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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.08.2009
Aktenzeichen: 6 K 65/09
Rechtsgebiete: FGO, AO, EStG


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1
FGO § 101
FGO § 102
AO § 352 Abs. 1
EStG § 35
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die zutreffende Auslegung des § 35 Abs. 2 EStG und die Höhe des gesondert und einheitlich festzustellenden Gewerbesteuer-Messbetrags im Falle der Beteiligung einer Organgesellschaft an einer Personengesellschaft.

Die Kläger waren in den Streitjahren 2001 - 2003 zu je 50% als Kommanditisten an der H KG beteiligt. Komplementärin ohne Kapitaleinlage war die Verwaltungsgesellschaft H-U GmbH. Die Komplementärin erhielt zu Lasten des Ergebnisses der Gesellschaft für die Übernahme der persönlichen Haftung eine Vergütung in Höhe von 3% ihres Stammkapitals von DM 50.000,- (EUR 25.565,-) und von einem danach verbleibenden Gewinn 0,5% (vgl. § 7 Gesellschaftsvertrag vom 21.12.1992). Die H KG hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.02. - 31.01. eines Jahres.

Die Kläger waren darüber hinaus alleinige Gesellschafter der G GmbH (heute: F GmbH). Die --jeweils hälftigen-- Anteile an der G GmbH stellten Sonderbetriebsvermögen bei der H KG dar. Die H KG war in den Streitjahren zudem körperschaft- und gewerbesteuerliche Organträgerin der G GmbH, die ihrerseits zu 97% als Kommanditistin an der R KG beteiligt war.

Die Beteiligungsverhältnisse der Streitjahre im Schaubild:

Die Kläger übertrugen ihre Kommanditbeteiligungen mit Wirkung zum 01.01.2007 (Eintragung im HR am ... 2007) auf die S GmbH (heute: V GmbH); zugleich schied die H-U GmbH als Komplementärin aus der H KG aus. Das Vermögen der H KG ist damit mit Wirkung zum 01.01.2007 der S GmbH als allein verbliebener Gesellschafterin angewachsen (Eintragung im HR am ... 2007).

Mit gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheiden für 2001 - 2003 vom 04.10.2004 (2001), 02.06.2005 (2002) und 30.08.2005 (2003) wurden für die Kläger gemäß § 35 Abs. 3 EStG a.F. anteilige Gewerbesteuermessbeträge der H KG in folgender Höhe festgestellt:

 GewerbesteuermessbetragDMEUREUR
gesamt280.18081.02660.900
Anteil Kläger zu 1.140.09040.51330.450
Anteil Kläger zu 2.140.09040.51330.450

Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 07.06.2007 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Kläger im Namen der H KG, die o. a. Feststellungsbescheide nach § 164 Abs. 2 AO zu ändern, und die zugunsten der Kläger festgestellten, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge um die bei der R KG zugunsten der G GmbH festgestellten anteiligen Gewerbesteuermessbeträge zu erhöhen. Hierbei handelte es sich um folgende Beträge:

 200120022003
§ 35 EStGDMEUREUR
Anteil G GmbH91.42550.50031.755

Hilfsweise wurde beantragt, die o. a. anteiligen Gewerbesteuermessbeträge der G GmbH nach § 163 AO im Billigkeitswege in die Feststellungsverfahren der H KG einzubeziehen.

Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28.06.2007 ab. Eine Einbeziehung anteiliger Gewerbesteuermessbeträge der R KG in die Feststellungsverfahren der H KG scheide aus. Die H KG sei über die G GmbH nur mittelbar an der R KG beteiligt. Die auf die G GmbH als unmittelbare Gesellschafterin der R KG entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge könnten nicht an die H KG durchgereicht werden. Dafür fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Dementsprechend sei auch für eine abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitswege gemäß § 163 AO kein Raum.

Unter dem 04.07.2007 ergingen für die R KG geänderte Feststellungsbescheide für 2001 - 2003. Die auf die G GmbH entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge betrugen nunmehr:

 200120022003
§ 35 EStGDMEUREUR
Anteil G GmbH19.336,9533.169,1533.595,95

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.06.2007 legten die Prozessbevollmächtigten der Kläger im Namen der H KG am 09.07.2007 Einspruch ein.

Nach einer bei der H KG durchgeführten Betriebsprüfung (Prüfungsbeginn: 22.08.2005; vgl. Prüfungsbericht vom 03.08.2007) erließ der Beklagte am 28.09.2007 gegenüber der H KG nach § 164 Abs. 2 AO geänderte gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide für 2001 - 2003. Für die Kläger wurden nunmehr gemäß § 35 EStG anteilige Gewerbesteuermessbeträge der H KG in folgender Höhe festgestellt:

 200120022003
GewerbesteuermessbetragDMEUREUR
Gesamt215.080103.24541.595
Anteil Kläger zu 1.107.54051.622,5020.797,50
Anteil Kläger zu 2.107.54051.622,5020.797,50

Mit den Änderungsbescheiden wurde zugleich der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Gegen die Änderungsbescheide vom 28.09.2007 legten die Prozessbevollmächtigten der Kläger am 10.10.2007 im Namen der H KG Einspruch ein, den sie mit Schreiben vom 11.07.2008 wieder zurücknahmen.

Der Beklagte wies den im Namen der H KG eingelegten Einspruch vom 09.07.2007 gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.06.2007 mit an die Kläger als Einspruchsführer gerichteter Einspruchsentscheidung vom 18.02.2009 zurück. Die anteiligen Gewerbesteuermessbeträge der G GmbH aus deren Beteiligung an der R KG könnten weder nach Wortlaut noch nach Systematik des § 35 EStG in das Feststellungsverfahren der H KG einbezogen werden. Zwar werde der Gewinn der G GmbH über den Organkreis mit der H KG im Ergebnis an die Kläger durchgeleitet; doch blieben Organgesellschaft und Organträger im Rahmen einer Organschaft selbstständige Rechtsträger mit der Folge, dass die Beteiligung der G GmbH als Organgesellschaft an der R KG nicht der H KG als Organträgerin zugerechnet werden könne. Für Zwecke des § 35 EStG sei deshalb allein die G GmbH an der R KG beteiligt gewesen und könne nur dieser ein anteiliger Gewerbesteuermessbetrag von der R KG zugerechnet werden. Entsprechend habe der BFH auch mit Urteil vom 22.01.2004 (III R 19/02, BStBl II 2004, 515) zu § 34 EStG entschieden, dass die Veräußerung eines Teilbetriebs einer Organgesellschaft mit einer natürlichen Person als Organträger nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 34 EStG unterfalle. Die Nichtberücksichtigung der streitigen Gewerbesteuermessbeträge sei auch nicht sachlich unbillig i.S.d. § 163 AO. Sachliche Unbilligkeit liege vor, wenn die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis im Einzelfall zwar dem Wortlaut einer Vorschrift entspreche, aber nach dem Zweck des Gesetzes nicht (mehr) zu rechtfertigen sei und den Wertungen des Gesetzes zuwiderlaufe. Für die Regelung des § 35 EStG sei anzunehmen, dass sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine Einbeziehung von Gewerbesteuermessbeträgen in einer Konstellation wie der vorliegenden entschieden habe.

Die Kläger haben am 17.03.2009 (Eingang bei Gericht) Klage erhoben.

Die Kläger tragen vor: Nach der Intention des § 35 EStG solle eine Doppelbelastung mit Gewerbe- und Einkommensteuer bei natürlichen Personen vermieden werden. Dass der Gesetzgeber die hier vorliegende Konstellation möglicherweise nicht bedacht habe, könne nicht zur Versagung der beantragten Anrechnung führen. Insbesondere aus den in der Vergangenheit explizit getroffenen Regelungen zu einer nur gewerbesteuerlichen Organschaft sei ersichtlich, dass der Gesetzgeber nur diese Gestaltung nicht habe begünstigen wollen. Hätte der Gesetzgeber auch den Fall der körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht begünstigen wollen, so hätte er dies ausdrücklich anordnen können. Da das Gesetz insofern schweige, müsse davon ausgegangen werden, dass es für den Streitfall eine Begünstigung vorsehe oder aber diesen Fall nicht bedacht habe. Schließlich stehe die Einspruchsrücknahme vom 11.07.2008 gegen die Änderungsbescheide vom 28.09.2007 dem Klagebegehren nicht entgegen. Die Änderungsbescheide seien gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens vom 09.07.2007 geworden. Der Verpflichtungseinspruch sei damit von Gesetzes wegen in einen Änderungseinspruch gegen die Änderungsbescheide übergeleitet worden. Die mit den Änderungsbescheiden erfolgte Aufhebung der Vorbehaltsvermerke stehe somit dem Klagebegehren nicht entgegen. Zudem werde angeregt, das Verfahren im Hinblick auf das Revisionsverfahren IV R 8/09 ruhen zu lassen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 16.03., 09.04., 28.04., 12.06. und 07.08.2009 verwiesen.

Die Kläger beantragen,

die Einspruchsentscheidung vom 18.02.2009 aufzuheben und die Bescheide für 2001- 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 28.09.2007 dahingehend zu ändern, dass die zugunsten der Kläger nach § 35 EStG festgestellten, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge um die auf die F GmbH aus der Beteiligung an der R GmbH & Co. KG entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge erhöht werden, nämlich um insgesamt EUR 19.336,95 für 2001, EUR 33.169,15 für 2002 und EUR 33.595,95 für 2003,

hilfsweise,

die genannten Beträge im Wege der abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO in die Feststellungen der H KG einzubeziehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Ausführungen seiner Einspruchsentscheidung und stimmt darüber hinaus einem Ruhen des Verfahrens nicht zu.

Dem Gericht haben die den Streitfall betreffenden Steuerakten vorgelegen, nämlich 3 Bd. Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuerakten, je 1 Bd. Bilanz- und Bilanzberichts-, Rechtsbehelfs- und Betriebsprüfungsakten und 1 Bd. Allgemeines.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide vom 28.09.2007 und die Ablehnung des Beklagten, eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO durchzuführen, sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1, § 101, § 102 FGO.

1. Das Vorverfahren --§ 44 FGO-- ist ordnungsgemäß durchgeführt worden.

Zwar ist das Gesellschaftsvermögen der H KG mit der Übertragung der Kommanditbeteiligungen der Kläger mit Wirkung zum 01.01.2007 auf die S GmbH und dem gleichzeitigen Ausscheiden der Komplementärin durch Anwachsung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die S GmbH als verbleibender Gesellschafterin übergegangen und die H KG damit --die Löschung der Personengesellschaft im Handelsregister ist für den Eintritt der Vollbeendigung nicht erforderlich-- ohne Abwicklung vollbeendet worden (vgl. BFH-Urteil vom 16.10.2008 IV R 74/06, BFH/NV 2009, 725; BFH-Beschluss vom 25.09.1985 IV R 180/83, BFH/NV 1986, 171; BGH-Urteil vom 10.05.1978 VIII ZR 32/77, BGHZ 71, 296, unter II. 2. a) aa) der Gründe).

Eine zivilrechtlich vollbeendete Personengesellschaft ist nach der Rechtsprechung des BFH indes steuerrechtlich so lange als materiell-rechtlich existent anzusehen, wie noch Steueransprüche gegen sie oder von ihr geltend gemacht werden und das Rechtsverhältnis zu den Finanzbehörden nicht endgültig abgewickelt ist (BFH-Urteil vom 12.04.2007 IV B 69/05, BFH/NV 2007, 1923). Ebenso wie eine wegen der Abwicklung steuerrechtlicher Verpflichtungen --steuerrechtlich-- noch nicht vollbeendete Personengesellschaft befugt ist, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als Prozessstandschafterin Klage gegen Gewinnfeststellungsbescheide zu erheben (BFH a.a.O.), bleibt sie im außergerichtlichen Einspruchsverfahren nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO einspruchsbefugt.

Hiernach war die H KG, vertreten durch die ehemaligen Gesellschafter als Liquidatoren, diese vertreten durch die Prozessbevollmächtigten der Kläger als Einspruchsbevollmächtigte, befugt, gegen den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 28.06.2007 Einspruch einzulegen. Denn aufgrund der gegen die H KG am 22.08.2005 begonnenen und mit der Übersendung des Prüfungsberichts vom 03.08.2007 abgeschlossenen Außenprüfung (vgl. Rüsken in Klein, AO, 9. Aufl., § 202 Rz. 1 m.w.N.) sowie aufgrund des Erlasses von Steueränderungsbescheiden --u.a. zur GewSt-- gegenüber der H KG nach Außenprüfung vom 28.09.2007 war das Rechtsverhältnis der H KG zu den Finanzbehörden jedenfalls bei Einspruchseinlegung noch nicht endgültig abgewickelt und die Gesellschaft also noch steuerrechtlich existent. Der Einspruch vom 28.06.2007 war somit zulässig.

Da die H KG im Laufe des Einspruchsverfahrens mit Abschluss der Außenprüfung und Begleichung der Steuerverbindlichkeiten gemäß Änderungsbescheiden nach Außenprüfung zwischenzeitlich auch steuerrechtlich vollbeendet wurde, sind die Kläger als von den Feststellungen gemäß § 35 EStG materiell betroffene Gesellschafter im Wege eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels --analog §§ 239, 246 ZPO--in die Stellung der vormaligen KG eingetreten (vgl. BFH-Urteil vom 25.04.2006 VIII R 52/04, BFHE 214, 40, BStBl II 2006, 847, unter II.A.1.b der Gründe). Die Einspruchsentscheidung vom 18.09.2009 wurde damit zutreffend an die Kläger als Einspruchsführer gerichtet.

2. Der Senat hat von einer Beiladung der ehemaligen Komplementärin der H KG, der Verwaltungsgesellschaft H-U GmbH, abgesehen, weil sie von dem Ausgang des Verfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerrechtlich betroffen sein kann (vgl. hierzu Stapperfend in Gräber, FGO, 6. Aufl., § 60 Rz. 65 "Nichtbetroffensein" m.w.N.). Juristische Personen unterfallen nicht der Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG, sodass es auch nicht darauf ankommt, ob die vormalige Komplementärin aufgrund ihres gesellschaftsvertraglichen Gewinnbezugsrechts (vgl. § 7 Gesellschaftsvertrag vom 21.12.1992) dem Grunde nach gemäß § 35 Abs. 3 EStG a.F. (Abs. 2 n.F.) in das Feststellungsverfahren nach § 35 EStG einzubeziehen wäre.

3. Der von den Klägern mit dem Hauptantrag begehrten Änderung der Feststellungsbescheide zu § 35 EStG steht nicht schon die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit den Bescheiden vom 28.09.2007 und die Rücknahme des gegen die Änderungsbescheide gesondert eingelegten Einspruchs vom 10.10.2007 unter dem 11.07.2008 entgegen. Die Änderungsbescheide vom 28.09.2007 wurden gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens vom 09.07.2007. Ebenso wie § 68 FGO im Fall von Verpflichtungsklagen sinngemäß anwendbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.10.1995 VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304 m.w.N.), gilt dies auch für Verpflichtungseinsprüche im Bereich des § 365 Abs. 3 AO (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 365 AO Rz. 26 zur Entsprechung von 365 AO und § 68 FGO). Obwohl die Änderungsbescheide vom 28.09.2007 nicht unmittelbar den Ablehnungsbescheid vom 28.06.2007, sondern die Feststellungsbescheide vom 04.10.2004, 02.06. und 30.08.2005 änderten, wurden sie in entsprechender Anwendung des § 365 Abs. 3 AO automatisch zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens gegen den Ablehnungsbescheid (vgl. BFH a.a.O.). Das Einspruchsverfahren wurde damit von Gesetzes wegen als Anfechtungseinspruchsverfahren fortgesetzt (vgl. BFH-Urteil vom 10.10.1995 VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304; wohl abweichend: Sächsisches Finanzgericht , Urteil vom 15.04.2002 5 K 807/01, EFG 2002, 1068; BFH-Urteil vom 01.08.1984 V R 91/83, BFHE 141, 492, BStBl II 1984, 788).

4. Die von den Klägern begehrte Einbeziehung der auf die G GmbH entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge aus der Beteiligung an der R KG in die gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheide der H KG ist indes nach der Regelung des § 35 EStG ausgeschlossen und weder nach dem Haupt- (a) noch nach dem Hilfsantrag (b) zu erreichen.

a. aa. Die für die Streitjahre maßgebliche Vorschrift des § 35 Abs. 3 EStG a.F. lautet:

"(3) Bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 ist der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuer-Messbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. Der anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag ist als Vomhundertsatz mit zwei Nachkommastellen gerundet zu ermitteln. Bei der Feststellung nach Satz 1 sind anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen."

Die auf die G GmbH entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbeträge aus der Beteiligung an der R KG können danach nur in die Feststellungen der H KG einbezogen werden, wenn sie i. S. von Abs. 3 Satz 4 "aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen". Insofern stellt sich die Frage, ob Gewerbesteuer-Messbeträge auch dann noch aus einer Mitunternehmerschaft "stammen", wenn --wie hier-- die Personenobergesellschaft (H KG) nicht unmittelbar an der Personenuntergesellschaft (R KG) beteiligt ist, sondern die Beteiligung an der Untergesellschaft von einer an dieser als Mitunternehmerin beteiligten GmbH (G GmbH), die ihrerseits (gewerbe- und körperschaftsteuerliche) Organgesellschaft der Personenobergesellschaft (H KG) ist, vermittelt wird.

bb. Das wird in Teilen der Literatur bejaht (vgl. Schiffers in Korn, EStG, § 35 Rz. 63; Danelsing in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 35 EStG Rz. 47; Glanegger in Schmidt, EStG, 28. Aufl., § 35 Rn. 44; Korezkij, GmbHR 2003, 1178, 1180; Levedag, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 35 EStG Rz. 47; Neu, DStR 2000, 1933, 1938; Koretzkij, GmbHR 2003, 1178; so auch beiläufig FG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.2009 16 K 1267/07 F, StE 2009, 245). Für die Zurechnung der anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge der Personenuntergesellschaft bei der Personenobergesellschaft und eine entsprechende Erhöhung des Gewerbesteuer-Anrechnungsvolumens der Obergesellschaft wird maßgeblich angeführt, dass zum einen der Gewinn der Personenuntergesellschaft (R KG) körperschaftsteuerlich in das Einkommen der Organgesellschaft (G GmbH) eingehe, der Organträger-Personengesellschaft nach §§ 14, 17 KStG zugerechnet und bei den Gesellschaftern der Obergesellschaft (Kläger zu 1. und 2.) "schlussbesteuert" werde; dass zum anderen aber der Gewerbeertrag der Personenuntergesellschaft (R KG) aus der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage der Organgesellschaft (G GmbH) gemäß § 9 Nr. 2 GewStG gekürzt werde und somit nicht in die Ermittlung des Gewerbesteuer-Messbetrags der Obergesellschaft (H KG) eingehen könne. Ohne die Erhöhung des gewerbesteuerlichen Anrechnungsvolumens bei der Obergesellschaft (H KG) um die anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge der Untergesellschaft (R KG) würde deshalb der gewerbliche Gewinn der Untergesellschaft (R KG) entgegen dem Grundanliegen des § 35 EStG (vgl. zur Rechtsentwicklung und Bedeutung des § 35 EStG allgemein Wendt, FR 2000, 1173 ff.) bei den Gesellschaftern der Obergesellschaft (Kläger zu 1. und 2.) ohne die Möglichkeit einer Anrechnung der gewerbesteuerlichen Vorbelastung einkommensteuerpflichtig.

cc. Den zitierten Meinungen ist zuzugeben, dass es --bezogen auf den Streitfall--durch die Nichtberücksichtigung der auf die G GmbH entfallenden Gewerbesteuer-Messbeträge in den Feststellungsverfahren der H KG zu einer ungekürzten Doppelbelastung der von der G GmbH bezogenen Gewinnanteile aus deren Beteiligung an der R KG mit Gewerbesteuer einerseits (R KG) und Einkommensteuer andererseits (Kläger zu 1. und 2.) kommt.

dd. Die anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge der G GmbH "stammen" indes für die H KG nicht "aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft" i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F.

(1) Dagegen spricht schon die Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Hiernach steht einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft nur der über eine oder mehrere Personengesellschaften mittelbar beteiligte Gesellschafter gleich. Nach dieser für den steuerlichen Begriff der Mitunternehmerschaft zentralen Vorschrift scheidet eine über eine Organgesellschaft vermittelte Mitunternehmerschaft des Organträgers aus. Es ist insofern nicht ersichtlich, weshalb dem Begriff der Mitunternehmerschaft im Bereich des § 35 EStG eine andere Bedeutung zukommen sollte als in der Bezugsnorm des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

(2) Zudem spricht die Regelung des § 35 Abs. 4 Satz 4 EStG a.F. dafür, dass Gewerbesteuer-Messbeträge nur bei einer unmittelbaren Beteiligung einer Personenobergesellschaft an einer Personenuntergesellschaft (echte doppelstöckige Personengesellschaft) "aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen".

§ 35 Abs. 4 EStG a.F. lautet:

"(4) Zuständig für die gesonderte Feststellung nach Absatz 2 ist das für die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags zuständige Finanzamt. Zuständig für die gesonderte Feststellung nach Absatz 3 ist das für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt. Für die Ermittlung der Steuerermäßigung nach Absatz 1 sind die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags und die Feststellung der Vomhundertsätze nach Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 Grundlagenbescheide. Für die Ermittlung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags nach Absatz 3 sind die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags und die Festsetzung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft Grundlagenbescheide."

Grundlagenbescheid i. S. des Satzes 4 ist nach der Legaldefinition des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt, soweit er für die Festsetzung einer Steuer bindend ist. Ein Gewinnfeststellungsbescheid entfaltet Bindungswirkung gegenüber demjenigen Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist (§ 179 Abs. 2 Satz 1 AO). Eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte wird nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO durchgeführt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und diesen die Einkünfte zuzurechnen sind. Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids erstreckt sich danach auf die Personen, denen die Einkünfte steuerlich zuzurechnen sind, also die Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG.

In Fällen --wie hier-- einer Organgesellschaft mit nachgeschalteter Personengesellschaft entfaltet der Gewinnfeststellungsbescheid für die Personengesellschaft somit nur Bindungswirkung für die Organgesellschaft, denn nur diese ist ungeachtet des Organschaftsverhältnisses selbst Mitunternehmerin der Personengesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 06.03.2008 IV R 74/05, BFHE 220, 304, BStBl II 2008, 663).

Eine Erstreckung der Wirkungen des Feststellungsbescheids auf den Organträger ist nicht möglich. Rechtsgrundlage dafür könnte nur § 14 KStG sein, der eine Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organträger regelt. Zwar können einkommen- bzw. körperschaftsteuerliche Rechtsfolgen aus der Beteiligung der Organgesellschaft an einer Mitunternehmerschaft wegen der Zurechnung nach § 14 KStG im Ergebnis nur bei dem Organträger eintreten. Dies ist indessen keine unmittelbare Folge der Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 179 Abs. 2 Satz 1 AO. Diese Wirkung erstreckt sich nur auf den an einer Mitunternehmerschaft Beteiligten, also die Organgesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 06.03.2008 IV R 74/05, BFHE 220, 304, BStBl II 2008, 663 m. w. N).

Anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge "stammen" somit nur dann "aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft" i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F., wenn sie einer Personenobergesellschaft als Mitunternehmerin i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG einer Personenuntergesellschaft im Rahmen eines (gesonderten und einheitlichen) Feststellungsbescheids der Personenuntergesellschaft zugerechnet werden. Denn nur dann kann die Festsetzung eines anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags bei der Personenuntergesellschaft für die Personenobergesellschaft Grundlagenbescheid sein.

Da im Streitfall die G GmbH Mitunternehmerin der R KG war, sind die Feststellungsbescheide der R KG Grundlagenbescheide für die G GmbH; die darin festgestellten, anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge "stammen" somit für die H KG nicht "aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft" i. S. von § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F.

ee. Das Gesetz ist insoweit nicht planwidrig unvollständig. Die auf Organgesellschaften entfallenden Gewerbesteuer-Messbeträge aus Beteiligungen an Mitunternehmerschaften können nicht im Wege eines Analogieschlusses in die Feststellungen i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F. einbezogen werden.

Durch die Anordnung von Grundlagen- und Folgebescheidverhältnissen in § 35 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 4 Satz 4 EStG a.F. werden anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge verfahrensrechtlich nachvollziehbar durch aneinander beteiligte Mitunternehmerschaften bis zu den anrechnungsberechtigten "Schlussgesellschaftern" durchgeleitet. Die Verfahrensbestimmungen gewährleisten die einheitliche und widerspruchsfreie verfahrensrechtliche Umsetzung der materiell-rechtlichen Regelungen des § 35 EStG über die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb. Da das Gesetz ausdrücklich Grundlagen- und Folgebescheidverhältnisse für die Berücksichtigungsfähigkeit von Gewerbesteuer-Messbeträgen anordnet, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen bewusst gewählt und die hierdurch eintretenden Nachteile für Organschaften mit nachgeschalteten Personengesellschaften als für die Gesellschafter der Obergesellschaft hinnehmbar beurteilt hat. Hierfür spricht auch, dass sich der Gesetzgeber wiederholt im Rahmen des § 35 EStG mit den Wirkungsweisen der Organschaft befasst und die Vorschrift an die Entwicklung der Organschaftsvoraussetzungen angepasst hat (vgl. § 35 Abs. 2 EStG a.F. zur nur gewerbesteuerlichen Organschaft). Eine verdeckte Lücke (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 198) liegt demnach nicht vor.

ff. Für die Einbeziehung der auf die G GmbH entfallenden, anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge aus deren Beteiligung an der R KG in die Feststellungsverfahren der H KG fehlt es somit an einer Rechtsgrundlage (i. E. gleicher Ansicht Steiner/Wichert in Lademann/Söffing, EStG, § 35 Rz. 62; Frotscher, UbG 2009, 426, 433; Kollruss, DStR 2007, 378).

b. Die Nichtberücksichtigung der streitigen Gewerbesteuer-Messbeträge ist auch nicht sachlich unbillig i. S. von § 163 AO.

aa. Sachliche Unbilligkeit i. S. von § 163 AO liegt nach der BFH-Rechtsprechung nur vor, wenn die Festsetzung der Steuer an sich zwar dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Einzelfall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint und ein ungewollt über die Wertungen des Gesetzgebers hinausgehender sog. Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die mit Sinn und Zweck des Gesetzes zu vereinbarende Regelung feststellbar ist (vgl. Rüsken in Klein, AO, 9. Aufl., § 163 Rz. 32; BFH-Beschluss vom 21.09.2005 X B 100/05, StE 2005, 2160, [...]). Die Unbilligkeit muss sich stets aus den Umständen des Einzelfalls ergeben; Gesetzesfolgen, die bei generalisierender Betrachtung für die gesetzliche Regelung typisch sind und denen durch eine abstrakt-generelle Regelung Rechnung zu tragen der Gesetzgeber unterlassen hat, können allenfalls im Wege der den Billigkeitsmaßnahmen vorrangigen Gesetzesauslegung und -analogie, soweit diese nach Wortlaut und Systematik des Gesetzes möglich sind, berücksichtigt und korrigiert werden (vgl. Rüsken in Klein, a.a.O., Rz. 33 m.w.N.).

bb. Die Umstände des Streitfalles betreffen keinen untypischen Einzelfall. Das Problem der "Abschirmwirkung" von Organgesellschaften mit nachgeschalteten Personengesellschaften im Bereich des § 35 EStG ist abstrakt-genereller Natur, das die Praxis seit Einführung der Vorschrift durch das StSenkG v. 23.10.2000 (BGBl. I 2000, 1428) beschäftigt (vgl. hierzu nur die unter 4. a. cc. aufgeführten Literaturbeiträge). Die sich aus der "Zwischenschaltung" der Organgesellschaft G GmbH ergebenden Belastungsfolgen können somit nicht im Wege einer Billigkeitsregelung nach § 163 AO korrigiert werden.

5. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 135 Abs. 1, § 115 Abs. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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