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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: 5 K 198/06
Rechtsgebiete: UStG, RL 77/388/EWG
Vorschriften:
UStG § 1 Abs. 2 S. 1 | |
UStG § 1 Abs. 3 | |
UStG § 8 Abs. 1 Nr. 5 | |
RL 77/388/EWG Art. 15 Nr. 8 |
Finanzgericht Hamburg
Tatbestand:
Streitig ist, ob Leistungen des Klägers im Lotsenversetzdienst von der Umsatzsteuer befreit sind.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen Zweck der Gesamtbetrieb von Lotseneinrichtungen auf allen Seelotsrevieren ist. Hierbei arbeitet der Verein mit den zuständigen Lotsenbruderschaften und deren Aufsichtsbehörden eng zusammen (§ 2 der Vereinssatzung). Mitglieder des Klägers sind die amtierenden Ältermänner der betroffenen Lotsenbrüderschaften des Nordseeküstenbereichs. Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben; der nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtete Verein erledigt seine Aufgaben mit den ihm zugewiesenen Mitteln (§ 4 der Vereinssatzung). Nach § 34 des Gesetzes über das Seelotswesen -SeelotsG-- bilden die Lotsenbrüderschaften die Bundeslotsenkammer, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Selbstverwaltung des Seelotswesens in den Seelotsrevieren obliegt den Lotsenbrüderschaften und der Bundeslotsenkammer, § 3 SeelotsG; die Einrichtung und Unterhaltung des Seelotswesens und dessen Aufsicht sind Aufgaben des Bundes. Nach § 6 SeelotsG können den Lotsenbrüderschaften oder der Bundeslotsenkammer die Vorhaltung, Unterhaltung und der Betrieb von Lotseinrichtungen übertragen werden. Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können diese ihrerseits juristische Personen des privaten Rechts mit der Wahrnehmung der übertragenden Aufgaben beauftragen. Im Falle der Aufgabenübertragung unterstehen die Lotsenbrüderschaften oder die Bundeslotsenkammer der Fachaufsicht der Aufsichtsbehörden, die sich auch auf die mit der Aufgabenwahrnehmung beauftragte juristische Person des privaten Rechts erstreckt.
Mit Vertrag vom 24.03.1999 -mit Wirkung vom 01.10.1997- (Anlage K 8) hat die Lotsenkammer den Betrieb der Lotseinrichtungen auf den Kläger übertragen. Der Betrieb der Lotseinrichtungen umfasst nach § 2 des Vertrages u.a. das Versetzen und Ausholen der Seelotsen und die Beförderung von Seelotsen zum Zwecke des Nachschubs und des Abschöpfens zwischen den einzelnen Lotsenstationen. Die Lotseneinrichtungen dürfen nur für Zweckeverwendet werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung des Lotsdienstes stehen (§ 3); bei der Bewirtschaftung und Verwendung von Bundesmitteln für den Betrieb und die Unterhaltung der Lotseinrichtungen sind die vom Bund erlassenen besonderen Bewirtschaftungsgesetze zu beachten (§ 4). Für die Durchführung des Betriebs und die Unterhaltung der Lotseinrichtungen gelten die Bestimmungen der Verwaltungsanordnung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord und West -WSD-- für den Betrieb der Lotseinrichtungen auf den Seelotsrevieren (Anl. 10).
Nach § 45 Abs. 1 SeelotsG werden für die Bereitstellung der Lotseinrichtungen Lotsabgaben, für die Leistungen der Seelotsen einschließlich ihrer Auslagen wird ein Lotsgeld erhoben. Die Höhe der Abgaben richtet sich nach der Tarifordnung für die Seelotsreviere. Nach § 7 der Tarifordnung werden die Lotsabgaben und die Lotsgelder von den für das Lotswesen als Aufsichtsbehörden zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen (WSD) erhoben und eingezogen. Diese erlässt einen Abgabenbescheid, mit dem Lotsgeld, Auslagen und Lotsabgabe festgesetzt werden (vgl. Anlage K 7 als beispielhaften Abgabenbescheid). Grundlage hierfür sind Lotsbescheinigungen, die der Lotse über die Lotsenbrüderschaften an die WSD weiterreicht, die die Lotsengelder sodann abrechnet, vereinnahmt und über die Lotsenbrüderschaften an die Lotsen weiterleitet (siehe Schriftsatz des Klägers vom 20.08.2007). Die Lotsabgaben werden ebenfalls von der WSD abgerechnet. Sie werden aber nicht an den Kläger weitergeleitet, sondern fließen in den Haushalt des Bundes bzw. Bundesverkehrsministeriums. Daraus werden dem Kläger die für die Bewirtschaftung der Lotseinrichtungen erforderlichen Mittel -in Höhe der eingenommenen Lotsabgaben-- zur Verfügung gestellt. Dafür hat der Kläger einen Wirtschaftsplan nach Maßgabe der Bewirtschaftungsgrundsätze des Bundes für die Verwendung von Bundesmitteln aufzustellen.
Die Leistungen des Klägers im Rahmen des Lotsenversetzdienstes sind in diesem Verfahren streitig.
Der Kläger gab in der Vergangenheit Umsatzsteuervoranmeldungen ab, nach deren Maßgabe die Inlandsumsätze mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert wurden. Gegen die USt-Voranmeldung für Oktober 1998 vom 15.12.1998, mit der Umsätze von 885.061 DM erklärt wurden und der das FA zugestimmt hatte, richtete sich der Einspruch vom 17.12.1998, mit dem der Kläger eine berichtigte USt-Voranmeldung (4.954.455 DM steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug) einreichte und geltend machte, dass die Leistungen aus dem Lotsenversetzdienst nach § 4 Nr. 2 UStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerfrei zu belassen seien, weil es sich um Umsätze für den unmittelbaren Bedarf von Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt handele. Während des Einspruchsverfahrens erging am 30.03.2000 der Jahres-UStBescheid für das Streitjahr, der Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Mit Einspruchsentscheidung vom 05.09.2003 hat das seinerzeit zuständige FA den Einspruch zurückgewiesen. Die Leistungen des Klägers seien nicht für den steuerfreien unmittelbaren Bedarf der in der Erwerbsseeschifffahrt eingesetzten Fahrzeuge bestimmt. Das Versetzen der Lotsen werde nicht gegenüber einem Unternehmer der Seeschifffahrt, sondern gegenüber dem Bund erbracht. Zur weiteren Begründung berief sich das FA auf einen Parallelfall, in dem der BFH die Klage abgewiesen hatte(Urteil vom 06.12.2001 - V R 23/01). Hiergegen richtet sich die Klage vom 07.10.2003.
Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass seine Leistungen im Rahmen des Lotsenversetzdienstes steuerbefreit seien.
Steuerbefreit i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG, Abschn. 145 Abs. 9 Ziff. 9 und 11 UStR a.F. (Abschn. 145 Abs. 8 Ziff. 9 UStR 2005) seien das Lotsen und die entsprechenden selbständigen Nebenleistungen. Das Versetzen der Lotsen zum Schiff und vom Schiff sei notwendige Nebenleistung des Lotsens selbst.
Soweit sich der Beklagte für seinen Rechtsstandpunkt auf das BFH-Urteil vom 06.12.2001 (V R 23/01, BStBl II 2002,257) stütze, mit dem der BFH unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH zu Art 15 Nr. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Umsatzsteuern (im Folgenden 6. EG-Richtlinie; jetzt Art 148 Abs. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28.11.2006 = Mehrwertsteuer-SystemRL) darauf abgestellt habe, dass die Leistung unmittelbar gegenüber dem Unternehmer erbracht werden müsse, verkenne er, dass die Auslegung zu Art 15 Nr. 4 der 6. EG-Richtlinie nicht auf Art 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie übertragen werden könne. Die bei der Lieferung von Waren möglichen Lieferketten könnten im Rahmen des Lotsenversetzdienstes als "Kettendienstleistungsverhältnisse" nicht auftreten, weil es nur eine einzige Lotsenversetzleistung gebe. Die Steuerbefreiung für das Lotsen sei anerkannt, Rat und Kommission gingen davon aus, dass es sich um eine andere Dienstleistung i.S. von Art. 15 Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie handele. Das Lotsen selbst sei aber eine hoheitliche Aufgabe und die Lotsleistung werde auch nicht gegenüber dem Schiffsbetreiber, sondern aufgrund öffentlich-rechtlich ausgestalteter Beziehungen gegenüber der WSD erbracht. Aus diesem Grunde erhebe der WSD das Lotsgeld. Wenn danach auch das Lotsen selbst nicht unmittelbar gegenüber dem Schiffsbetreiber erbracht werde, müsse auch der Lotsenversetzdienst unter die Steuerbefreiung subsumiert werden.
Der Lotsenversetzdienst könne im Übrigen auch nicht von beliebigen privaten Anbietern ausgeführt werden, weil diese nicht über die technische Ausrüstung (Spezialschiffe mit Swath-Technik) verfügten.
Während des Klageverfahrens hat der EuGH mit Urteil vom 14.09.2006 (C- 181/04, IStR 2006,708) zu Art 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie entschieden, dass Art. 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die dort vorgesehene Befreiung Dienstleistungen erfasst, die dem Reeder selbst für den unmittelbaren Bedarf der Seeschiffe erbracht werden. Diesbezüglich ist der Kläger der Auffassung, dass diese Entscheidung nicht auf das Seelotswesen übertragen werden könne, weil es hier nicht verschiedene "Handelsstufen" gäbe, sondern die erbrachten Leistungen ausschließlich der Seeschifffahrt zu Gute kommen könnten. Die Anwendung der Urteilsgrundsätze gefährde zudem die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen, die ohnehin aufgrund der geografischen Situation über besonders lange, und damit "teure" Seelotswege verfügten. Die anderen Mitgliedsstaaten erhöben zudem keine Umsatzsteuer auf die streitigen Leistungen des Lotsenversetzdienstes.
Die begehrte Umsatzsteuerbefreiung ergebe sich im Übrigen bereits aus der richtigen Auslegung der nationalen Regelung in § 8 Nr. 5 UStG. Danach sei es ausreichend, wenn die sonstige Leistung der Seeschifffahrt zu dienen bestimmt sei; sie müsse nicht unmittelbar gegenüber der Seeschifffahrt erbracht werden. Erforderlich sei lediglich ein unmittelbares Dienen.
In tatsächlicher Hinsicht sei zu beachteten, dass die WSD für ihn, den Kläger, ebenso wie für die Lotsen, nur als Abrechnungsstelle tätig werde. Dem Schiffsbetreiber gegenüber trete ein einheitliches Lotswesen auf, zu dessen Kern der Lotsenversetzdienst gehöre. Dementsprechend ergehe auch ein einheitlicher Abgabenbescheid, der sowohl das Lotsgeld als die Lotsabgabe beinhalte.
Der Kläger beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom 05.09.2003 aufzuheben und den USt-Bescheid 1998 vom 14.09.2000 mit der Maßgabe zu ändern, dass die USt auf minus 664.509,01 DM / 339.758,06 EUR festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und nimmt auf seine Einspruchsentscheidung, das BFH-Urteil vom 06.12.2001 (V R 23/01, BStBl II 2002,257) sowie auf die Rechtsprechung des EuGH zu Art 15 Nrn. 4 und 8 der 6. EG-Richtlinie Bezug. Zudem bestreitet er, dass einzige Funktion des WSD die einer Abrechnungsstelle gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die Senatssitzung vom 29.08.2007 Bezug genommen.
Die den Kläger betreffenden USt-Akten nebst Beiakten haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Umsätze des Klägers sind steuerbar und steuerpflichtig. Die Voraussetzungen für die begehrte Umsatzsteuerbefreiung liegen nicht vor.
I. a) Gem. § 1 Abs. 1 UStG unterliegen der USt Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Der Lotsenversetzdienst ist als im Inland erbrachte Leistung anzusehen. Zwar gehört das in Rede stehende Lotsgebiet nach § 1 Abs. 2 Satz1 UStG nicht zum umsatzsteuerlichen Inland, die Umsätze sind aber nach § 1 Abs. 3UStG wie Inlandsumsätze zu behandeln, weil sie an eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die Bundeslotsenkammer erbracht werden (hierzu im Einzelnen unten b). Der Kläger ist auch Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 1 UStG, denn er ist nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig, ohne dass es darauf ankommt, dass er auch eine Gewinnerzielungsabsicht hat.
Nach § 4 Nr. 2 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen u.a. die Umsätze für die Seeschifffahrt steuerfrei. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG gehören zu den Umsätzen für die Seeschifffahrt auch sonstige Leistungen, die für den unmittelbaren Bedarf der in Nr. 1 bezeichneten Wasserfahrzeuge bestimmt sind. Die Finanzverwaltung zählt nach Abschnitt 145 Abs. 8 Nr. 9 UStR 2005 (Abschnitt 145 Abs. 9 Nr. 9 UStR 1996) zu den in § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen, insbesondere das Lotsen (Nr. 9) und die Nebenleistungen zu den in den Nummern 1 bis 10 bezeichneten Leistungen. Zuvor waren diese Leistungen nach§ 4 Nr. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 6,7 und 8 UStG 1967/1973 gesetzlich von der Steuer freigestellt (Schwarz in Plückebaum / Malitzky, UStG, Band II/4, § 8 Rz. 130).
Nach der Gesetzesbegründung zur Neufassung von § 8 Abs. 1 UStG (1980) "entspricht" die Steuerbefreiung Art. 15 Nr. 4, 5 und 8 der 6. EG-Richtlinie (vgl. Bt-Drucks. 8/1779, 37). Zu Art. 15 Nr. 8 der Richtlinie 77/388/EWG haben der Rat und die Kommission erklärt, dass unter diese Bestimmung u.a. das Lotsen, Schleppen und Bergen fällt (vgl. Protokollerklärung in der Ratstagung am 17.05.1977, abgedruckt u.a. bei Rau/ Dürrwächter, UStG, 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, Art. 15, Anm. 1).
Die in Art 15 Nr. 4 der 6. EG-Richtlinie erwähnten Umsätze zur Versorgung von Schiffen sind von der Steuer befreit, weil sie Ausfuhrumsätzen gleichgestellt sind. Da bei Ausfuhrumsätzen die in Art. 15 Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung nur für endgültige Lieferungen von durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandten oder beförderten Gegenständen gilt, legt die Rechtsprechung des EuGH die in Art 15 Nr. 4 der 6. EG-Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung dahin aus, dass sie nur für Lieferungen von Gegenständen an einen Betreiber von Schiffen gelten kann, der diese Gegenstände zur Versorgung der Schiffe verwendet, und sich deshalb nicht auf Lieferungen dieser Gegenstände erstrecken kann, die auf einer vorhergehenden Handelsstufe erfolgen (EuGH-Urteile vom 26.01.1990 C-185/89 -Velker International Oil Company-DB 1991,80; vom 14.09.2006 C-181/04 -Elmeka--, IStR 2006,708; ebenso BFH Urteil v. 06.12.2001 - V R 23/01, BStBl II 2002,257). Grund hierfür ist nach der Rechtsprechung des EuGH, dass die Erstreckung der Befreiung auf die der endgültigen Lieferung vorangehenden Handelsstufen von den Mitgliedstaaten verlangen würde, dass sie Kontroll- und Überwachungsmechanismen einführten, um sich der endgültigen Bestimmung der unter Steuerbefreiung gelieferten Gegenstände zu vergewissern. Diese Mechanismen würden für die Mitgliedstaaten und für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer Zwänge schaffen, die mit einer "korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen" im Sinne von Art. 15 Satz 1 der 6. EG-Richtlinie unvereinbar wären (EuGH-Urteile vom 26.01.1990 C-185/89 -Velker International Oil Company, DB 1991,80).
Diese Erwägungen werden vom EuGH auch auf die Befreiung für Dienstleistungen im Sinne von Artikel 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie übertragen. Um eine kohärente Anwendung der Richtlinie in ihrer Gesamtheit zu gewährleisten, gelte die in dieser Vorschrift vorgesehene Befreiung daher nur für Dienstleistungen, die dem Reeder unmittelbar erbracht würden und könne somit nicht auf Leistungen ausgedehnt werden, die auf einer vorausgehenden Handelsstufe bewirkt würden (EuGH-Urteil vom 14.09.2006 C-181/04 -Elmeka--, IStR 2006,708). Zugleich hat der EuGH darauf hingewiesen, dass die Steuerbefreiungen autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts darstellen, die im Gesamtzusammenhang des mit der 6. EG-Richtlinie eingeführten gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu sehen sind und überdies Mehrwertsteuerbefreiungen eng auszulegen seien.
Der BFH hatte bereits vor dieser Entscheidung die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 15 Nr. 4 der 6. EG-Richtlinie (Velker) auch auf die Auslegung der Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 8 UStG übertragen (BFH Urteil v. 06.12.2001 - V R 23/01, BStBl II 2002,257).
b) Diese Auslegung von Art. 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie durch die Rechtsprechung des EuGH --und ihr folgend des BFH-- ist auch für den erkennenden Senat bei der Auslegung von § 8 Nr. 8 UStG maßgeblich. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht für den Senat fest, dass der Kläger seine Leistungen nicht gegenüber dem Schifffahrtsunternehmer erbringt und damit nicht das Erfordernis der Unmittelbarkeit für die Steuerbefreiung erfüllt; er erbringt seine Leistungen vielmehr gegen Entgelt gegenüber der Bundeslotsenkammer. Grundlage hierfür ist der Vertrag vom 24.03.1999 (Anlage K 8), mit dem die Bundeslotsenkammer die ihr obliegende Verpflichtung zum Betrieb der Lotseinrichtungen einschließlich des Versetzens und Ausholens der Lotsen auf den Kläger übertragen hat. Als Gegenleistung erhält der Kläger die ihm nach dem Haushaltsplan zugewiesenen Mittel (vgl. § 4 der Satzung). Die Bundeslotsenkammer bzw. ihre Aufsichtsbehörde, die WSD, erbringt nach außen die hier streitige Beförderungsleistung als hoheitliche Aufgabe, für die sie per Verwaltungsakt die Lotsabgabe festsetzt und erhebt und die sie ggf. im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens beitreibt. Darauf, dass die Leistung im Ergebnis allein dem Schifffahrtsunternehmer zugute kommt, ist aus umsatzsteuerlicher Sicht nicht von Bedeutung (ebenso BFH -Urteil vom 06.12.2001 - V R 23/01, BStBl II 2002,257). Der Auffassung des Klägers, dass es für die Steuerbefreiung ausreiche, dass die Leistung dem unmittelbaren Bedarf der Seeschifffahrt diene, ohne dass die Leistung unmittelbar gegenüber dem Schifffahrtsunternehmer erbracht werde, vermag sich der Senat angesichts der vorstehend zitierten Rechtsprechung nicht anzuschließen.
Ebenfalls kommt es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht darauf an, ob die Leistungen des eigentlichen Lotsens unmittelbar gegenüber dem Reeder oder aber tatsächlich auch gegenüber der Bundeslotsenkammer bzw. der WSD erbracht werden, denn diese Leistungen sieht die Finanzverwaltung als steuerbefreit an. Ein Umkehrschluss zu Gunsten der Beurteilung der Leistungen des Lotsenversetzdienstes lässt sich hieraus ebenso wenig herleiten wie aus dem Umstand, dass das Entgelt für beide Leistungen -Lotsen und Lotsenversetzdienst- in einem Abgabenbescheid festgesetzt werden. Ein Unterschied besteht allerdings insoweit, dass das Lotsgeld nach Abzug von Unterhaltsbeiträgen für die Ausbildung der Seelotsenanwärter an die Lotsen ausgekehrt wird, während die Lotsabgaben in den öffentlichen Haushalt fließen und der Kläger die von ihm benötigten Mittel nach einem Haushaltsplan ohne jeglichen Gewinnaufschlag zugewiesen bekommt.
c) Angesichts der vorliegenden eindeutigen Rechtsprechung sieht der Senat keine Veranlassung, eine erneute Vorabentscheidung des EuGH zur Auslegung von § 8 Abs.1 Nr. 5 UStG, insbesondere zu Leistungen des Lotsenversetzdienstes einzuholen. Denn der EuGH hat die in Rede stehende Bestimmung abstrakt generell und eindeutig ausgelegt. Unabhängig von der Art der Dienstleistungen, die mit dem Bedarf der Seeschiffe zusammenhängen, soll es darauf ankommen, dass sie unmittelbar gegenüber dem Schiffsbetreiber erbracht werden. Ob im konkreten Fall wegen der Besonderheiten des hoheitlich ausgestatteten Lotswesens, insbesondere, dass die Aufsichtsbehörden die zur Wahrnehmung der Lotsendienste erforderlichen Lotseinrichtungen, Lotsstationen und Versetz- und Zubringerfahrzeug, vorzuhalten und zu betreiben haben (§ 6 SeelotsG), "Dienstleistungsketten" fernliegend sind und im Prinzip nur ein Dreiecksverhältnis Kläger - Bundeslotsenkammer/WSD - Reeder - denkbar ist, kann es nicht ankommen, weil es auch bei drei Beteiligten an einer unmittelbaren Leistung gegenüber dem Reeder fehlt.
Hätte der nationale Gesetzgeber in Ansehung der hoheitlichen Ausgestaltung des Lotswesens den Lotsversetzdienst steuerlich privilegieren wollen, hätte es einer ausdrücklichen, von der gegenwärtigen EG-rechtlichen Rechtslage abweichenden Regelung dahingehend bedurft, dass insoweit auch mittelbare Leistungen ausreichen.
Die Klage kann danach keinen Erfolg haben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO sind nicht erfüllt.
Ende der Entscheidung
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