Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 6 K 157/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7i Abs. 1
EStG § 7i Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

6 K 157/06

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger bei der Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 2000 bis 2003 erhöhte Absetzungen nach § 7i Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zustehen.

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 28. Februar 2000/17. April 2000 eine Eigentumswohnung in der x-Straße in A und vermietete sie in den Streitjahren. Der Kaufpreis betrug DM 315.405,00. Davon sollten nach § 4 des Kaufvertrags DM 283.481,00 auf das Gebäude entfallen. Weiter heißt es in § 4 des Kaufvertrags:

"Der Verkäufer kann keine Gewähr für die obengenannte Angabe übernehmen, insbesondere hinsichtlich der Bewertung des Grund und Bodens sowie der Altbausubstanz, da den Finanzbehörden eine eigene Bewertung stets vorbehalten ist."

Am 2. Februar 2001 erteilte das Regierungspräsidium A dem Kläger auf Antrag eine "Bescheinigung zur Geltendmachung steuerlicher Vorteile gemäß §§ 7i, 10f und 11b des Einkommensteuergesetzes". Darin heißt es:

"Es wird hiermit bescheinigt, dass das Gebäude x-Straße in A ein Baudenkmal im Sinne des § 2 Abs. 1 des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes ist. Die hieran durchgeführten und in der Gesamtsumme enthaltenen Sanierungsarbeiten zur x-Straße - WHG Nr. ... die zu Aufwendungen von 283.481,00 DM geführt haben, waren im Sinne der §§ 7i, 10f und 11b des EStG nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich. Die anerkannten Aufwendungen sind in der anliegenden Kostenzusammenstellung, die Bestandteil dieser Bescheinigung ist, aufgeführt.

Für die Maßnahme wurde vom Regierungspräsidium A kein Zuschuss bewilligt.

Die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Die Finanzbehörde prüft weitere, steuerliche Voraussetzungen, insbesondere die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder wie Sonderausgaben und die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den Anschaffungskosten im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG oder den Herstellungskosten, zu den Werbungskosten insbesondere zum Erhaltungsaufwand oder zu den nicht abziehbaren Kosten.

Diese Bescheinigung dient der Vorlage beim Finanzamt."

Der Kläger beantragte unter Vorlage dieser Bescheinigung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen der Jahre 2000 bis 2003 die erhöhte Absetzung nach § 7i EStG, jeweils in Höhe von DM 28.348,10 bzw. EUR 14.494,15. Der Beklagte veranlagte die sich nach Abzug der geltend gemachten Abschreibungen ergebenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung antragsgemäß, wobei die Steuerfestsetzungen u.a. hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) vorläufig ergingen.

Am 10. Januar 2005 teilte das Finanzamt A III dem Beklagten mit, dass es die Kaufpreisaufteilung überprüft habe. Danach entfielen lediglich DM 207.152 des Kaufpreises auf die Sanierungskosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Mitteilung verwiesen.

Der Beklagte erließ daraufhin am 31. Januar 2005 nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geänderte Bescheide für 2000 - 2003 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag und legte den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nunmehr erhöhte Absetzungen nach § 7i EStG in Höhe von jeweils DM 20.715,80 bzw. EUR 10.591,82 zu Grunde. Die Herabsetzungen entsprachen dem verminderten Sanierungskostenanteil gemäß der Mitteilung des Finanzamts A III.

Gegen die geänderten Bescheide vom 31. Januar 2005 legte der Kläger am 1. März 2005 Einspruch ein. Er verwies auf die Bescheinigung des Regierungspräsidiums A vom 2. Februar 2001. Sie entfalte als Grundlagenbescheid im Sinne der §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO Bindungswirkung hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung. Die Bindungswirkung umfasse neben der Erforderlichkeit auch die Höhe der Aufwendungen zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal. Insoweit handele es sich um Tatbestandsmerkmale, die denkmalschutz- und zugleich steuerrechtliche Bedeutung hätten. In Bezug auf die Feststellung solcher Tatbestandsmerkmale habe der BFH im Urteil vom 13.09.2001, IX R 62/98, und im Urteil vom 14.01.2004, X R 19/02, eine Bindungswirkung angenommen, damit denkmalschutzrechtlich bezweckte Begünstigungen nicht durch abweichende steuerliche Beurteilungen unterlaufen werden können. Daher dürften Finanzämter in Bezug auf die erhöhte Absetzung nach § 7i EStG nur über sonstige steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale entscheiden, die nicht zugleich denkmalschutzrechtliche Bedeutung hätten. Zur Höhe der Sanierungsaufwendungen werde dies durch zwei Urteile des BFH gestützt. Im Urteil vom 11.06.2002, IX R 79/97, habe der BFH festgestellt, dass eine Bescheinigung unwirksam sei, wenn Angaben über die Höhe der Aufwendungen fehlten. Dies bedinge, dass der Bescheinigung hierfür Bindungswirkung zugedacht werde. In der Entscheidung vom 31.05.2001, IX 23/97, habe der BFH die spätere Geltendmachung höherer Aufwendungen wegen der Bindungswirkung der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG abgelehnt.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 4. August 2006 zurück. Durch die Formulierung, " die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung", und "die Finanzbehörde prüft weitere, steuerliche Voraussetzungen, ..." werde zum Ausdruck gebracht, dass eine Prüfung der Kaufpreisaufteilung der Finanzbehörde vorbehalten bleibe. Diese Auslegung stehe im Einklang mit dem Urteil des BFH vom 14.01.2004, X R 19/02, und ergebe sich auch aus Abschnitt 83b der Einkommensteuerrichtlinien (EStR). Aufgrund des deutlichen Hinweises habe der Kläger die Bescheinigung nach Treu und Glauben nicht anders verstehen dürfen. Schließlich entspreche dieses Verständnis dem ausdrücklichen Vorbehalt in dem Kaufvertrag vom 28. Februar 2000/17. April 2000.

Der Kläger hat am 7. September 2006 Klage erhoben.

Zur Begründung der Klage bezieht sich der Kläger auf sein außergerichtliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Die Bindungswirkung der Bescheinigung des Regierungspräsidiums A hinsichtlich der mitgeteilten Sanierungsaufwendungen ergebe sich auch aus den allgemeinen Auslegungsregeln. Zu berücksichtigen seien der Verständnishorizont des Betroffenen und der Grundsatz von Treu und Glauben. Dabei sei nach ständiger Rechtsprechung, z.B. BFH Urteil vom 13.09.2001, IX R 62/98, im Zweifel grundsätzlich das für den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis maßgeblich. Die Bescheinigung gebe dem Kläger keinen Anlass zu glauben, die Höhe der Modernisierungskosten könne später geändert werden. In jedem Fall ergebe sich eine Bindungswirkung daher aus Treu und Glauben. Der Hinweis auf die Prüfung weiterer, steuerlicher Voraussetzungen beziehe sich auf rein steuerliche Bereiche. Er betreffe zum einen die Abgrenzung von Betriebsausgaben, Werbungskosten und Sonderausgaben und zum anderen die Abgrenzung von Anschaffungs- und Herstellungskosten gegenüber sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand. Der Bindungswirkung der Bescheinigung stehe auch das von dem Beklagten angeführte Urteil des BFH vom 14.01.2004, X R 19/02, nicht entgegen. Die Entscheidung sei zu einem anderen Sachverhalt ergangen, der mit dem hier streitigen Fall nicht verglichen werden könne. Denn in dem Entscheidungsfall des BFH sei ein Gebäude unmittelbar nach dem Erwerb abgebrochen worden, was die Annahme eines im Kaufpreis enthaltenen Sanierungsaufwands selbstverständlich ausschließe.

Der Kläger beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 4. August 2006 und die Bescheide für 2000 - 2003 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 31. Januar 2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt auf die Gründe der Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend vor: Die in der Bescheinigung vorbehaltene Prüfungskompetenz der Finanzbehörden beziehe sich auch auf die Kaufpreisaufteilung und die Höhe der begünstigten Sanierungsaufwendungen. Die Rechtsprechung des BFH stehe diesem Verständnis nicht entgegen. Dies werde nicht zuletzt durch das Urteil des BFH vom 15.10.1996 (BStBl. 1997 II, 176) bestätigt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Steuerfestsetzungen durften hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht gemäß § 165 Abs. 2 AO geändert werden; den von dem Beklagten vorgenommenen Änderungen steht die Bindungswirkung der Bescheinigung des Regierungspräsidium A vom 2. Februar 2001 entgegen.

1. Bei der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, der eine für die Beteiligten bindende Entscheidung über die Höhe der nach § 7i Abs. 1 EStG begünstigten Aufwendungen enthält.

a) Die Regelungswirkung eines Verwaltungsakts und damit die Reichweite der Bindungswirkung eines Grundlagenbescheids ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont zu bestimmen. Entscheidend ist, wie der Erklärungsempfänger den Verwaltungsakt nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände verstehen musste bzw. durfte (BFH-Urteile vom 13.09.2001 IX R 62/98, BStBl. II 2003, 912; vom 10.10.2002 VI R 13/01, BStBl. II 2003, 156; vom 14.01.2004 X R 19/02, BStBl. II 2004, 711). Maßgeblich ist dafür, was der Erklärungsempfänger auf der Grundlage des objektiven Erklärungswertes glauben durfte, was der Erklärende erklären wollte (Heinrichs/Ellenberger in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 133 Rz. 9, 67. Auflage, 2008). Unklarheiten gehen dabei im Zweifel zu Lasten der Verwaltung (BFH-Urteile vom 13.09.2001, IX R 62/98, BStBl. II 2003, 912; vom 30.10.2002 IX R 13/99, BFH/NV 2003, 744; vom 14.01.2004 X R 19/02, BStBl. II 2004, 711). Soweit es mit diesem Grundsatz vereinbar ist, ist davon auszugehen, dass die Behörde den Verwaltungsakt im Zweifel im Einklang mit ihrer Ermächtigungsgrundlage und den sonstigen einschlägigen Rechtsvorschriften verstanden wissen wollte (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rn. 19, 10. Auflage, 2007). In diesem Zusammenhang erlangt der Zweck der Ermächtigungsgrundlage für den Verwaltungsakt besondere Bedeutung.

b) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung umfasst die verbindliche Feststellung einer Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts: die Denkmaleigenschaft des Gebäudes und, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu einer sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Der Grundlagenbescheid i.S.d. § 7i Abs. 2 EStG ist insoweit bindend, als er den Nachweis dieser denkmalschutzrechtlichen Voraussetzungen des § 7i Abs. 1 EStG erbringt. Über das Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Vorschriften des Steuerrechts haben die Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit zu entscheiden (vgl. BFH-Urteile vom 13.09.2001 IX 62/98, BStBl. II 2003, 912; vom 14.01.2004 X R 19/02, BStBl. II 2004, 711).

Daraus folgt: Erfasst die Bescheinigung Tatbestandsmerkmale, die zugleich denkmalschutzrechtliche und steuerrechtliche Bedeutung haben, ist die in der Bescheinigung zum Ausdruck kommende Beurteilung auch steuerrechtlich bindend, weil andernfalls der Normzweck des § 7i Abs. 1 EStG, denkmalschutzrechtlich erforderliche Investitionen zu begünstigen, durch eine abweichende steuerrechtliche Beurteilung der Finanzbehörde unterlaufen werden könnte (vgl. BFH-Urteile vom 30.10.2002 IX R 13/99, BFH/NV 2003, 744; vom 14.01.2004 X R 19/02, BStBl. II 2004, 711).

Aus diesen Grundsätzen abgeleitet umfasst die Bindungswirkung nach der Rechtsprechung des BFH auch die Feststellung darüber, ob und welche Aufwendungen zur Erhaltung und sinnvollen Nutzung des Denkmals erforderlich sind (BFH Urteil vom 31.05.2001 IX R 23/97, BFH/NV 2001, 1397). Die nach dem vorgenannten Urteil der Finanzbehörde verbleibende Prüfung, ob die Aufwendungen steuerliche Herstellungskosten sind, kann sich lediglich auf die Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand beziehen. Denn Aufwendungen zur Erhaltung eines Gebäudes als Baudenkmal können denknotwendig und daher auch steuerlich betrachtet nur dem Gebäude zuzurechnende Aufwendungen sein und nicht auf den Grund und Boden entfallen.

c) Nach diesen Maßstäben und im Einklang mit den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung zur Bindungswirkung der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG ist im vorliegenden Fall die Höhe der auf Baumaßnahmen im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG entfallenden Anschaffungskosten im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu einer sinnvollen Nutzung erforderlich sind, bindend bescheinigt worden.

aa) Diesbezüglich ist die Feststellung, "die in der Gesamtsumme enthaltenden Sanierungsarbeiten (...) die zu Aufwendungen von 283.481,00 DM geführt haben, waren im Sinne der §§ 7i, (...) EStG nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich", nach dem objektiven Empfängerhorizont als bindende Bescheinigung zu verstehen. Die getroffene Feststellung deckt sich insoweit mit dem Wortlaut des § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Bezugnahme auf § 7i EStG verdeutlicht, dass es sich (auch) um eine steuerrechtliche Beurteilung "im Sinne des § 7i EStG" handelt. Diese Beurteilung bezieht sich auch auf die Höhe der begünstigten Anschaffungskosten i.S.d. § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG. Das verdeutlicht zudem die Nennung des Betrags von DM 283.481,00 und die Feststellung, dass die Gesamtsumme des Kaufpreises insoweit auf Aufwendungen entfällt, die dem Umfang nach zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal erforderlich waren. Nach Treu und Glauben kann dies nur bedeuten, dass insoweit Aufwendungen für das Gebäude getätigt worden und damit dem Gebäude - auch steuerlich - zuzurechnen sind.

bb) Einen anderen Erklärungswert erhält die Feststellung auch nicht durch den abschließenden Hinweis darauf, dass die Finanzbehörde weitere, steuerliche Voraussetzungen prüft. "Weitere" Voraussetzungen sind gerade andere als die zuvor festgestellten. Zudem ist ein Hinweis auf einen allgemeinen Prüfungsvorbehalt der Finanzbehörde nach Treu und Glauben nicht so zu verstehen, dass er auch der zuvor in Bezug auf eine konkrete Frage getroffenen Feststellung die Regelungswirkung nehmen soll.

cc) Unbeachtlich ist der in § 4 des Kaufvertrags vom 28. Februar 2000/ 17. April 2000 vereinbarte Haftungsausschluss über die Anerkennung der im Kaufvertrag vorgenommenen Kaufpreisaufteilung durch die Finanzbehörde. Dass den Finanzbehörden eine eigene Bewertung stets vorbehalten sei, ist eine Rechtsauffassung, die nicht die Auslegung der Bescheinigung des Regierungspräsidiums A betrifft. Denn nach dem objektivem Empfängerhorizont ist maßgeblich, was der Kläger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände glauben durfte, was das Regierungspräsidium A mit der Bescheinigung erklären wollte. Dazu kann der Kaufvertrag keine --verbindliche-- Aussage treffen.

dd) Die Annahme der Bindungswirkung in Bezug auf die Höhe der Anschaffungskosten, die auf Baumaßnahmen i.S.d. § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG entfallen, widerspricht auch nicht erkennbar dem Zweck der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG. Ersichtlich gilt dies für den in der Rechtsprechung anerkannten Zweck, sicherzustellen, dass eine Begünstigung von denkmalschutzrechtlich erforderlichen Investitionen nicht durch abweichende steuerrechtliche Beurteilungen der Finanzbehörde unterlaufen wird. Die Begünstigung einer Investition durch erhöhte Absetzung nach § 7i Abs. 1 EStG hängt wesentlich von der Höhe ihrer Bemessungsgrundlage ab. Die Bindungswirkung der Bescheinigung ist somit auch in diesem Punkt zweckdienlich, um ein Unterlaufen der Begünstigung durch abweichende Beurteilungen der Finanzbehörde zu unterbinden.

ee) Auch stützt das Urteil des BFH vom 14.01.2004 X R 19/02 (BStBl. II 2004, 711) nicht, wie der Beklagte meint, seine Rechtsauffassung. Der BFH hat eine Bindungswirkung der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG hinsichtlich der Frage abgelehnt, ob das Baudenkmal im steuerrechtlichen Sinn ein saniertes Gebäude oder ein Neubau ist, weil dies eine ausschließlich steuerrechtliche Beurteilung darstellt. Das betrifft nach Auffassung des erkennenden Senats einen anderen Sachverhalt und ist auf den vorliegende Fragestellung nicht zu übertragen.

ff) Schließlich sieht sich der erkennende Senat in seiner Rechtsauffassung durch die --mit dem Sächsischen Staatsministerium der Finanzen abgestimmten-- Bescheinigungsrichtlinien des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Anwendung der §§ 7i, 10f und 11b des Einkommensteuergesetzes vom 30. November 1992 bestätigt. Nach der Tz. 5 der Bescheinigungsrichtlinien handelt es sich bei der Bescheinigung um einen Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für steuerliche Folgebescheide, dessen verbindliche Feststellungen sich ausdrücklich auch auf die Höhe der begünstigten Aufwendungen erstrecken (vgl. Tz. 5 Satz 4 Nr. 4 Bescheinigungsrichtlinien).

2. Durch die Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG des Regierungspräsidiums A wurde somit für das anhängige Verfahren bindend festgestellt, dass Aufwendungen in Höhe von DM 283.481,00 dem Gebäude zuzurechnen und damit als Bemessungsgrundlage für die erhöhte Abschreibung nach § 7i Abs. 1 EStG zugrunde zu legen sind. Davon hat der erkennende Senat auszugehen, ungeachtet dessen, ob die Feststellung zutreffend ist. Grundlagenbescheide entfalten als Feststellungsbescheide auch für Gerichte eine Tatbestands- bzw. Feststellungswirkung, soweit die Bindungswirkung der in dem Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen reicht (vgl. BFH Urteil vom 24.03.1998 I R 83/97, BFHE 186, 67, BStBl. II 1998, 601; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage, § 43 Rn. 16 - 19). Eine Bindung an Feststellungen des Grundlagenbescheids besteht auch dann, wenn sie materiell fehlerhaft sind und der Grundlagenbescheid rechtswidrig ist (vgl. BFH Urteil vom 24.03.1998 I R 83/97, BFHE 186, 67, BStBl. II 1998, 601; vgl. Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Stand Ergänzungslieferung 196, Dezember 2007, § 182 Rn. 58). Die Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden kann somit zu materiell unzutreffenden Steuerfestsetzungen führen, die nur durch eine Änderung des Grundlagenbescheides selbst behoben werden können. Hält das Finanzamt eine bindende Feststellung der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG für fehlerhaft, kann es die Rücknahme bzw. Änderung der Bescheinigung durch die zuständige Verwaltungsbehörde nur unverbindlich anregen und muss im Übrigen den Verwaltungsrechtsweg beschreiten (vgl. BFH Urteil vom 21.08.2001 IX R 20/99, BFHE 196, 191, BStBl. II 2003, 910; Erhard, in: Blümich, Einkommensteuergesetz, Stand 96. Ergänzungslieferung, § 7i Rn. 41).

3. Bei der Mitteilung des Finanzamts A III an den Beklagten handelt es sich nicht um eine Änderung der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG des Regierungspräsidiums A. Eine Behörde kann einen Verwaltungsakt -- wie die Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG -- nur durch Verwaltungsakt, einen so genannten Änderungsbescheid, ändern. Der Mitteilung des Finanzamts A III fehlt jedoch das für einen Verwaltungsakt wesentliche Merkmal der Regelung mit Außenwirkung. Sie ist nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht darauf gerichtet, für den Betroffenen -- den Kläger -- unmittelbar eine verbindliche Feststellung zu treffen. Vielmehr stellt sie lediglich eine informatorische Mitteilung des Finanzamts A III gegenüber dem Beklagten über die nach seiner Auffassung materiell-rechtlich zutreffende Bemessungsgrundlage für die erhöhte Absetzung nach § 7i Abs. 1 EStG dar. Die Mitteilung lässt die Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG somit unberührt und entfaltet auch im Übrigen keine Regelungswirkung.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 135 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 155, 151 Abs.3 FGO, 708 Nr.10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).



Ende der Entscheidung

Zurück