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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 23.05.2007
Aktenzeichen: 7 K 276/06
Rechtsgebiete: InsO, KraftStG
Vorschriften:
InsO § 35 | |
InsO § 36 | |
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1 | |
KraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
KraftStG § 2 Abs. 2 S. 1 | |
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1 | |
KraftStG § 7 Nr. 1 |
Finanzgericht Hamburg
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob gegen den Insolvenzverwalter zu Recht Kraftfahrzeugsteuerbescheide erlassen wurden, obwohl die Fahrzeuge tatsächlich nicht für die Insolvenzmasse genutzt wurden und der Kläger drohende Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte.
Das Amtsgericht Hamburg bestellte den Kläger mit Beschluss vom 2. Mai 2006 (Geschäftsnummer 67a IN 183/06) zum vorläufigen Insolvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der A. B. GmbH (Insolvenzschuldnerin). Verfügungen der Insolvenzschuldnerin waren seitdem nur noch mit Zustimmung des Klägers wirksam. Zu diesem Zeitpunkt waren für die Insolvenzschuldnerin folgende Fahrzeuge (Anhänger und Lastkraftwagen [LKW]) für den Verkehr zugelassen:
Amtliches Kennzeichen | Fahrzeugart | zulässiges Gesamtgewicht | Schadstoffklasse |
HH-... 1.. | Anhänger | 1 500 kg | |
HH-... 2.. | Anhänger | 1 300 kg | |
HH-... 3.. | LKW | 26 000 kg | S 2 |
HH-... 4.. | LKW | 2 680 kg | |
HH-... 5.. | LKW | 2 745 kg | |
HH-... 6.. | LKW | 3 045 kg | |
HH-... 7.. | LKW | 2 680 kg |
Am selben Tag fuhr der Kläger zu dem Betriebsgelände der Insolvenzschuldnerin. Die für die Insolvenzschuldnerin zugelassenen Fahrzeuge fand er dort nicht vor.
Das Amtsgericht Hamburg eröffnete mit Beschluss vom 19. Juni 2006 (Geschäftsnummer 67a IN 183/06) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger zeigte am 20. Juni 2006 dem Insolvenzgericht die drohende Masseunzulänglichkeit an. Der Kläger wusste nicht, wo sich die Fahrzeuge befanden und nutzte die Fahrzeuge tatsächlich nicht für die Insolvenzmasse.
Der Beklagte erließ jeweils am 19. Juli 2006 Bescheide über Kraftfahrzeugsteuer für die o. g. Fahrzeuge gegen den Kläger, die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung für die Insolvenzschuldnerin zugelassen waren, wobei er die Steuer wie folgt festsetzte:
HH-... 1..: vom 19. Juni 2006 bis 16. April 2007 auf 49 EUR, ab 17. April 2007 auf jährlich 59 EUR,
HH-... 2..: vom 19. Juni 2006 bis 27. März 2007 auf 40 EUR, ab 28. März 2007 auf jährlich 52 EUR,
HH-... 3..: vom 19. Juni 2006 bis 27. September 2006 auf 183 EUR, ab 28. September 2006 auf halbjährlich 342 EUR,
HH-... 4..: vom 19. Juni 2006 bis 5. Mai 2007 auf 141 EUR, ab 6. Mai 2007 auf jährlich 160 EUR,
HH-... 5..: ab 11. Juli 2006 auf jährlich 160 EUR,
HH-... 6..: vom 19. Juni 2006 bis 22. Mai 2007 auf 171 EUR, ab 23. Mai 2007 auf jährlich 185 EUR,
HH-... 7..: ab 11. Juli 2006 auf jährlich 160 EUR.
Gegen die Bescheide vom 19. Juli 2006 legte der Kläger am 1. August 2006 Einsprüche ein.
Der Beklagte erließ während des Einspruchsverfahrens geänderte Bescheide, und zwar am
16. August 2006 für HH-... 5.. (Steuer vom 11. Juli 2006 bis 30. Juli 2006 in Höhe von 8 EUR),
5. September 2006 für HH-... 4.. (Steuer vom 19. Juni 2006 bis 6. August 2006 in Höhe von 21 EUR),
8. September 2006 für HH-... 6.. (Steuer vom 19. Juni 2006 bis 20. August 2006 in Höhe von 32 EUR).
Mit Einspruchsentscheidungen vom 24. Oktober 2006 wies der Beklagte die Einsprüche zurück.
Der Beklagte erließ danach geänderte Bescheide, und zwar am
am 31. Oktober 2006 für HH-... 3.. (Steuer vom 28. September 2006 bis 11. Oktober 2006 in Höhe von 25 EUR),
am 7. November 2006 für HH-... 7.. (Steuer vom 11. Juli 2006 bis 11. Oktober 2006 in Höhe von 40 EUR).
Am 24. November 2006 erhob der Kläger Klage gegen sämtliche Einspruchsentscheidungen vom 24. Oktober 2006. Er ist der Auffassung, dass er keine Kraftfahrzeugsteuer schulde, da er die Fahrzeuge tatsächlich nicht für die Insolvenzmasse genutzt und die drohende Masseunzulänglichkeit angezeigt habe.
Der Kläger beantragt,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19. Juli 2006 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 1 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19. Juli 2006 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 2.. und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19. Juli 2006 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 3.. und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006 sowie den geänderten Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 31. Oktober 2006,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 5. September 2006 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 4.. und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 16. August 2006 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 5.. und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 8. September 2006 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 6.. und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006 sowie
den geänderten Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 7. November 2006 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 7..
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidungen und den Akteninhalt.
Die Beteiligten haben am 3. April 2007 auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Dem Gericht hat die Kraftfahrzeugsteuerakte "HH-... 1../7, 2../8, 3../1, 4../1, 5../4, 6../6, 7../2" des Finanzamtes für Verkehrsteuern und Grundbesitz in Hamburg vorgelegen.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 3. April 2007 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
1. Die Klage ist zulässig, auch soweit sie sich gegen die nach Erlass der Einspruchsentscheidungen ergangenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 3.. vom 31. Oktober 2006 und für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 7.. vom 7. November 2006 richtet. Denn nach § 68 Satz 1 FGO wurden diese Verwaltungsakte Gegenstand des Verfahrens, da sie die angefochtenen Verwaltungsakte nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidungen änderten. § 68 FGO greift seinem Wortlaut nach schon vor Klageerhebung ein (s. auch Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 68 FGO Rz. 16 f.). Das Gericht hat den Klageantrag hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuerbescheide für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... 3.. von Amts wegen angepasst, da mit dem Änderungsbescheid vom 31. Oktober 2006 keine Änderung der Streitpunkte des Verfahrens verbunden war und die Anpassung im Interesse des Klägers lag (vgl. zur Anpassung des Klageantrags von Amts wegen auch BFH-Urteil vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig.
a) Der Kläger ist ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer, da die Kraftfahrzeugsteuer ab diesem Zeitpunkt eine Masseverbindlichkeit i. S. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist, weil sie durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet wird.
aa) Die Insolvenzschuldnerin ist gemäß § 7 Nr. 1 KraftStG Steuerschuldnerin bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da für sie bis zu diesem Zeitpunkt die Fahrzeuge zum Verkehr zugelassen waren. Aufgrund der Zulassung bestand die Kraftfahrzeugsteuerpflicht i. S. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG, da "Halten" i. S. dieser Vorschrift auch das Innehaben der Zulassung bedeutet. Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Der Begriff des Haltens von Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen knüpft dabei an das Recht zur Benutzung des Fahrzeugs an, bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen an das Innehaben der Zulassung, durch das wiederum die Person des Steuerschuldners bestimmt wird (BFH-Urteil vom 13. Januar 1987 VII R 147, 148, 150/84, BFHE 148, 542, BStBl II 1987, 272 m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U, BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49). Der steuerrechtliche Tatbestand des Haltens eines Kraftfahrzeugs ist mit der Zulassung des Kraftfahrzeugs erfüllt, unabhängig davon, ob überhaupt oder in welchem Umfang von dem durch die Zulassung eingeräumten Recht, das Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen in Betrieb zu setzen, im Einzelfall tatsächlich Gebrauch gemacht wird (BFH-Urteil vom 14. November 1973 II R 98/72, BFHE 111, 432, BStBl II 1974, 325). Da gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG die Steuerpflicht bei einem inländischen Fahrzeug, vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5, dauert, solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, wird der kraftfahrzeugsteuerrechtliche (Grund-)Tatbestand durch das fortdauernde, sich ständig erneuernde Halten des Kraftfahrzeugs i. S. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG verwirklicht, also monats-, unter Umständen tageweise (BFH-Beschluss vom 8. Juli 1997 VII B 89/97, BFH/NV 1998, 86 m.w.N.).
Zwar können im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG Zweifel daran bestehen, ob der Steuertatbestand des Haltens durch die fortdauernde Zulassung erfüllt wird, wenn verkehrsrechtlich die Haltereigenschaft durch die tatsächliche, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über das Fahrzeug begründet wird (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 7 StVG Rz. 14). Der erkennende Senat schließt sich jedoch der bisherigen steuerrechtlichen Rechtsprechung an, da § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG auf das Recht zur Nutzung und nicht auf die tatsächliche Nutzung abstellt.
bb) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ging das Recht der Insolvenzschuldnerin, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Kläger über. Insolvenzmasse i. S. des § 35 InsO ist das gesamte einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Insolvenzschuldners (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 35 Rz. 5). Dabei erfasst die Insolvenzmasse nur vermögenswerte Gegenstände des Schuldnervermögens. Entscheidend für die Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse ist daher die Pfändbarkeit bzw. Unpfändbarkeit (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 35 Rz. 13). Zur Insolvenzmasse i. S. § 35 InsO gehören im vorliegenden Verfahren die Fahrzeuge bzw. die Nutzungsrechte an den Fahrzeugen, die für die Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zugelassen waren. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Insolvenzschuldnerin Eigentümerin der Fahrzeuge war oder lediglich Nutzungsberechtigte. Denn zumindest war sie mit Zustimmung des jeweiligen Verfügungsberechtigten der Fahrzeuge Halterin der Fahrzeuge geworden, was ihr gleichfalls eine jedenfalls tatsächliche Verfügungsberechtigung über die Fahrzeuge einräumte (vgl. auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 7 StVG Rz. 14). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 StVG erfolgt die Zulassung auf Antrag des Verfügungsberechtigten des Fahrzeugs, wobei das Fahrzeug auf den Halter zugelassen wird (vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StVG), d.h. auf denjenigen, der Inhaber der Zulassung ist (vgl. auch Abs. 1 DA zu § 23 Abs. 1 StVZO a.F.). Da ein Halterwechsel bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht der Zulassungsbehörde gemeldet wurde ( § 27 Abs. 1a Nr. 1 StVZO a.F., ab 1. März 2007: § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung), geht der Senat mangels anderweitigen substantiierten Vortrags des Klägers und anhand der Aktenlage davon aus, dass die Insolvenzschuldnerin im Hinblick auf die fortdauernde Zulassung der Fahrzeuge auf ihren Namen jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Eigentümerin bzw. mit Zustimmung des Verfügungsberechtigten Nutzungsberechtigte hinsichtlich der Fahrzeuge war. Beide Vermögenswerte gehören nach Auffassung des Senates zur Insolvenzmasse. Die daraus resultierende Verfügungsberechtigung ging auf den Kläger als Insolvenzverwalter über.
Die bloße Zulassung stellt für sich allein hingegen keinen selbständigen Vermögenswert dar, der zur Insolvenzmasse gehört. Die bloße öffentlichrechtliche Befugnis, ein Fahrzeug infolge der Zulassung auf öffentlichen Straßen in Betrieb zu setzen, ist nicht selbstständig verwertbar (vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 857 Rz. 4).
cc) Gegenüber dem Kläger als Steuerschuldner war die nach Insolvenzeröffnung entstehende Kraftfahrzeugsteuer festzusetzen, da es sich ab diesem Zeitpunkt um eine Masseverbindlichkeit ( § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) und nicht um eine Insolvenzforderung ( § 38 InsO) handelt.
Da der kraftfahrzeugsteuerrechtliche (Grund-)Tatbestand durch das fortdauernde, sich ständig erneuernde Halten des Kraftfahrzeugs i. S. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG verwirklicht wird (s. o.), wird im Fall der Konkurseröffnung die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vor und nach der Konkurseröffnung ungeachtet des Laufs des Entrichtungszeitraums aufgeteilt. Die in der Zeit von der Konkurseröffnung an bis zum Tage einer etwaigen Abmeldung des Fahrzeuges entstehende Kraftfahrzeugsteuer wird gegen den Konkursverwalter als Steuerschuldner durch Kraftfahrzeugsteuerbescheid festgesetzt und nicht als Konkursforderung angemeldet (BFH-Beschluss vom 8. Juli 1997 VII B 89/97, BFH/NV 1998, 86 m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist entsprechend auf das Insolvenzverfahren zu übertragen. Die Vorschriften des KraftStG werden durch die Vorschriften des Insolvenzrechts überlagert und, ohne dass dies ausdrücklich geregelt wäre, modifiziert. Denn der dem Insolvenzrecht zugrunde liegende Rechtsgedanke verlangt, dass der Steuerfiskus aufgrund der steuerrechtlichen Regelungen keinen Vorteil gegenüber anderen Insolvenzgläubigern erlangt, aber auch keinen Nachteil. Steuerschulden, die erst nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch die Verwaltung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens begründet werden, sind deshalb nicht als Insolvenzforderungen anteilig zu befriedigen, sondern stellen grundsätzlich Masseverbindlichkeiten dar (BFH-Urteil vom 16. November 2004 VII R 62/03, BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer um Masseverbindlichkeiten i. S. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Masseverbindlichkeiten sind die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Begründet ist die Verbindlichkeit, wenn der Rechtsgrund nach Verfahrenseröffnung gelegt ist (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 55 Rz. 37; Eickmann in HK-InsO, 4. Aufl. 2006, § 55 InsO Rz. 6). Eine Masseverbindlichkeit liegt vor, wenn der Insolvenzverwalter den Tatbestand verwirklicht, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft (Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl. 2005, S. 64). Da der Rechtsgrund für die Kraftfahrzeugsteuerpflicht durch das fortdauernde Halten der Fahrzeuge i. S. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG (hier durch die fortdauernde Zulassung der Fahrzeuge) verwirklicht wird (s. o. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 7 Nr. 1 KraftStG), ist die Kraftfahrzeugsteuer ab Insolvenzeröffnung eine Masseverbindlichkeit. Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Senates auch dann, wenn der Kläger verkehrsrechtlich ggf. nicht Halter der Fahrzeuge war (s. o.). Für Masseverbindlichkeiten ist der Kläger in seiner Eigenschaft als Verwalter der Masse Steuerschuldner (vgl. auch Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl. 2005, S. 68; BFH-Urteil vom 16. November 2004 VII R 62/03, BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309 m.w.N.; vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Februar 2007, 4 K 1141/05, JURIS, wonach die Stellung des "Halters" auf den Insolvenzverwalter übergeht).
b) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm hätten die Fahrzeuge tatsächlich nicht zur Nutzung zur Verfügung gestanden. Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht durch das bloße fortdauernde Halten i. S. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG und nicht durch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs (s. o.). Sie ist dann auch i. S. des Insolvenzrechts begründet (s. o.; vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2006, 8 K 3089/05 Verk, EFG 2006, 1787, Rev.: IX R 59/06; FG Münster, Urteil vom 16. Juni 2006, 13 K 3960/04 Kfz, EFG 2006, 1704, Rev.: IX R 58/06; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2006, 6 K 1430/03, JURIS, Rev.: IX R 61/06; FG München, Urteil vom 31. März 2006, 4 K 2665/05, EFG 2006, 1367, Rev.: IX R 4/07; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2005, 6 K 341/03, JURIS, Rev.: IX R 60/06).
c) Die nach Verfahrenseröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer für die betreffenden Fahrzeuge blieb Masseverbindlichkeit, da die Fahrzeuge weder unpfändbar waren ( § 36 InsO) noch ein Ende der Kraftfahrzeugsteuerpflicht durch eine insolvenzrechtlich echte Freigabe der Fahrzeuge (BFH-Urteil vom 16. November 2004 VII R 62/03, BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309; FG Hamburg, Urteil vom 30. März 2007, 7 K 248/06, JURIS, Rev.: IX R 25/07; a. A. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Februar 2007, 4 K 1141/05, JURIS, Rev.: IX R 22/07) eingetreten war. Auch eine im Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter mögliche verkehrsrechtliche Abmeldung (FG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2006, 8 K 3089/05 Verk, EFG 2006, 1787, Rev.: IX R 59/06; FG Münster, Urteil vom 16. Juni 2006, 13 K 3960/04 Kfz, EFG 2006, 1704, Rev.: IX R 58/06; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2006, 6 K 1430/03, JURIS, Rev.: IX R 61/06; FG München, Urteil vom 31. März 2006, 4 K 2665/05, EFG 2006, 1367, Rev.: IX R 4/07; FG Köln, Urteil vom 7. Juni 2005, 6 K 341/03, JURIS, Rev.: IX R 60/06) erfolgte jedenfalls nicht, soweit die Steuerpflicht nicht unstreitig für einzelne Fahrzeuge nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens endete (so für die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen HH-... 3.., HH-... 4.., HH-... 5.., HH-... 6.., HH-... 7..).
d) Die angezeigte drohende Masseunzulänglichkeit steht der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht entgegen.
Gemäß § 208 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter die drohende Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht anzuzeigen, wenn die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Insolvenzrechtlich ist umstritten, ob die Anzeige der Masseunzulänglichkeit eine Masseverbindlichkeit materiell-rechtlich verändert. Eine solche materiell-rechtliche Wirkung auf die Masseverbindlichkeit ist allerdings abzulehnen, da die Anzeige der Masseunzulänglichkeit in diesem Stadium des Insolvenzverfahrens nicht überprüft wird (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 208 Rz. 13) und eine solche Wirkung erhebliche Auswirkungen auf akzessorische Sicherheiten der Masseforderungen und die Durchsetzbarkeit solcher Verbindlichkeiten nach Verfahrensaufhebung gegen den Schuldner hätte (vgl. Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 208 Rz. 17 f. m.w.N. auch zur abweichenden Meinung). Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit hat lediglich Auswirkungen auf die Verteilung ( § 209 InsO), anhängige Leistungsklagen der Massegläubiger sowie die Vollstreckung ( §§ 210 InsO; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 208 Rz. 18). Leistungsklagen von Altmassegläubigern (s. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) sind, da diese wegen § 210 InsO nicht vollstreckt werden dürften, auf Feststellungsklagen umzustellen (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 208 Rz. 26 f., § 210 Rz. 6; BAG-Urteil vom 11. Dezember 2001, 9 AZR 459/00, BB 2002, 890, DB 2002, 1011; BGH-Urteil vom 3. April 2003 IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358, NJW 2003, 2454). Die Umstellung von Leistungsklagen auf Feststellungsklagen kann auch Klagen von Neumassegläubigern treffen, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch eine Vollstreckung eines stattgebenden Urteils der absolute Vorrang der Kosten des Insolvenzverfahrens ( § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO) gefährdet ist (BGH-Urteil vom 13. April 2006 IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178, ZInsO 2006, 541).
Der Beklagte konnte jedoch auch im Hinblick auf die insolvenzrechtlichen Auswirkungen der Anzeige der drohenden Masseunzulänglichkeit die angefochtenen Bescheide erlassen. Eine Unterscheidung zwischen Alt- und Neumasseverbindlichkeiten brauchte der Beklagte im vorliegenden Verfahren nicht zu treffen (a. A. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl. 2005, S. 265 f.). Denn die Regelung der angefochtenen Bescheide geht im Streitfall über eine Feststellung, in welcher Höhe die Steuerschuld besteht, nicht hinaus, da der Steuerbescheid zu den rechtsfeststellenden Verwaltungsakten gehört (Tipke/Kruse, AO/FGO, § 155 AO Rz. 14 m.w.N.; vgl. auch FG Münster, Urteil vom 16. Juni 2006, 13 K 3960/04 Kfz, EFG 2006, 1704, Rev.: IX R 58/06). Dem steht nicht entgegen, dass die Bescheide - wie zivilrechtlich stattgebende Urteile bei Leistungsklagen - einen vollstreckbaren Inhalt haben. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit wäre erst in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen das Leistungsgebot oder im Rahmen von Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Insolvenzmasse zu berücksichtigen und nicht im Verfahren gegen die Steuerfestsetzungsbescheide (vgl. auch § 256 AO; FG Münster, Urteil vom 16. Juni 2006, 13 K 3960/04 Kfz, EFG 2006, 1704, Rev.: IX R 58/06). Denn steuerrechtlich ist zu beachten, dass § 254 Abs. 1 AO als eine den zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 704 ff. ZPO vorgehende Spezialnorm zwingend bestimmt, was erfüllt sein muss, ehe eine Vollstreckung im Verwaltungszwangsverfahren beginnen darf. Der Vollstreckungsschuldner muss gemäß § 254 Abs. 1 AO nach Fälligkeit des Anspruchs des Steuergläubigers durch ein Leistungsgebot unter Fristsetzung auf die bevorstehende Vollstreckung hingewiesen werden (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2002 VII R 56/00, BFHE 199, 511, BStBl II 2003, 109 ). Das Leistungsgebot ist jedoch ein eigenständiger Verwaltungsakt, der zum Erhebungsverfahren gehört und mit dem Einspruch angefochten werden kann (Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 254 AO Rz. 4, 5, 31 m.w.N.). Sofern bei Streit über das Bestehen einer Altmasseverbindlichkeit die Geltendmachung durch Steuerbescheid abgelehnt wird und auf eine mögliche Feststellung entsprechend § 251 Abs. 3 AO verwiesen wird (so Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl. 2005, S. 265 f.), ist dem entgegenzuhalten, dass sich § 251 Abs. 3 AO ausdrücklich nur auf Insolvenzforderungen bezieht und eine Analogie wegen der im Insolvenzrecht angelegten Unterscheidung zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten nach Auffassung des Senates nicht möglich ist.
e) Der Beklagte hat die Steuer jeweils in zutreffender Höhe festgesetzt. Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Steuer hat der Kläger nicht vorgebracht. Fehler sind diesbezüglich auch nicht erkennbar.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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