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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 20.08.2007
Aktenzeichen: 7 K 99/04
Rechtsgebiete: FGO, AO, EStG, HGB


Vorschriften:

FGO § 68
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a
EStG § 4 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1 S. 1
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1
HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

7 K 99/04

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Versicherungsleistung als außerordentlicher Ertrag zu erfassen ist oder die Anschaffungskosten eines Schiffes mindert.

Gegenstand der 1990 gegründeten Klägerin war zunächst der Bau und Erwerb des Tankschiffes mit der Werft-Nr. ..., welches in 1990 bei einer Werft ... (damalige Sowjetunion) zum Preis von ... Mio. DM bestellt worden war. Da die Entwicklung der Verhältnisse in den osteuropäischen Staaten zum Zeitpunkt der Schiffsbestellung nicht eingeschätzt werden konnte, wurden die Risiken aus dem Schiffsneubau folgender Maßen abgesichert:

A Versicherung für geleistete Anzahlung/Zinsen für den Neubau

B Bauaufsichtsversicherung für den Neubau

C Baumehrpreisversicherung für den Neubau

D Werftgarantiekosten für den Neubau.

Die Versicherung unter C war auf den Betrag von 12.000.000 DM begrenzt und sollte eintreten für den Fall, dass die Bauwerft das Schiff nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht liefern konnte und die Klägerin ein identisches Schiff bei einer anderen Werft zu einem höheren Preis bestellte. Ausgenommen sein sollten alle Kosten, die aus einer Verbesserung oder einer Änderung im Design oder den Materialien, die bei der Konstruktion benutzt wurden, herrührten.

Im Zuge des Niedergangs der Sowjetunion kam die Bauwerft in Lieferschwierigkeiten. Die Klägerin kündigte daraufhin in 1994 vertragsgemäß den Bauvertrag und bestellte ebenfalls in 1994 ein identisches Schiff bei einer portugiesischen Werft zum Preis von ... Mio. DM.

Die Versicherung hatte sich vorbehalten, das Ersatzschiff nach Fertigstellung abzunehmen, um zu prüfen, ob es sich um einen mit dem ursprünglich bestellten Schiff identischen Neubau handele und ob und in welchem Umfang Verbesserungen und Veränderungen vorgenommen worden seien.

Der Reedereivertrag der Klägerin wurde auf die Ersatzbestellung abgeändert und für die Finanzierung des Schiffes wurde die Versicherungsleistung in Höhe von 12.000.000 DM in dem Vertrag vorgesehen. Für den Fall, dass die Versicherungsleistungen nicht oder nicht in voller Höhe anfallen würden, war im Ergänzungsreedereivertrag vorgesehen, dass der sich ergebende Differenzbetrag durch zusätzliche Eigenmittel in Höhe von 40 % und zusätzliche Fremdmittel in Höhe von 60 % finanziert werden sollte.

Nach Vortrag der Klägerin trug sich ein vergleichbarer Sachverhalt für insgesamt ... Schiffsneubauten im Rahmen der Reedereigruppe der Klägerin zu.

Das Ersatzschiff wurde im Februar 1997 fertig gestellt und an die Klägerin abgeliefert. In 1994 zahlte die Versicherung an die Klägerin die bis dahin angefallenen Aufwendungen in Höhe von 2.152.499 DM. In 1997 zahlte sie an die Klägerin Baumehrkosten in Höhe von 11.559.343 DM. Einen weiteren kleineren Betrag aus der Baumehrpreisversicherung zahlte die Versicherung in 1998.

Die Klägerin hatte die Versicherungsprämien zunächst als Baunebenkosten der Anschaffungskosten für den zunächst bestellten Neubau behandelt. In 1994 behandelte die Klägerin dann die von der Versicherung gezahlte Erstattung als außerordentlichen Ertrag und sämtliche bisher aktivierten Anschaffungskosten als außerordentlichen Aufwand. Die in den bisher aktivierten Anzahlungen enthaltenen Versicherungsprämien minderten dadurch den Gewinn. In 1997 berücksichtigte die Klägerin die Versicherungsleistung für die Baumehrkosten als Minderung der Anschaffungskosten auf den Ersatzneubau und nahm ihre Abschreibungen von einer entsprechend geringeren Bemessungsgrundlage vor.

Nach Betriebsprüfung betrachtete der Beklagte die Versicherungsleistung in 1997 in Höhe von 11.559.343 DM als außerordentlichen Ertrag, den er als Forderung in 1996 gewinnwirksam werden ließ, und erhöhte dementsprechend die AfA-Bemessungsgrundlage in 1997. Die von der Klägerin in 1993 und 1994 gezahlten Versicherungsprämien teilte der Beklagte auf und aktivierte sie teilweise als Anschaffungskosten des Ersatzschiffes.

Am 18.10.2002 erließ der Beklagte geänderte Feststellungsbescheide 1994, 1996 und 1997. Den Gewinn aus Gewerbebetrieb stellte der Beklagte für 1994 mit 552.403 DM, für 1996 mit 11.307.853 DM und für 1997 einen Verlust von 6.878.597 DM fest. Am 19.11.2002 legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25.03.2004 zurückwies. Am 22.04.2004 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die Versicherungsleistung in 1997 sei als Minderung der Anschaffungskosten zu erfassen. Die Klägerin habe sich entschlossen gehabt, einen Schiffsneubau zu einem Werftpreis von ... Mio. DM durchzuführen. Das sei im Ergebnis auch gelungen. Die Klägerin habe niemals die Absicht gehabt, einen höheren Betrag für den Schiffsneubau aufzuwenden. Die Finanzierungsregelung im Ergänzungsreedereivertrag für den von ihr nicht für wahrscheinlich gehaltenen Fall, dass die Versicherung Schwierigkeiten machen würde, sei auf nur Wunsch der portugiesischen Werft in den Vertrag aufgenommen worden, weil diese eine entsprechende Absicherung gewünscht habe. Ein größerer als der ursprünglich veranschlagte Betrag sei aus ihrem Vermögen auch nicht abgeflossen. Die Versicherungsleistung sei davon abhängig gewesen, dass die Klägerin einen identischen Ersatzbau bestelle. Sie habe in 1997 keinen außerordentlichen Ertrag in Höhe von 11, 5 Mio. DM erwirtschaftet, sondern vielmehr nur ihr Schiffsneubauvorhaben fortgeführt. Die Behandlung der Versicherungsleistung, die in vollem Umfang in den Neubau geflossen sei, als außerordentlicher Ertrag und die entsprechende Behandlung bei den Schwesterschiffen würde zur Insolvenz des Beigeladenen zu 2.) führen. Entsprechende Liquidität sei nicht vorhanden gewesen. Die Grundsätze der Rechtsprechung zu Investitionszuschüssen und Provisionserstattungen müssten auf ihren Fall übertragen werden. Im Übrigen könne ein außerordentlicher Ertrag nicht schon in 1996 erfasst werden, da eine Forderung gegen die Versicherung nicht sicher bestanden habe. Die Versicherung habe sich nämlich vorbehalten, das Schiff im Einzelnen abzunehmen, bevor sie ihre Pflicht zur Leistung anerkennen wollte. Das sei erst nach Fertigstellung des Schiffes 1997 möglich gewesen und auch erfolgt. Die Versicherungsleistung bei Schwesterschiffen schon in 1996 sage nichts darüber aus, dass auch der hier in Rede stehende Ersatzbau der Klägerin mit dem ursprünglich bestellten Schiff identisch gewesen sei und von der Versicherung anerkannt worden wäre.

Am 10.4.2006 hat der Beklagte Änderungs/Ergänzungsbescheide für 1996 und 1997 und am 20.4.2006 für 1994 erlassen. Die Änderung für die Streitjahre betrifft allein den Umfang der Vorläufigkeitsvermerke, die Ergänzung die Offenlegung von Treuhandverhältnissen und entsprechend die Gewinnverteilung. Hinsichtlich des Zahlenwerks enthalten die Bescheide vom 10.4. bzw. 20.4.2006 keine Änderungen.

Das Gericht hat die Gesellschafter der Streitjahre zu dem Verfahren notwendig beigeladen. Die zunächst ebenfalls in diesem Verfahren angefochtene Gewinnfeststellung 1994 hat das Gericht zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt.

Die Klägerin beantragt,

1.) den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 vom 10. April 2006, soweit dieser nicht Ergänzungsbescheid zum Bescheid vom 18. Oktober 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25. März 2004 ist, zu ändern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit -251.490 DM festzustellen;

2.) den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997 vom 10. April 2006, soweit dieser nicht Ergänzungsbescheid zum Bescheid vom 18. Oktober 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25. März 2004 ist, zu ändern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit -3.902.543 DM festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Zur Begründung führt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung aus, die in 1997 gezahlte Versicherungsleistung sei bereits in 1996 gewinnwirksam als Forderung der Klägerin zu erfassen gewesen, da nach Abwicklung eines Ersatzbaus bei einer Schwestergesellschaft sicher davon ausgegangen werden konnte, dass die Versicherung auch im Falle der Klägerin leisten würde. Die Leistungen der Versicherung seien als Schadensersatzleistung anzusehen, die die Anschaffungskosten nicht minderten. Die Grundsätze der Rechtsprechung zu Investitionszuschüssen oder Provisionserstattungen bei geschlossenen Immobilienfonds sei hier nicht übertragbar, da es sich weder um einen öffentlichen Zuschussgeber gehandelt habe, noch ein einheitliches Vertragswerk vorliege oder die Zuschüsse im Interesse des Zahlenden geleistet worden seien.

Dem Gericht haben vorgelegen die Gewinnfeststellungsakten Band I und II, Bilanz- und Bilanzberichtsakten Band I, Betriebsprüfungsakte Band I und Rechtsbehelfsakte Band I sowie eine Akte "Allgemeines" des Beklagten jeweils zur StNr. ....

Ergänzend wird auf den Akteninhalt, die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Protokolle der Erörterungstermine vom 12.10.2005, 01.08.2006 und der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Soweit die nach Betriebsprüfung geänderten Feststellungsbescheide erneut durch Bescheide vom 10.04.2006 geändert worden sind (Änderung der Vorläufigkeitsvermerke), sind diese gem. § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden. Soweit die nach Betriebsprüfung ergangenen Bescheide durch Bescheide vom 10.04.2006 ergänzt worden sind (Darstellung der Treuhandverhältnisse), sind sie nicht nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden und in diesem Verfahren nicht angreifbar. Insoweit wäre bezüglich der Ergänzungen ein gesondertes Verfahren durchzuführen (BFH vom 14.10.1987, I R 381/83, BFH/NV 1989,141). Die Klägerin hat ihren Antrag in diesem Verfahren jedoch ausdrücklich auf die Bescheide vom 10. April 2006 insoweit beschränkt, als diese die Bescheide vom 18. Oktober 2002 ändern. Auch soweit die Klägerin die Feststellung eines geringeren Verlustes für 1997 begehrt, ist die Klage zulässig. Das Rechtschutzinteresse der Klägerin folgt sowohl aus dem Bilanzzusammenhang als auch aus dem Umstand, dass eine nach Auffassung der Klägerin unrichtige Feststellung an sich, ohne Rücksicht auf die steuerliche Auswirkung, eine Beschwer darstellt (st.Rspr. Nachweise bei Gräber - von Groll, FGO, 6.Aufl. 2006, § 44 Rz.90, 92, 97).

Die Klage ist auch im Wesentlichen begründet. Die geänderten Feststellungsbescheide vom 10. April 2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie sind daher entsprechend abzuändern. Zu Unrecht hat der Beklagte die in 1997 gezahlte Versicherungsleistung als außerordentlichen Ertrag in 1996 erfasst. Die Versicherungsleistung führt vielmehr zur Minderung der Anschaffungskosten in 1997. Auf der anderen Seite sind die Versicherungsprämien insgesamt als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren.

Der gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO festzustellende Gewinn der Klägerin ist gem. § 4 Abs. 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden, die - wie die Klägerin - aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Dabei sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzungen für Abnutzung anzusetzen.

Zu den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört das Gebot, Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (§ 252 Abs.1 Nr.4 HGB), woraus folgt, dass Anschaffungsvorgänge erfolgsneutral zu behandeln sind. Der Zugang von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen führt zu einer bloßen Umschichtung in der Bilanz in Höhe der Anschaffungskosten; ein unterschiedlicher Ansatz von Zu- und Abfluss ist ausgeschlossen. Eine Gewinnrealisierung kann nur auf Grund nachfolgender betrieblicher Umsatzakte erfolgen (BFH vom 26.4.2006 I R 49,50/04, BStBl. II 2006, 656). Dabei gilt der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungsvorgängen unabhängig davon, ob für ein Wirtschaftsgut ein positiver Kaufpreis entrichtet oder ob es gegen eine Zuzahlung an den Erwerber veräußert wird. Auch in solchen Fällen steht das Realisationsprinzip dem Ausweis eines "Anschaffungsgewinns" entgegen (BFH a.a.O. S.658).

Das wesentliche Anlagevermögen der Klägerin bestand in einem Seeschiff, welches sie hat herstellen lassen und welches im Jahre 1997 abgeliefert und damit fertig gestellt worden ist. Die Klägerin hat somit in ihrer Bilanz die Anschaffungskosten des Seeschiffs anzusetzen. Da das EStG eine Definition der Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht enthält, ist auf § 255 HGB zurückzugreifen (BFH vom 26.4.2006 a.a.O. mit weiteren Nachweisen), nach dessen Abs.1 Satz 1 Anschaffungskosten die Aufwendungen sind, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören nach Satz 2 auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Gemäß Satz 3 sind Anschaffungspreisminderungen dabei abzusetzen. Nach Abs. 2 der Vorschrift sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.

Obwohl in § 255 Abs.1 Satz 3 das Gesetz in dem Begriff "Anschaffungspreisminderungen" den Wortteil "Preis" statt "Kosten" verwendet, gilt die Vorschrift nicht nur für Kaufpreisnachlässe, sondern nach dem Zweck der Aktivierungsnorm ganz allgemein für Ermäßigungen der Anschaffungskosten und damit für Rückflüsse von im Zusammenhang mit dem Erwerb geleisteten Aufwendungen, die nicht sofort abziehbar, sondern auf die Zeit der Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts zu verteilen gewesen wären, wie es sich z.B. verhält, wenn Anschaffungsnebenkosten zurückgezahlt oder Anschaffungsausgaben von Dritten erstattet oder vergütet werden, sofern hierin nicht ein Entgelt für eine Leistung des Empfängers liegt (BFH vom 14.7.1988 IV R 78/85, BStBl.II. 1989, 189, 191). Der Minderungsvorgang muss mit dem Anschaffungsgeschäft so verbunden sein, dass der Zufluss von Gütern in Geld oder Geldeswert als Ermäßigung (Rückführung) von Anschaffungskosten bewertet werden kann. Nicht notwendig ist dabei eine rechtliche oder gar synallagmatische Verknüpfung. Ausreichend ist vielmehr ein wirtschaftlicher Zusammenhang, der gegeben ist, wenn der maßgebende Anlass für den Minderungsvorgang in der Anschaffung liegt (BFH vom 26.2.2002 IX R 20/98, BStBl. II 2002, 796(797) mit weiteren Nachweisen aus Rspr. und Lit.).

Unter Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale hatte die Klägerin nach Auffassung des Senats bei Fertigstellung des Schiffes bis 1997 aus ihrem Vermögen für die Herstellung aufgewandt den Baupreis bei der portugiesischen Werft in Höhe von ... Mio. DM zuzüglich sämtlicher bis 1994 geleisteten Aufwendungen gegenüber der sowjetischen Werft und der gezahlten Versicherungsprämien als Anschaffungsnebenkosten sowie abzüglich sämtlicher von der Versicherung gezahlten Beträge als Anschaffungskostenminderungen.

Die Klägerin hatte in 1990 den Entschluss gefasst, ein bestimmtes, im Einzelnen genau spezifiziertes Seeschiff herzustellen. Sie hat dazu mit der sowjetischen Werft einen Bauvertrag über einen Baupreis von ... Mio. DM abgeschlossen und die Risiken aus diesem Bauvertrag, einschließlich des Risikos, dass der Vertrag mit dieser Werft nicht durchgeführt werden könne und deshalb auf eine teurere Werft ausgewichen werden müsse, durch eine Versicherung abgedeckt. Diesen Investitionsentschluss hat die Klägerin, wenn auch auf Umwegen durchgeführt. Das von der Klägerin in 1990 veranschlagte, aus ihrem Vermögen aufzubringende Investitionsvolumen wurde betragsmäßig auch für den Ersatzbau eingehalten.

Die Klägerin hatte nicht etwa beschlossen, zunächst ein Wirtschaftsgut herzustellen, und nachdem diese Herstellung gescheitert war, einen weiteren Entschluss gefasst, nunmehr ein anderes Wirtschaftsgut herzustellen. Vielmehr hat sie ihren einheitlichen Investitionsentschluss, bei welchem ein möglicher Werftenwechsel schon einkalkuliert war, insgesamt durchgezogen. Dabei hat die Klägerin, wie ursprünglich geplant, bis 1997 insgesamt ... Mio. DM an Schiffsneubaukosten aus ihrem Vermögen aufgewandt. Dabei war von vornherein die Versicherungsleistung eingerechnet. Dem Umstand, dass die Klägerin im Ergänzungsreedereivertrag eine Ersatzfinanzierung vereinbart hatte, legt der Senat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung bei. Denn die Erklärung der Klägerin, dass dieses allein geschehen sei, um die portugiesische Werft zu beruhigen, mit einem Rückgriff auf die Ersatzfinanzierung durch die Gesellschafter aber wegen des Versicherungsvertrages nicht zu rechnen gewesen sei, überzeugt.

Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin durch die Versicherungsleistung keinen außerordentlichen Ertrag erwirtschaftet. Die Versicherungsleistung stellt kein Entgelt der Versicherung für eine Leistung der Klägerin dar. Die von der Klägerin gezahlte Versicherungsprämie war die Leistung der Klägerin für die Übernahme der im Versicherungsvertrag beschriebenen Risiken durch die Versicherung. Die Klägerin hatte nach Verwirklichung des Risikos, um in 1997 in den Genuss der Versicherungsleistung zu kommen, ihrerseits keine Leistung gegenüber der Versicherung zu erbringen. Sie hatte lediglich ein baugleiches Schiff bei einer anderen Werft bauen zu lassen.

Nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags hat die Versicherung der Klägerin - anders als im vom BFH am 26.3.1992 entschiedenen Fall (BFH IV R 74/90, BStBl II 1993, 96) - keinen Schadensersatz für einen erlittenen Vermögensschaden geleistet, sondern sie vielmehr nur in Stand gesetzt, ihren Investitionsentschluss zum Neubau eines bestimmten Schiffes durchzuführen, womit ein hinreichender Zusammenhang mit der Anschaffung des Ersatzschiffes bestand. Es war nicht ein Wirtschaftgut der Klägerin beschädigt oder untergegangen, mit der Folge, dass der daraus entstandene Schaden ersetzt wurde. Insbesondere stand die Versicherungsleistung der Klägerin nicht derart zur Verfügung, dass sie, wie bei Schadensersatzleistungen üblich, damit nach Belieben verfahren konnte. Die Klägerin hatte durch den Abschluss der Versicherung nicht ein allgemeines betriebliches Risiko abgesichert, sondern nur das Risiko, dass das in der Sowjetunion bestellte konkrete Schiff nicht für 20, 5 Mio. DM angeschafft werden konnte. Die Leistung der Versicherung war nach dem Versicherungsvertrag daran geknüpft, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Investitionsentschluss aufrechterhielt und ein absolut identisches Schiff bei einer anderen Werft herstellen ließ. Es wurde damit durch die Versicherung kein allgemeines betriebliches Risiko abgedeckt. Vielmehr bestand eine enge wirtschaftliche Verknüpfung mit den Anschaffungskosten für gerade dieses Schiff. Damit hat die Klägerin nach Auffassung des Senats mit der Zahlung durch die Versicherung nicht einen außerordentlichen Ertrag realisiert, sondern lediglich die Anschaffungskosten für das nunmehr in Portugal bestellte Schiff reduziert. Durch die Zahlung seitens der Versicherung hat die Klägerin im Ergebnis weniger als den portugiesischen Werftpreis aus ihrem Vermögen aufwenden müssen, um ihre Einkunftsquelle - das Seeschiff - bauen zu lassen. Darin liegt eine mit dem Anschaffungsvorgang wirtschaftlich verknüpfte Minderung der Anschaffungskosten, weil Minderungs- und Anschaffungsvorgang miteinander derart verbunden waren, dass die Versicherungsleistung nur gezahlt wurde, wenn die Klägerin ein absolut identisches Ersatzschiff bauen ließ. Die Versicherungsleistung unterlag einer rechtlichen Zweckbindung, nämlich ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut anzuschaffen, in dem Sinne, dass die Versicherungsleistung verweigert werden konnte, wenn die Klägerin nicht entsprechend verfahren war (vgl. dazu BFH vom 29.4.1982 IV R 177/78, BStBl II 1982, 591, 592). Allerdings bestand im vorliegenden Fall, anders als in dem vom BFH am 26.2.2002 entschiedenen Fall (a.a.O.) kein einheitliches Vertragswerk, das Schiffbau und Versicherung umfasste. Der Senat meint jedoch, dass darauf wegen der engen wirtschaftlichen Verknüpfung zwischen Versicherungsleistung und Ersatzschiffsbau verzichtet werden kann.

Damit ist nach Auffassung des Senats die Situation vergleichbar mit der, in welcher ein Investitionszuschussgeber verlorene Investitionszuschüsse zu bestimmten Anschaffungen leistet, was ebenfalls zu einer Minderung der Anschaffungskosten führen kann. Das ist der Fall, wenn ein Dritter aus Anlass der Anschaffung von Wirtschaftsgütern echte Investitionszuschüsse gewährt, die keinen Entgeltcharakter haben, wenn ein hinreichender Zusammenhang des Zahlungsanspruchs mit dem Anschaffungsvorgang besteht (vgl. BFH vom 29.4.1982 a.a.O.; vom 26.3.1992 IV R 74/90, BStBl. II 1993, 96(97)). Zwar hat im vorliegenden Fall die Versicherung, anders als ein Zuschussgeber, kein eigenes Interesse an der Anschaffung, jedoch ist die Versicherungsleistung davon abhängig, dass die Klägerin einen ganz bestimmten Schiffsneubau durchführt. Mithin besteht ein notwendiger Zusammenhang zwischen Zahlung der Versicherungssumme und der Herstellung des Ersatzschiffes. Die Klägerin hat daher, ebenso wie der Investitionszuschussempfänger, nur Anspruch auf die Geldleistung, wenn sie ihrerseits eine vom Geldgeber gestellte Bedingung erfüllt. Die Leistung des Dritten wird nicht in der Weise gewährt, dass sie auf beliebige Weise verwendet werden kann. Da die Versicherungsleistung, ähnlich wie ein Investitionskostenzuschuss, die Anschaffungskosten mindert, ist ein außerordentlicher Ertrag erst bei Veräußerung des Schiffes unter Aufdeckung stiller Reserven denkbar. Dem Umstand, dass die Versicherung mit ihrer Leistung nur eine eigene rechtliche Verpflichtung erfüllt, kommt nach Auffassung des Senats in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. aber BFH vom 29.4.1982 a.a.O.). Denn anders als in dem vom BFH am 29.4.1982 entschiedenen Fall handelt es sich hier nicht um eine gewinnbezogene Versicherung, die im Schadensfall einen Ausgleich für entgangene Gewinne sicherstellen soll. Versichert war im Fall der Klägerin nur der Preis für ein von ihr anzuschaffendes Wirtschaftsgut.

Da die Versicherungsleistung für das in 1997 fertig gestellte Schiff nicht als außerordentlicher Ertrag zu erfassen ist, sondern die Anschaffungskosten mindert, ist der zwischen den Beteiligten bestehende Streit, ob der Anspruch auf die Versicherungsleistung im Vermögen der Klägerin bereits 1996 oder erst 1997 zu erfassen ist, gegenstandslos geworden, denn der Anspruch der Klägerin gegenüber der Versicherung, Baumehrkosten auszugleichen, ist nicht als selbstständiges Wirtschaftsgut anzusehen, sondern lässt sich dem Wirtschaftsgut Seeschiff einzeln zuordnen. Die Versicherungsleistung ist in die erst im Jahr der Fertigstellung des Wirtschaftsguts Seeschiff zu ermittelnde AfA-Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Fertigstellung des Schiffs erfolgte unstreitig in 1997. Nach Auffassung des Senats mindern auch die in 1994 von der Versicherung im Zusammenhang mit dem gescheiterten sowjetischen Neubau gezahlten Beträge die AfA-Bemessungsgrundlage des in 1997 fertig gestellten Schiffes, denn auch sie dienten der Durchführung des einheitlichen Investitionsvorhabens und sind damit dem Wirtschaftsgut Seeschiff zuzuordnen.

Ebenso sind die von der Klägerin geleisteten Versicherungsprämien und die übrigen ursprünglich aktivierten Anzahlungen als Anschaffungsnebenkosten dem Wirtschaftsgut Seeschiff zuzuordnen und daher in 1997 zu aktivieren. Bei Anschaffungsnebenkosten kommt es nicht darauf an, ob sie an den Veräußerer oder an Dritte gezahlt wurden (st.Rspr. vgl. BFH vom 26.2.2002 a.a.O. (798) mit weiteren Nachweisen).

Der vom Beklagten in 1996 festgestellte Gewinn ist um die als außerordentlicher Ertrag erfasste Versicherungsleistung zu mindern. Da die zahlenmäßige Ermittlung des festzustellenden Gewinns der Klägerin in 1997 einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, macht das Gericht insgesamt von der Möglichkeit des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO Gebrauch und gibt dem Beklagten auf, den festzustellenden Gewinn aufgrund der Entscheidung in der Weise zu errechnen, dass für die Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage sämtliche von der Klägerin gezahlten Versicherungsprämien und Anzahlungen zu aktivieren sind und sämtliche von der Versicherung geleisteten Beträge die Anschaffungskosten des Seeschiffes mindern, so dass von einer entsprechend geminderten Bemessungsgrundlage abzuschreiben ist. Dem Beklagten wird aufgegeben, den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen und nach Rechtskraft der Entscheidung Feststellungsbescheide mit geändertem Inhalt neu bekannt zu machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 und § 139 Abs.4 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Befugung folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 FGO gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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