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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Gerichtsbescheid verkündet am 26.07.2001
Aktenzeichen: II 377/00
Rechtsgebiete: EStG, GG, EstG, EGV


Vorschriften:

EstG § 50 Abs. 5
EStG § 50a Abs. 4 Nr. 2
EStG § 49
EGV Art. 43
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 5 Abs. 3
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Vergütungsschuldnerin für Steuerabzugsbeträge beschränkt Steuerpflichtiger in Haftung genommen werden darf.

Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in Hamburg, die auch in den Streitjahren Tourneen ausländischer Musikgruppen und Solo-Interpreten veranstaltete. Die Klägerin hatte in den Streitjahren den von ihr nach § 73e EStDV vorzunehmenden Steuerabzug von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 EStG nur insoweit bei dem für ihre Besteuerung damals zuständigen Finanzamt für Körperschaften Hamburg-... angemeldet, als diese Künstler nicht angekündigt hatten, für die jeweiligen Tourneen Freistellungsbescheinigungen des Bundesamtes für Finanzen vorzulegen. Nachdem diese Praxis anlässlich einer 1995 bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung von dem Finanzamt für Körperschaften Hamburg-... festgestellt worden war, erließ dieses Finanzamt am 19.12.1996 einen Haftungsbescheid gem. § 50a Abs. 5 EStG i.V.m. § 73g EStDV und nahm die Klägerin hierin für Abzugsteuern im Sinne des § 50a Abs. 4 EStG in Höhe von 27.559,15 DM für die Zeiträume II/1992 und IV/1992 in Anspruch. Der Haftungsbetrag setzt sich aus den Steuerbeträgen zusammen, für die die Klägerin trotz fehlender Freistellungsbescheinigungen die Steuer von den Vergütungen nicht einbehalten hatte.

Nachdem die Klägerin gegen diesen Haftungsbescheid am 20.01.1997 Einspruch eingelegt hatte, erließ das Finanzamt für Körperschaften Hamburg-... am 21.03.1997 einen geänderten Haftungsbescheid, wonach sich die Besteuerung in Höhe von 27.559,15 DM wie folgt zusammensetzt:

 Vergütungsempf./KünstlerVergütungEStKStSoli.-zuschl.Zeitraum
(4 Fälle)     
Summe 6.702,4820.772,7183,96

Ebenfalls am 21.03.1997 nahm das Finanzamt für Körperschaften Hamburg-... die Klägerin für Abzugsbeträge nach § 50a Abs. 4 EStG in Höhe von 168.177,07 DM für die Zeiträume IV/1991 bis IV/1996 als Haftende in Anspruch. Die Haftsumme setzt sich wie folgt zusammen:

 Vergütungsempf./KünstlerVergütung DMESt DMKSt DMSoli. DMZeitraum DM
(29 Fälle)     
Summe: 41.321,72124.020,222.835,13

Gegen beide, der Klägerin am 25.03.1997 zugestellten Haftungsbescheide, legte diese am 25.04.1997 Einsprüche ein. Zur Begründung trug sie vor, dass für eine Vielzahl der in den Haftungsbescheiden bezeichneten Vergütungsempfänger mittlerweile Freistellungsbescheinigungen beantragt worden bzw. in Vorbereitung seien. Das mindere die abzuführende Ertragsteuer um 48.937,44 DM. Im Übrigen verstoße die Einbeziehung der Umsatzsteuer, die aufgrund der sog. "Null-Regelung" erhoben werde, in die Bemessungsgrundlage gegen § 50 a Abs. 4 EStG.

In der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 15.08.2000 half dieser den Einsprüchen ab, soweit zwischenzeitlich weitere Freistellungsbescheinigungen nach § 50d Abs. 3 EStG vorgelegt worden waren. Die ermäßigte Haftungssumme des geänderten Haftungsbescheides vom 21.03.1997 beträgt danach noch 22.469,28 DM, die sich wie folgt zusammensetzt:

 GruppeVertragspartnerBetrag DMSteuersatz DM§ 50a (4) EStG DMSoli.
(4 Fälle)     
Summe 139.865,0022.448,30 

Die Haftsumme des Haftungsbescheides vom 21.03.1997 wurde auf 127.574,69 DM reduziert, wobei folgende Haftungsbeträge zugrunde gelegt wurden:

 GruppeVertragspartnerBetrag DMSteuersatz DM§ 50a (4) EStG DMSoli.
(19 Fälle)     
Summe 749.857,14127.574,691.655,95

Im Übrigen wies der Beklagte die Einsprüche zurück. Zur Begründung führte er aus: Die Voraussetzungen für die Haftung der Klägerin nach § 50a Abs. 5 EStG i.V.m. § 73g EStDV für die Steuerschulden der Vergütungsempfänger sei gegeben, da die Klägerin als Schuldnerin der Vergütungen den für Rechnung der beschränkt steuerpflichtigen Gläubiger durchzuführenden Steuerabzug nicht vorgenommen habe. Die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Haftungsschuld seien ihm von der Klägerin in den jeweiligen Quartalsanmeldungen mitgeteilt worden, an diese Beträge sei das Finanzamt gebunden, da ihm keine eigenen Unterlagen zur Ermittlung der gezahlten Vergütungen zur Verfügung stünden. Die Klägerin habe hierbei zutreffend auch die Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Die Quellenbesteuerung nach § 50a Abs. 4 und 5 EStG verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Systematisch sei der Quellensteuerabzug vergleichbar mit den Vorschriften über die Festsetzung und Erhebung von Vorauszahlungen. Das sei ein geeignetes Mittel zur Wahrung der finanziellen Interessen eines EG-Mitgliedstaates. Eine Diskriminierung ausländischer Staatsangehöriger liege nicht vor, da der Abzug nicht an die Staatsangehörigkeit eines Steuerpflichtigen, sondern an dessen wohnsitzabhängige beschränkte Steuerpflicht anknüpfe. Eine Ungleichbehandlung beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtiger sei gerechtfertigt durch die eingeschränkten Hoheitsbefugnisse inländischer Finanzbehörden im Ausland. Der Einwand, durch die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage liege quasi eine Umsatz- und keine Gewinnbesteuerung vor, sei unbegründet. Werde die Umsatzsteuer von dem Vergütungsschuldner nicht ausgezahlt, weil der beschränkt steuerpflichtige Künstler von der Umsatzsteuer nach § 52 Abs. 2 UStDV befreit sei, so gelte diese Freistellung als eine Befreiung von einer Verbindlichkeit und damit als Einnahme. Die Umsatzsteuer gehöre deshalb zu den Einnahmen.

Mit ihrer am 18.09.2000 erhobenen Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, die angefochtenen Haftungsbescheide seien wegen Verstoßes gegen Europarecht und Verfassungsrecht, aber auch wegen diverser materieller Fehler rechtswidrig. Der für alle dem Steuerabzug unterliegenden beschränkt Steuerpflichtigen geltende Steuersatz sei zu undifferenziert und führe regelmäßig zu einer Übermaßbesteuerung, weil er die individuellen Verhältnisse der Steuerpflichtigen nicht berücksichtige. Der regelmäßige Ertrag eines Künstlers aus der Durchführung einer Tournee liege allenfalls bei 25 % der Einnahmen, bei kleineren Künstlergruppen noch erheblich darunter. Berechnungsbeispiele zeigten, dass bei Anwendung eines Abzugsteuersatzes in Höhe von 15 %, erst recht aber bei einem Steuersatz von 25 % regelmäßig eine konfiskatorische Besteuerung eintrete. Bei einem Steuersatz von 15 % und der Einbeziehung von 7 % Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage ergebe sich bei Ansatz eines Kostenanteils von 75 % ein Gewinn nach Steuer von 8,95 % der Einnahmen. Bezogen auf den Gewinn ergebe sich danach ein Steuersatz in Höhe von 64,2 %. Betrage die Umsatzsteuer bei Solisten 15 %, steige der Steuersatz auf 69 % bezogen auf den Gewinn. Seit dem 01.01.1996 (Abzugsteuer 25 %) betrage der Steuersatz gar 107 % bzw. bei Solisten 116 % (auf die Berechnungsbeispiele Bl. 35, 36 der Gerichtsakten wird Bezug genommen). Die von dem Gesetzgeber unterstellte Fiktion, es würde ein fiktiver Gewinn in Höhe von 50 % besteuert, sei unrichtig. Drei Berechnungsbeispiele aus der Praxis zeigten, dass der Gewinnanteil in zwei der Beispielsfälle nur bei 26,7 bzw. 22,75 % liege, während im dritten Beispiel der Künstler gar keinen Gewinn erzielt habe (auf die Beispiele 1-3, Bl. 47 bis 49 der Gerichtsakten, wird Bezug genommen).

Soweit europäische Künstlergruppen betroffen seien, verstoße der undifferenzierte Bruttoquellensteuersatz in Höhe von 15 % bzw. 25 % gegen Artikel 50 Abs. 3 EU-Vertrag. Das danach garantierte Recht eines nur vorübergehend im Inland tätigen Unternehmens eines anderen Mitgliedstaates im Staat der Tätigkeit unter den gleichen gesetzlichen Regelungen tätig zu werden, wie ein dort ansässiges Unternehmen auch, sei verletzt. Ein Inländer entrichte in einer vergleichbaren Situation zwar Einkommensteuervorauszahlungen, die Steuerbelastung betrage jedoch letztlich maximal 53 %. Demgegenüber betrage der Steuersatz bei der Bruttoquellensteuer nach § 50a Abs. 4 EStG bezogen auf den Nettogewinn tatsächlich 64,2 % bzw. 69 %. Dieses Ergebnis werde für Veranlagungszeiträume seit dem 31.12.1995 noch dadurch verschlechtert, dass die Steuersätze auf über 100 %, bezogen auf das Nettoergebnis, anstiegen. Zwar sei ein Steuerabzugsverfahren bei der regelmäßig nur kurzfristigen Tätigkeit ausländischer Künstler in Deutschland sachdienlich, doch könne dies nicht dazu führen, alle Künstlergruppen mit einem einheitlichen Bruttoquellensteuersatz zu belasten. Die Möglichkeit nach § 50 Abs. 5 S. 4 Nr. 3 EStG bei dem Bundesamt für Finanzen eine Erstattung der möglicherweise zu viel entrichteten Steuer zu beantragen, verstärke die diskriminierende Wirkung noch. Denn kleine Künstlergruppen, die sich eine Vorfinanzierung der Abzugsteuern nicht leisten könnten, träten erst gar nicht in Deutschland auf, für andere Künstlergruppen lohne es sich regelmäßig nicht, die Erstattung zu beantragen, da diese durch Steuerberatungskosten im Wohnsitzstaat bzw. im Tätigkeitsstaat wieder aufgesogen würden. Denn der von der genannten Vorschrift geforderte generelle Netto-Steuersatz in Höhe von 50 % des Gewinns sei im Übrigen europarechtlich unzulässig (Hinweis auf EuGH-Urteil vom 27.06.1996, RS C 107/94, IStR 1996, 329).

Auf Artikel 50 Abs. 3 EU-Vertrag könnten sich auch die nicht europäischen Künstlergruppen berufen, denn anderenfalls würde der Bruttoquellensteuerabzug dazu führen, dass sich Europa gegenüber nicht EU-Mitgliedern im Bereich der Kunst abschirme, dies liefe dem in Europa verankerten Grundsatz der Freiheit der Kunst zuwider. Das Klageverfahren sei deshalb auszusetzen und die einschlägigen Rechtsfragen dem Europäischen Gerichtshof nach Artikel 234 EU-Vertrag vorzulegen.

Die Haftungsbescheide verstießen aber auch gegen deutsches Verfassungsrecht, da die Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Künstler im Wege der Bruttoquellensteuer gegen das Grundgesetz verstieße. Da die Besteuerung konfiskatorische Wirkung zeige, sei Artikel 14 Abs. 1 GG verletzt. Ein Steuersatz in Höhe von 15 bzw. 25 % der Einnahmen finde keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung, denn ein Steuersatz sei dann verfassungswidrig, wenn der verbleibende Nettoertrag unter Vergleich mit dem eingesetzten Kapital keine ausreichende Rentabilität mehr verspreche. Soweit Künstler von der Durchführung einer Tournee wegen der konfiskatorischen Besteuerung abgehalten würden, werde auch das durch Artikel 14 GG garantierte Urheberrecht, das sie dann nicht mehr ausüben könnten, verletzt.

Soweit der Bruttoquellensteuerabzug konfiskatorische Wirkung entfalte, sei auch Artikel 12 Abs. 1 S. 2 GG verletzt. Zwar sei die Berufsausübung nicht schrankenlos gewährleistet, doch könne eine subjektive Zulassungsregelung, die die Bruttoquellenbesteuerung darstelle, nur dann als verfassungskonform angesehen werden, wenn sie dem Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes diene. Das Steueraufkommen sei zwar ein solch wichtiges Gut, finde seine Grenze jedoch in der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners. Der Eingriff sei daher unverhältnismäßig, soweit er konfiskatorsiche Züge trage.

Da eine konfiskatorische Bruttoquellensteuer zu einer Beschränkung der künstlerischen Tätigkeit an sich führe, sei auch Artikel 5 Abs. 3 S. 1 GG verletzt. Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG sei verletzt. Insoweit seien zwei Vergleichsgruppen zu bilden, nämlich zum Einen die Gruppe der unbeschränkt steuerpflichtigen Künstler, die der Gruppe der beschränkt steuerpflichtigen Künstler gegenüberstünden. Zum Anderen sei die Gruppe der beschränkt Steuerpflichtigen mit Betriebsstätte im Inland der entsprechenden Gruppe ohne Betriebsstätte im Inland gegenüberzustellen. Unbeschränkt steuerpflichtige Künstler bzw. solche mit einer Betriebsstätte im Inland könnten ihren Gewinn durch eine "normale Gewinnermittlung" ermitteln und so eine Besteuerung nach dem Nettoprinzip erreichen. Die entsprechenden Vergleichsgruppen hätten dagegen eine Bruttoquellenbesteuerung hinzunehmen. Die Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt, insbesondere seien Künstler durch den früheren Bruttoquellensteuersatz von 15 % nicht etwa begünstigt worden, sodass die nachträgliche Anhebung aus diesem Grunde gerechtfertigt gewesen wäre. Wer sich auf die Besteuerungsbedingungen in Deutschland nicht einlassen könne, werde vom Inlandsmarkt ausgeschlossen, wodurch die Freiheit der Kunst beschnitten würde. Dies führe im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Artikel 3 Abs. 1 GG zu einer Einschränkung des Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers. Der Gestaltungsspielraum werde auch durch das in Artikel 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip und das Rechtsstaatsprinzip eingeschränkt, sodass eine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung nicht vorliege.

Das Klageverfahren sei deshalb auszusetzen und die dargelegten Verstöße gegen das Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht nach Artikel 100 GG zur Entscheidung vorzulegen.

Dass die Haftung nach § 50a Abs. 5 S. 5 EStG verschuldensunabhängig ausgestaltet sei, führe ebenfalls zu einen Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Ein Amtsträger hafte nach § 32 AO nämlich nur dann, wenn er eine Amts- oder Dienstpflichtverletzung begangen habe, die mit einer Strafe bedroht sei. Der Vergütungsschuldner sei im Zusammenhang mit dem Steuerabzugsverfahren zwar lediglich Beliehener des Staates, es liege aber kein sachlicher Grund dafür vor, den steuerlich versierten Amtsträger einer geringeren Haftung auszusetzen, als den in der Regel nicht steuerlich vorgebildeten Haftungsschuldner.

In den Haftungsbescheiden werde die Steuer wiederholt fehlerhaft bezeichnet. Die Firmen A, B, C, D, E und F seien keine Körperschaften, sondern Einzelfirmen. Dennoch habe der Beklagte bzw. sein Rechtsvorgänger insoweit Körperschaftsteuer festgesetzt. Wie im Haftungsbescheid vom 21.03.1997 sei die Steuer für die Firma A zwar richtig bezeichnet worden, jedoch habe der Beklagte übersehen, dass offensichtlich eine Verwechslung im Hinblick auf die Steuerschuldnerschaft vorliege. Im Haftungsbescheid sei diese Haftungsschuld nämlich der Firma G zugerechnet worden, während sie nunmehr der Firma A zugerechnet werde. Je nachdem, wen der Beklagte als Steuerschuldner annehme, sei nicht klar, welche Steuerart hier überhaupt geschuldet werde.

Die Haftungsbescheide seien auch insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die Bemessungsgrundlage um 1,05 % bzw. um 1,7 % erhöht habe, soweit die Vertragspartner von der sog. Null-Regelung nach § 52 Abs. 2 UStDV Gebrauch gemacht haben. In diesem Falle dürfe die Umsatzsteuer die Bemessungsgrundlage nicht erhöhen, denn die Umsatzsteuer sei bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns grundsätzlich außer Ansatz zu lassen. Die gegenteilige Rechtsprechung des BFH, die eine Gewinnermittlung in pauschalierter Form nach § 4 Abs. 3 EStG unterstelle, übersehe, dass diese Gewinnermittlung von einem Antrag des Steuerschuldners abhängig sei. Liege ein solcher Antrag nicht vor, sei der Gewinn durch Bestandsvergleich zu ermitteln, bei der die Umsatzsteuer in jedem Fall nicht mit zur Bemessungsgrundlage gehöre. Selbst wenn die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 vorzunehmen sei, müsse die Umsatzsteuer durch Zu- bzw. Abschläge aus der Bemessungsgrundlage wieder ausgeklammert werden. Die kurzfristige Einreise in das Inland begründe nämlich eine Betriebsaufnahme verbunden mit einer gleichzeitigen Betriebseinstellung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den geänderten Haftungsbescheid des Finanzamtes für Körperschaften Hamburg-... vom 21.03.1997 und den Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften Hamburg-... vom 21.03.2000, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.08.2000, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wendet ein, seine Aufgabe sei es, geltendes Steuerrecht anzuwenden. Falls das Verfahren ausgesetzt werden solle, um den Europäischen Gerichtshof bzw. das Bundesverfassungsgericht wegen der aufgezählten Rechtsfragen anzurufen, so werde dieser Vorgehensweise nicht widersprochen.

Für den Haftungsbescheid vom 19.12.1996 seien im Übrigen für die Firma A zu Recht Körperschaftsteuern festgesetzt worden. Dieses Unternehmen sei in der Anmeldung nach § 50a Abs. 4 EStG von der Klägerin als juristische Person bezeichnet worden. Eine Verwechslung im Hinblick auf die Steuerschuldnerschaft sei für die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides ohne Bedeutung. Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen könnten nicht selbständig mit Rechtsbehelfen angefochten werden. Die Angabe des Steuerschuldners sei keine zwingende Begründungsvoraussetzung, wenn die Haftungsschuld auf andere Weise ausreichend konkretisiert werden könne. Diese Konkretisierung habe die Klägerin selbst vorgenommen. Auch die übrigen genannten Unternehmen seien laut Anmeldung juristische Personen, gegen die zu Recht Körperschaftsteuer festgesetzt worden sei. Die Umsatzsteuer aufgrund der Null-Regelung erhöhe die Bemessungsgrundlage für den Quellensteuerabzug, insoweit werde auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen.

Dem Gericht haben die Rechtsbehelfsakten, die Haftungsakten, die Akten betreffend den Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen, die Zwangsgeldakten und eine Sonderakte (St.Nr. ...) vorgelegen.

Gründe

Der Senat entscheidet gem. § 90a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid.

Die Klage erweist sich nur zum Teil als begründet, da die angefochtenen Haftungsbescheide einer gerichtlichen Überprüfung nur insoweit nicht standhalten, als die Abzugssteuer aufgrund unrichtiger Bezeichnung in einzelnen Fällen nicht ausreichend konkretisiert wurde. Im Übrigen verstoßen die Haftungsbescheide jedoch weder gegen Europarecht oder deutsches Verfassungsrecht, so dass das Verfahren nicht auszusetzen und Rechtsfragen weder dem Europäischen Gerichtshof noch dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen sind.

I. Bei beschränkt Steuerpflichtigen, die Einkünfte u.a. aus einer künstlerischen Betätigung erzielen und die gemäß § 49 EStG der Einkommensteuer unterliegen, ist diese gemäß § 50a Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5 EStG i. V. m. § 73e EStDV im Wege des Steuerabzuges zu erheben. Der Steuerabzug beträgt gemäß § 50a Abs. 4 Satz 3 EStG in der für die Zeiträume bis IV/1995 geltenden Fassung 15 % und seit I/1996 25 % der Bruttoeinnahmen. Gem. § 50a Abs. 5 Satz 2 EStG hat der Vergütungsschuldner für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubigers den Steuerabzug vorzunehmen. Geschieht dies nicht, kann das Finanzamt gemäß § 50a Abs. 5 EStG den Vergütungsschuldner, aber auch den Vergütungsgläubiger in Anspruch nehmen.

1. Im Streitfalle waren die Voraussetzungen für den Erlass von Haftungsbescheiden gegenüber der Klägerin als Schuldnerin der vereinbarten Vergütungen dem Grunde nach gegeben.

Die von der Lohnsteueraußenprüfung festgestellten Künstler, für die die Klägerin keine bzw. zu niedrige Abzugssteuer angemeldet und abgeführt hat, sind nach Aktenlage sämtlich beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 EStG mit inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d oder 3 EStG. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Da die Klägerin den Abzug der auf diese inländischen Einkünfte entfallenden Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer nicht vorgenommen hat, konnte sie unabhängig von einem etwaigen Verschulden (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG) in Haftung genommen werden.

2. Die Inanspruchnahme ist aber rechtswidrig, soweit die konkrete Steuerart in einzelnen Fällen in den Haftungsbescheiden nicht richtig bezeichnet wurde. Die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Abzugssteuer ist dagegen nicht zu beanstanden.

a) Soweit der Beklagte mit den Haftungsbescheiden vom 21.3.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.8.2000 die Klägerin für die Haftung von Körperschaftsteuer in Anspruch nahm, die die Vergütungsempfänger "A" (... DM), "B" (... DM), "C" (... DM und ... DM), "D" (... DM), "E" (... DM) und "F" (... DM) schulden sollen, rechtswidrig. Die Inanspruchnahme wegen Körperschaftsteuer ist rechtsfehlerhaft, da die genannten Vergütungsempfänger Einzelunternehmen sind, die Einkommensteuer, aber keine Körperschaftsteuer schulden. Ausländische juristische Personen unterliegen nämlich nicht ausnahmslos der deutschen Körperschaftsteuer, so dass auf eine genaue Bezeichnung nicht verzichtet werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 8. Mai 1991 I R 14/90, BFH/NV 1992, 291). Die Entscheidung über die ertragsteuerliche Behandlung einer ausländischen juristischen Person ist vielmehr nach den leitenden Gedanken des deutschen Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts zu treffen (BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 134/84, BFHE 153, 14, BStBl II 1988, 588). Zur ausreichenden Konkretisierung der Abzugssteuer gehört deshalb auch deren richtige Bezeichnung (BFH-Urteil vom 27. Juli 1988 I R 130/84 BFHE 154, 227, BStBl II 1989, 101; Frotscher in Frotscher, EStG, Kommentar, Rz. 30 zu § 50a). Der Senat hat zwar in seinem Beschluss vom 14.05.1998 (II-51/97, EFG 1998, 1412) die unrichtige Bezeichnung der Abzugssteuer für den dort entschiedenen Fall für unschädlich gehalten. Dort stammte die Bezeichnung der ausländischen Rechtsträger jedoch allein von den Steueranmeldungen der Vergütungsschuldner, so dass sich diese bei unvollständiger oder ungenauer Bezeichnung der Vergütungsempfänger nicht auf eine unkorrekte Bezeichnung der entsprechenden Steuerart durch die Finanzbehörde berufen konnten. Dass der Beklagte auch im Streitfall bei der Zuordnung nur den Steueranmeldungen der Klägerin gefolgt sei und über keine eigenen Erkenntnisse der Verhältnisse der Vergütungsempfänger gehabt habe, trifft nicht zu. Steueranmeldungen hatte die Klägerin für diese Veranstalter / Künstler gerade nicht abgegeben, da sie auf Freistellungsbescheinigungen des Bundesamtes für Finanzen gehofft hatte. Die Erkenntnisse des Beklagten beruhten vielmehr auf einer durchgeführten Außenprüfung. Insoweit oblag es auch ihm, die Verhältnisse der beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsempfänger zu ermitteln.

b) Dagegen ist es nicht beanstanden, dass der Beklagte bei der Berechnung der Einnahmen i.S. des § 50a Abs. 4 EStG die Umsatzsteuer miteinbezog, obwohl die beschränkt steuerpflichtigen Künstler von der Einbehaltungs- und Abführungspflicht der Umsatzsteuer nach § 52 Abs. 2 UStDV (sogen. Nullregelung) befreit waren.

Grundsätzlich ist die Umsatzsteuer von der Bemessungsgrundlage nicht abzuziehen, da dem Steuerabzug der volle Bruttobetrag der gezahlten Vergütung unterliegt. Die Fälle der sogen. Nullregelung sind entsprechend der Fälle tatsächlich vereinnahmter Umsatzsteuer zu behandeln: Nach § 52 Abs. 2 UStDV ist der inländische Leistungsempfänger nicht verpflichtet, die Steuer für die Leistung des ausländischen Unternehmers einzubehalten und abzuführen, wenn der ausländische Unternehmer keine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer erteilt hat und der inländische Leistungsempfänger im Falle des gesonderten Ausweises der Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG hinsichtlich dieser Steuer voll in Anspruch nehmen könnte. § 52 Abs. 2 UStDV führt somit im Ergebnis aus Vereinfachungsgründen zu einer Abkürzung des Zahlungsweges zwischen inländischem Leistungsempfänger und dem Finanzamt. Der Anspruch des Finanzamtes gegen den inländischen Leistungsempfänger auf die für den ausländischen Unternehmer einzubehaltende und abzuführende Umsatzsteuer wird mit dem Vorsteuervergütungsanspruch des inländischen Leistungsempfängers gegen das Finanzamt verrechnet (vgl. BFH-Urteil vom 8. Mai 1991 I R 14/90, BFH/NV 1992, 291). Deshalb handelt es sich nicht um eine Steuerbefreiung, sondern um eine besondere Erhebungsform der Umsatzsteuer, so dass die Umsatzsteuer auch hier zu einer Einnahme nach § 8 Abs. 1 EStG führt (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 1990 I R 57/89, BStBl II 1990, 967; R 227c Abs. 4 EStR; ungenau Nieland In Lademann, EStG Rz. 157 zu § 50a: Die Einnahme liege in der Befreiung von der Umsatzsteuerschuld).

Auf die Gewinnermittlungsart kommt es dabei nicht an, denn der Gewinn (Einkünfte) ist nicht Bezugspunkt der Abzugssteuer. Erfasst werden vielmehr die Vergütungen (Einnahmen), ohne dass ein Abzug von Betriebsausgaben möglich wäre. Es ist deshalb unerheblich, dass gezahlte Umsatzsteuer nur bei der Einnahme / Überschussrechnung zu Betriebsausgaben führt, dagegen bei der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nicht erfolgswirksam wird. Dass zivilrechtlich im Zweifel zwischen Leistendem und Endverbraucher eine Bruttovergütung als vereinbart gilt, ist für den vorliegenden Streitpunkt nicht von Bedeutung. Zum Einen gilt dies bei fehlender ausdrücklicher Abrede zwischen zwei Unternehmern im Sinne des Umsatzsteuerrechtes gerade nicht und zum Anderen werden gerade bei Tourneeveranstaltungen ausländischer Musiker typischerweise Vereinbarungen getroffen, die den Künstler von allen Steuern des Veranstaltungslandes freihalten sollen ("net and free of all local and national taxes", vgl. Waterkamp, FR 1994, 345).

II. Die den Haftungsbescheiden zugrundeliegenden Ermächtigungsnormen verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Die Klägerin kann nach dem Grundsatz der Akzessorietät der Haftung zwar alle Einwendungen gegen das Bestehen der Steuerschuld erheben, die auch die Steuerschuldner geltend machen können, ihre Einwendungen greifen jedoch nicht durch.

1. Der Senat kann sich der Auffassung der Klägerin, die in den Streitjahren geltenden Steuersätze von 15 % bzw. 25% der Einnahmen seien nicht gemeinschaftskonform, nicht anschließen. Allerdings sind nach der Rechtsprechung des EuGH und des BVerfG die Normen des EWG-Vertrags mit Vorrang vor dem staatlichen Recht anzuwenden, wenn Normen des staatlichen Rechts in Widerspruch mit unmittelbar in den Mitgliedstaaten der EG geltenden, den Gemeinschaftsbürgern subjektive Rechte verleihenden Bestimmungen des EWG-Vertrags, stehen (EuGH-Urteil vom 15. Juli 1964 Rs. 6/64, Costa, EuGHE 1964, 1251, 1269/1270, BVerfG-Urteil vom 09. Juni 1971 2 BvR 225/69, BVerfGE 31, 145, 174). Dabei obliegt es dem zur Sachentscheidung berufenen Gericht - unbeschadet der Vorabentscheidungskompetenz des EuGH (Art. 234 EGV) - zu entscheiden, ob ein solcher Konflikt besteht und der Vorrang des Gemeinschaftsrechts eingreift (BVerfG in BVerfGE 31, 145, 174).

a) Ein Verstoß gegen Art. 52 EG-Vertrag (i.d.F. 07.02.1992, BGBl. 1992 II, 1253, Vertrag von Maastrich; jetzt Art. 43 EGV, v. 02.10.1997 Vertrag von Amsterdam, BGBl 1998 II, 387) liegt nicht vor.

aa) Art. 52 EGV bestimmt, dass die Beschränkung der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates nach Maßgabe nachfolgender Bestimmungen verboten ist. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaates, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates ansässig sind. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift umfasst die Niederlassungsfreiheit vorbehaltlich der des Kapitels über den Kapitalverkehr die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Art. 48 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen.

Ob das daraus folgende Diskriminierungsverbot tatsächlich verletzt ist, ist durch einen Vergleich der Vorteile und der Nachteile der Regelung für den Betroffenen im Vergleich mit einem inländischen Steuerpflichtigen zu ermitteln.

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 27.06.1996 (Rs. C 107/94, IStR 1996, 329, "Asscher"), auf das sich auch die Klägerin bezieht, festgestellt, dass eine nach Art. 52 EGV verbotene mittelbare Diskriminierung vorliege, wenn auf bestimmte Gebietsfremde ein höherer Einkommensteuersatz angewandt wird, als er für Gebietsansässige und diesen gleichgestellte Personen gilt. Dies betraf einen Gebietsfremden, der in den Niederlanden selbständig tätig war, der jedoch in Belgien wohnte und auch dort einer beruflichen Erwerbstätigkeit nachging. Der EuGH sah eine Ungleichbehandlung darin, dass der Betreffende mit seinen in den Niederlanden erzielten Einkünften einem Steuersatz von 25 v.H. unterworfen wurde, während eine vergleichbare Person mit Wohnsitz in den Niederlanden in den Genuss eines Steuersatzes von lediglich 13 v.H. gelangte.

Steuergerichte der Bundesrepublik Deutschland haben diesen Ansatz aufgegriffen und sind zu dem Ergebnis gelangt, dass es ernstlich zweifelhaft sei, ob der Mindeststeuersatz in § 50 Abs. 3 S. 2 EStG (25 % des Einkommens) mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, wenn dieselbe Ausgangssituation wie in dem Urteilsfall des EuGH vorliege (BFH-Beschluss vom 05.02.2001 I B 140/00, DStR 2001, 485; FG Düsseldorf, Beschluss vom 18.08.2000 17 V 2163/00, DStRE 2001, 84).

bb) Im Streitfall stimmt die Ausgangssituation jedoch nicht mit der überein, die der EuGH in seiner Entscheidung vom 27.06.1996 (Rs. C 107/94, HFR 1996, 690 ff.) zu beurteilen hatte:

Zwar wurden die Künstler, soweit sie in einem anderen Mitgliedsstaat wohnten, in einem Mitgliedsstaat - der Bundesrepublik - beruflich tätig und erwirtschaften hier Einkünfte, mit denen sie der Besteuerung nach dem Einkommen unterfallen. Im Unterschied zu dem Fall "Asscher" haben die in Deutschland anlässlich einer Tournee auftretenden Künstler ihre Einkünfte in den Streitjahren aber nicht praktisch vollständig in der Bundesrepublik Deutschland erzielt. Der EuGH sah eine Ungleichbehandlung aber gerade darin, dass Gebietsfremde und im Inland Ansässige, die beide mehr als 90 % ihres Welteinkommens im Inland erzielten, dort unterschiedlich besteuert werden, ohne dass es für diese Diskriminierung eine Rechtfertigung gab (EuGH-Urteil v. 27.06.1996, a.a.O. Ziff. 45, 49, 50). Der Gerichtshof hebt unter Ziff. 48 hervor, dass die Tatsache, dass jemand Gebietsfremder ist, ihn unter den Umständen des Urteilsfalles (Bezug von mehr als 90 % des Welteinkommens im Inland) nicht der Anwendung von Progressionsbestimmungen entgehen lässt. Ansonsten bleibt ein Staat jedoch auch nach Art. 23a Abs. 1 und 3 des OECD-Musterabkommens berechtigt, Einkünfte eines Gebietsfremden bei der Anwendung von Progressionsbestimmungen zu berücksichtigen.

Allerdings hält der BFH in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in der Literatur einen Mindeststeuersatz von 25 % dennoch für gemeinschaftsrechtswidrig. Das Argument, mit dem höheren Steuersatz solle der Umstand ausgeglichen werden, dass bestimmte Gebietsfremde wegen ihrer auf die in der Bundesrepublik Deutschland erzielten Einkünfte beschränkten Steuerpflicht der Steuerprogression entgingen, sei nicht in jedem Falle durchgreifend. Soweit die Wohnsitzstaaten aufgrund der einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) berechtigt seien, die in dem anderen Staat erzielten Einkünfte bei der Berechnung der Höhe der Steuer für die übrigen Einkünfte im Wege des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen, verstoße ein derart hoher Mindeststeuersatz gegen EG-Recht (BFH in DStR 2001, 84). Eine derartige DBA-Regelung findet sich beispielsweise in Art. 20 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande vom 16.06.1959. Soweit einzelne der Künstlergruppen ihren Wohnsitz in den Niederlanden haben, könnte eine Steuersatzbenachteiligung nicht mit angeblichen Progressionsvorteilen gerechtfertigt werden. Die genannte Entscheidung ist allerdings zu § 50 Abs. 3 S. 2 EStG ergangen. Für den Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen nach § 50a Abs. 4 S. 1 u. 2 EStG ist jedoch zu unterscheiden:

(1) Bis zum Veranlagungszeitraum 1995 galt für Einkünfte aus der Ausübung der in § 50a Abs. 4 Nr. 2 EStG genannten Leistungen ein reduzierter Abzugssteuersatz von nur 15 %. Damit wurde in typisierender Betrachtungsweise berücksichtigt, dass dem ausübenden Künstler (anders als bei Einkünften aus der Verwertung einer künstlerischen Tätigkeit) höhere Betriebsausgaben entstehen. Die Steuerbelastung bewegte sich damit auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Bezugsgröße Einnahmen und nicht Gewinne sind, am unteren Ende des Einkommensteuertarifes. Ein Mindeststeuersatz in dieser Höhe hat keine diskriminierende Wirkung (vgl. Wied in Blümich, EStG, Kommentar, Rz. 5 zu § 50).

(2) Ab dem Veranlagungszeitraum 1996 beträgt der Steuersatz zwar entsprechend dem Mindeststeuersatz nach § 50 Abs. 3 S. 2 EStG 25 %, mit dem gleichzeitig eingeführten § 50 Abs. 5 Nr. 3 EStG wird die Abgeltungswirkung jedoch eingeschränkt und die Möglichkeit einer Erstattung der Abzugssteuer auf Antrag ermöglicht. Betriebsausgaben und Werbungskosten können nun wenigstens teilweise berücksichtigt werden, so dass es nicht zu einer Mindestbesteuerung von 25 % kommen muss. Eine übermäßige Benachteiligung beschränkt Steuerpflichtiger kann in dieser Verfahrensweise nicht gesehen werden. Auch Inländer sind in vielen Fällen beispielsweise gezwungen, eine vergleichbare Antragsveranlagung (§ 46 Abs. 2 EStG) zu veranlassen, um Rechtsfolgen eines Steuerabzuges, der die individuelle Verhältnisse des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt, zu korrigieren.

Der entscheidendende Unterschied zu den zu § 50 Abs. 3 EStG entschiedenen Fällen liegt jedoch darin, dass der Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 2 EStG an eine punktuelle Tätigkeit, etwa einen kurzfristigen Auftritt eines Künstlers im Inland, anknüpft. Eine entsprechende inländische Vergleichsgruppe kann demgegenüber nicht gebildet werden. Ein inländischer Künstler ist mit seinen gesamten Einkünften im Inland steuerpflichtig, der fiktive Steuersatz, mit dem die Einkünfte aus einer einzelnen Veranstaltung belegt werden, lässt sich nicht ermitteln, er wäre in jedem Einzelfall - abhängig von dem insgesamt zu versteuernden Einkommen des Inländers - unterschiedlich. Eine Gegenüberstellung des Inländers gegenüber dem Gebietsfremden wie in dem Fall "Asscher", in der EuGH den Steuersatz einer vergleichbaren inländischen Person mit 13 % ermitteln konnte, ist im Streitfall nicht möglich. Das bedeutet zwar nicht, dass eine Diskriminierung durch eine übermäßige Besteuerung generell oder im Einzelfall nicht möglich wäre. Dazu müssten jedoch die individuellen Verhältnisse der Vergütungsempfänger bekannt sein. Genaue Zahlen nennt die Klägerin insoweit jedoch nicht. Die allgemein gehaltenen Berechnungsbeispiele, die offensichtlich nicht an die konkreten Verhältnisse einer der dem Streitfall zugrundeliegenden Veranstaltung anknüpfen, lassen keinen Rückschluss auf die Besteuerungswirkung gerade bei den in den Haftungsbescheiden aufgeführten Künstlern / Veranstaltern zu.

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass der Quellensteuerabzug rechtssystematisch mit den Vorschriften über die Festsetzung und Erhebung von Vorauszahlungen vergleichbar ist (BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 I B 143/93, BFH/NV 1994, 864). Zur Begründung der Diskriminierung kann sie jedoch nicht ohne Weiteres den von ihr beispielhaft errechneten Steuersatz bezogen auf den Nettogewinn von 64,2 % bzw. 69 % den Einkommensteuervorauszahlungen eines Inländers gegenüberstellen. Mit einer solchen Berechnungsweise lässt sich eine Ungleichbehandlung nicht belegen. Die Zahlen sind bezogen auf den Streitfall nicht ansatzweise substantiiert und es wird übersehen, dass nur eine einzelne vorübergehende Tätigkeit beleuchtet wird, ohne dass etwa die Kostenentwicklung bei Wiederholungsauftritten, längerer Tourneedauer etc., eingeschätzt werden könnte.

cc) Das Abzugsverfahren gemäß § 50a Abs. 5 Satz 2 EStG als solches wirkt auch nicht diskriminierend. Zwar führt es zunächst zu einer verfahrensrechtlich wirkenden Ungleichbehandlung von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch die in tatsächlicher Hinsicht bestehenden Unterschiede gerechtfertigt. Da der beschränkt Steuerpflichtige im Ausland ansässig ist, sind die Möglichkeiten, ihn im Ausland steuerlich zu erfassen, ihn zu veranlagen und einen Steueranspruch ihm gegenüber durchzusetzen, wegen der eingeschränkten Hoheitsbefugnisse inländischer Finanzbehörden im Ausland wesentlich erschwert. In vielen Fällen ist der Quellensteuerabzug faktisch die einzige Möglichkeit, einen objektiv bestehenden Steueranspruch durchzusetzen. Deshalb entspricht der Quellensteuerabzug jedenfalls dann dem Gleichbehandlungsgebot, wenn andernfalls eine inländische Steuer von dem beschränkt Steuerpflichtigen nicht erhoben werden könnte (BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 I B 143/93, BFH/NV 1994, 864).

Der Quellensteuerabzug gemäß § 50a Abs. 5 Satz 2 EStG knüpft auch nicht an die Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen an. Insoweit werden deutsche Staatsangehörige und die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten gleich behandelt.

Die vorübergehend in Deutschland auftretenden Künstler haben schließlich auch keine Niederlassung im Sinne des Art. 52 EGV in einem der Mitgliedstaaten begründet, so dass sie bzw. die Klägerin sich schon deswegen auf diese Vorschrift nicht berufen können.

b) Art. 60 III EG-Vertrag, wonach der Leistende seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben darf, in dem die Dienstleistungen erbracht werden, und zwar unter den Voraussetzungen, welche der Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt, ist ebenfalls nicht verletzt. Der danach geschützte freie Dienstleistungsverkehr wird nicht behindert, weil den Vertragspartnern der Klägerin die Möglichkeit eröffnet war, rechtzeitig einen Freistellungsantrag zu stellen und auf diese Weise den Quellensteuerabzug zu verhindern.

2. Der weitere Einwand der Klägerin, die Besteuerung der beschränkt steuerpflichtigen Künstler im Wege der Bruttoquellensteuer, verstoße gegen das Grundgesetz, ist ebenfalls unbegründet. Der Senat geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Klägerin nicht den Quellensteuerabzug als solchen für verfassungswidrig ansieht, sondern eine Grundrechtswidrigkeit des gesamten Regelungszusammenhanges von Quellensteuerabzug, Steuersatz und Abgeltungswirkung annimmt.

a) Art. 14 Abs. 1 GG wird durch §§ 50a Abs. 4 und 5, 50 Abs. 5 EStG nicht verletzt.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG fallen unter den Schutz der Eigentumsgarantie alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigener Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf. Der Eigentumsschutz erstreckt sich dabei auch auf nichtdingliche Vermögenswerte, bleibt aber immer an Rechtspositionen gebunden. Das Vermögen als solches stellt keine derartige Rechtsposition dar, sondern nur den Inbegriff aller geldwerten Güter einer Person. Es ist daher nicht Eigentum i.S. des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG-Beschlüsse vom 8. April 1997 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267, 300, m.w.N.; vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl 11 1995, 655).

Steuern sind ohne besondere Gegenleistung aus dem Vermögen zu entrichtende Geldleistungen, deren Entstehung in den Steuergesetzen an das Vorhandensein, die Mehrung, Nutzung oder Verwendung von Vermögen geknüpft ist (vgl. § 3 AO). Die Steuergesetze regeln damit auch Inhalt und Schranken des Eigentums i.S. des Art. 14 Abs. 1 und 2 GG (Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14 Rz.161; Kimminich, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14 Rz.57 ff.). Die Auferlegung von Steuerleistungspflichten ist deshalb keine entschädigungspflichtige Enteignung (BFH-Urteil vom 19. April 1968 III R 78/67, BFHE 92, 495, 505, BStBl II 1968, 620). Aus dem fluktuierenden Vermögen zu zahlende Steuern kollidieren erst dann mit dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG, wenn sie den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigen, dass sie erdrosselnde Wirkung haben (BVerfGE 95, 267, 300).

Normalerweise entzieht die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer dem Steuerpflichtigen nur einen bestimmten Bruchteil seines Einkommens, sodass der Streit darum geführt wird, wie hoch dieser Bruchteil maximal sein darf, welcher Teil des Einkommens dem Steuerpflichtigen belassen bleiben muss (vgl. BVerfG-Beschluss vom 22.06.1995 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655 (Halbteilungsgrundsatz), BFH-Beschluss vom 17.07.1998 VI B 81/97 BFHE 186, 394, BStBl II 1998, 671). Danach geht von der Abzugssteuer keine erdrosselnde Wirkung aus. Die in den Streitjahren geltenden Steuersätze sind unter dem Gesichtspunkt problematisch, dass sie sich auf die Einnahmen beziehen (§ 50a Abs. 4 S. 2 EStG) und insoweit Steuern auf tatsächlich gar nicht erzielten Gewinn erhoben werden könnten, wie die Klägerin für einen Steuersatz von 25 % der erzielten Einnahmen eines Künstlers beispielhaft vorrechnet. Eine derartige Besteuerung würde in der Tat notwendigerweise die Substanz des Vermögens des beschränkt Steuerpflichtigen in Anspruch nehmen. Bei einer abgeltenden Bruttobesteuerung wird deshalb teilweise auch ein Verstoß gegen Art. 14 GG in Fällen angenommen, in denen aus der dem Steuerabzug unterliegenden Steuerquelle abwechselnd positive und negative Ergebnisse erzielt und lediglich die positiven Einnahmen abgeltend besteuert werden, Verluste also unberücksichtigt bleiben (vgl. z.B. Lüdicke in Lademann / Söffing / Brockhoff, EStG, § 49 Anm. 67).

bb) Die Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger gem. §§ 50 a Abs. 4 u. 5, 50 Abs. 5 EStG ist aber nicht generell übermäßig belastend im Sinne einer konfiskatorischen oder erdrosselnden Wirkung. Die gesetzliche Regelung nimmt nämlich ausländische Einkünfte von der Besteuerung aus und der Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) greift nicht ein. Daraus können sich erhebliche Vorteile ergeben, die den Nachteil der Nichtberücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen bei weitem übersteigen (BFH-Urteil vom 20. April 1988 I R 219/82, BFHE 154, 38, BStBl II 1990, 701). Zudem galt bis zum Veranlagungszeitraum 1995 für Einkünfte aus der Ausübung der in § 50a Abs. 4 Nr. 2 EStG genannten Leistungen ein reduzierter Abzugssteuersatz von nur 15 % der Einnahmen. Dass davon eine erdrosselnde Wirkung ausgehen kann, ist nicht erkennbar. Zwar behauptet die Klägerin in ihrer Modellrechnung, dieser Steuersatz führe bei Künstlergruppen zu einem Gewinn-Steuersatz von 64,2 % bzw. bei Solisten von 69 %. Sie gelangt zu diesen - jedenfalls den sogen. Halbteilungsgrundsatz (BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) berührenden - Steuersatz aber nur, weil sie von einer Kostenbelastung von 75 % der Einnahmen ausgeht, die nicht weiter belegt wird. Auch die übrigen Beispielsberechnungen sind nicht verifizierbar; ob es sich dabei um eine Veranstaltung handelte, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegt, ist nicht erkennbar.

Soweit der Steuersatz ab dem Veranlagungszeitraum 1996 25 % der Einnahmen beträgt, besteht - wie bereits oben ausgeführt - gem. § 50 Abs. 5 Nr. 3 EStG die Möglichkeit einer Erstattung der Abzugssteuer auf Antrag. Die Abgeltungswirkung ist danach auf maximal 50 % der Einkünfte begrenzt, eine Überbesteuerung kann deshalb nicht mehr eintreten (vgl. auch Frotscher in Frotscher, EStG, Kommentar, Rz. 25 zu § 50a). Ein Verstoß der § 50, 50a EStG gegen Art. 14 GG ist daher nicht feststellbar.

cc) Soweit die Erhebung einer Steuer dennoch bei einzelnen der im Haftungsbescheid aufgeführten Künstler konfiskatorisch oder erdrosselnd wirkt, liegt eine Verletzung der Eigentumsgarantie vor (vgl. BVerfG-Beschluss vom 24. September 1965 1 BvR 228165, BVerfGE 19, 119, 128 f.), die eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zum (teilweisen) Erlass der Steuer jedenfalls dann auslösen kann, wenn eine übermäßige Belastung von der Bundesrepublik ausgeht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 1976 1 BvR 2328/73, BStBl II 1977, 190, BVerfGE 43, 1, 12; BFH-Urteil vom 4. Februar 1987 I R 252/83, BFHE 149, 50, BStBl II, 1987, 682). Über diese Frage ist jedoch in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

b) Ein Verstoß gegen Art. 12 GG liegt ebenfalls nicht vor.

Das BVerfG misst abgabenrechtliche Vorschriften grundsätzlich nur dann an Art. 12 Abs. 1 GG, wenn sie objektiv eine Tendenz zur Regelung des von der Steuer betroffenen Berufs erkennen lassen (BVerfG-Beschluss vom 11. Oktober 1977 1 BvR 343/73 u. a., BVerfGE 47, 1, 21, BStBl II 1978, 174, 179). Rechtliche Normierungen können Art. 12 Abs. 1 GG auch dann berühren, wenn sie nicht "gezielt" in die Berufsfreiheit eingreifen, sondern in ihrer tatsächlichen Auswirkung geeignet sind, diese zu beeinträchtigen. Auch dazu genügt jedoch nicht die allgemeine Möglichkeit der Beeinträchtigung eines nicht näher bestimmbaren Personenkreises; vielmehr muss sich konkret feststellen lassen, wer von den Auswirkungen der Norm selbst oder ihrer Anwendung unmittelbar in seiner Berufsfreiheit betroffen wird.

Ein konkreter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit in diesem Sinne findet durch das Steuerabzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen aber nicht statt. Die Berufsausübung der von der Klägerin unter Vertrag genommenen Künstler ist nicht davon abhängig. Da die Besteuerung nicht generell übermäßig ist, wird ihnen auch der Zugang zu deutschen Bühnen nicht faktisch verwehrt.

Abgesehen davon können sich nur Deutsche im Sinne des Art. 116 GG, die allerdings auch beschränkt steuerpflichtig sein können, auf einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Die in den Haftungsbescheiden aufgeführten Künstler sind - soweit ersichtlich - aber sämtlich Ausländer, die von Art. 12 GG nicht geschützt werden.

c) Die Regelung des § 50a Abs. 4 und 5 EStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Ein Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot, alle Personen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, liegt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie (bezogen auf die Art des jeweiligen Regelungsgegenstandes) die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG-Beschluss vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79/106, BStBl 11 1989, 938). Aus dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit folgt hieraus, dass die Besteuerung nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit auszurichten ist (BVerfG-Beschluss vom 23. Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BStBl 11 1990, 483).

Dieses Prinzip muss jedoch nicht in reiner Form verwirklicht werden (BVerfG-Beschluss vom 16. März 1983 1 BvR 1077180, HFR 1983, 227, 228). Da die nach Art. 3 Abs. 1 GG zu vergleichenden Lebensverhältnisse nicht in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sind, ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, welche von diesen Elementen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Es ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG-Beschluss vom 29. November 1989 1 BvR 1402, 1528/87, BStBl 11 1990, 479).

Der Gesetzgeber darf sich auch im Steuerrecht, wie stets bei der Ordnung von Massenerscheinungen, bei der Ausgestaltung seiner Normen generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (BVerfG-Beschluss in BStBl II 1990, 483, 486). Er ist berechtigt, von dem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den vorliegenden Erfahrungen ergibt (BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 226, HFR 1989, 45). Danach ist zwischen der generellen und der individuellen Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu unterscheiden (vgl. Tipke / Kruse, AO/FGO, 16. Aufl., § 3 AO 1977 Rdnr. 34). Für die verfassungsrechtliche Prüfung des Gesetzes kommt es nicht auf eine ungewöhnliche Härte im Einzelfall an (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Dezember 1966 1 BvR 33164, BVerfGE 21, 54, 71 f., BStBl 111 1967, 743, 747). Die behauptete Grundrechtsverletzung müsste - wie bereits ausgeführt - gegebenenfalls in diesem Billigkeitsverfahren geprüft werden (BFH-Urteil vom 4. Februar 1987 I R 252/83, BStBl 11 1987, 682).

bb) Die Klägerin sieht einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz in einer willkürlichen Ungleichbehandlung beschränkt steuerpflichtiger Künstler gegenüber der Gruppe unbeschränkt steuerpflichtiger Künstler. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass der Quellensteuerabzug zunächst eine verfahrensrechtlich wirkende Ungleichbehandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen bewirkt. Der dieser Ungleichbehandlung zugrunde liegende sachliche Grund liegt jedoch auf der Hand: Ein beschränkt steuerpflichtiger Künstler ist nämlich nur vorübergehend im Inland tätig, er hat keine Betriebsstätte und regelmäßig auch keinen ständigen Vertreter im Inland. Inländischer Finanzbehörden haben im Ausland aber keine oder nur eingeschränkte Hoheitsbefugnisse, so dass ihre Möglichkeiten, den beschränkt Steuerpflichtigen als eine im Ausland ansässige Person steuerlich zu erfassen, zu veranlagen und ihm gegenüber einen Steueranspruch durchzusetzen, wesentlich erschwert sind. Darin liegt der eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ausschließende sachliche Grund der verfahrensrechtlich abweichenden Besteuerung (vgl. FG Köln, Urteil vom 24. Februar 1999 4 K 6016/94, EFG 1999, 655).

Besteht ein derartiger sachlicher, die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund, ist eine abweichende Besteuerung nicht nur dann unbedenklich, wenn zugleich eine Begünstigung des beschränkt Steuerpflichtigen erreicht wird. Eine derartige Einschränkung ist auch den von der Klägerin zitierten Entscheidungen des BVerfG nicht zu entnehmen. Die Entscheidung des BVerfG vom 12.10.1976 (1 BvR 2328/73, BStBl II 1977, 190) betraf den nicht zulässigen Abzug gezahlter Vermögensteuer bei der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger nach § 50 Abs. 1 EStG i.d.F. des EStG vom 15.08.1961 (BGBl I S. 1254). Das BVerfG verneinte einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG mit der Begründung, dass der Nichtabzugsfähigkeit gezahlter Vermögenssteuer Privilegien bei der Einkommensbesteuerung im Übrigen gegenüberstünden. Die weiter zitierte Entscheidung des BVerfG vom 09.03.1976 ist nicht einschlägig, das dazu genannte Aktenzeichen nicht vergeben.

cc) Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz läge in der verschuldensunabhängig ausgestalteten Haftung des § 50 Abs. 5 S. 5 EStG. Den Vergleich mit der in § 32 AO geregelten Haftungsbeschränkung für Amtsträger kann der Senat nicht nachvollziehen. § 32 AO ist kein Haftungstatbestand, sondern beschränkt die Haftung eines Amtsträgers bei Dienstpflichtverletzungen. Demgegenüber handelt es sich bei § 50a Abs. 5 S. 5 EStG um eine Ausfallhaftung vergleichbar der Haftung für Lohn- oder Kapitalertragsteuer nach §§ 42d, 44 Abs. 5 EStG. Eine willkürliche Ungleichbehandlung der Vergütungsschuldner im Vergleich mit der Gruppe der Amtsträger, liegt damit nicht vor, abgesehen davon dass die Vergütungsschuldner keine "Beliehene" sind, die im Rahmen einer Beleihung mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen (etwa zum Erlass von Verwaltungsakten) handeln.

d) Die Regelung des § 50a Abs. 4 und 5 EStG verstößt schließlich auch nicht gegen Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.

Art. 5 Abs. 3 S. 1 gewährt ein Freiheitsrecht für alle in den Bereichen der Kunst schöpferisch tätigen Personen gegenüber Eingriffen öffentlicher Gewalt. Unter den Schutzzweck dieser Norm fällt in erster Linie die Herstellung des Kunstwerks, d.h. der schöpferische Prozess des Schaffens, das Kunstwerk selbst als Ergebnis dieses Prozesses und seine Vermittlung an Dritte (v. Mangoldt / Klein / Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Rz. 187). Demgegenüber fällt die wirtschaftliche Verwertung des Kunstwerks in den Schutzbereich anderer Grundrechte, insbesondere des Art. 14 GG (Starck, a. a. O., Rz. 194). Dem Staat ist es damit nicht verwehrt, Künstler Geldleistungspflichten aufzuerlegen, soweit damit nicht gegen andere Grundrechte verstoßen wird (FG Hannover, 30. Juli 1996 XI 4/93, zit. nach juris, Juristisches Informationssystem). Im Rahmen des allgemeinen Abgabensystems können sie zu Steuerleistungen herangezogen werden. Von der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit hat der Gesetzgeber in § 50a Abs. 4 Gebrauch gemacht, ohne damit gegen die Schranken des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG zu verstoßen (vgl. auch Waterkamp, FR 1994, 345, 349).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO.

Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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