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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Gerichtsbescheid verkündet am 19.03.2007
Aktenzeichen: 5 K 193/05
Rechtsgebiete: EStG, LStDV 1990, UStG
Vorschriften:
EStG § 19 Abs. 1 | |
EStG § 39d | |
LStDV 1990 § 1 Abs. 3 | |
UStG § 2 Abs. 1 |
Finanzgericht Hamburg
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin aus der Verpflichtung einer Regisseurin und eines Kameramannes für die Herstellung eines Werbefilms Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen hat.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ...1995 gegründet und im selben Jahr in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von Filmen und Videos sowie alle damit zusammenhängenden Geschäfte.
Die Klägerin erstellt Werbefilme, für deren Produktion sie sowohl einen eigenen als auch einen freien Mitarbeiterstab beschäftigt. Mit der Herstellung eines Werbefilms wird die Klägerin von Werbeagenturen beauftragt, die ihrerseits vom Produkthersteller/-anbieter/Kunde beauftragt werden. Aufgabe der Klägerin als Produzentin ist die Erstellung der groben Drehplanung, die Zusammenstellung des Drehteams, die Organisation des Drehs und die Nachproduktion.
Vor der Auftragsvergabe an die Klägerin als Produzentin wird aus einem Werbekonzept (Treatment/Storyboard) das Drehbuch (Director's Interpretation) durch den Regisseur in Zusammenarbeit mit dem Kameramann entwickelt. Bei der Erstellung der Director's Interpretation genießt der Regisseur im Rahmen des vorgegebenen Werbekonzepts volle künstlerische Freiheit. Der Kameramann bestimmt das Drehbuch bereits hinsichtlich der Bild- und Lichtgestaltung. Er entscheidet unter anderem, ob mögliche Drehorte in Bezug auf Bildgestaltung und Kameraführung geeignet sind. Der Kameramann erstellt in diesem Zusammenhang auch eine Liste des technischen Equipments (u.a. Kamera, Objektive, Beleuchtung), das er für den Dreh benötigt. Dieses technische Equipment entleiht die Klägerin für die Zeit des Drehs und stellt es dem Kameramann zur Verfügung.
Die Klägerin als Produzentin stellt sich mit dem von Regisseur und Kameramann entwickelten Drehbuch und der hierauf basierenden Kostenkalkulation der Werbeagentur und dem Produkthersteller/-anbieter/Kunden vor. Dieser wählt sodann aus diesem und aus den von verschiedenen mitbietenden Werbefilmproduktionen vorgelegten Drehbüchern das von ihm präferierte Drehbuch und damit den zu produzierenden Spot aus (sog. Pitching).
Während des Drehs übernimmt der Regisseur die künstlerische Leitung, erteilt die notwendigen Drehanweisungen und führt durch die Szenen, während dem Kameramann die Übernahme der künstlerischen Leitung der Bild- und Lichtgestaltung, die Unterweisung von Kameraassistenten und Beleuchtern sowie die eigenständige Auswahl des zu verwendenden technischen Equipments obliegt.
Für das Projekt mit dem Arbeitstitel "V..." engagierte die Klägerin im April/Mai 2004 zur Erstellung zweier Werbespots den Kameramann ... - K - sowie die Regisseurin ... - R -, jeweils mit Wohnsitz in Großbritannien. Der Dreh fand am 11.5.2004 in Hamburg statt. Wegen der zeitlichen Abfolge des Engagements wird auf die von der Klägerin vorgelegte Übersicht "Ergänzung zum Ablaufplan der zwei Spots für V (...), Bezug genommen.
Für das Engagement des K schloss die Klägerin zwei Verträge ab. Der eine Vertrag - Camera Agreement/Kameravertrag - regelt die Tätigkeit von K im Rahmen der Produktion, der zweite Vertrag - Licence Agreement/Regelung der Übertragung von Nutzungsrechten - regelt die Übertragung der aus der Mitwirkung von K entstandenen Urheber-, Leistungsschutz- oder sonstigen Nutzungsrechte an A (§ 2 der Regelung der Übertragung von Nutzungsrechten).
Gegenstand des mit K geschlossenen Kameravertrages ist gemäß § 1, dass er während des Drehs für seine Tätigkeit als Kameramann die künstlerische Leitung bezüglich der Bild- und Lichtgestaltung übernimmt. K hat seine individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in den Werbespot einzubringen sowie durch sein Engagement und seine Persönlichkeit den Inhalt des Werbespots mitzubestimmen. Des Weiteren hat K u.a. für die eigenständige Auswahl des technischen Equipments und Unterweisung von Kameraassistenten und Beleuchtern am Dreh zu sorgen (§ 1 des Vertrages). Gemäß § 2 des Kameravertrages unterliegt K bei der Durchführung seiner Tätigkeit keinen inhaltlichen Weisungen. Er ist nur den Wünschen des Kunden in der Form des freigegebenen Storyboards verpflichtet, hat seine Gestaltungsfreiheit im Rahmen des freigegeben Budgets auszuüben und hat nicht budgetierte Kosten zu vermeiden beziehungsweise erkennbare Kostenüberschreitungen anzuzeigen. Weiter hat K den zwischen ihm und dem Werbefilmproduzenten einvernehmlich abgestimmten Terminplan zu berücksichtigen. Der Kameramann ist zur Nachbesserung verpflichtet, wenn der Kunde den Director's Cut nicht abnimmt (§ 6 des Kameravertrages).
K erhielt von der Klägerin sowohl für seine Tätigkeit als Kameramann als auch für die Übertragung der Nutzungsrechte vertragsgemäß eine Vergütung von jeweils 1.350 Pfund (GBP) (§ 6 des Kameravertrages und § 3 der Regelung der Übertragung von Nutzungsrechten). Die in § 6 des Kameravertrages vereinbarte Vergütung wurde nach Abschluss der Dreharbeiten fällig.
Mit R schloss die Klägerin über die Künstleragentur B, ..., London ..., England, einen Regievertrag (Agreement for Director's Services) ab. R erhielt für ihre Leistungen ein Gesamthonorar von 7.000 Pfund (GBP), das sich in ein Regiehonorar in Höhe von 2.800 Pfund (GBP) und ein Buy out in Höhe von 4.200 Pfund (GBP) aufteilt. Nach Nr. 7 des Regievertrages ist die Regisseurin verpflichtet, die Regiearbeiten entsprechend dem vereinbarten Treatment für den Film in kompetenter Weise durchzuführen.
Nachdem das Bundesamt für Finanzen die für K und R gestellten Freistellungsanträge nach § 50d EStG mit der Begründung abgelehnt hatte, dass die Tätigkeiten gemäß dem BMF-Erlass vom 5.10.1990 (BStBl I 1990, 640, Tz. 1.4.) als nichtselbständig einzuordnen seien, stellte die Klägerin an den Beklagten mit Schreiben vom 7.9.2004 für K und mit Schreiben vom 27.9.2004 für R einen Antrag auf Erteilung einer Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG. Mit Bescheid vom 5.10.2004 lehnte der Beklagte die Erteilung dieser Auskunft für K mit der Begründung ab, dass das Honorar den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zuzuordnen sei, da die Tätigkeit als Kameramann gemäß dem BMF-Erlass vom 5.10.1990 als nichtselbständig anzusehen sei.
Am 22.12.2004 reichte die Klägerin geänderte Lohnsteueranmeldungen für die Monate Juni und Juli 2004 ein, in welchen sie die Honorarzahlungen an K und R als nichtselbständige Einkünfte dem Lohnsteuerabzug gemäß § 39d EStG unterwarf. Dabei meldete sie für K 50% seiner Gesamtgage in Höhe von 1.350 Pfund/2.022 EUR für Juni 2004 mit pauschaler Lohnsteuer von 25%, (insgesamt 505,50 EUR) und für R 40% ihrer Gesamtgage in Höhe von 2.800 Pfund/4.215 EUR für Juli 2004 mit pauschaler Lohnsteuer von 25% (insgesamt 1.053,75 EUR) an. Ebenfalls am 22.12.2004 legte die Klägerin gegen die geänderten Lohnsteueranmeldungen Einspruch mit der Begründung ein, dass die Tätigkeiten des Kameramannes und der Regisseurin als selbständige Tätigkeiten zu beurteilen seien und ein Lohnsteuerabzug gemäß § 39d EStG somit nicht vorzunehmen sei.
Der Beklagte wies diese Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 25.8.2005 als unbegründet zurück und hielt an einer Qualifizierung der Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit fest. Es werde von den an der Herstellung eines Werbefilms Beteiligten kein bestimmter Erfolg geschuldet, sondern die Erbringung einer spezifischen Leistung gegen Zahlung einer Vergütung, wie etwa die Regie oder Kameraführung, so dass regelmäßig von einem Dienstvertrag auszugehen sei, bei dem die Filmschaffenden den Anweisungen des Produzenten bezüglich des Ortes und der Zeit der Dreharbeiten, sowie der Dauer und der Mittelzuweisung unterworfen seien. Die organisatorische Einbindung in den Produktionsprozess und die damit verbundene Eingliederung in den Betrieb ergebe sich auch aus der Notwendigkeit, zu bestimmten Arbeitszeiten anwesend zu sein und das Arbeitsergebnis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorlegen zu müssen. Auch das notwendige Zusammenspiel mit den anderen an einer Werbefilmproduktion Beteiligten bedinge eine weitgehende Eingliederung in den Organismus der Filmproduktion.
Zwar sei K als Kameramann bezüglich der künstlerischen und technischen Ausführung weisungsunabhängig und R als Regisseurin könne nach freiem Ermessen und Empfinden über die Art der optimalen künstlerischen Umsetzung entscheiden. Grenzen seien ihnen aber durch die Vorgaben des "Storyboard" und die von der Produktionsfirma zur Verfügung gestellten Mittel gesetzt. So sei K gehalten, keine unnötigen Kosten zu produzieren; beide seien verpflichtet, einen vorgegebenen Abgabetermin und einen Zeitplan einzuhalten. Insofern deute das Gesamtbild der für die Klägerin erbrachten Leistungen mehr auf einen Arbeitsvertrag als auf eine freiberufliche Tätigkeit. Geschuldet sei die Erbringung einer Tätigkeit wie die Kameraführung und nicht ein Erfolg. Die Verträge ähnelten daher einem Dienstvertrag, bei dem die Filmschaffenden den Anweisungen des Produzenten unterworfen seien.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 27.9.2005, eingegangen am selben Tag, Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Einkünfte von K und R als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG zu qualifizieren seien und gegebenenfalls dem Steuerabzug gemäß § 50a EStG unterlagen. Bei Abwägung der Abgrenzungskriterien zwischen nichtselbständiger und selbständiger Tätigkeit würden die Merkmale der selbständigen Tätigkeit überwiegen.
Hierzu trägt die Klägerin im Einzelnen vor: R und K trügen ein hohes unternehmerisches Risiko und entwickelten Unternehmerinitiative, da sie, um einen Auftrag zu erhalten, aus verschiedenen angefragten Werbekonzepten der Werbefilmproduktionen die entsprechenden Drehbücher schrieben bzw. bei den entsprechenden Drehbüchern hinsichtlich der Bildgestaltung mitwirkten, ohne hierfür eine Vergütung zu erhalten. Erst wenn das Drehbuch vom Kunden angenommen werde, würden sie für den Dreh engagiert und erhielten ein Honorar. Sie seien auch nicht längere Zeit an einen Produzenten gebunden, sondern würden jeweils nur für ein einzelnes Projekt engagiert, so dass sie über das Jahr verteilt viele solcher Aufträge unterschiedlicher Produzenten bearbeiteten. Insoweit würden sie sich über die Qualität der von ihnen hergestellten Werbespots für weitere Aufträge empfehlen. Ausfallhonorare würden ihnen nicht gezahlt, wenn sie die Herstellung einer Produktion absagen müssten. So hätten K und R gegenüber ihren Auftraggebern weder einen Urlaubsanspruch noch würden ihnen Bezüge im Krankheitsfall fortgezahlt; auch Kündigungsfristen könnten sie nicht vereinbaren.
Das als Grundlage für die Entwicklung des Drehbuchs dienende Storyboard begrenze die Regisseurin nicht in ihrer Tätigkeit. Dieses stelle lediglich eine Wiedergabe der Vorstellungen des Kunden zur Erstellung der Director's Interpretation dar. Auf Basis ihrer Vorstellungen lege sie auch die für den Dreh erforderlichen Mittel fest, wie zum Beispiel die auszuwählenden Darsteller und Requisiten.
Der Kameramann lege die ihm zur Verfügung stehenden Mittel für den Dreh fest. Er entscheide, welches technische Equipment er einsetze und mit welchen Beleuchtern er während des Drehs zusammenarbeite. Der Produzent habe die Mittel zu besorgen und sicherzustellen, dass alle Mitwirkenden und Mittel fristgerecht zur Verfügung stehen. Die für den Arbeitsbereich des Kameramannes vorgesehenen Kosten prüfe dieser auf Richtigkeit und Höhe. Sollten die Kosten den vom Kameramann aufgegebenen Kostenrahmen übersteigen, mindere dies die Marge der Produktion und führe möglicherweise dazu, dass der Kameramann nicht wieder engagiert werde. Er sei somit dem Risiko ausgesetzt, bei Übersteigen der Kosten keine weiteren Aufträge zu erhalten.
Der dem Dreh zugrunde liegende Terminplan lasse nicht auf eine Weisungsgebundenheit bezüglich Zeit, Ort und Inhalt der Tätigkeit schließen. Der feste Terminplan solle vielmehr das Zusammenspiel der Beteiligten gewährleisten. Grundsätzlich hätten Selbständige ihre Leistungen nicht selten zu einer bestimmten Zeit zu erbringen.
Regisseurin und Kameramann hätten nicht nur eine bestimmte Tätigkeit zu erbringen, so dass nicht von einem Dienstvertrag, sondern einem Werkvertrag auszugehen sei. Sie schuldeten als Werkunternehmer die Erbringung einer Leistung nach den Wünschen des Auftraggebers, nämlich die Herstellung eines individuellen Werbefilms nach ihren besonderen Fähigkeiten.
Das vereinbarte Entgelt sei insofern für einen bestimmten Erfolg und nicht für den Zeiteinsatz bestimmt. In diesem Sinne erhalte der Kameramann sein Honorar nach der Abnahme des Director's Cut und die Regisseurin für das Erreichen von Teilzielen, je 50% des Honorars für den Vertragsschluss nach Annahme der Director's Interpretation durch den Kunden sowie nach der Abnahme des Materials durch den Kunden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Einspruchsentscheidungen vom 25.08.2005 aufzuheben und die berichtigten Lohnsteueranmeldungen für Juni und Juli 2004, jeweils vom 22.12.2004, dahingehend zu ändern, dass die Lohnsteuer für Juni 2004 um 505,50 EUR und für Juli 2004 um 1.053,75 EUR niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidungen vom 25.8.2005. Weiter führt der Beklagte aus, dass die Tätigkeit des Kameramannes hinsichtlich Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative nicht mit der eines selbständigen Unternehmers vergleichbar sei. Der Kameramann trage für die konkrete Produktion gerade nicht das finanzielle Risiko, denn eine Überschreitung der kalkulierten Kosten mindere lediglich die Gewinnmarge des Produzenten, während das Honorar nicht gekürzt werde. Das klassische Risiko des Selbständigen sei gerade die Einhaltung des Kostenvoranschlages. Das Mehrkostenrisiko trage bei Werkverträgen regelmäßig der Werkunternehmer.
Die Ausgestaltung des Werbekonzepts durch den Kameramann und die Regisseurin bei der Erstellung des Werbekonzepts biete im Übrigen wenig Raum für eine kreative Entfaltung. Der Kameramann habe vielmehr zu versuchen, mit möglichst geringem Kostenaufwand das konkrete Storyboard in Zusammenarbeit mit dem Regisseur im Rahmen der Vorgaben des Werbekonzepts umzusetzen.
Am 11.1.2007 hat ein Erörterungstermin stattgefunden; auf die Niederschrift über diesen Termin wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 90 Abs. 2 FGO erteilt.
Dem Gericht haben die Arbeitgeberakten und die Rechtsbehelfsakte zur Steuernummer ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Klage ist auch begründet.
Die Lohnsteueranmeldungen der Klägerin für die Monate Juni und Juli 2004 sind rechtswidrig und verletzen diese insoweit in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO), als die Klägerin die an die Regisseurin R und den Kameramann K gezahlten Vergütungen dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterworfen hat.
Die Klägerin war nicht Arbeitgeberin von R und K. Einen Lohnsteuerabzug gemäß § 39d EStG hatte die Klägerin für die in Großbritannien ansässigen Personen nicht durchzuführen. Bei den von Kameramann und Regisseurin gegenüber der Klägerin erbrachten Leistungen handelt es sich um selbständige Tätigkeiten. Die ihnen hierfür von der Klägerin gezahlten Vergütungen stellen keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar; sie unterliegen damit auch nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn gemäß §§ 38 ff. EStG.
1.
a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst geleistet werden. Der Arbeitnehmer bezieht "Arbeitslohn" (§ 1 Abs. 1 S. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV -). Nach § 1 Abs. 2 LStDV, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (z.B. Urteil vom 2.12.1998, X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534) den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegt, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
b) Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt (§ 1 Abs. 3 LStDV). Diese mit dem Umsatzsteuergesetz korrespondierende Vorschrift bedarf einer negativen Abgrenzung zu § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -, demgemäß derjenige Unternehmer ist, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt. Nicht selbständig wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausgeübt, soweit natürliche Personen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG; BFH, Urteil vom 2.12.1998, X R 83/96, a.a.O.).
c) Die Frage, wer Arbeitnehmer ist, ist unter Beachtung der vorgenannten Bestimmungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Eine Würdigung nach dem Gesamtbild bedeutet, dass die für und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden. Dabei können für die Beurteilung der Frage, ob eine Qualifikation als nichtselbständiger Arbeitnehmer geboten ist, die folgenden Merkmale von Bedeutung sein (vgl. BFH, Urteile vom 14.6.1985, VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661; vom 18.1.1991, VI R 122/87, BFHE 163, 365, BStBl II 1991, 409):
persönliche Abhängigkeit,
Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit,
feste Arbeitszeiten,
Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort,
feste Bezüge,
Urlaubsanspruch,
Anspruch auf sonstige Sozialleistungen,
Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall,
Überstundenvergütung,
zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,
Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit,
kein Unternehmerrisiko,
keine Unternehmerinitiative,
kein Kapitaleinsatz,
keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln,
Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern,
Eingliederung in den Betrieb,
Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolges,
Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist.
Die Gewichtung der einzelnen Merkmale hat sich dabei am konkreten Einzelfall zu orientieren. In diese Würdigung ist auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind (vgl. BFH, Urteile vom 9.9.2003, VI B 53/03, BFH/NV 2004, 42; vom 20.12.2004, VI B 137/03, BFH/NV 2005, 552). Für die Beurteilung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig kann der sozial- und arbeitsrechtlichen Einordnung nur indizielle Bedeutung zukommen; eine Bindung besteht indes nicht (BFH, Urteil vom 2.12.1998, X R 83/96, a.a.O.).
2.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsausführungen sowie der Gesamtwürdigung aller Umstände sind die Tätigkeiten der Regisseurin wie auch des Kameramanns für die Klägerin als selbständige zu qualifizieren. Im Streitfall überwiegen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, während den für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechenden Umständen keine prägende Bedeutung zukommt.
a) Bereits nach der Ausgestaltung der den Tätigkeiten zu Grunde liegenden Vertragsverhältnisse waren K und R selbständig tätig. Dabei steht außer Zweifel, dass die geschlossenen Verträge vertragsgemäß durchgeführt wurden. Die vertraglichen Vereinbarungen, zu denen der Kameramann sowie die Regisseurin beschäftigt wurden, schließen die Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft von K und R aus.
aa) Der Kameramann K schuldete nicht lediglich seine Arbeitskraft; er war darüber hinaus zu einem bestimmten Erfolg verpflichtet. Nach § 1 des Kameravertrages hatte K nicht lediglich die Kameraführung zu übernehmen; er schuldete darüber hinaus die verantwortliche Übernahme der künstlerischen Leitung sowie der Bild- und Lichtgestaltung. Er hatte bei der Produktion des Werbefilms im Zusammenwirken mit der Regisseurin seine künstlerische Fähigkeit und seine Gestaltungskraft einzubringen. Bereits im Vorfeld des Drehs hatte er im Zusammenwirken mit der Regisseurin bei der Erarbeitung des Drehbuchs seine Ideen und sein Know-how einzubringen. Auch hiervon hing deshalb der Erfolg des Projektes im Rahmen des sog. Pitching ab. Zudem war er zur Nachbesserung der Leistung verpflichtet, wenn der Kunde den Director's Cut nicht abnimmt (§ 6 des Kameravertrages). Diese Vertragsgestaltung zeigt deutlich auf, dass K nicht lediglich die Ausführung einer Tätigkeit schuldete, sondern auch den Erfolg seiner Leistung - vergleichbar einem Werkunternehmer - herbeizuführen verpflichtet war.
Entsprechendes gilt für die Regisseurin, die nicht nur die Regietätigkeit schuldete, sondern darüber hinaus dazu verpflichtet war, auf Basis des Treatments ihren Teil zur Produktion des Werbespots beizutragen. Dies verdeutlicht auch die mit der Regisseurin geschlossene Honorarvereinbarung. Nach Nr. 6a des Regievertrages erfolgt die abschließende Honorierung der Leistung nach der Abnahme durch den Kunden.
bb) Schließlich enthalten die Verträge keine Bestimmungen zum Arbeitnehmerschutz, wie etwa den Anspruch auf Sozialleistungen, die Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall oder eine Überstundenvergütung (in diesem Sinne bereits BFH, Urteil vom 16.5.2002, IV R 94/99, BFHE 199, 261, BStBl II 2002). Sowohl Kameramann als auch Regisseurin waren für ihre soziale Absicherung selbst verantwortlich und erhielten von ihrem Auftraggeber keine Unterstützung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien selbst von einer selbständigen Tätigkeit des Kameramannes und des Regisseurs ausgegangen sind. Die Vereinbarung ist nicht den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen unterstellt (vgl. BFH, Urteil vom 24.7.1992, VI R 126/88, BFHE 169, 154, BStBl II 1993, 155).
b) K und R waren auch weder wie ein Arbeitnehmer den Weisungen der Klägerin unterworfen, noch waren sie persönlich oder organisatorisch in den Betrieb der Klägerin eingegliedert.
aa) Die streitgegenständlichen Tätigkeiten standen nicht unter der Leitung der Klägerin in der Weise, dass diese befugt und in der Lage gewesen wäre, K und R Weisungen zu erteilen. Bereits die Art der von K und R ausgeübten Tätigkeiten - Regie- und Kameraführung - implizierten ihre Selbständigkeit. Zwar kann für einfache Tätigkeiten angenommen werden, dass der Tätige hierbei kaum eigene Initiative entfaltet und deshalb den Weisungen des Auftraggebers unterliegt (vgl. BFH, Urteil vom 3.8.1978, VI R 212/75, BFHE 126, 271, BStBl II 1979, 131). Das Tätigkeitsprofil von K und R hingegen ist Ausdruck ihrer persönlichen und künstlerischen Initiative. Sie beruht auf ihren individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen, die nicht durch Weisungen des Auftraggebers beliebig reproduzierbar sind.
Zwar ist dem Beklagten zuzustimmen, dass sowohl die Regisseurin als auch der Kameramann an die Vorgaben des Storyboards und die Interessen des Auftraggebers gebunden waren. Ihre gestalterische Entscheidungsfreiheit musste auch Grenzen dadurch erfahren, dass sie untereinander Einvernehmen herzustellen hatten und den Vorgaben des Storyboards sowie dem Kunden verpflichtet waren, der bei Nichtgefallen das angebotene Ergebnis ablehnen konnte.
K und R entschieden aber zunächst selbst darüber, ob sie zu dem angebotenen Werbekonzept ein Drehbuch entwickeln wollten. Sie bestimmten den zeitlichen Umfang ihres Tätigwerdens uneingeschränkt selbst. Ihnen verblieb auch im Vorfeld und während des Drehs eine nicht unerhebliche Eigenverantwortlichkeit bezüglich der künstlerischen Ausgestaltung. Beide gemeinsam entwickelten das Drehbuch. K entschied über die Geeignetheit möglicher Drehorte im Hinblick auf die Bildgestaltung und Kameraführung. R erteilte während des Drehs die notwendigen Anweisungen und führte durch die Szenen, während K die Leitung bezüglich der Bild- und Lichtgestaltung übernahm. Durch die Vorgaben des Produzenten und des Kunden waren K und R in ihrer Entscheidungsfreiheit zwar eingeschränkt. Diese Einschränkung entsprach jedoch der, die mit jedem Werkvertrag, in dem ein Auftrag konkretisiert wird, einhergeht. Die Klägerin koordinierte den gesamten Ablauf, ohne dass sie hinsichtlich der Tätigkeiten von K und R Weisungen erteilt hätte.
Eine dem Arbeitnehmer vergleichbare Weisungsgebundenheit ergab sich zudem nicht aus der vertraglichen Fixierung des Ortes und der Zeit der Leistungserbringung. Eine solche Festlegung ist auch für die Erbringung selbständiger Leistungen üblich und geboten, um eine in einem umfassenden Produktionsprozess zu erbringende Leistung zu integrieren und für den Gesamterfolg nutzbar zu machen. Im Übrigen beruhte die vertragliche Vereinbarung insoweit nicht auf einer Weisung des Auftraggebers, sondern wurde im Rahmen des Vertragsschlusses einvernehmlich festgelegt.
bb) Für eine selbständige Tätigkeit spricht zudem, dass sowohl Kameramann als auch Regisseurin ausweislich der mit der Klägerin geschlossenen Verträge nur für ein Projekt beauftragt wurden und dort nur kurze Zeit mitwirkten.
Der zeitlich sehr geringe Umfang der Zusammenarbeit von K und R mit der Klägerin steht der Annahme einer Eingliederung in den Gesamtorganismus des Betriebes der Klägerin entgegen. Die erste Kontaktaufnahme von Seiten der Klägerin mit K und R erfolgte Mitte/Ende März 2004. Am 6.4.2004 wurde R beauftragt, das Drehbuch, bestehend aus Text und sog. Stimmungsbildern, zu erstellen, das diese am 14.4.2004 abgab. K legte am 3.5.2004 die "Camera Equipment List" vor. Am 4.5.2004 wurde im Rahmen eines sog. Pre Production Meeting eine Absprache mit R über die verbindlichen Rahmendaten getroffen. Am 10.5.2004 (Vorbereitungstag) besichtigten K und R den Drehort; es erfolgten letzte Abstimmungen zum Drehen. Am 11.5.2004 fand der Dreh der beiden Spots in Hamburg statt. Am 12.5.2004 erfolgte die sog. Telecine in Anwesenheit des Kameramannes und am 14.5.2004 die Abnahme des Director's Cut in Anwesenheit der Regisseurin. Die Anwesenheit von K und R am Ort der Klägerin beschränkte sich danach auf nur wenige Tage. Bei derart kurzzeitigen Aufträgen aber muss sich der Auftragnehmer - stärker als bei einer auf Dauer angelegten (Arbeitnehmer-)Tätigkeit - dem Auftraggeber gegenüber immer wieder bestätigen; er trägt also ein verstärktes Unternehmerrisiko. Eine erneute Beauftragung von K und R geschieht nur bei erfolgreichem Abschluss des vorangegangenen Projekts. Der Auftragnehmer muss sich angesichts der nur kurzzeitigen Aufträge weitaus mehr als bei einer auf Dauer angelegten Tätigkeit dem Auftraggeber gegenüber bewähren, um auch bei der künftigen Vergabe von Aufträgen berücksichtigt zu werden (BFH, Urteil vom 14.6.1985, VI R 150-152/82, a.a.O.).
Zwar erfordert die zeitlich gedrängte und komplexe Abwicklung eines Drehs für einen Werbefilm, an dem im Streitfall 30 bis 35 Personen beteiligt waren, eine exakte Organisation durch die Klägerin und ausgefeilte Koordination aller beteiligten Personen. Die Eingliederung von K und R in den Produktionsprozess bedeutet jedoch nicht, dass sie in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen wären. Denn die oben genannte Struktur ihrer eigenverantwortlichen Tätigkeit ebenso wie die Kürze des von ihnen zu erfüllenden Auftrags standen dagegen.
Eine Eingliederung in den Betriebsorganismus kann auch nicht aus dem Umstand geschlossen werden, dass die Leistungen an einem konkretisierten Termin bindend erbracht werden müssen. Selbständige haben nicht selten ihre Leistung zu bestimmter Zeit zu erbringen; dieses Tätigkeitsmerkmal ist für die gebotene Beurteilung nach dem Gesamtbild der Verhälttnisse weniger gewichtig (vgl. BFH, Urteil vom 30.5.1996, V R 2/95, BFHE 180, 213, BStBl II 1996, 493). Im Rahmen der Herstellung des Produktes ist es erforderlich, dass verschiedene Tätigkeiten in einem zeitlichen Plan koordiniert werden müssen, um ein Gelingen zu gewährleisten. Im Streitfall beschränkte sich die Tätigkeit der Klägerin auf die Vorgabe der äußeren organisatorischen Rahmenbedingungen, während die Beauftragten K und R in der Gestaltung ihrer Arbeit freie Hand behielten.
3.
Die Höhe der zu ändernden Lohnsteuerfestsetzung berechnet sich wie folgt:
Weniger Lohnsteuer Juni 2004: 505,50 EUR.
Weniger Lohnsteuer Juli 2004: 1.053,75 EUR.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs.3, 155 FGO sowie aus §§ 708 Nr.10 und 711 ZPO.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). So weist das BMF-Schreiben vom 5.10.1990 (IV B 6 -S 2332 - 73/90) die Verwaltung an, u.a. Regisseure und Kameraleute in Film- und Fernsehproduktionen - ebenso wie bei der Herstellung von Werbefilmen - im allgemeinen als nicht selbständig zu behandeln.
Ende der Entscheidung
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