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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.08.2006
Aktenzeichen: 5 K 9/06
Rechtsgebiete: KStG, GewStG


Vorschriften:

GewStG § 2 Abs. 2 S. 2
KStG § 8b
KStG § 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

I.

Im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft wendet sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Organträgerin dagegen, dass deren Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung an einer verlustreichen Organgesellschaft und auf ein der Organgesellschaft gewährtes Darlehen beim Organschafts-Gewerbeertrag für das Streitjahr 2000 wieder hinzugerechnet wurden.

1. Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin und frühere persönlich haftende Gesellschafterin der damaligen Organträgerin und Alleingesellschafterin der Organgesellschaft O GmbH. Die Organgesellschaft wurde 1998 als 100%-ige Tochter gegründet (Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 32, 96 ff; Rechtsbehelfs-Akte -Rb-A- Bl. 27; Zeichnung Betriebsprüfungs-Akte -Bp-A- Bl. 36;).

2. Die gewerbesteuerliche Organschaft bestand seit 1998 aufgrund finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung der Organgesellschaft in die Organträgerin (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz -GewStG- i.d.F. bis 2001 i.V.m. § 14 Körperschaftsteuergesetz -KStG-). Mangels Ergebnisabführungsvertrag existierte keine körperschaftsteuerliche Organschaft. Dementsprechend entfiel die gewerbesteuerliche Organschaft mit Wirkung ab 2002 aufgrund der gesetzlichen Neuregelung, nach der die gewerbesteuerliche Organschaft nunmehr eine körperschaftsteuerliche Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag voraussetzt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.d.F. ab 2002 i.V.m. § 14 KStG; Gewerbesteuer-Akte -GewSt-A- Bl. 131).

3. Die Organgesellschaft war seit ihrer Gründung 1998 mit einem Stammkapital von 500.000 DM ausgestattet (Organträgerin Berichte 1998 S. 11, 20, 1999 S. B 5-7, 2000 S. B 6-7, Rb-A Bl. 27, 33, 51-52; Bp-A Bl. 47, 33-35).

4. Darüber hinaus stellt die Organträgerin ihr seit Gründung zur Finanzierung der verlustbringenden laufenden Produktentwicklung und Geschäftstätigkeit bisher ständig darlehensweise Geldmittel zur Verfügung (Organträgerin Bericht 1998 S. 28, 1999 S. B 11-12, 2000 S. B 11, Rb-A Bl. 28, 36-37, 53; Bp-A Bl. 53).

Zur Refinanzierung erhielt die Organträgerin Darlehen von ihrer Kommanditistin als "Investitionsbudget" (Organträgerin Berichte 1998 S. 30, 1999 S. B 19, 2000 S. B 20, 2001 S. B 22, 2002 S. B 21, Rb-A Bl. 30, 38, 55, 72, 91).

5.Nach Verlusten 1998 von -10 TSD. DM, 1999 von -228 TSD. DM und 2000 von -1,816 Mio. DM waren bei der Organgesellschaft bis zum 31. Dezember 2000 insgesamt Verluste in Höhe von -2.053.925 DM aufgelaufen, die in der Handelsbilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von -1.553.925,04 DM ergaben (negatives Eigenkapital; Organträgerin Berichte 1998 S. 20, 1999 S. 17, 2000 S. 19, A 12, Rb-A Bl. 27, 32, 44, 47; Organgesellschaft Bericht 2000 S. 14, A 3, FG-A Bl. 113, 115; vgl. Organgesellschafts-Gewerbeertragsermittlungen, GewSt-A Bl. 78, 85, 93).

In den Jahresabschluss- und Wirtschaftsprüferberichten 2000 für die Organträgerin und die Organgesellschaft heißt es zusammenfassend u.a., dass die Organgesellschaft durch außergewöhnliche Entwicklung in existenzielle Schwierigkeiten geraten und zu einem sehr ernsten Problem geworden sei. Im Bemühen um Aufträge, insbesondere um die Installation von Referenzanlagen, seien offenbar sehr schwere Fehler begangen worden. Es seien vertraglich Leistungen zugesichert worden, die bisher weder im Labor- noch im Produktionsbetrieb hätten erreicht werden können. Durch die Überschuldung sei sie von Liquiditätshilfen der Organträgerin abhängig geworden. Voraussichtlich werde die Organgesellschaft auch 2001 kein besseres Ergebnis vorlegen und nur mittelfristig saniert werden können. Diese könne diese Krise, wenn überhaupt, nicht allein durch massive finanzielle Unterstützung durchstehen. Sie bedürfe vielmehr auch umfassender personeller, organisatorischer und juristischer Hilfen. Ein wesentliches Risiko für die Organträgerin bestehe darin, dass ein Scheitern des Engagements bei der Organgesellschaft erhebliche Rückschläge für das Kerngeschäft der Organträgerin zur Folge hätte (Berichte Organträgerin 2000 S. 3-4, 15, 18-19, A 11, A 15, A 16, A 18, Rb-A Bl. 40-44, 46, 48-50; Organgesellschaft 2000 S. 9-15, A 3, FG-A Bl. 108-115).

6. Ebenfalls per Ende 2000 beliefen sich die offenen Darlehensforderungen der Organträgerin gegen die Organgesellschaft auf insgesamt 1.498.252,28 DM (vgl. Organgesellschaft Bericht 2000 S. 14, FG-A Bl. 113).

Die Organträgerin schrieb diese im handelsrechtlichen Jahresabschluss des Streitjahrs 2000 in voller Höhe ab. Im Jahresabschluss- und Wirtschaftsprüferbericht heißt es, dass die Darlehen überwiegend aus der Verlustfinanzierung für die Organgesellschaft resultierten und dass in Anbetracht von deren existenzieller Krise die Forderungen auf absehbare Zeit uneinbringlich seien (Organträgerin Bericht 2000 S. 15, A 8, A 11, B 11-12, Rb-A Bl. 42, 45-46, 53-54; Bp-A Bl. 53).

7. Außerdem machte die Organträgerin für das Streitjahr 2000 eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft in Höhe deren Stammkapitals von 500.000 DM geltend. Für die körperschaftsteuerliche Bilanz wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass diese Abschreibung in zwei Schritten mit je 250.000 DM in 2000 und 2001 anerkannt wird (vgl. Bp-A Bl. 47; FG-A Bl. 103; ferner Organträgerin Bericht 2001 S. A 1, A 7, Rb-A Bl. 59, 60).

8. In der Folgezeit setzte sich die Verlustentwicklung der Organgesellschaft fort. In den Berichten heißt es, dass in einem von ausgeschiedenen Mitarbeitern aufgemachten Konkurrenzunternehmen ihre Software mit Hilfe von Polizei und Staatsanwaltschaft sichergestellt worden sei. Ihr Jahresverlust steigerte sich im Vergleich zu den umgerechnet -0,9 Mio. EUR aus 2000 um mehr als 40 % auf rd. -1,3 Mio. EUR in 2001 und um nochmals 1/3 auf -1,75 Mio. EUR in 2002, nachdem die Organschaft mit Ablauf des Jahres 2001 geendet hatte (oben 2). In 2003 kam ein Verlust von -0,93 Mio. EUR hinzu, der den vorgetragenen Bilanzverlust auf -5,06 Mio. EUR erhöhte.

Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag (das negative Eigenkapital) verschlechterte sich durch die Verluste in 2001 auf -2,12 Mio. EUR und in 2002 auf -3,87 Mio. EUR sowie in 2003 auf -4,8 Mio. EUR.

Die Organträgerin schrieb neue Darlehen an die Organtochter in 2001 und 2002 um jeweils 1,6 Mio. EUR ab (d.h. um jeweils mehr als doppelt so viel wie die umgerechnet 0,77 Mio. EUR in 2000) und finanzierte deren Verluste auch 2003 durch weitere Darlehen (Summe der bis einschließlich 2003 gewährten Darlehen 5,09 Mio. EUR).

Die Beteiligung schrieb die Organträgerin in 2001 bis auf den Erinnerungswert um restliche 128 Tsd. EUR ab, d.h. umgerechnet um die vorerwähnten restlichen 250 Tsd. DM (oben 7; insges. Berichte Organträgerin 2001 S. 3, 16, 20, A 1, A 7-8, A 10, A 15-17, A 22-23, B 6-7, Bericht 2002 S. 3, 10, 16-17, 19-20, A 7, A 11, A 14, A 18-19, A 22-24, B 6-7, B 11, Rb-A Bl. 56-71, 73-90; Organgesellschaft 2001 S. 9-15, A 3, A 10-18, Bericht 2002, S. 9-15, A 3, Bericht 2003 S. 9-14, A 3, FG-A Bl. 116-146).

II.

1. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) setzte den Gewerbesteuermessbetrag 2000 zunächst gemäß eingereichter Erklärung mit Bescheid vom 28. März 2002 unter Nachprüfungsvorbehalt fest. Dabei wurde der Gewerbeertrag der Klägerin nach Hinzurechnungen und Kürzungen mit dem Gewerbeverlust der Organgesellschaften verrechnet. In dem Verlust der Organgesellschaften war von der hier interessierenden Organgesellschaft ein negativer Gewerbeertrag von -1.812.911 DM enthalten (GewSt-A Bl. 88 ff, 93, 123).

2. In 2002 bis 2003 wurde bei der Organträgerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum bis 2000 durchgeführt (Bp-A Bl. 32 ff, 73 ff). Gemäß Bericht vom 2. September 2003 (S. 11 Tz. 50) i.V.m. Prüfungsvermerken vom 14. März 2003 und 30. Oktober 2002 (Nrn. 6.202 und 6.603) seien in 2000 die Beteiligungsabschreibung von 250.000 DM und die Abschreibung kapitalersetzender Darlehen von 1.498.252 DM beim Organschafts-Gewerbeertrag zu neutralisieren (zusammen 1.748.252 DM), weil sich insoweit die durch Beteiligungs- und Darlehenskapital finanzierten Verluste der Organgesellschaft (zuletzt 225 Tsd. DM aus 1999 und 1.812 Tsd. DM aus 2000) doppelt ausgewirkt hätten (Bp-A Bl. 47, 53, 57, 73, 83). Dementsprechend legte das FA einen entsprechend höheren Gewerbeertrag in dem geänderten Gewerbesteuermessbetrags-Bescheid vom 26. November 2004 zugrunde, der mit einfacher Post bekannt gegeben wurde (GewSt-A Bl. 202, FG-A Bl. 7).

3. Den am 27. Dezember 2004 eingelegten Einspruch (Rb-A Bl. 2 ff) wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2005 zurück. Die Rechtsprechungsgrundsätze zur Korrektur des Organschafts-Gewerbeertrags gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG seien nicht nur bei der verlustbedingten Teilwertabschreibung von der Beteiligung, sondern sinngemäß auch für die Teilwertabschreibung der verlustfinanzierenden kapitalersetzenden Darlehen anzuwenden, damit der Verlust der Organgesellschaft sich nicht doppelt auswirke. Der Ausnahmefall einer Teilwertabschreibung wegen negativer Wertentwicklung außerhalb des Organschafts-Streitzeitraums sei nicht gegeben (Rb-A Bl. 92, FG-A Bl. 13, 43).

III.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer am 13. Januar 2006 erhobenen Klage vor (FG-A Bl. 1, 11, 31, 75, 102, 105, 147): Der Organschafts-Gewerbeertrag sei bezüglich beider Teilwertabschreibungen schon deswegen nicht zu korrigieren, weil sich die bisherigen Verluste der Organgesellschaft insoweit nicht doppelt ausgewirkt hätten. Vielmehr seien Beteiligung und Darlehen wegen negativer Zukunftsaussichten abgeschrieben worden; der Wert der Darlehensforderungen werde durch die Rückzahlungswahrscheinlichkeit und damit ebenso wie der Beteiligungswert durch die zukünftige Ertragsentwicklung bestimmt. Die negative Prognose sei durch die tatsächliche weitere negative Entwicklung bestätigt worden. Bereits Ende 2000 sei absehbar gewesen, dass die Organgesellschaft mangels Marktfähigkeit ihres einzigen Produkts mittelfristig zur Produktionseinstellung gezwungen sein werde. Unter diesen Umständen sei die Vermutung widerlegt, dass die Teilwertabschreibungen auf bereits erzielte Verluste zurückzuführen seien. Zumindest die nach Beendigung der Organschaft mit Ablauf des Jahres 2001 erwarteten Verluste der Organgesellschaft könnten sich nicht mehr doppelt auswirken und damit keinen Teilwertabschreibungen mehr entgegen stehen. Im Übrigen sei die Rechtsprechung zur Korrektur des Organschafts-Gewerbeertrags um verlustbedingte Beteiligungs-Abschreibungen nicht auf Darlehens-Abschreibungen übertragbar. Während die Beteiligungs-Abschreibung den verlustbedingten Verzehr des Eigenkapitals der Organgesellschaft widerspiegele, bleibe bei der Forderungs-Abschreibung die korrespondierende Verbindlichkeit in der Bilanz der Tochtergesellschaft stehen. Bei späterer Ausbuchung der Darlehensverbindlichkeit durch die Organgesellschaft z.B. infolge Darlehensverzichts der Organträgerin oder bei Liquidation der Organgesellschaft werde bei ihr ein entsprechender Gewinn entstehen und die Darlehensabschreibung der Organträgerin im Ergebnis ausgleichen. Auch im körperschaftsteuerlichen Halbeinkünfteverfahren werde gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG n.F. unterschieden zwischen einerseits nicht zu berücksichtigenden Beteiligungs-Abschreibungen und andererseits steuerwirksamen Abschreibungen auf Gesellschafterforderungen oder kapitalersetzende Darlehen.

Die Klägerin beantragt (FG-.A Bl. 2, 87, 104), den Gewerbesteuermessbetrags-Bescheid 2000 vom 26. November 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2005 dahin zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag unter Zugrundelegung eines um die Teilwertabschreibungen auf Darlehen in Höhe von 1.498.252 DM sowie auf Beteiligung in Höhe von 250.000 DM verminderten Gewerbeertrags festgesetzt wird.

Das FA beantragt (FG-A Bl. 41, 87, 104), die Klage abzuweisen.

Das FA bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung (FG-A Bl. 41).

IV.

Soweit die Klage sich gegen die Folgebescheid-Gewerbesteuerfestsetzung und -Gewerbesteuerzerlegung richtet, ruht das Verfahren gemäß Berichterstatter-Beschluss vom 10. August 2006 bis zum Abschluss des Streits über den Gewerbesteuermessbetrag (Protokoll vom 10. August 2006, S. 4, FG-A Bl. 87).

Der Berichterstatter hat die Sache am 2. und 10. August 2006 mit den Beteiligten erörtert (FG-A Bl. 75 ff, 84 ff).

Ergänzend nimmt der Senat Bezug auf die Erörterungs- und Verhandlungsprotokolle nebst Anlagen (FG-A Bl. 75 ff, 84 ff, 102 ff) sowie auf die mit den vorerwähnten Vorgängen zusammenhängenden Unterlagen aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) und aus den vorliegenden Steuerakten: - Rechtsbehelfs-Akte (Rb-A), - Gewerbesteuer-Akte (GewSt-A), - Betriebsprüfungs-Akte (Bp-A).

Gründe

Die zulässige Klage betreffend den Gewerbesteuer-Messbetrag ist unbegründet.

I.

Die Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung (1) und auf die Darlehensforderungen (2) sind ungeachtet ihrer handels- und steuerbilanziellen Zulässigkeit gemäß § 253 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 bzw. Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB), § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG), § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG), § 7 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organträgerin nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG a.F. wieder hinzuzurechnen.

Während die gewerbesteuerliche Organschaft hier aufgrund finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung (i.S.v. § 14 KStG a.F.) von 1998 bis einschließlich 2001 und damit auch im Streitjahr 2000 bestand (oben A I 2), war die Organgesellschaft bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organträgerin gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG so zu behandeln, als wäre sie deren Betriebsstätte.

Zwar werden die Gewerbeerträge zunächst für beide Unternehmen getrennt ermittelt (erste Stufe). Anschließend wird der Gewerbeertrag der Organgesellschaft jedoch der Organträgerin zugerechnet (zweite Stufe) und wird dabei durch Korrekturen eine Doppelbesteuerung vermieden und eine einmalige Erfassung sichergestellt (vgl. BFH vom 4. Juni 2003, I R 100/01, BFH/NV 2003, 1661; vom 18. September 1996, I R 44/95, BFHE 181, 504 , BStBl II 1997, 181; vom 25. Juli 1995, VIII R 54/93, BFHE 178, 448 , BStBl II 1995, 794; vom 2. Februar 1994, I R 10/93, BFHE 173, 426 , BStBl II 1994, 768 ; Abschn. 41 Gewerbesteuer-Richtlinien -GewStR-; Güroff in Glanegger, GewStG, 5. A., § 2 Rd. 200, 201, 202 m.w.N.; Lenski/Steinberg, GewStG, § 2 Rd. 3041 ff).

1. Dementsprechend ist die nach Verlusten der Organgesellschaft von der Organträgerin vorgenommene Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der Organgesellschaft zur Vermeidung einer Doppelerfassung von deren Verlusten auf der zweiten Stufe wieder hinzuzurechnen, soweit die Teilwertabschreibung sich betragsmäßig mit den erlittenen Verlusten der Organgesellschaft deckt (vgl. BFH vom 23. Januar 1992, XI R 47/89, BFHE 167, 158, BStBl II 1992, 630, 632 zu 1 c; Finanzgericht -FG- Hamburg vom 11. Juni 1996, II 133/94, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1996, 1042 m.w.N., rkr. nach Revisionsrücknahme).

a) Insoweit wird vermutet, dass der Verlust der Organträgerin aus der Teilwertabschreibung den Verlusten der Organgesellschaft entspricht. Die Korrektur der Teilwertabschreibungen des Organträgers um die Verluste der Organgesellschaft geht rechnerisch vor sich. Ist ein negativer Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) der Organgesellschaft beim Organträger in den zusammengefassten Gewerbeertrag einbezogen worden, ist insoweit eine Abschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft nicht möglich (BFH vom 6. November 1985, I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73; Abschn. 41 Abs. 1 Satz 8-12 GewStR).

Im Streitfall entspricht die in Höhe von 250.000 DM geltend gemachte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft insoweit deren Verlusten, die allein schon im Streitjahr um ein Vielfaches höher waren (oben A I 5, 7).

b) Die Vermutung, dass die Beteiligungsabschreibung den Verlusten der Organgesellschaft entspricht, ist im Streitfall nicht widerlegt; insoweit trägt die die Teilwertabschreibung geltend machende Klägerin die Feststellungslast.

Zwar ist die Vermutung widerlegbar, wenn die Teilwertabschreibung sich allein auf die außerhalb des Organschafts-Streitzeitraums erwirtschafteten Verluste bezieht, die nicht unmittelbar bei der Organträgerin abgesetzt werden (vgl. BFH vom 23. Januar 1992, XI R 47/89, BFHE 167, 158, BStBl II 1992, 630, 631 zu 1 a letzter Absatz) - im Unterschied zu den Verlusten aus der Zeit der Organschaft (vgl. BFH vom 27. Juni 1990, I R 183/85, BFHE 161, 157, BStBl II 1990, 916). Es kann sich um die im Zeitraum vor der Organschaft erwirtschafteten Ergebnisse oder um die nach Beendigung der Organschaft erwarteten Ergebnisse der Organgesellschaft handeln.

aa) Im ersteren Fall wird die Vermutung widerlegt, wenn die vororganschaftlichen Verluste beim Erwerb des Unternehmens zu einer Minderung dessen tatsächlichen Werts unter die Anschaffungskosten geführt haben (vgl. FG Hamburg vom 26. August 2004, VI 76/02, Datev, Juris; FG Düsseldorf vom 17. September 2001, 7 K 6316/98 G, EFG 2002, 217).

bb) Im zweiten Fall wird die Vermutung widerlegt, wenn allein die zukünftig erwarteten Ergebnisse ohne Rücksicht auf die während des Organschaftsverhältnisses entstandenen Verluste den Verkaufspreis unter den Buchwert herabgemindert haben (BFH vom 22. April 1998, I R 109/97, BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748; FG Düsseldorf vom 3. August 1999, 8 K 5495/97 G, EFG 1999, 1300, rkr.).

cc) Beide Fälle liegen hier nicht vor.

dd) Soweit das BFH-Urteil vom 22. April 1998 I R 109/97 (BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748) dafür angeführt wird, dass die Vermutung der verlustbedingten Teilwertabschreibung auch in anderen Fällen durch die Prognose mangelnder künftiger Rentabilität widerlegt werden könne, wird der dort behandelte Fall verkürzt zitiert.

c) Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Teilwertabschreibung sich nicht nur "überwiegend" auf die bereits erwirtschafteten Verluste der Organgesellschaft beziehe, sondern auch auf deren absehbare mittelfristige massive Hilfsbedürftigkeit (laut Jahresabschluss- und Wirtschaftsprüferbericht), wird danach die Vermutung nicht widerlegt. Vielmehr entspricht diese Situation dem Grundfall der Judikatur zur Hinzurechnung der verlustbedingten Teilwertabschreibung gemäß der Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG. Nach der Rechtsprechung kann bei der Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft im Jahr ihrer Verlusterwirtschaftung oder in einem späteren Jahr davon ausgegangen werden, dass die Wertminderung der Beteiligung zumindest auch auf den Vorgängen bei der Organgesellschaft beruht, die dort zu einem negativen Jahresergebnis geführt haben. Dabei kommt es für die rechnerische Korrektur der Teilwertabschreibung nicht darauf an, ob sich eine Identität der Verluste der Organgesellschaft mit den Verlusten des Organträgers aus der Teilwertabschreibung feststellen lässt (BFH vom 6. November 1985, I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73 zu 2).

Diese Würdigung und Vermutung entspricht dem vorliegenden und auch sonst vorkommenden Sachverhalt, dass sich in der Teilwertabschreibung erstens der Verbrauch des hingegebenen Kapitals durch die Verluste ausdrückt und dass zweitens diese Teilwertabschreibung nicht wegen zwischenzeitlicher positiver Erwartung entfallen kann. Ansonsten würde es sich nicht um eine "voraussichtlich dauernde Wertminderung" i.S.v. § 253 HGB (Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2) HGB i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 EStG handeln.

d) Der vermutete und wie dargelegt betragsmäßig belegte Zusammenhang mit dem Verlust des Streitjahrs wird im Streitfall zusätzlich dadurch bestätigt, dass für die darüber hinausgehenden Verluste des Streitjahrs und der Folgejahre die Beteiligung und die gewährten Darlehen entsprechend den mit diesem (Eigen- und Fremd-)Kapital erwirtschafteten Verlustbeträgen zeitlich verteilt weiter abgeschrieben wurden (oben A I 6-8).

e) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht, soweit die Klägerin anführt, dass die Teilwertabschreibung nicht nur durch die bisher erwirtschafteten und die im Folgejahr 2001 prognostizierten Verluste beeinflusst worden sei, sondern auch durch die ab 2002 erwarteten Verluste nach Wegfall der Organschaft durch Gesetzesänderung (mangels seitdem vorausgesetztem Ergebnisabführungsvertrag). Auch insoweit bleibt es bei der vorbeschriebenen Würdigung und Vermutung des betragsmäßigen Zusammenhangs mit den bisherigen Verlusten.

2. Der Senat hält es für sachgerecht, die vorstehenden Grundsätze zur verlustbedingten Teilwertabschreibung auf die Abschreibung der Darlehensforderungen gegenüber der Organgesellschaft entsprechend anzuwenden und auch diese Teilwertabschreibung - in Übereinstimmung mit dem FA - wieder hinzuzurechnen.

a) Ebenso wie in den zur Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft entwickelten Grundsätzen hält der Senat es auch bei der Darlehensabschreibung für erforderlich, eine Doppelberücksichtigung der Verluste der Organgesellschaft im Gewerbeertrag der Organschaft zu vermeiden. Zu einer solchen Doppelerfassung der Verluste würde es jedoch kommen, wenn eine verlustbedingte Darlehensabschreibung bei der Ermittlung des Organschafts-Gewerbeertrags (in der zweiten Stufe) nicht wieder hinzugerechnet würde.

Eine Doppelerfassung von Verlusten muss nicht nur durch Hinzurechnung einer verlustbedingten Beteiligungsabschreibung, sondern auch bei anderen Gestaltungen der Verlustfinanzierung mittels Eigen- oder Fremdkapital für die Organgesellschaft vermieden werden. So macht es z.B. im ähnlich gelagerten Fall einer Finanzierung der Verluste der Organgesellschaft durch "Zuschüsse" der Organträgerin für die Korrektur des Organschafts-Gewerbeertrags keinen Unterschied, ob die Zuschüsse als Aufwand verbucht oder ob sie aktiviert wurden und anschließend der Teilwert abgeschrieben wurde (vgl. Niedersächsisches FG vom 21. September 1976, VI Kö 118/75, EFG 1977, 129, rkr. nach Revisionsrücknahme). In gleicher Weise bleiben Forderungen und Schulden zwischen organschaftlich verbundenen Unternehmen - einschließlich der darauf einander gezahlten oder geschuldeten Beträge - außer Betracht (vgl. BFH vom 29. Mai 1968, I 198/65, BFHE 93, 289, BStBl II 1968, 807 a.E.; ferner vom 17. Februar 1972, IV R 17/68, BFHE 105, 383, BStBl II 1972, 582, 584 zu 3 a.E.).

b) Ebenso wie die Beteiligungsabschreibung ist auch die vorliegende Darlehensabschreibung verlustbedingt in dem Sinne, dass sie wesentlich durch die von der Organgesellschaft erwirtschafteten Verluste und die dadurch bewirkte Unwahrscheinlichkeit der Darlehens-Rückzahlung beeinflusst wird. Die Verluste der Organgesellschaft wurden nicht nur durch Verbrauch des ihr gewährten Stammkapitals, sondern darüber hinaus zum weit überwiegenden Teil durch die von der Organträgerin gewährten (wesentlich über deren Kommanditistin refinanzierten) Darlehen finanziert. Diese Feststellung wird durch das betragsmäßige Ergebnis erhärtet. Eigenkapitalersetzend deckten die Darlehensforderungen der Organträgerin im Streitjahr 2000 von rd. 1,5 Mio. DM den nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag der Organgesellschaft ab, d.h. das negative Eigenkapital (als bilanzielle Überschuldung) von ebenfalls rd. 1,5 Mio. DM (oben A I 6). Diese Verlust-Doppelerfassung ist im Streitjahr 2000 durch Hinzurechnung der Darlehens-Abschreibung zu vermeiden.

c) Dieses Ergebnis der betragsmäßigen Verlustbedingtheit im Streitjahr wird durch die gesonderten weiteren Abschreibungen in den Folgejahren im Zusammenhang mit den späteren Verlusten bestätigt (oben 1 d und A I 7-8).

d) Soweit die Klägerin anführt, dass die Minderung des Darlehenswerts und seiner Rückzahlungswahrscheinlichkeit auch durch die prognostizierten Zukunftsverluste und die nach Beendigung der Organschaft ab 2002 erwarteten Verluste beeinflusst wird, gilt stattdessen die für die Beteiligungsabschreibung und vorstehend ausgeführte Vermutung und Würdigung des Zusammenhangs mit den Verlusten des Streitjahrs, zumal bei der sich deckenden Höhe (oben 1 e und A I 5-7).

e) Soweit die Klägerin geltend macht, dass - anders als bei der Beteiligungsabschreibung - die doppelte Verlusterfassung aus der Darlehensabschreibung später ausgeglichen werden kann, wenn die Organträgerin irgendwann auf ihre bereits abgeschriebene Darlehensforderung gegenüber der Tochtergesellschaft verzichtet und bei jener dadurch ein außerordentlicher Ertrag entsteht, so wird dadurch zumindest nicht die gegenwärtige und temporäre Verlust-Doppelerfassung beseitigt (vgl. zur Hinzurechnung der Darlehens-Teilwertabschreibung beim Gewerbekapital, offen gelassen beim Gewerbeertrag, aber bei der Vermutungsprüfung gleichbehandelt: FG Düsseldorf vom 17. September 2001, 7 K 6316/98 G, EFG 2002, 217, rkr., m. Anm. Herlinghaus, FG-A Bl. 72; zum Darlehensverzicht vgl. Kessler in Herzig, Organschaft, S. 570, 589).

f) Nach Hinzurechnung der Darlehens-Teilwertabschreibung ist ein späterer Darlehensverzicht während des Bestehens der Organschaft oder zum Zeitpunkt ihrer Beendigung bei der Ermittlung des Organschafts-Gewerbeertrags durch einen Abzug des verzichtsbedingten Ertrags zu korrigieren, und zwar ebenfalls gemäß fiktiver Behandlung der Organgesellschaft als Betriebsstätte nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG.

g) Ob Ähnliches auch bei einem Verzicht nach Beendigung der Organschaft gilt, kann bei der Klage für das Streitjahr 2000 nicht mit Rechtskraftwirkung entschieden werden.

h) Soweit die Klägerin meint, dass entsprechend einer zu § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG n.F. vertretenen Ansicht zwischen Beteiligungs- und Darlehensabschreibungen zu differenzieren sei, bleibt das Finanzgericht bei der Auffassung, dass es für die Korrekturen bei der Ermittlung des Organschafts-Gewerbeertrags auf der zweiten Stufe nicht auf die Behandlung im Körperschaftsteuerrecht ankommt (vgl. FG Hamburg vom 11. Juni 1996, II 133/94, EFG 1996, 1042, 1044).

II.

Die Kostentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (vgl. Herlinghaus, EFG 2002, 218, 219, FG-A Bl. 73, 74).

Anmerkung

Revision eingelegt (BFH IV R 57/06)

Ende der Entscheidung

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