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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 15.11.2007
Aktenzeichen: 4 K 45/07
Rechtsgebiete: MOG, VO Nr. 3665/87/EWG


Vorschriften:

MOG § 10 Abs. 1 S. 1
VO Nr. 3665/87/EWG Art. 18 Abs. 3
VO Nr. 3665/87/EWG Art. 47 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

4 K 45/07

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.

Die Klägerin meldete im Januar 1990 Gouda mit einem Fettgehalt von 40 GHT oder weniger unter der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 9077 3000 zur Ausfuhr nach Jugoslawien an und beantragte zugleich die Gewährung von Ausfuhrerstattung im Wege des Vorschusses, was ihr das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 1.2.1990 (...) antragsgemäß gewährte.

In der Folgezeit - nach Freigabe der Sicherheiten - stellte das beklagte Hauptzollamt fest, dass es sich bei der Anfang des Jahres 1990 nach Jugoslawien ausgeführten Warenlieferung nicht um handelsüblichen Gouda, sondern um "Schmelzrohware Typ Gouda" gehandelt hatte. Diese Feststellung nahm das beklagte Hauptzollamt zum Anlass, die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung mit Bescheid vom 14.8.1995 unter Hinweis darauf zurückzufordern, dass für Käse, der für die Verarbeitung bestimmt sei, keine Erstattung vorgesehen sei; die im Zeitpunkt der Anmeldung geltende Verordnung (EWG) Nr. 3445/89 vom 15.11.1989 (Fußnote: Verordnung (EWG) Nr. 3445/89 vom 15.11.1989 zur Festlegung der vollständigen Fassung der ab dem 1.1.1990 geltenden Nomenklatur der Ausfuhrerstattung für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. Nr. 1 336)) umfasse im Unterschied zur Kombinierten Nomenklatur "Käse für die Verarbeitung" nicht. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom 10.12.2001 (IV 1/99) ab.

Im Rahmen des anschließenden Revisionsverfahrens erhielt der Bundesfinanzhof auf sein Ersuchen vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom 24.11.2005 (C-136/04) folgende Vorabentscheidung:

"Für 1990 ausgeführten Käse, der seiner Beschaffenheit nach zur Verarbeitung in einem Drittland bestimmt ist, kann eine Ausfuhrerstattung nach Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung Nr. 804/68 (EWG) ... gewährt werden, sofern er in einen der im Anhang der Verordnung Nr. 1706/89 (EWG) ... genannten Erzeugniscodes eingereiht ist, wie sie in der Nomenklatur für erstattungsfähige landwirtschaftliche Erzeugnisse im Anhang der Verordnung Nr. 3445/89 (EWG) ... definiert sind."

Auf der Grundlage dieser Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs hob der Bundesfinanzhofmit Urteil vom 19.12.2006 (VII R 63/02) das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 10.12.2001 (IV 1/99) auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurück. In seinem Urteil vom 19.12.2006 führte der Bundesfinanzhof u.a. aus:

"... nach der Vorabentscheidung des EuGH (ist) davon auszugehen ..., dass für die Ausfuhrware ... Ausfuhrerstattung zu gewähren war ... Es kann ferner unterstellt werden, dass die Erstattungsvoraussetzungen insofern vorlagen, als ... die Ware von gesunder und handelsüblicher Qualität war ... Die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung ist allerdings zurückzufordern, wenn der Klägerin kein Anspruch auf Ausfuhrerstattung zusteht, ihr die Ausfuhrerstattung also zu Unrecht gewährt worden ist ... Bei der Prüfung, ob der Rückforderungsbescheid des HZA rechtmäßig ist, ist das Bestehen eines Ausfuhrerstattungsanspruches der Klägerin unter allen einschlägigen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu prüfen, auch soweit diese für das HZA nicht der Anlass waren, den angefochtenen Bescheid zu erlassen. Das Gericht hat daher ... insbesondere auch zu prüfen, ob ein Beförderungspapier vorliegt, das den Anforderungen des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 genügt.

...

Der erkennende Senat hat dazu in seinemUrteil vom 8. August 2006 VII R 20/05 ... entschieden, dass mit dem in Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 erwähnten Beförderungspapier, dessen Vorlage nach Art. 16 Abs. 1, Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 bei je nach Bestimmung unterschiedlichen Erstattungssätzen (differenzierter Erstattung) erforderlich ist, wenn der Ausführer die Zahlung einer Erstattung begehrt, eine Urkunde gemeint ist, die über den den Transport der Ware betreffenden Frachtvertrag ausgestellt worden ist und den ganzen Transportweg abdeckt. Wird dafür im grenzüberschreitenden Verkehr ein CMR-Frachtbrief verwandt, muss dieser nach Maßgabe des Übereinkommens vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr --CMR-- (BGBl. II 1961, 1120) ausgestellt sein und darf die in Art. 6 Abs. 1 des vorgenannten Übereinkommens vorgesehenen Angaben insofern nicht nur teilweise enthalten, als Name und Anschrift des Frachtführers sowie dessen Unterschrift nicht fehlen dürfen ... Diesen Anforderungen entspricht das von der Klägerin mit ihrem Erstattungsantrag vorgelegte Beförderungspapier - unstreitig - nicht ... Es enthält keinerlei Angaben zur Identität des Frachtführers und zu dessen Anschrift, sondern trägt nur in Feld 23 eine Unterschrift, anhand der sich dessen Name nicht erkennen lässt ... Dass es der Klägerin möglicherweise noch gelingen könnte, ein den verordnungsrechtlichen Anforderungen genügendes Beförderungspapier nachzureichen, macht sie inzwischen selbst nicht mehr geltend ... Die Klägerin hat sich jedoch ... darauf berufen, die in dem als Beförderungspapier vorgelegten CMR-Frachtbrief fehlenden Angaben zu Name und Anschrift des Frachtführers ergäben sich hinreichend aus dem Frachtauftrag, auf den das FG in seinem Urteil ... Bezug genommen hat und dessen Inhalt daher als festgestellt angesehen werden kann. Ob die Klägerin mit ihrem Vorbringen insoweit durchdringen kann, ist indes noch von einer Reihe tatsächlicher und rechtlicher Fragen abhängig, welche der erkennende Senat derzeit nicht abschließend zu entscheiden vermag. Die Sache muss daher zurück an das FG gehen. Dazu ist im Einzelnen Folgendes zu bemerken:

Für die Vorlage der Erstattungsunterlagen, zu denen nach Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 das Beförderungspapier gehört, sind in der Verordnung Fristen vorgeschrieben (vgl. Art. 47 Abs. 2, Art. 48 Abs. 2a VO Nr. 3665/87). Es ist nicht festgestellt, dass der vorgenannte Frachtauftrag innerhalb dieser Fristen dem HZA vorgelegt worden ist. Der Senat hat es allerdings in seinemBeschluss vom 23. August 2000 VII B 146/00 für möglich gehalten, dass auch nach Ablauf dieser Fristen von dem Ausführer vorgelegte Unterlagen berücksichtigt werden können, wenn das HZA selbst das Fehlen solcher Unterlagen zunächst nicht bemerkt und trotz der fehlenden Unterlagen Ausfuhrerstattung gewährt hat, und ferner der Ausführer, nachdem das Fehlen der betreffenden Unterlagen festgestellt worden ist, diese unverzüglich nachreicht ... Die Frage, ob und unter welchen Umständen solche nachgereichten Erstattungsunterlagen zu berücksichtigen sind, liegt inzwischen dem EuGH aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des FG Hamburg vom 21. November 2005 IV 175/02 ... vor (Aktenzeichen des EuGH Rs. C-428/05). In diesem Verfahren kann auch die Beantwortung der Frage erwartet werden, ob der Ausführer, sofern der EuGH das Nachreichen von Unterlagen im Übrigen für zulässig hält, dabei unverzüglich handeln muss oder sonst von ihm Fristen zu beachten sind, innerhalb derer er seine Antragsunterlagen vervollständigen muss, um der Rückforderung gewährter Erstattung zu entgehen. Das FG wird im zweiten Rechtsgang auf der Grundlage dieser Vorabentscheidung zu prüfen haben, wann das HZA den Frachtauftrag erhalten hat und ob demnach etwaige einschlägige Fristen gewahrt sind. Aber auch ungeachtet dessen ist die Sache nicht spruchreif ... Denn neben der fristgerechten Vorlage des Frachtauftrages ist ferner in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen, ob sich hinreichend sicher feststellen lässt, dass die in dem CMR-Frachtbrief enthaltene (unleserliche) Unterschrift von dem in dem Transportauftrag ausgewiesenen Frachtführer stammt und dieser überhaupt zu dem hier strittigen Ausfuhrvorgang gehört (wofür aufgrund der Übereinstimmung der Angaben zu Menge und Warenart, zum Transportdatum und anderem mehr freilich alles zu sprechen scheint). Nur wenn dieses feststeht, könnte im Streitfall aufgrund einer Gesamtschau der vorliegenden Unterlagen - Frachtauftrag in Verbindung mit CMR-Frachtbrief - davon ausgegangen werden, dass es an dem Beförderungspapier nicht fehlt. Die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 könnten dann als erfüllt angesehen werden. Allerdings verlangt diese Vorschrift, dass der Ausführer das Beförderungspapier "vorlegt". Das entspricht dem Grundsatz, dass ... das Verfahren der Gewährung von Ausfuhrerstattung als auf papiermäßige Abwicklung angelegtes Massenverfahren grundsätzlich darauf angewiesen ist, dass die Erstattungsvoraussetzungen durch die verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Dokumente nachgewiesen werden und dass der Ausführer dafür sorgt, dass diese der Erstattungsstelle (und zwar innerhalb genau bestimmter Fristen) vorgelegt werden. Es genügt also nicht, dass die Erstattungsstelle oder sogar erst das Gericht in irgendeiner sonstigen Weise Informationen erhalten, auf die sie meinen die Überzeugung gründen zu können, die gleichsam "materiellen" Erstattungsvoraussetzungen (dass erstattungsfähige Ware exportiert worden ist und ggf. das vorgesehene Drittland erreicht hat) seien erfüllt. Das gilt auch im Rückforderungsverfahren; etwas anderes anzunehmen, würde bedeuten, dass der Ausführer aus der infolge eines Irrtums oder Versehens der Behörde dem Gemeinschaftsrecht nicht entsprechenden Gewährung von Ausfuhrerstattung Vorteile zieht, was allenfalls dann in Betracht kommen könnte, wenn - anders als hier - der Grundsatz des Vertrauensschutzes dies geböte. Es ist nicht festgestellt, dass die Klägerin den Frachtauftrag dem HZA vorgelegt hat. Es ist für den erkennenden Senat nach Aktenlage überhaupt nicht klar erkennbar, wie die (dort in einem Heft "Sonstiges" befindliche) Kopie des Frachtauftrages zu dem Vorgang gelangt ist. Das mag im zweiten Rechtsgang geklärt werden ..."

Die Klägerin führt auf der Grundlage dieser BFH-Entscheidung zur Begründung aus: Sie habe innerhalb der Vorlagefrist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 einen CMR-Frachtbrief als Beförderungspapier im Sinne des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 vorgelegt. Wann der der Spedition R. L. erteilte Frachtauftrag zur Kenntnis des beklagten Hauptzollamtes gelangt sei, sei zwar unklar. Jedenfalls aber müsse der Transportauftrag in der Sachakte des beklagten Hauptzollamtes betreffend den in Rede stehenden Erstattungsvorgang enthalten gewesen sein, da das Finanzgericht in seinem Urteil vom 10.12.2001 hierauf verwiesen habe. Ungeachtet dessen habe sich das beklagte Hauptzollamt erst im Verlauf des Rückforderungsverfahrens - scil. im Laufe des insoweit anhängigen gerichtlichen Verfahrens im Oktober 2001 und damit 11 Jahre nach Durchführung des Ausfuhrvorgangs - auf die Nichtanerkennungsfähigkeit des CMR-Frachtbriefes als Beförderungspapier im Sinne des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 berufen. Die Vorlagefrist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 gelte jedoch nur im Zahlungsverfahren, nicht aber auch im Rückforderungsverfahren. Sie - die Klägerin - ist auch der Auffassung, dass sie das Beförderungspapier "vorgelegt" habe. Entscheidend sei insoweit nämlich allein, dass sich der Frachtauftrag in den Erstattungsunterlagen des beklagten Hauptzollamtes befunden habe; eine bestimmte Art der Vorlage oder des Einreichens des Beförderungspapieres lasse sich der gemeinschaftsrechtlichen Normierung nicht entnehmen. Aus der Zusammenschau des CMR-Frachtbriefes und des Transportauftrages lasse sich schließlich auch der vom Bundesfinanzhof verlangte Nämlichkeitsnachweis führen. Die Angaben in diesen Papieren stimmten im Detail überein, es könne deshalb keinen Zweifel geben, dass beide Dokumente denselben Ausfuhrvorgang beträfen. Ob die Unterschrift in Feld 23 des CMR-Frachtbriefes leserlich sei oder nicht, sei im vorliegenden Kontext völlig unerheblich. Denn die Leserlichkeit der Unterschrift stelle keine Voraussetzung für die Anerkennung des CMR-Frachtbriefes als Beförderungspapier dar.

Die Klägerin beantragt,

den Rückforderungsbescheid vom 14.8.1995 sowie die Einspruchsentscheidung vom 7.12.1998 aufzuheben.

Das beklagte Hauptzollamtbeantragt,

die Klage abzuweisen.

Es meint, der Klägerin stehe keine Ausfuhrerstattung zu, da sie kein Beförderungspapier im Sinne des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 vorgelegt habe. Aus dem eingereichten CMR-Frachtbrief, der nur unvollständig ausgefüllt sei, gehe die Identität des Frachtführers nicht hervor. Name und Anschrift des Frachtführers fehlten, die Unterschrift in Feld 23 sei unleserlich. Auch in Verbindung mit dem Frachtauftrag könne der CMR-Frachtbrief nicht als Beförderungspapier im Sinne des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 anerkannt werden. Denn der Transportauftrag lasse sich der in Rede stehenden Ausfuhr nicht zweifelsfrei zuordnen. Die jeweiligen Empfängeradressen stimmten nicht vollständig überein. Ob die auf dem CMR-Frachtbrief enthaltene unleserliche Unterschrift von dem im Transportauftrag ausgewiesenen Frachtführer stamme, sei zweifelhaft. Unabhängig davon habe die Klägerin den Frachtauftrag weder tatsächlich noch fristgemäß vorgelegt. Der Frachtauftrag sei allein deshalb Anfang des Jahres 1992 und damit nach Ablauf der Fristen des Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 2a VO Nr. 3665/87 zu den Akten gelangt, weil bei der Klägerin eine Marktordnungsprüfung stattgefunden und der Prüfer den Frachtauftrag als Anlage zum Prüfungsbericht übersandt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 4 K 45/07 und IV 1/99 sowie der Sachakten des Beklagten (Heft I, I a und II) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage führt zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

I. Als Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Rückforderung der Ausfuhrerstattung kommt vorliegend allein die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Markorganisationen vom 27.8.1986 (MOG), die nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats auf Erstattungsbescheide anwendbar ist, die Ausfuhren vor dem 1.4.1995 betreffen (vgl. nur FG Hamburg, Urteil vom 1.11.2001 - 20/99 -) in Betracht. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide über - u.a. - Ausfuhrerstattungen (§ 6 Abs. 1 Ziffer 1 MOG), auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ist anzuwenden. Zu erstattende Beträge werden nach § 10 Abs. 3 MOG durch Bescheid festgesetzt. Diese Voraussetzungen für eine Rückforderung gewährter Ausfuhrerstattung sind im Streitfall nicht erfüllt. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten merkt das erkennende Gericht im Einzelnen Folgendes an:

In Art. 47 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27.11.1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. Nr. 1 351/1, im Folgenden: VO Nr. 3665/87) hat der Gemeinschaftsverordnungsgeber bestimmt, dass die Unterlagen für die Zahlung der Erstattung oder die Freigabe der Sicherheit, außer bei höherer Gewalt, innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung einzureichen sind. Zu den für die Zahlung der Erstattung erforderlichen Unterlagen gehört gemäß Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 auch eine Durchschrift oder Fotokopie des Beförderungspapieres. Das Beförderungspapier dient der Nämlichkeitssicherung, d.h. dem Nachweis, dass die ausgeführte mit der im Drittland eingeführten Erstattungsware identisch ist. Im grenzüberschreitenden Verkehr kommt als Beförderungspapier insbesondere der CMR-Frachtbrief in Betracht, der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nach Maßgabe des CMR-Übereinkommens ausgestellt sein, d.h. insbesondere auch den Namen und die Anschrift des Frachtführers sowie dessen Unterschrift enthalten muss (vgl. BFH, Urteil vom 24.8.2004, VII R 50/02, [...];Urteil vom 8.8.2006, VII R 20/05, [...]).

Vorliegend hat die Klägerin innerhalb der Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 keinen CMR-Frachtbrief vorgelegt, der den vorstehend beschriebenen Anforderungen genügt. Zwar trägt der von ihr eingereichte CMR-Frachtbrief in Feld 23 eine Unterschrift, er enthält indes in Feld 16 keine Angaben zum Namen und der Anschrift des Frachtführers. Dieser Umstand rechtfertigt indes nicht, die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung zurückzufordern. Denn die Klägerin kann sich im Streitfall darauf berufen, dass sich die in dem als Beförderungspapier vorgelegten CMR-Frachtbrief fehlenden Angaben zu Name und Anschrift des Frachtführers hinreichend aus dem Transportauftrag ergeben, der dem beklagten Hauptzollamt vorliegt (hierzu unter 1.). Dass das beklagte Hauptzollamt den Transportauftrag erst nach Ablauf der Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 erhalten hat, ist vorliegend unerheblich, weil die Vorlagefrist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 im Rückforderungsverfahren nicht anzuwenden ist (hierzu unter 2.). Auch kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden, dass sie den Transportauftrag nicht "vorgelegt" hat; denn das beklagte Hauptzollamt hat dieses Dokument von Amts wegen zu berücksichtigen (hierzu unter 3.).

1. Die Klägerin kann sich im Streitfall darauf berufen, dass sich die in dem als Beförderungspapier vorgelegten CMR-Frachtbrief fehlenden Angaben zu Name und Anschrift des Frachtführers hinreichend aus dem Transportauftrag ergeben, der dem beklagten Hauptzollamt vorliegt. Das erkennende Gericht hat keinen vernünftigen Zweifel, dass der in der Sachakte des beklagten Hauptzollamtes befindliche Transportauftrag (Bl. 52, Heft I a, Rb.-Nr. 457/95) zu dem streitgegenständlichen Ausfuhrvorgang gehört. Transportauftrag und CMR-Frachtbrief stimmen hinsichtlich der wesentlichen Punkte - scil. bezüglich der Angaben zu Menge und Warenart, zum Transportdatum und zur Anlieferadresse - überein. Der Transportauftrag nimmt zudem Bezug auf ein "Verkaufs-Kontrakt" mit der Nr. "...28", die auch in Feld 7 des Kontrollexemplars T 5 angegeben ist. Angesichts dieser Übereinstimmungen geht das erkennende Gericht davon aus, dass der CMR-Frachtbrief in Verbindung mit dem Transportauftrag als Beförderungspapier im Sinne des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 anzuerkennen ist.

Dass der CMR-Frachtbrief in Feld 23 lediglich eine unleserliche Unterschrift ausweist, steht der Anerkennung der vorliegenden Unterlagen als Beförderungspapier nicht entgegen. Der Senat hat wiederholt ausgeführt, dass ein als Beförderungspapier nach Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 eingereichter CMR-Frachtbrief im Interesse der Nämlichkeitssicherung nachweisen soll, dass die im Ausfuhrmitgliedstaat abgefertigte Ware im Bestimmungsdrittland angekommen ist (vgl. nur FG Hamburg, Urteil vom 4.8.2004, IV 375/01, [...]). Vor diesem Hintergrund können erstattungsrechtlich nur die Angaben relevant sein, die für die Nämlichkeitssicherung aussagekräftig sind. Das sind freilich lediglich die Angaben, die die lückenlose Beförderung der Erstattungsware zum Bestimmungsort und die Angaben zur genauen Warenbeschaffenheit betreffen. Vor diesem Hintergrund kann die Anerkennung eines CMR-Frachtbriefes als Beförderungspapier im Sinne des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil die Unterschrift des Frachtführers in Feld 23 nicht lesbar ist, zumal auch das CMR-Übereinkommen selbst keine Anforderung des Inhalts normiert, dass der Frachtbrief mit einer leserlichen Unterschrift versehen sein müsse (vgl. Art. 5 und 6 des CMR-Übereinkommens). Dem von der Klägerin eingereichten CMR-Frachtbrief ist jedenfalls in Verbindung mit dem Transportauftrag zu entnehmen, dass die streitgegenständliche Erstattungsware von der Spedition L. in K. übernommen und mit dem LKW nach M. in das ehemalige Jugoslawien transportiert worden ist. Berücksichtigt man zudem, dass sowohl das amtliche Kennzeichen des LKW (...) als auch die Verkaufs-Kontrakt Nr. (...28), die im CMR-Frachtbrief bzw. Transportauftrag angegeben sind, mit den Angaben im Kontrollexemplar T 5 (Feld 7 Bezugnummer ...28, Feld 100 Kennzeichen des Beförderungsmittels ...) und in der Verzollungsbescheinigung (Ctr. ...28, LKW Nr.: .../... von K. nach M.) übereinstimmen, ist im Streitfall eine lückenlose Beförderung der nämlichen Ware nicht zweifelhaft.

2. Das beklagte Hauptzollamt kann die Rückforderung der der Klägerin gewährten Ausfuhrerstattung nicht auf den Umstand stützen, dass der Transportauftrag erst nach Ablauf der Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 zur Akte gelangt ist. Denn die Vorlagefrist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 ist im Rückforderungsverfahren nicht anzuwenden.

Die Bestimmung des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 gehört, wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits in seinem Urteil vom 14.4.2005 (C-385/03, [...]) ausgeführt hat, zu den verfahrensrechtlichen Vorschriften, die ein Ausführer beachten muss, um die Zahlung der Erstattung zu erlangen (Rz. 26). Die Nichteinhaltung der verfahrensrechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 3665/87 kann daher zur Kürzung oder zum Verlust der Ansprüche auf Ausfuhrerstattung führen. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Ausführer die für die Erlangung einer Ausfuhrerstattung erforderlichen Beweise erst nach Ablauf der Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 oder der weiteren Frist des Art. 48 Abs. 2 VO Nr. 3665/87, wonach die zu zahlende Erstattung um 15% gekürzt wird, wenn die Vorlage der erforderlichen Beweise erst in den sechs Monaten nach der in Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 vorgesehenen Frist erfolgt, vorlegt. Der Streitfall betrifft indes nicht die Vorlage von Beweisen im Zahlungsverfahren nach Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87, sondern ist dadurch geprägt, dass das beklagte Hauptzollamt, nachdem das Zahlungsverfahren abgeschlossen und die Ausfuhrerstattung gezahlt bzw. die Sicherheit freigegeben worden war, ein Rückforderungsverfahren eingeleitet hat. Die Verordnung Nr. 3665/87 enthält jedoch, was auch vom beklagten Hauptzollamt letztlich nicht in Abrede gestellt wird, keine Bestimmungen über die im Rahmen der Durchführung des Rückforderungsverfahrens geltenden Fristen. Aus diesem Schweigen des Gemeinschaftsrechts folgt zwar nicht, das hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften einerseits in seinem Urteil vom 21.6.2007 (C-428/05, [...]) klargestellt, dass nach der Zahlung der Erstattung eine zuständige Behörde, die Unzulänglichkeiten in den nach Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 vorgelegten Unterlagen festgestellt hat, vom Ausführer nicht die nötigen zusätzlichen Informationen verlangen und gegebenenfalls die für die Rückforderung der Erstattung erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann (Rz. 21). Andererseits hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 21.6.2007 (C-428/05, [...]) betont, da die Fristen der Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 2 lit. a) VO Nr. 3665/87 nicht für das Rückforderungsverfahren gelten und das Gemeinschaftsrecht keine spezifischen Fristbestimmungen für die Vorlage zusätzlicher Beweise im Rückforderungsverfahren enthält, ist es Sache der zuständigen nationalen Behörde, gemäß dem nationalen Recht und vorbehaltlich der im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Beschränkungen nach Maßgabe der besonderen Umstände des Einzelfalles eine zusätzliche Frist zu gewähren, wobei die Frist angemessen sein muss, damit der Ausführer die erforderlichen Unterlagen beschaffen und vorlegen kann, und die möglichen Auswirkungen des Verhaltens der zuständigen Behörde auf den Ausführer zu berücksichtigen hat (Rz. 27).

Im Streitfall hat das beklagte Hauptzollamt freilich den streitgegenständlichen Mangel des unvollständig ausgefüllten CMR-Frachtbriefes zunächst überhaupt nicht zum Anlass genommen, die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung zurückzufordern. Der Rückforderungsbescheid vom 14.8.1995 enthält keinen Hinweis auf die inhaltlichen Defizite des CMR-Frachtbriefes. Erstmals in der Einspruchsentscheidung vom 7.12.1998 verweist das beklagte Hauptzollamt auch auf den von der Klägerin eingereichten CMR-Frachtbrief und die dort fehlenden Angaben bezüglich des Namens und der Anschrift des Frachtführers. Zu diesem Zeitpunkt - scil. bei Erlass der Einspruchsentscheidung vom 7.12.1998 - befand sich indes der Transportauftrag bereits in der Sachakte des beklagten Hauptzollamtes. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der Heftung der Sachakten und der Chronologie des Schriftverkehrs, wie er im Inhaltsverzeichnis des Heftes "I a Rb.-Nr. ... Sonstiges" abgebildet ist.

3. Der Klägerin kann schließlich nicht entgegengehalten werden, dass sie den Frachtauftrag nicht "vorgelegt" hat; denn das beklagte Hauptzollamt hat dieses Dokument von Amts wegen zu berücksichtigen.

Dem Bundesfinanzhof ist freilich zuzugeben, dass das Verfahren der Gewährung von Ausfuhrerstattung als auf papiermäßige Abwicklung angelegtes Massenverfahren grundsätzlich darauf angewiesen ist, dass die Erstattungsvoraussetzungen durch die verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Dokumente nachgewiesen werden und dass der Ausführer dafür sorgt, dass diese der Erstattungsstelle innerhalb der festgelegten Fristen vorgelegt werden (vgl. BFH, Urteil vom 19.12.2006, VII R 63/02, [...]). Das erkennende Gericht hält allerdings dafür, dass diese Grundsätze jedenfalls in einem von der Behörde eingeleiteten Rückforderungsverfahren keine Anwendung finden können, nachdem das Zahlungsverfahren abgeschlossen worden war und die Behörde die Ausfuhrerstattung (aufgrund unvollständiger Unterlagen) gezahlt hatte. Es hat sich insoweit von der Erwägung leiten lassen, dass das Rückforderungsverfahren ein Verwaltungsverfahren darstellt, in dem der Beibringungsgrundsatz keine Geltung beansprucht. Vielmehr hat das beklagte Hauptzollamt als zuständige Verwaltungsbehörde entsprechend dem Untersuchungsgrundsatz nicht nur von Amts wegen zu prüfen, ob der entscheidungserhebliche Sachverhalt gegeben ist, es ist darüber hinaus auch verpflichtet, alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände heranzuziehen und zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - ein weiterer Rückforderungsgrund - scil. das unvollständig ausgefüllte Beförderungspapier - erst in der Einspruchsentscheidung nachgeschoben wird.

Die Vorschrift des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87, wonach der Ausführer eine Durchschrift oder Fotokopie des Beförderungspapieres "vorzulegen" hat, steht dem vorstehend dargelegten Verständnis nicht entgegen. Als Normierung im Rahmen des Zahlungsverfahrens strahlt diese Bestimmung nämlich nicht auf das Rückforderungsverfahren aus.

Im Übrigen hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom 28.6.2007 (C-1/06, [...]) erkannt, dass die für Ausfuhrerstattungen zuständige nationale Behörde gleichwertige Nachweise und konkludent gestellte Anträge auf Anerkennung der Gleichwertigkeit von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wenn das innerstaatliche Ausfuhrdokument, das belegt, dass die betreffenden Erzeugnisse das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen haben, aus vom Ausführer zu vertretenden Gründen nicht vorgelegt werden kann (Rz. 51). Ist aber die zuständige nationale Behörde unter bestimmten Voraussetzungen schon im Zahlungsverfahren verpflichtet, Anträge und Dokumente von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen, besteht eine solche Verpflichtung erst Recht in einem - wie hier - Rückforderungsverfahren.

Ein weiterer Gesichtspunkt kommt vorliegend hinzu: Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seinem Urteil vom 21.6.2007 (C-428/05, [...]) der zuständigen nationalen Behörde, die dem gutgläubigen Ausführer die Erstattung aufgrund unvollständiger Beweise gezahlt und außerdem das Rückforderungsverfahren erst nach einer gewissen Zeit eingeleitet hat, aufgegeben, dem Ausführer eine angemessene Frist einzuräumen, damit dieser die erforderlichen Unterlagen beschaffen und vorlegen kann (Rz. 27). Diesen Ausführungen des Europäischen Gerichtshofes liegt ersichtlich die Vorstellung zugrunde, dass die Erstattungsunterlagen tatsächlich unvollständig sind und dass die nationale Behörde zusätzliche Informationen benötigt, um verantwortlich zu prüfen, ob der Ausführer "entsprechend den vom Gemeinschaftsgesetzgeber festgelegten objektiven Bedingungen" Anspruch auf Erstattung hat (EuGH, Urteil vom21.6.2007, C-428/05, Rz. 22, [...]). Demgegenüber ist der zur Entscheidung gestellte Rechtsstreit dadurch gekennzeichnet, dass die zur Prüfung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Unterlagen beim beklagten Hauptzollamt bereits vorhanden waren. Einer Fristsetzung gegenüber der Klägerin zur Vorlage ergänzender Unterlagen bedarf es in einer solchen Sachverhaltskonstellation indes nicht.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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