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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.02.2009
Aktenzeichen: 6 K 176/07
Rechtsgebiete: AO, GewStG


Vorschriften:

AO § 171 Abs. 10
AO § 175 Abs. 1
GewStG § 2 Abs. 2
GewStG § 7
GewStG § 35b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen des § 35 b GewStG.

Die Klägerin - eine GmbH - war in den Streitjahren körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organträgerin der C Beteiligungsges. mbH (nachfolgend: C-GmbH). Die C-GmbH war ihrerseits alleinige Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts, der C-A.

Die in den Streitjahren seitens der C-A an die C-GmbH ausgeschütteten Gewinne wurden aufgrund des sog. Schachtelprivilegs nach Art. 20 Abs. 2 Sätze 1 und 3 i.V.m. Art. 13 Abs. 4 DBA-Niederlande von der Bemessungsgrundlage ausgenommen. Allerdings rechnete der Beklagte der Klägerin unter Hinweis auf § 8 b Abs. 7 KStG 1999 und § 3 c EStG 1997 5 v. H. der ausgeschütteten Dividenden als nicht abziehbare Betriebsausgaben hinzu. Die Rechtsmittel der Klägerin gegen die hiernach ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für 1999 und 2000 hatten Erfolg (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juni 2006 I R 78/04, BStBl II 2008, 821). Das von der C-GmbH als Organgesellschaft der Klägerin zuzurechnende Einkommen war in Höhe der ursprünglichen Hinzurechnung nach § 8 b Abs. 7 KStG 1999 herabzusetzen, und zwar 1999 um 1.098.010 DM und 2000 um 1.025.422 DM. Dem folgte der Beklagte mit Abhilfebescheiden für 1999 und 2000 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG a.F. vom 20.02.2007. Das zu versteuernde Einkommen der Klägerin wurde für 1999 von zuletzt 32.037.315 DM auf 30.939.305 DM und für 2000 von zuletzt 28.448.528 DM auf 27.423.106 DM herabgesetzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheide verwiesen.

Am 02.05.2007 beantragte die Klägerin, die bestandskräftigen Gewerbesteuermessbescheide für 1999 und 2000 vom 28.03.2003 gemäß § 35 b GewStG zu ändern und die Gewerbeerträge bzw. Gewerbesteuermessbeträge entsprechend den bei der Körperschaftsteuer vorgenommenen Korrekturen herabzusetzen. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.05.2007 ab. § 35 b GewStG sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Den gegen die Ablehnung eingelegten Einspruch vom 14.06.2007 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18.09.2007 zurück.

Die Klägerin hat am 17.10.2007 Klage erhoben.

Die Klägerin macht geltend: Hinsichtlich der Hinzurechnungen nach § 8 b Abs. 7 KStG a.F. habe sie - die Klägerin - nur Einsprüche gegen die Körperschaftsteuerbescheide eingelegt; eine eigenständige Anfechtung der Gewerbesteuermessbescheide sei nicht erfolgt. Nach antragsgemäßer Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzungen müssten nun gemäß § 35 b GewStG auch für Zwecke der Gewerbesteuer die ursprünglichen Hinzurechnungen nach § 8 b Abs. 7 KStG a.F. rückgängig gemacht und die Gewerbesteuermessbeträge entsprechend herabgesetzt werden. Die Voraussetzungen des § 35 b GewStG seien erfüllt.

Ihre - der Klägerin - Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre seien geändert worden. Die Änderungen beträfen den Gewinn aus Gewerbebetrieb. Unschädlich sei, dass es sich um originäre Gewinnänderungen bei der C-GmbH handele. Denn "Gewinn aus Gewerbebetrieb" i. S. des § 35 b GewStG sei nach Sinn und Zweck nicht auf originäre Gewinne aus Gewerbebetrieb des Organträgers beschränkt. Die Vorschrift umfasse vielmehr auch Veränderungen auf der Ebene der Organgesellschaft, soweit sich diese auf das steuerliche Gesamtergebnis des Organkreises auswirkten. Durch die Vorschrift des § 35 b GewStG solle die doppelte Einlegung von Rechtsmitteln bei den sachlich eng zusammenhängenden Gewinnfeststellungen im Rahmen der Ertragsbesteuerung und der Gewerbesteuermessbeträge vermieden werden. Das Einkommen der Organgesellschaft werde dem Organträger für Zwecke der Körperschaft- und Gewerbesteuer zugerechnet und vom Organträger als einheitliches zu versteuerndes Einkommen bzw. als einheitlicher Gewerbeertrag versteuert. Dementsprechend erfolge eine Anfechtung der (anteiligen) Besteuerungsgrundlagen der Organgesellschaften stets auf Ebene des Organträgers.

Bezüglich einer Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb der Organgesellschaft liege somit die gleiche Rechtslage vor wie im Falle einer Änderung des "originären" Gewinns aus Gewerbebetrieb des Organträgers. Daher müsse § 35 b GewStG auch in Fällen Anwendung finden, in denen sich die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb des Organträgers aus einer Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb der Organgesellschaft ergebe.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 18.09.2007 und den Ablehnungsbescheid vom 15.05.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Gewerbesteuermessbescheide für 1999 und 2000 vom 28.08.2003 abzuändern und die Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von 796.291 EUR (1999) und 706.048 EUR (2000) festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor: § 35 b GewStG stelle neben den Änderungsvorschriften der AO eine selbstständige Rechtsgrundlage zur Änderung von bestandskräftigen Gewerbesteuermessbeträgen dar. Wegen der Bedeutung, die dem Institut der Bestandskraft für die Rechtssicherheit zukomme, müsse eine gesetzgeberische Wertentscheidung zugunsten einer Durchbrechung der Bestandskraft klar erkennbar sein.

Der Wortlaut des § 35 b GewStG stelle eindeutig auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen ab; entgegen der Auffassung der Klägerin könne der Gewinn aus Gewerbebetrieb des steuerpflichtigen Organträgers nicht mit den im Organkreis zusammengefassten Gewinnen aus Gewerbebetrieb mehrerer Steuerpflichtiger gleichgesetzt werden. Für eine derart extensive Auslegung der Vorschrift sei auch nach Sinn und Zweck der Regelung kein Raum. In Organschaftsfällen müsse der dem § 35 b GewStG innewohnende Vereinfachungsgedanke vielmehr hinter der Komplexität der Besteuerungszusammenhänge zurücktreten. Hätte der Gesetzgeber § 35 b GewStG auf den steuerlichen Organkreis anwenden wollen, so hätte er dies ausdrücklich regeln müssen.

Das habe er aber nicht getan. Die Klägerin hätte also zur Wahrung ihrer Rechte einen eigenständigen Rechtsbehelf gegen die Gewerbesteuermessbescheide einlegen müssen.

Auf die Sitzungsniederschrift vom 24.02.2009 wird verwiesen.

Dem Senat haben je 1 Bd. Körperschaftsteuer- (Bd. XIV; 1998-2000) und Gewerbesteuerakten (1993-2000) der Klägerin sowie 1 Bd. Körperschaftsteuerakten der CGmbH (Bd. I) vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Ablehnung des Beklagten, geänderte Gewerbesteuermessbescheide zu erlassen, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 101 FGO. Die in § 35 b GewStG genannten Voraussetzungen für eine Änderung der Gewerbesteuermessbescheide von Amts wegen sind im Streitfall erfüllt.

1. a. Nach § 35 b Absatz 1 Satz 1 und 2 GewStG ist ein Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid, der Körperschaftsteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid geändert wird und die Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt. Den Umfang der Änderung bestimmt § 35 b Abs. 1 Satz 2 GewStG. Danach ist die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb insoweit zu berücksichtigen, als sie die Höhe des Gewerbeertrags beeinflusst.

b. § 35 b GewStG enthält eine selbstständige Rechtsgrundlage zur Änderung von Gewerbesteuermessbescheiden (vgl. Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 35 b Rz. 2). Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewinnfeststellungsbescheide einerseits keine Grundlagenbescheide i.S.d. § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO für den Gewerbesteuermessbescheid sind, dass sich andererseits aber eine Korrektur eines Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewinnfeststellungsbescheids, die den Gewinn aus Gewerbebetrieb betrifft, aufgrund des § 7 GewStG auch auf die Höhe des Gewerbeertrags auswirkt (vgl. Hofmeister in Blümich, Gewerbesteuergesetz, § 35 b Rz. 4; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175 AO Rz. 3). Die Vorschrift dient der Verfahrensvereinfachung. Sie bezweckt zum einen die Vermeidung einer unerwünschten Verdoppelung von Rechtsbehelfsverfahren, in denen der Steuerpflichtige sowohl gegen den Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Gewinnfeststellungsbescheid als auch gegen den Gewerbesteuermessbescheid ein und dieselben (materiell-rechtlichen) Einwendungen erhebt (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 2004 X R 59/01, BFHE 206, 449, BStBl II 2004, 901); und zum anderen soll mithilfe des § 35 b GewStG dem Finanzamt die Möglichkeit eingeräumt werden, den Gewerbesteuermessbescheid den bei der Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer oder Gewinnfeststellung vorgenommenen Korrekturen anzupassen.

Kann ein Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Gewinnfeststellungsbescheid noch korrigiert werden und wirkt sich diese Korrektur auf die Höhe des Gewerbeertrags aus, kommt § 35 b GewStG zur Anwendung (vgl. BFH vom 16.12.2004 X R 14/03, BFHE 208, 283, BStBl II 2005, 184).

c. § 35 b GewStG ist keine eng begrenzte Änderungsvorschrift (vgl. Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 35 b Rz. 2 m.w.N.); Sinn und Zweck der Regelung gebieten vielmehr ein mit dem weit gehaltenen Gesetzeswortlaut übereinstimmendes Normverständnis (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 2004 X R 59/01, BFHE 206, 449, BStBl II 2004, 901). Hierfür sprechen auch die aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitenden Gebote der Rechtsmittelklarheit und der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 2004 X R 59/01, BFHE 206, 449, BStBl II 2004, 901).

2. Nach diesen Grundsätzen erweist sich die Auffassung des Beklagten, § 35 b GewStG komme nicht zur Anwendung, als rechtsfehlerhaft.

a. Die Klägerin war in den Streitjahren mit der C-GmbH im Rahmen einer körperschaftsteuer- und gewerbesteuerrechtlichen Organschaft verbunden.

aa. Nach § 14 KStG ist bei Bestehen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft grundsätzlich das Einkommen der Organgesellschaft an den Organträger abzuführen und diesem zuzurechnen (vgl. Olbing in Streck, KStG, 6. Aufl., § 14 Rz. 99). Das von der Organgesellschaft erwirtschaftete Einkommen wird zwar bei dieser selbst ermittelt, jedoch steuerlich beim Organträger erfasst. Soweit die Organgesellschaft selbst über kein weiteres, nicht an den Organträger abzuführendes Einkommen verfügt, wird die Körperschaftsteuer ihr gegenüber auf Null festgesetzt. Der Steuerbescheid gegenüber der Organgesellschaft entfaltet für den Steuerbescheid des Organträgers keine Grundlagenfunktion (i. S. von § 171 Abs. 10 AO); ebenso wenig ist die Ermittlung des Einkommens bei der Organgesellschaft für den Organträger bindend (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 84/03, BFHE 205, 1, BStBl II 2004, 539). Zwar wird das für die Besteuerung des Organträgers zuständige Finanzamt das von dem für die Besteuerung der Organgesellschaft zuständigen Finanzamt für diese ermittelte und jenem mitgeteilte Einkommen gemeinhin ungeprüft übernehmen. Dennoch gehen die (Teil-)Einkommen der Organgesellschaft und des Organträgers (nur) als unselbstständige Besteuerungsmerkmale in ein einheitliches Gesamteinkommen ein, welches vom Organträger zu versteuern ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 84/03, BFHE 205, 1, BStBl II 2004, 539; R 61 Abs. 5 KStR 2004).

bb. Für die Ermittlung des Gewerbeertrags und des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags gilt im Ergebnis das Gleiche. In gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht gelten nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG Organgesellschaften als Betriebsstätten des Organträgers. Trotz dieser Fiktion bilden die eingegliederten Kapitalgesellschaften (die Organgesellschaften) und das andere Unternehmen (der Organträger) kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbstständige, sachlich steuerpflichtige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie; vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 2 Rz. 200 m.w.N.). Die Organschaft führt jedoch dazu, dass die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaften für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet wird, mit der Folge, dass die im Organkreis zusammengefassten Besteuerungsgrundlagen der zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe materiell-rechtlich in einem - einheitlichen - Gewerbeertrag des Organträgers aufgehen und dass der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe allein gegenüber dem Organträger festzusetzen ist (BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 183/85, BFHE 161, 157, 160, BStBl II 1990, 916, 918). Für Zwecke des § 35 b GewStG ist deshalb für die Dauer der Organschaft unter Gewerbeertrag derjenige Gewerbeertrag zu verstehen, der nach den vorstehenden Grundsätzen gegenüber dem Organträger zu ermitteln und für den der Steuermessbetrag - § 14 GewStG - festzusetzen ist (vgl. § 10 GewStG).

b. Auf die vorgenannte Weise wurde auch im Streitfall verfahren.

aa. Das von der C-GmbH in den Streitjahren an die Klägerin abzuführende Einkommen bzw. der der Klägerin von der C-GmbH zuzurechnende Gewerbeertrag ist zunächst isoliert ermittelt und sodann der Klägerin zugerechnet und bei dieser besteuert worden.

bb. In dem Organeinkommen der C-GmbH waren ursprünglich die dem Gewinn der Organgesellschaft außerbilanziell gemäß § 8 b Abs. 7 KStG 1999 hinzugerechneten (vgl. Buyer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8 b KStG a.F. Rz. 290) Beträge in Höhe von 1.098.010 DM für 1999 und in Höhe von 1.025.422 DM für 2000 enthalten und haben als Bestandteile des Gewinns aus Gewerbebetrieb der C-GmbH (vgl. § 8 Abs. 2 KStG) deren gemäß § 14 KStG der Klägerin zuzurechnendes Organeinkommen erhöht (vgl. Buyer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8b KStG a.F. Rz. 301). Die Hinzurechnungsbeträge nach § 8 b Abs. 7 KStG 1999 sind m. a. W. als unselbstständige Gewinnbestandteile der C-GmbH über die Einkommenszurechnung nach § 14 KStG in den steuerpflichtigen Gesamtbetrag der Einkünfte (vgl. R 29 KStR 2004; Olbing in Streck, KStG, 7. Aufl., § 14 Rz. 160) und in das zu versteuernden Einkommen der Klägerin eingeflossen und haben als solche zugleich nach der Betriebsstätten-Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG den steuerpflichtigen Gewerbeertrag der Klägerin i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG erhöht (vgl. allgemein Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 7 Rz. 26 m.w.N.; BFH-Urteil vom 27.6.1990 I R 183/85, BFHE 161,157, BStBl II 1990, 916).

c. Gegen diese Hinzurechnungen ist die Klägerin im Rahmen ihrer Einspruchs- und Klageverfahren gegen die Körperschaftsteuerbescheide für 1999 und 2000 vom 18.04.2001 (1999) und 07.02.2002 (2000) in zulässiger- und verfahrensrechtlich notwendiger Weise (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 84/03, BFHE 205, 1, BStBl II 2004, 539) vorgegangen. Materiell-rechtlich hat sich die Klägerin damit gegen die Höhe des ihr im Rahmen der Organschaft als unselbstständige Besteuerungsgrundlage zugerechneten Gewinns aus Gewerbebetrieb der C-GmbH gewandt. Da die Einwendungen der Klägerin Erfolg hatten, wurden die außerbilanziellen Gewinnerhöhungen nach § 8 b Abs. 7 KStG 1999 im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagungen der Klägerin mit Änderungsbescheiden vom 20.02.2007 antragsgemäß herabgesetzt. Die Änderungsbescheide haben damit unmittelbar den der Klägerin zugerechneten und von ihr zu versteuernden Gewinn aus Gewerbebetrieb der C-GmbH berührt. Dass die Gewinnänderungen der Organgesellschaft nicht ausdrücklich als solche in den Körperschaftsteuerbescheiden ausgewiesen werden, sondern in den Bescheidpositionen "Zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft (§ 14 KStG)" enthalten sind, ist unschädlich. Das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft setzt sich aus verschiedenen Besteuerungsgrundlagen zusammen (vgl. R 29 KStR 2004), wovon jede einzelne - wie im Streitfall die Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb - im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Körperschaftsteuerbescheid des Organträgers Änderungen dem Grunde oder der Höhe nach erfahren kann. Die im Zuge eines Rechtsbehelfsverfahrens korrigierten Besteuerungsgrundlagen müssen aber nicht im Einzelnen im Bescheid benannt werden; für eine hinreichende Begründung (vgl. § 121 AO) des Steuerbescheids sind vielmehr auch zusammengefasste Positionen wie das "zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft" ausreichend.

d. Da § 35 b Abs. 1 Satz 1 GewStG auf einen geänderten "Gewinn aus Gewerbebetrieb" abstellt, sind die Voraussetzungen der Norm somit auch dann erfüllt, wenn im Rahmen einer Änderungsveranlagung nicht der originäre Gewinn aus Gewerbebetrieb des Organträgers, sondern der Gewinn aus Gewerbebetrieb der Organgesellschaft berührt wird.

In beiden Fällen wird der in dem zu versteuernden Einkommen des Organträgers enthaltene Gewinn aus Gewerbebetrieb geändert. Ein qualitativer und begrifflicher Unterschied ist zwischen dem originären und dem nach § 14 KStG zugerechneten Gewinn nicht zu erkennen; beide Gewinne stellen gleichrangige, unselbstständige Besteuerungsgrundlagen (vgl. § 157 Abs. 2 AO) im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung des Organträgers dar und beeinflussen über § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zugleich dessen Gewerbeertrag bzw. dessen vortragsfähigen Gewerbeverlust (BFH-Urteil vom 27.6.1990 I R 183/85, BFHE 161,157, BStBl II 1990, 916).

e. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist § 35 b Abs. 1 GewStG somit in einem Organkreis anwendbar. Das von dem Senat vertretene Auslegungsergebnis ist wortlautkongruent und verhindert eine unerwünschte Verdoppelung von Rechtsbehelfsverfahren sowohl gegen den Körperschaftsteuerbescheid als auch gegen den Gewerbesteuermessbescheid wegen derselben materiell-rechtlichen Einwendungen (im Streitfall: Gewinnhinzurechnungen bei der Organgesellschaft nach § 8 b Abs. 7 KStG 1999). Nach Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzungen für 1999 und 2000 mit Bescheiden vom 20.02.2007 sind daher die Gewerbesteuermessbescheide für 1999 und 2000 vom 28.03.2003 gemäß § 35 b Abs. 1 GewStG von Amts wegen zu ändern und die Gewerbeerträge bzw. Gewerbesteuermessbeträge den bei der Körperschaftsteuer vorgenommenen Korrekturen anzupassen. Aus dieser Anpassung ergeben sich - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von 796.291 EUR (1999) und 706.048 EUR (2000).

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 135 Abs. 1, § 115 Abs. 2 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155, § 151 Abs. 3 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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