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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 13.06.2008
Aktenzeichen: 4 V 119/08
Rechtsgebiete: FGO, AO
Vorschriften:
FGO § 69 Abs. 4 S. 1 | |
AO § 361 Abs. 2 |
Finanzgericht Hamburg
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides.
Mit Steuerbescheid vom 27.12.2007 nahm der Antragsgegner die Antragstellerin auf Zahlung von Mineralölsteuersteuer in Höhe von insgesamt EUR 3.951,36 mit der Begründung in Anspruch, sie habe ohne die nach dem Mineralölsteuergesetz erforderliche Erlaubnis im Frühjahr 2006 Rapsöl hergestellt und als Kraftstoff abgegeben.
Die Antragstellerin erhob gegen den Steuerbescheid vom 27.12.2007 Einspruch und beantragte zudem, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen, was der Antragsgegner ihr mit Bescheid vom 07.02.2008 "bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung" gewährte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.03.2008 wies der Antragsgegner sodann den Einspruch der Antragstellerin gegen den Steuerbescheid vom 27.12.2007 zurück. In der Begründung der Einspruchsentscheidung heißt es u.a.: Die Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO werde hiermit mit sofortiger Wirkung angeordnet. Hierzu werde auch Bezug auf den Bescheid vom 07.02.2008 genommen.
Die Antragstellerin hat am 28.04.2008 Klage erhoben und zugleich beantragt, die Vollziehung des Steuerbescheides vom 27.12.2007 auszusetzen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 4 V 119/08 und 4 K 118/08 sowie der Sachakte des Antragsgegners verwiesen.
II.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig.
In § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO hat der Gesetzgeber bestimmt, dass ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht nur zulässig ist, wenn die Finanzbehörde einen bei ihr gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat. Der bei der Finanzbehörde gestellte Aussetzungsantrag muss abgelehnt worden sein, bevor ein solcher Antrag bei Gericht gestellt werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH Beschluss vom 16.12.2003, IX B 203/02, [...]); die einmalige Ablehnung der Aussetzung durch die Finanzbehörde, auch wenn diese in einem früheren Verfahrensstadium erfolgt ist, genügt (vgl. BFH, Beschluss vom 17.12.1996, VIII B 71/96, [...]).
Keine Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung stellen freilich die in der Verwaltungspraxis häufig verwandten Formulierungen "AdV-Gewährung bis zur Bestandskraft der Einspruchsentscheidung" oder "AdV-Gewährung bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung" dar. Formulierungen dieser Art bedeuten vielmehr lediglich eine Befristung der Aussetzung der Vollziehung und beschreiben damit eine dem Aussetzungsverfahren nach § 361 Abs. 2 AO immanente und notwendige Schranke (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 69 FGO, Rz. 72). Eine solche Befristung ersetzt folglich nicht die nach § 69 Abs. 4 FGO erforderliche Ablehnung des Antrags durch die Finanzbehörde (vgl. BFH, Beschluss vom 15.06.2005, IV S 3/05, [...]; BFH, Beschluss vom 06.05.2004, IX S 2/04, [...]; BFH, Beschluss vom 24.08.2000, VIII S 2/00, [...]; FG Berlin, Beschluss vom 03.08.1987, VIII 139/87, [...]; FG des Saarlandes, Beschluss vom 28.03.1980, 99/80, [...]; Gosch, in: Beermann/Gosch, Kommentar zur AO und FGO, § 69 FGO, Rz. 278). Denn der Befristung lässt sich kein genereller Ablehnungswille der Finanzbehörde für die Zeit auch nach Ablauf der Frist für die Dauer des Klageverfahrens entnehmen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Gewährung der Aussetzung der Vollziehung im Rahmen des Einspruchsverfahrens nicht absehbar ist, geschweige feststeht, ob sich an das Einspruchsverfahren überhaupt ein Klageverfahren anschließen wird. Hat die Finanzbehörde die beantragte Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung ausgesetzt, muss deshalb ein erneutes Aussetzungsbegehren für die Folgezeit nach § 69 Abs. 4 FGO zunächst an die Behörde gerichtet werden (vgl. BFH, Beschluss vom 06.05.2004, IX S 2/04, [...]).
Im Streitfall ist die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 FGO nicht erfüllt. Vielmehr hatte der Antragsgegner für die Dauer des Einspruchsverfahrens nach § 361 AO Aussetzung der Vollziehung gewährt. Weder aus dem Vorbringen der Antragstellerin noch aus den zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass nach Ergehen der Einspruchsentscheidung ein erneuter Aussetzungsantrag bei der Behörde gestellt worden wäre, den der Antragsgegner abgelehnt hätte, was erforderlich gewesen wäre (vgl. BFH, Beschluss vom 15.06.2005, IV S 3/05, [...]; Gosch, in: Beermann/Gosch, Kommentar zur AO und FGO, § 69 FGO, Rz. 278). Der beschließende Senat übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass der Antragsgegner am Ende der Einspruchsentscheidung ausgeführt hat, die Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO werde hiermit mit sofortiger Wirkung angeordnet. Zwar kann in einem förmlichen Widerruf die Ablehnung der Aussetzung und damit die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 FGO zu erblicken sein. Anders verhält es sich freilich dann, wenn der Widerruf oder die Aufhebung der Aussetzungsgewährung erst zum Zeitpunkt des Abschlusses des Einspruchsverfahrens erfolgt. Die förmliche Aufhebung einer bereits anfänglich nur zeitlich beschränkt für die Dauer des Einspruchsverfahrens verfügten Vollzugsaussetzung ist sachlich nicht anders zu behandeln als eine bloße Mitteilung der Finanzbehörde über den Ablauf einer befristet gewährten Aussetzung der Vollziehung (vgl. FG des Saarlandes, Beschluss vom 09.09.1988, 1 V 220/88, [...]; Seer, in: Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 69 FGO, Rz. 72). So liegt der Fall denn auch hier: Die Anordnung der Aufhebung der im Hinblick auf die Befristung ohnehin beendeten Aussetzung der Vollziehung begründet keine Zugangsvoraussetzung im Sinne des § 69 Abs. 4 FGO. Sie hat lediglich deklaratorischen Charakter und schafft Rechtssicherheit vor dem Hintergrund der etwas unklaren Formulierung ("Aussetzung der Vollziehung bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung") in dem Bescheid vom 7.2.2008. Dass der Antragsgegner die angeordnete Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung allein in diesem Sinne verstanden haben wollte, ergibt sich im Übrigen auch anschaulich aus seiner anschließenden Bezugnahme auf den Bescheid vom 07.02.2008.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 128 Abs. 3 i.V.m. 115 Abs. 2 FGO.
Ende der Entscheidung
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