter Ausführer" genannt), der häufig unter das Abkommen fallende Erzeugnisse versendet und jede von den Zollbehörden für erforderlich gehaltene Gewähr ... bietet, dazu ermächtigen, ohne Rücksicht auf den Wert dieser Erzeugnisse Erklärungen auf der Rechnung auszufertigen für die Kontrolle der Ursprungseigenschaft dieser Erzeugnisse."

Art. 25 EMA-Prot. 4 lautet:

"Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 und Erklärungen auf der Rechnung sind den Zollbehörden des Einfuhrlands nach den dort geltenden Verfahrensvorschriften vorzulegen. Diese Behörden ... können außerdem verlangen, dass die Einfuhrzollanmeldung durch eine Erklärung des Einführers ergänzt wird, aus der hervorgeht, dass die Erzeugnisse die Bedingungen für die Anwendung des Abkommens erfüllen."

Art. 32 EMA-Prot. 4 lautet:

"(1)

Nachträgliche Prüfungen der Warenverkehrsbescheinigungen EUR. 1 oder der Erklärungen auf der Rechnung erfolgen stichprobenweise oder immer dann, wenn die Zollbehörden des Einfuhrlands begründete Zweifel an der Echtheit des Papiers, der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse oder der Erfüllung der übrigen Bedingungen dieses Protokolls haben.

(2)

Zur Anwendung des Absatzes 1 senden die Zollbehörden des Einfuhrlands die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 und die Rechnung ... an die Zollbehörden des Ausfuhrlands zurück, gegebenenfalls unter Angabe der sachlichen oder formalen Gründe, die eine Untersuchung rechtfertigen.

Zur Begründung des Antrags auf nachträgliche Prüfung übermitteln sie alle Unterlagen und teilen alle bekannten Umstände mit, die auf die Unrichtigkeit der Angaben in der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder in der Erklärung auf der Rechnung schließen lassen.

(3)

Diese Prüfung wird von den Zollbehörden des Ausfuhrlands durchgeführt. ...

(5)

Das Ergebnis dieser Prüfung ist den Zollbehörden, die die Prüfung beantragt haben, binnen zehn Monaten mitzuteilen. Anhand dieses Ergebnisses muss sich eindeutig feststellen lassen, ob die Nachweise echt sind und ob die Waren als Ursprungserzeugnisse angesehen werden können und die übrigen Bedingungen dieses Protokolls erfüllt sind.

...

(6)

Ist bei begründeten Zweifeln binnen zehn Monaten keine Antwort erfolgt oder enthält die Antwort keine ausreichenden Angaben, um feststellen zu können, ob der betreffende Nachweis echt oder welches der tatsächliche Ursprung der Waren ist, so lehnen die Zollbehörden, die die Prüfung beantragt haben, die Gewährung der Präferenzbehandlung ab, es sei denn, es liegen Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnliche Umstände vor."

Art. 33 EMA-Prot. 4 lautet:

"Streitigkeiten in Verbindung mit den Prüfungsverfahren des Artikels 32, die zwischen den Zollbehörden, die eine Prüfung beantragen, und den für diese Prüfung zuständigen Zollbehörden entstehen, oder Fragen zur Auslegung dieses Protokolls sind dem Ausschuss für die Zusammenarbeit im Zollwesen vorzulegen.

In allen Fällen erfolgt die Beilegung von Streitigkeiten zwischen dem Einführer und den Zollbehörden des Einfuhrlands nach den Rechtsvorschriften des genannten Landes."

ii)

Europa-Mittelmeer-Interassoziationsabkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen andererseits (vom 24. Februar 1997, genehmigt vom Rat der Europäischen Union durch Beschluss vom 2.6.1997, ABl. vom 16.7.1997 L 187/1 - im Folgenden: EMI-PLO)

Art. 5 EMI-PLO lautet:

"Im Handel zwischen der Gemeinschaft und dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen werden weder Einfuhrzölle noch Abgaben gleicher Wirkung eingeführt."

Art. 6 EMI-PLO lautet:

"Die Ursprungswaren des Westjordanlands und des Gaza-Streifens werden frei von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung und frei von mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung zur Einfuhr in die Gemeinschaft zugelassen."

Art. 25 EMI-PLO lautet:

"Die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "Ursprungserzeugnisse" und die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen in diesem Bereich sind für diesen Titel in Protokoll Nr. 3 festgelegt. ..."

Art. 73 EMI-PLO lautet:

"Dieses Abkommen gilt für die Gebiete, in denen der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft angewandt wird, und nach Maßgabe jenes Vertrags einerseits sowie für das Gebiet des Westjordanlands und des Gaza-Streifens andererseits."

b) Verordnungen

Verordnung (EWG) 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12.10.1992 (Zollkodex)

Art. 20 Abs. 1 ZK lautet:

"(1)

Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften.

...

(3)

Der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst:

...

d)

die Zollpräferenzmaßnahmen aufgrund von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und bestimmten Ländern oder Ländergruppen, in denen eine Zollpräferenzbehandlung vorgesehen ist.

..."

c) Sonstiges

i) Rat der Europäischen Union

Im Rahmen der Antwort vom 18. April 2001 (Abl. C 113/E 163) auf eine schriftliche Anfrage (GE P-2747/00 von Alain Lipietz) an den Rat wird ausgeführt:

" ...

2.

Was den territorialen Geltungsbereich des Assoziationsabkommens betrifft, so bezieht sich Artikel 83 lediglich auf "das Gebiet des Staates Israel". Der Begriff "Israel" umfasst die Israel umgebenden Hoheitsgewässer und unter bestimmten Umständen auch einige Hochseeschiffe. Das Abkommen enthält keine weitere Definition. Die EG ist der Auffassung, dass das Abkommen in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrates nur für das Territorium des Staates Israel innerhalb der international anerkannten Grenzen gilt. Die EG und ihre Mitgliedstaaten gründen ihre Beziehungen zu Israel und den Palästinensern weiterhin auf die Grundsätze des Völkerrechts, einschließlich des Vierten Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen (1949), das u.a. die Gründung von Siedlungen verbietet. Die israelischen Behörden sind, wie der Herr Abgeordnete bemerkt, in Bezug auf die Definition des Staates Israel anderer Ansicht und beharren darauf, dass die Siedlungsfrage im Zusammenhang mit dem Nahost-Friedensprozess zu lösen sei. Dies hat zu Schwierigkeiten bei der Anwendung des vorausgehenden Interimsabkommens zwischen der EG und Israel geführt. Um diese Schwierigkeiten zu lösen, hat es auf technischer Ebene Gespräche zwischen der Kommission und den israelischen Behörden gegeben.

3.

Dem Rat sind keine Verstöße im Rahmen des neuen Assoziationsabkommens zwischen der EG und Israel bekannt.

4.

Anlässlich der ersten Tagung des Assoziationsrates am 13. Juni 2000 hat die EU-Präsidentschaft in ihrer Erklärung bekräftigt, dass sie auf die Einhaltung des territorialen Geltungsbereichs des Assoziationsabkommens mit Israel besonderen Wert legt."

ii)

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat am 23. November 2001 folgenden Hinweis an die Einführer von Einfuhren aus Israel an die Gemeinschaft erteilt (2001/C 328/04, ABl. C 328/6):

"...

Was die wesentlichen Fehler bei der Anwendung der Abkommen angeht, so werden die Wirtschaftsbeteiligten davon in Kenntnis gesetzt, dass die Ergebnisse der Prüfverfahren bestätigt haben, dass Israel Ursprungsnachweise für Waren ausstellt, die aus Gebieten stammen, die seit 1967 unter israelischer Verwaltung stehen, nach Ansicht der Gemeinschaft im Rahmen der Abkommen jedoch nicht unter die Präferenzregelung fallen.

Die Wirtschaftsbeteiligten der Gemeinschaft, die Ursprungsnachweise vorlegen, um für Waren mit Ursprung in den israelischen Siedlungen im Westjordanland, dem Gazastreifen, Ost-Jerusalem und den Golanhöhen eine Präferenzbehandlung zu erwirken, werden davon in Kenntnis gesetzt, dass sie alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen und dass aus der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr eine Zollschuld entstehen kann.

..."

b) Nationale Quellen

i)

Der deutsche Bundesminister der Finanzen hat die ihm nachgeordneten Zollbehörden am ... 2000 (Geschäftszeichen III B 5 - Z 4215 ...) angewiesen, gemäß Art. 32 EMA-Prot. 4 die Präferenznachweise, die für die in einer beigefügten Tabelle aufgelisteten Ausführer, unter denen sich auch die A befand, ausgestellt sind, durch die Zentralstelle Ursprungsnachprüfung (ZUN) in Münster nachprüfen zu lassen.

ii)

Der deutsche Bundesminister der Finanzen hat die ihm nachgeordneten Zollbehörden am 6. Dezember 2001 unter Bezugnahme auf den Hinweis der Kommission vom 23. November 2001 unter anderem wie folgt angewiesen (Geschäftszeichen III B 5 - Z 4215 - 28/01):

"1.

Entsprechend dem Hinweis der Europäischen Kommission sind für alle in Israel ausgestellten Präferenznachweise Nachprüfungsersuchen einzuleiten, wenn für die betreffenden Warenlieferungen der begründete Verdacht besteht, dass sie aus den von Israel besetzten Siedlungsgebieten im Westjordanland, dem Gaza-Streifen, Ost-Jerusalem und den Golanhöhen stammen könnten. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich u.a. aus der Aufstellung des Bezugserlasses vom 20. April 2000 sowie gegebenenfalls bei einem Vergleich der Ortsangaben des Sitzes des Ausführers mit dem von den Vereinten Nationen aufbereiteten Kartenmaterial zu den israelischen besetzten Siedlungsgebieten

...".

III.

Die rechtliche Würdigung des Streitfalls ist gemeinschaftsrechtlich zweifelhaft.

1.

Der Ausgang des Klageverfahrens hängt zunächst davon ab, ob bei Ware die - unzweifelhaft - ihren Ursprung im Westjordanland hat, die Präferenzbehandlung auch bei Vorlage nur eines israelischen Ursprungszeugnisses zu gewähren und nicht deswegen zu verweigern ist, weil das Westjordanland als nicht zum Gebiet des Staates Israel gehörig betrachtet wird. Denn jedenfalls das EMI-PLO sieht für Ware aus dem Westjordanland die Gewährung der Präferenzbehandlung vor.

Hierzu bedarf es einer Auslegung der Bestimmungen des EMI-PLO und des EMA.

2.

Ansonsten hängt der Ausgang des Klageverfahrens davon ab, inwieweit der israelische Ursprungsnachweis das beklagte HZA im Verhältnis zur Klägerin rechtlich bindet.

a)

Eine Bindung würde voraussetzen, dass das von der Zollverwaltung durchgeführte Prüfungsverfahren nach Art. 32 EMA-Prot. 4 entweder schon deswegen gar nicht eröffnet gewesen war, weil Auslegungsdifferenzen zwischen den Abkommensstaaten über das Staatsgebiet eines Abkommenspartners keine Zweifel im Sinne dieser Vorschrift sind oder weil etwaige Zweifel in dem Prüfungsverfahren ausgeräumt worden sind - mit der Folge, dass das Schweigen der israelischen Behörden auf das Ersuchen vom 6. Februar 2003 nicht gemäß Art. 32 Abs. EMA-Prot. 4 berechtigt, die Präferenzbehandlung abzulehnen.

Hierzu bedarf es einer Auslegung der Bestimmungen des EMA.

b)

Dem Ursprungszeugnis andernfalls gleichwohl eine Bindungswirkung beizumessen, würde sodann voraussetzen, dass eine Abkommenspartei des EMA einer Ursprungsbestimmung durch die andere Abkommenspartei nicht einseitig und ohne Durchführung eines Verfahrens nach Art. 33 EMA-Prot. 4 deshalb die Anerkennung versagen darf, weil sie im Wege der Abkommensauslegung zu einer abweichenden Bestimmung des Gebietes des Staates der anderen Abkommenspartei kommt.

Hierzu bedarf es einer Auslegung der Bestimmungen des EMA.

c)

Das Bejahen einer Bindungswirkung würde darüber hinaus voraussetzen, dass die Verfahrensbestimmungen in Art. 32 und 33 EMA-Prot. 4 zu subjektiven Rechten des Einführers derart führen, dass er die Anerkennung des vorgelegten Ursprungszeugnisses ungeachtet seiner materiellen Richtigkeit fordern kann, sofern die Zollbehörden des Einfuhrlandes ohne Beachtung der Verfahrensvorschriften der Art. 32 und 33 EMA-Prot. 4 das Ursprungszeugnis nicht anerkennen.

Hierzu bedarf es einer Auslegung der Bestimmungen des EMA.

IV.

1.

Zu der Frage, inwieweit für die Präferenzbehandlung von Einfuhrwaren im Hinblick auf ihren abkommensrechtlich-geografischen Ursprung eine Wahlfeststellung getroffen werden kann, finden sich keine maßgeblichen Entscheidungen.

Der vorlegende Senat neigt dazu, dass die Präferenzbehandlung im Wege einer Wahlfeststellung zu gewähren ist, wenn allein streitig ist, welcher (Staats-) Gewalt der geografische Ursprungsort unterworfen ist, aber mit jeder der in Betracht kommenden (Staats-) Gewalten ein Abkommen geschlossen worden ist, in dem die Gewährung der Präferenzbehandlung für diesen Ort zugesagt wird. Dies dürfte auch dann gelten, wenn nur ein Ursprungszeugnis vorliegt und es fraglich ist, ob die (Staats-) Gewalt, der dieses Zeugnis zuzurechnen ist, sich auch abkommensrechtlich auf den geografischen Ursprungsort erstreckt.

2.

Zu der Frage, wie für eine Präferenzbehandlung aufgrund zwischenstaatlichem Abkommen mit Ursprungszeugnissen umzugehen ist, wenn zwischen den Abkommensparteien Differenzen über den Umfang des Gebietes einer der Vertragsparteien bestehen, die aus dem Abkommen selbst allenfalls im Wege einer Auslegung geklärt werden können, findet sich keine Rechtsprechung.

a)

Soweit das Ausfuhrland Gebiete für sich beansprucht, die nicht zu dem Gebiet gehören, die ihm nach dem Abkommen zuzurechnen sind, und ein Ursprungsnachweis den Ursprungsort nicht genauer benennt, könnte dies einen Zweifel an dem Ursprung der Ware im Sinne des Art. 32 EMA-Prot. 4 begründen und den Staat der Einfuhr berechtigen, eine Nachprüfung zu beantragen. Dann wäre im hier vorliegenden Fall aufgrund des Schweigens der israelischen Behörden auf die weitere Nachfrage des ZUN gemäß Art. 32 Abs. 2 EMA-Prot. 4 vom 6. Februar 2003 die Gewährung der Präferenzbehandlung nach Art. 32 Abs. 6 EMA-Prot. 4 abzulehnen.

Zur Frage der Verbindlichkeit eines Ursprungszeugnisses hat der EuGH im Hinblick auf das - mit dem EMA vergleichbare - Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 22. Juli 1972 - insbesondere das dem Abkommen beigefügte Protokoll Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "Ursprungszeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen - wie folgt entschieden: Das Abkommen ist dahin auszulegen, dass für die Ermittlung der Faktoren zur Bestimmung des Ursprungs eines Erzeugnisses und somit für dessen Zulassung zu der im Abkommen vorgesehenen Vorzugsbehandlung die Zollverwaltung des Staates der Ausfuhr zuständig ist und diese insoweit die im Staat der Ausfuhr geltenden Bestimmungen anwendet. Das System des Protokolls, das auf der Zusammenarbeit der Zollverwaltungen und auf dem Vertrauen beruht, das den von diesen Verwaltungen erlassenen Maßnahmen gebührt, könne nur funktionieren, wenn die Zollverwaltung des Einfuhrstaates die von den Behörden des Ausfuhrstaates rechtmäßig vorgenommenen Beurteilungen anerkennt (Urteil vom 12. Juli 1984 C 218/83, Slg. 1984, 3105).

Der EuGH hat in späteren Entscheidungen, etwa vom 7. Dezember 1993 (C-12/92, Slg. 1993, 6381, Rd. 24ff), vom 5. Juli 1994 (C-432/92, Slg. 1994, 3087) vom 14. Mai 1996 (C-153/94 und C-204/94, Slg. 1996, 2465, Rd. 18f), vom 17. Juli 1997 (C-97/95, Slg. 1997, 4209, Rd. 32) und vom 9. Februar 2006 (C-23/04 bis C-25/04, Slg. 2006, 1265, Rd. 21-23) auf diese Rechtsprechung bestätigend Bezug genommen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Feststellungen zum Warenursprung nur dann ausnahmsweise durch die Behörden des Einfuhrlandes zu treffen, wenn es das Ausfuhrland an der sorgfältigen Überprüfung mangeln lässt oder es dem Ausfuhrland unmöglich ist, die notwendigen Feststellungen zu treffen, weil die dafür erforderlichen Unterlagen nicht in seinem Zuständigkeitsbereich, sondern in dem Zollgebiet vorhanden sind, zu dem das Einfuhrland gehört (EuGH Urteil vom 7. Dezember 1993 C-12/92, vom 23. Februar 1995 C-334/93, Slg. 1995, 319).

Soweit sich bei einer nachträglichen Überprüfung des Ursprungszeugnisses allerdings keine Bestätigung für in ihr enthaltene Angaben über den Ursprung der Ware finden, so soll aus diesem Umstand zu schließen sein, dass die Bescheinigung von dem Ausfuhrstaat zu Unrecht ausgestellt worden ist und die einem Abkommen vorgesehene Präferenzregelung deshalb nicht auf diese Ware anzuwenden ist (EuGH vom 14. Mai 1996 C-153/94 und C-204/94, Slg. 1996, 2465; vom 7. Dezember 1993 C-12/92, Slg. 1993, 6381).

Der Bundesfinanzhof als national höchstes Gericht hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (Entscheidung vom 7. November 2002 VII R 37/01, BFHE 200, 444, BStBl II 2003, 145).

Nach dem Verständnis des vorlegenden Senats von dieser Rechtsprechung ist für die Entscheidung, ob die Präferenzbehandlung zu gewähren ist, ohne weiteres auf die vorgelegten Ursprungszeugnisse abzustellen. Denn die deutsche Zollverwaltung hat keine Zweifel an dem vorgelegten Ursprungszeugnis geltend gemacht, die geeignet gewesen waren, das abkommensrechtlich geregelte Nachprüfungsersuchen zu eröffnen.

Das Verfahren nach Art. 32 EMA-Prot. 4 beschränkt sich auf Fälle des Zweifels an den tatsächlichen Umständen, während für rechtliche Zweifel - wie die Auslegung von Begriffen des Abkommens - allein das Streitbeilegungsverfahren nach Art. 33 EMA-Prot. 4 zur Verfügung steht.

Das im vorliegenden Fall gestellte Nachprüfungsersuchen war ausdrücklich eingeengt auf die Frage, ob der Ort des Ursprungs in den "besetzten Gebieten" liegt.

Da es nach dem Abkommensinhalt nur allgemein darauf ankommt, ob die Ware ihren Ursprung in dem Gebiet des Staates Israel hat und bekannt gewesen ist, dass aus Sicht der für die Erteilung der Ursprungszeugnisse bzw. für die Nachprüfung derselben zuständigen israelischen Behörden auch die so genannten besetzten Gebiete zu dem Gebiet des Staates Israel gehören, war das Auskunftsersuchen schon durch die Antwort der israelischen Behörden auf das erste Nachprüfungsersuchen erschöpfend beantwortet gewesen.

In Anbetracht dessen dürfte das Verhalten des beklagten HZA - und damit auch das dieses anweisenden BMF sowie das der entsprechende Hinweise erteilenden Europäischen Kommission - insoweit nicht dem Abkommen entsprochen haben, als das Nachprüfungsverfahren gleichwohl betrieben worden ist.

b)

Für den Fall der Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahren lässt sich die Auffassung vertreten, dass jedenfalls dann, wenn ein Verfahren nach Art. 32 Abs. 6 EMA-Prot. 4 ohne Antwort bzw. ausreichende Angaben endet, die Zollbehörden des Einfuhrlandes ohne weiteres zur Ablehnung der Präferenzbehandlung berechtigt sind - unabhängig davon, dass Grund für die Nichtanerkennung unterschiedliche Auffassungen über den abkommensrechtlichen Begriff des "Gebietes des Staates Israel sind, und unabhängig davon, ob insoweit ein Streitbeilegungsverfahren nach Art. 33 EMA-Prot. 4 durchgeführt worden ist.

Der EuGH hat in einem Fall, in dem von türkischen Zollbehörden aufgrund eines Assoziierungsabkommens ausgestellte Bescheinigungen durch die Europäische Kommission für ungültig erklärt worden waren, entschieden (Urteil vom 10. Mai 2001 T-186/97, Slg. 2001, 1337, Rd. 270), dass es nicht mit der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Zollbehörden der Vertragsparteien vereinbar sei, wenn die Zollverwaltung des Einfuhrstaates die von den Behörden des Ausfuhrstaates rechtmäßig vorgenommenen Beurteilungen nicht anerkennt, sondern dass zunächst von dem abkommensrechtlich vereinbarten Streitbeilegungsverfahren Gebrauch zu machen gewesen wäre.

Dem folgend geht der vorlegende Senat davon aus, dass der Einfuhrstaat, der sich im Abkommen zur Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens im Falle von Auslegungsdifferenzen verpflichtet hat, in derartigen Fällen verpflichtet ist, zunächst ein solches Verfahren durchzuführen.

c)

Weiterhin lässt sich die Auffassung vertreten, dass selbst wenn hier ein Verfahren nach Art. 32 EMA-Prot. 4 nicht abkommensgerecht gewesen wäre und ein Streitschlichtungsverfahren nach Art. 33 EMA-Prot. 4 durchzuführen gewesen wäre, ein etwaiger Verstoß gegen Verfahrensvorschriften des Abkommens nur im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander gerügt werden könne (i) und ein Einführer auch dann keinen Anspruch auf die Präferenzbehandlung hat, solange nicht die materiellrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind (ii).

i)

Zur Frage, wer Verstöße gegen Verfahrensregelungen in derartigen Abkommen rügen kann, finden sich keine maßgeblichen Entscheidungen.

Der Senat neigt allerdings der Ansicht zu, dass subjektive Rechte auf Einhaltung der Verfahrensregelungen eines Abkommens allein den Abkommensparteien zustehen dürften, nicht jedoch einzelnen Wirtschaftsbeteiligten wie der Klägerin.

ii)

Zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen der Präferenzbehandlung:

Die von den Behörden vertretene Auffassung, dass die Gebiete im Westjordanland nicht als Teil des Gebietes des Staates Israel im Sinne des Abkommens anzusehen sind, erscheint möglich im Hinblick auf die hervorgehobene Rolle des Völkerrechts bei der Auslegung völkerrechtlicher Abkommen.

Das deutsche Bundessozialgericht hat sich in einem Urteil vom 26. Oktober 1989 (12 RK 44/88, [...], BSGE 66, 28) mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, ob das deutsch-israelische Sozialversicherungsabkommen, soweit es auf "das Gebiet des Staates Israel" Bezug nimmt ohne diesen Begriff näher zu erläutern, auch Ost-Jerusalem umfasst. Das Gericht hat diese Frage verneint und zwar im wesentlichen mit folgenden Argumenten: Für die Auslegung seien die völkerrechtlichen Auslegungskriterien maßgeblich und demnach zunächst der Wortlaut des Vertrags in seinem gewöhnlichen Sinn. Nach fast einhelliger, jedenfalls deutlich überwiegender Überzeugung der am internationalen Rechtsverkehr teilnehmenden Staaten und unter Berücksichtigung der von den Vereinten Nationen gefassten Resolutionen (Resolutionen der Vollversammlung 2253 und 2254 von 1967, Resolutionen des Sicherheitsrates 252, 267, 271, 338, 381 von 1968, 1969, 1971, 1973 und 1975) umfasse das Gebiet des Staates Israel nicht die Gebiete, die von Israel erst im Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen im Juni 1967 in Besitz genommenen wurden. Darin bestehe der gewöhnliche Sinn des verwendeten Begriffs; für eine Beurteilung nach den völkerrechtlichen Grundsätzen über einen so genannten Formelkompromiss bliebe daher kein Raum.

Der vorlegende Senat hat Zweifel an diesem Ergebnis, weil es in offenbarem Widerspruch zu dem offenkundigen Willen einer der Abkommensparteien, nämlich Israel steht. Da auf der anderen Seite nicht erkennbar ist, dass der Wille der europäischen Abkommensparteien, die so genannten besetzten Gebiete nicht in das Abkommen einzubeziehen, bei Vertragsabschluss bestand und offenkundig geworden ist, neigt der Senat dazu einen insoweit gegebenenfalls bestehen geheim gebliebenen Vorbehalt unbeachtet zu lassen, so dass auch diese Gebiete als vom Abkommen erfasst anzusehen wären.

3.

Fragen des Vertrauensschutzes stellen sich hingegen im vorliegenden Fall nach Ansicht des vorlegenden Senats deswegen nicht, weil die Europäische Kommission bereits vor Durchführung der streitigen Einfuhren darauf hingewiesen hatte, dass Einfuhrabgaben ohne Präferenzbehandlung für Waren aus dem Westjordanland erhoben werden würden.

V.

Wegen der bestehenden Zweifel an der zutreffenden Auslegung der mit Israel einerseits und mit der PLO andererseits geschlossenen Abkommen hält es der beschließende Senat für erforderlich, den Europäischen Gerichtshof um die Vorabentscheidung der im Tenor gestellten Fragen zu ersuchen.



Ende der Entscheidung

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