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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 12.10.2004
Aktenzeichen: IV 214/03
Rechtsgebiete: VO (EG) Nr. 800/1999


Vorschriften:

VO (EG) Nr. 800/1999 Art. 7 Abs. 1
VO (EG) Nr. 800/1999 Art. 9 Abs. 1
VO (EG) Nr. 800/1999 Art. 49 Abs. 4
VO (EG) Nr. 800/1999 Art. 50 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von Ausfuhrerstattung.

Mit 13 Ausfuhranmeldungen im Zeitraum vom 9.9.1999 bis zum 5.10.2000 meldete die Klägerin die Ausfuhr eines kakaohaltigen Brotaufstrichs zur Ausfuhr auf dem Seeweg in verschiedene Drittländer an. Das Zollamt (Z) vermerkte jeweils auf der Rückseite der Ausfuhranmeldung, dass und wann die Ware ausgeführt worden ist und dass ein Beförderungspapier (Bill of Lading, B/L) mit Angabe eines Bestimmungshafens außerhalb der EU vorgelegt wurde.

Mit insgesamt 13 Bescheiden vom 10.12.1999, 25.1.2000, 22.2.2000, 8.3.2000, 9.6.2000, 24.7.2000, 26.10.2000, 5.12.2000 und 13.12.2000 setzte der Beklagte daraufhin antragsgemäß Ausfuhrerstattung endgültig fest.

Im März 2001 wies das seinerzeitige Hauptzollamt Hamburg-F den Beklagten darauf hin, dass die Ausgangsbestätigungen in den streitgegenständlichen Ausfuhrfällen wegen unzureichender Bill of Lading (B/L) nicht hätten erteilt werden dürfen. Die Beförderungspapiere seien, wie sich im Zuge der Ermittlungen herausgestellt habe, in drei Fällen zunächst nicht unterschriebenen gewesen, nach einem Hinweis des Zollamtes auf die fehlende Unterschrift seien sie dann von der Exportsachbearbeiterin der Klägerin, Frau A, unterzeichnet vorgelegt worden. In den weiteren 10 Fällen, seien die Papiere direkt von der Exportsachbearbeiterin der Klägerin unterzeichnet eingereicht worden. Hinweise auf ein etwaiges Vertretungsverhältnis habe es nicht gegeben. Zur Unterzeichnung der B/L sei die Exportsachbearbeiterin jedoch nicht befugt gewesen, weshalb die Ausgangsbestätigungen zurückzunehmen seien.

In einigen Fällen haben die Verfrachter auf Nachfrage des Beklagten erklärt, Frau A zur Zeichnung der jeweils erforderlichen Kopie bevollmächtigt zu haben.

Mit 13 Berichtigungsbescheiden vom 5.6.2002 forderte der Beklagte die gezahlten Ausfuhrerstattungen in Höhe von insgesamt 40.611,91 EUR zurück. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Ausfuhrbestätigungen hätten zurückgenommen werden müssen, weil keine ordnungsgemäß unterschriebenen Beförderungspapiere vorgelegt worden seien.

Mit Bescheid vom 17.6.2002 setzte der Beklagte eine Sanktion in Höhe von 20.305,97 EUR fest.

Gegen die Berichtigungsbescheide und den Sanktionsbescheid legte die Klägerin am 2.7.2002 Einspruch ein. Darin rügt sie, dass ihr die angebliche Rücknahme der Ausfuhrbestätigungen nicht bekannt gegeben und diese damit nicht wirksam geworden sei. Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 22.7.2003 zurückgewiesen.

Mit ihrer am 22.8.2003 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, die Ausfuhrerstattung sei materiell zu Recht gewährt worden, da die Ware tatsächlich innerhalb der vorgegebenen Frist ausgeführt worden sei. Daher sei die Rückforderung unberechtigt. Sie räumt ein, dass die von ihrer Exportsachbearbeiterin unterzeichneten B/L nicht geeignet gewesen seien, den Ausfuhrnachweis zu erbringen. Entscheidend müsse jedoch sein, dass ordnungsgemäße B/L zum Zeitpunkt der Verschiffung vorgelegen hätten. Insoweit legt sie mit Schriftsatz vom 20.11.2003 in den streitgegenständlichen Ausfuhrfällen Kopien der B/L vor, die - nach ihrem Vortrag - vom jeweiligen Verfrachter oder dessen Agenten unterzeichnet worden sind. Allein das Versäumen der Vorlagefrist könne nicht zum Wegfall des Erstattungsanspruchs führen.

Die Klägerin beantragt, die in der Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 22.7.2003 genannten 13 Berichtigungsbescheide vom 5.6.2002, den Sanktionsbescheid vom 17.6.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22.7.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, zum Nachweis der Ausfuhr auf dem Seeweg habe der Ausführer der Ausgangszollstelle das Beförderungspapier mit Angabe einer Endbestimmung in einem Drittland zum Zwecke der Bestätigung des Ausgangs aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft vorzulegen. Das Beförderungspapier müsse durch den Frachtführer oder durch einen ihn vertretenden Agenten unterzeichnet sein. Die vorliegenden Beförderungspapiere seien jedoch, soweit sie fristgerecht vorgelegt worden seien, von der Exportsachbearbeiterin der Klägerin unterzeichnet worden. Dass diese Exportsachbearbeiterin in einigen Fällen nachträglich vom Verfrachter bzw. dessen Agenten bevollmächtigt worden sei, sei unerheblich. Da jeweils vom Frachtführer bzw. dessen Agenten unterschriebene Frachtbriefe im Original existierten, stelle die Unterzeichnung durch die Exportsachbearbeiterin keine auf den Abschluss eines Transportvertrages gerichtete rechtlich verbindliche Willenserklärung dar. Ihre Unterschrift habe lediglich dazu gedient, selbst den Beleg für die Ausfuhr der betreffenden Sendungen herzustellen, ohne sich erneut an den Verfrachter/Agenten wenden zu müssen. Hätte die Ausgangszollstelle von den nicht ordnungsgemäßen Unterschriften Kenntnis gehabt, hätte sie die Ausgangsbestätigungen nicht erteilt. Auf fehlende Kenntnis der formellen Anforderungen könne sich die Klägerin nicht berufen. Sie sei auch in entsprechenden Anschreiben wiederholt darauf hingewiesen worden, dass die B/L vom Verfrachter bzw. dessen Agenten unterschriebene werden müssten. Die im Klageverfahren nachgereichten B/L könnten nicht anerkannt werden, da sie außerhalb der Vorlagefrist beigebracht worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Die streitgegenständlichen Berichtigungsbescheide sind ebenso wie der Sanktionsbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

1. Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Ausfuhrerstattung ist Art. 52 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 800/1999 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 15.4.1999 (VO Nr. 800/1999). Danach muss der Begünstigte, dem eine Erstattung zu Unrecht gewährt wurde, den zu Unrecht erhaltenen Betrag zurückzahlen. Der Klägerin wurden Ausfuhrerstattungen mit Bescheiden vom 10.12.1999, 25.1.2000, 22.2.2000, 8.3.2000, 9.6.2000, 24.7.2000, 26.10.2000, 5.12.2000 und 13.12.2000 zu Unrecht gewährt, da sie die erforderlichen Beförderungspapiere nicht rechtzeitig vorgelegt hat. Das ergibt sich aus Folgendem:

Die Zahlung der Ausfuhrerstattung ist gem. Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 800/1999 u.a. von dem Nachweis abhängig, dass die Erzeugnisse, für die die Ausfuhranmeldung angenommen wurde, spätestens 60 Tage nach dieser Annahme das Zollgebiet der Gemeinschaft in unverändertem Zustand verlassen haben. Bei Ausfuhren auf dem Seeweg regelt Art. 9 Abs. 1 lit. c VO Nr.800/1999, dass die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass das Dokument über das Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft nur gegen Vorlage eines Beförderungspapiers mit Angabe der Endbestimmung außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft mit einem Sichtvermerk versehen wird. Eine entsprechende Regelung sieht § 4 Abs. 4 der Ausfuhrerstattungsverordnung vor. Erstattungsvoraussetzung ist demnach die Vorlage eines Beförderungspapiers, in dem ein Bestimmungsort außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft angegeben ist.

Die insoweit erforderlichen Beförderungspapiere müssen gem. Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 - ausgenommen bei höherer Gewalt - innerhalb von 12 Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung eingereicht werden. Werden die Papiere innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der 12-Monatsfrist erbracht, so ist die zu zahlende Erstattung gem. Art. 50 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 gleich 85 % der Erstattung, die bei Erfüllung aller Voraussetzungen gezahlt worden wäre.

Die Klägerin hat vorliegend zu jeder Ausfuhrsendung innerhalb der 12-Monatsfrist des Art. 49 Abs. 2 Unterabs. 1 VO Nr.800/1999 ein Beförderungspapier in Form eines B/L vorgelegt, das auch einen Bestimmungsort außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft angab. Diese Beförderungspapiere wurden von der Ausgangszollstelle zunächst anerkannt und die Ausfuhranmeldungen wurden jeweils mit einem entsprechenden Sichtvermerk versehen. Diese Sichtvermerke (Ausgangsbestätigungen) brachte das Zollamt jedoch in der unrichtigen Annahme auf, die B/L seien vom Verfrachter bzw. dessen Agenten unterzeichnet worden. Der insoweit bestehende Irrtum wurde von der Klägerin durch für das Zollamt zunächst nicht erkennbar unrichtige Angaben verursacht. Die B/L waren tatsächlich von der Exportsachbearbeiterin der Klägerin unterschrieben worden, insofern hätten sie nicht als Beförderungspapiere anerkannt werden dürfen.

Das B/L ist ein im Rahmen des Seefrachtvertrages vom Verfrachter oder dessen Vertreter ausgestellter Seefrachtbrief, der eine Empfangsbescheinigung über die zur Beförderung übernommenen Güter sowie eine Auslieferungsverpflichtung gegenüber dem legitimierten Inhaber dieser Urkunde enthält (Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., vor § 642 Tz. 4). Dabei unterliegt der Seefrachtbrief dem Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB mit der Folge, dass er eigenhändig unterschrieben werden muss, wobei teilweise auch eine lediglich im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Unterschrift (Faksimile) oder sogar nur eine Abstempelung an Stelle der eigenhändigen Unterschrift als ausreichend angesehen wird (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., § 642 Tz. 27). Gem. § 642 Abs. 4 HGB ist der Kapitän und jeder andere dazu ermächtigte Vertreter des Reeders zur Ausstellung des Seefrachtbriefs befugt. Die Exportsachbearbeiterin der Klägerin war jedoch zur Unterzeichnung nicht anerkennbar befugt. Sie handelte weder als ermächtigte Vertreterin, noch durfte sie als nachträglich bevollmächtigte Vertreterin ohne Vertretungsmacht handeln.

Die Klägerin, bzw. ihre Exportsachbearbeiterin, ist keine im Sinne des § 642 HGB berechtigte Ausstellerin. Dass sie als Vertreterin des Verfrachters bzw. dessen Agenten aufgetreten ist, lässt sich den B/L nicht entnehmen. Etwaige Vertretungsverhältnisse sind nicht dargelegt worden und bestanden offenbar auch nicht, da die B/L im Original von den jeweiligen Verfrachtern bzw. deren Agenten unterschrieben worden sind, wie dem Schriftsatz der Klägerin vom 31.11.2003 entnommen werden kann. Der Senat hält im konkreten Fall auch eine nachträgliche Bevollmächtigung (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., § 642 Tz. 20), auf die die Klägerin sich beruft, nicht für zulässig. Eine solche nachträgliche Bevollmächtigung käme nur dann in Betracht, wenn ein Vertreter ohne Vertretungsmacht das B/L ausgestellt hätte. Genau dies ist jedoch nicht der Fall. Die B/L wurden in jedem Fall vom Verfrachter bzw. dessen Agenten ausgestellt. Entsprechend vom Aussteller unterzeichnete B/L hat die Klägerin im Klageverfahren auch vorgelegt. In einigen Fällen haben auch die Verfrachter bzw. Agenten dem Beklagten auf entsprechende Nachfrage Kopien der von ihnen unterzeichneten B/L vorgelegt. Vor diesem Hintergrund hat die Mitarbeiterin der Klägerin (Blanko-) Kopien noch nicht unterzeichneter B/L unterschrieben und damit den Anschein erweckt, sie selbst hätte sie ausgestellt. Tatsächlich gibt es jedoch im Original von den Frachtführern bzw. deren Agenten unterzeichnete Seefrachtbriefe, sodass kein Raum für ein (erneutes) Ausstellen dieser Papiere durch eine nachträglich bevollmächtigte Mitarbeiterin der Klägerin besteht. Der Senat musste daher nicht klären, ob tatsächlich in allen Fällen eine nachträgliche Vollmacht erteilt worden ist.

Ob das B/L einer Unterzeichnung bedarf, um als Beförderungspapier in dem hier relevanten Sinne anerkannt werden zu können, bedarf angesichts der vorliegenden Fälschungshandlungen keiner Entscheidung. Der Senat hat sich zu Art. 18 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27.11.1987 (VO Nr. 3665/87), der den Ausführer verpflichtet, eine Durchschrift oder Fotokopie des Beförderungspapiers vorzulegen, in jüngster Zeit wiederholt mit der Frage des notwendigen Inhalts eines Beförderungspapiers befasst. Er hat dabei erkannt, dass erstattungsrechtlich relevant nur die Angaben sein können, die für die Nämlichkeitssicherung aussagekräftig sind. Das sind insbesondere die Angaben, die die lückenlose Beförderung der Ware zum Bestimmungsort und die Angaben zur genauen Warenbeschreibung betreffen. Da die der Erstellung des Papiers zu Grunde liegenden Normen (in den entschiedenen Fällen das CMR-Abkommen) primär auf die Funktion des Beförderungspapiers als Nachweis für den Beförderungsvertrag abstellen, die Vorlage des Papiers im Rahmen des Ausfuhrerstattungsverfahrens aber ganz andere Zwecke verfolgt, kann ein solches Beförderungspapier nicht schon deswegen als nicht ordnungsgemäß angesehen werden, wenn es nicht alle nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen erforderlichen Angaben enthält, wobei der Senat eine fehlende Unterschrift bei sonst hinreichenden Angaben als nicht erstattungsschädlich angesehen hat (FG Hamburg, Urteil v. 4.8.2004, IV 375/01; Beschluss v. 26.2.2004, IV 212/03, juris).

Diese Rechtsprechung wird man allerdings auf das nach Art. 9 Abs. 1 lit. c VO Nr. 800/1999 erforderliche Beförderungspapier nicht ohne weiteres übertragen können. Das Beförderungspapier nach Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 dient nämlich insoweit einem anderen Zweck, als es im Zusammenhang mit dem Nachweis der Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die Abfertigung zum freien Verkehr in einem betreffenden Drittland im Rahmen der differenzierten Erstattung steht, und neben der Ausfuhranmeldung und dem Einfuhrnachweis einen lediglich ergänzenden Nachweischarakter im Interesse der Nämlichkeitssicherung hat. Demgegenüber kommt dem Beförderungspapier nach Art. 9 Abs. 1 lit. c VO Nr. 800/1999 entscheidende Bedeutung bei der Bestätigung der Ausfuhr zu. Es ist ein maßgeblicher Nachweis, den der Ausführer vorlegen muss und auf dessen Grundlage das Zollamt die Ausfuhr bestätigt. Dies legt nahe, höhere Anforderungen an die Richtigkeitsgewähr zu stellen und zu verlangen, dass nicht nur der Frachtführer benannt wird, sondern dass dieser bzw. sein Vertreter durch seine Unterschrift oder vergleichbare Zeichnung die Richtigkeit des Papiers bestätigt.

Letztlich kann dies jedoch offen bleiben, da die Klägerin keine nicht unterschriebenen, sondern hinsichtlich der Unterschrift gefälschte B/L vorgelegt hat. Durch eine beliebige Unterschrift hat sie vorgetäuscht, dass die B/L von einem Berechtigten unterzeichnet worden sind. Eine derartige Täuschungshandlung zerstört den Nachweischarakter des Papiers. Die grundsätzliche Anerkennung der B/L als Nachweise beruht auf dem Vertrauen in die Richtigkeit der dort gemachten Angaben. Erwiesenermaßen falsche Angaben beseitigen die Grundlage für dieses Vertrauen und sind von daher geeignet, auch alle anderen Angaben in diesem Papier und damit die Verwertbarkeit des Papiers insgesamt in Zweifel zu ziehen.

Die weiteren Möglichkeiten, die Beförderungspapiere außerhalb der 12- bzw. 18-Monatsfrist vorzulegen, stehen der Klägerin nicht (mehr) zur Verfügung.

Art. 49 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 sieht die Möglichkeit der Verlängerung dieser Vorlagefrist auf Antrag vor, wenn der Ausführer alles in seiner Macht stehende für die fristgerechte Beschaffung und Vorlage der Unterlagen unternommen hat. Dieser Antrag kann gem. Art. 49 Abs. 5 VO Nr. 800/1999 innerhalb der 12-Monatsfrist und auch noch in der anschließenden weiteren 6-Monatsfrist - dann allerdings mit den Einschränkungen des Art. 50 Abs. 2 Unterabs. 1 VO Nr. 800/1999 - gestellt werden. Die Klägerin hat von der Möglichkeit, die Verlängerung der Frist zu beantragen, zu keinem Zeitpunkt Gebrauch gemacht. In jedem Fall verbleibt es daher bei der 12- bzw. 18-Monatsfrist. Die Vorlage der Kopien der B/L im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 31.11.2003 erfolgte somit außerhalb der Fristen.

Mit ihrer Ansicht, das Versäumen der Fristen stelle lediglich die erstattungsunschädliche Verletzung einer Nebenpflicht dar, dringt die Klägerin nicht durch. In der VO Nr. 800/1999 hat der Gemeinschaftsverordnungsgeber die Fristen für die Vorlage der erforderlichen Unterlagen im dargestellten Sinne verbindlich geregelt. Er hat dabei an das Versäumen der Fristen zwingende Folgen wie die Verringerung des Erstattungsanspruchs bzw. dessen Verlust geknüpft. Er hat die Fristen daher ersichtlich nicht lediglich als (letztlich unverbindliche) Nebenpflichten ausgestaltet. Anders mag der Fall zu beurteilen sein, wenn etwa auf Nachfrage des zuständigen Zollamtes eine versäumte Angabe unverzüglich, allerdings außerhalb der Frist, nachgeholt wird. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Klägerin hat nicht unverzüglich versäumte Angaben nachgereicht, sondern teilweise auf Nachfrage des Zollamtes gefälschte Papiere eingereicht bzw. ordnungsgemäße Papiere weit außerhalb der bestehenden Fristen vorgelegt.

Der Senat hält es - im Gegensatz zur Klägerin - nicht für problematisch, dass der Beklagte mit seinen Berichtigungsbescheiden die Ausfuhrbestätigungen gleichsam aufgehoben hat. Die Ausfuhrbestätigungen sind bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte einer nachträglichen Überprüfung ohne weiteres zugänglich. Die dem Beklagten mögliche nachträgliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Erstattungsgewährung umfasst auch die Überprüfung der bis zum Erlass der Erstattungsbescheide erfolgten Verfahrenshandlungen.

Auf die Vertrauensschutzregelung des Art. 52 Abs. 4 lit. a VO Nr. 800/1999 kann sich die Klägerin nicht berufen. Nach dieser Vorschrift besteht die Rückzahlungspflicht u.a. dann nicht, wenn die Zahlung infolge eines Fehlers der zuständigen Behörden erfolgt ist und dieser Fehler vom Begünstigten nicht erkannt werden konnte. Der Fehler des Beklagten war für die Klägerin jedoch erkennbar. Ihr war bekannt bzw. hätte bekannt gewesen sein müssen, dass sie die B/L nicht unterschreiben durfte. Abgesehen davon, dass von der Klägerin als Ausführerin erwartet werden muss, dass sie sich über die einschlägigen Erstattungsvoraussetzungen informiert, hatte sie der Beklagte, nachdem sie zunächst nicht unterschriebene B/L vorgelegt hatte, mehrfach - u.a. mit Schreiben vom 3.4.2000 - darauf hingewiesen, dass das B/L vom Verfrachter oder dessen Agenten unterzeichnet sein muss.

Der Sanktionsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist Art. 51 Abs. 1 lit. a VO Nr. 800/1999. Danach entspricht die für die betreffende Ausfuhr zu zahlende Erstattung, wenn festgestellt wird, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Ausfuhrerstattung beantragt hat, der für die tatsächliche Ausfuhr geschuldeten Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung. Da die Klägerin keinerlei Erstattungsansprüche hat, ergibt sich ein Negativbetrag in Höhe der Hälfte der beantragten Erstattung, den die Klägerin gem. Art. 51 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 zu zahlen hat. Fälle des Art. 51 Abs. 3 VO Nr. 800/99, bei denen die Sanktion entfällt, liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich nicht um einen Fall höherer Gewalt (Art. 51 Abs. 3 lit. a VO Nr. 800/1989), da die Klägerin schon nach ihrem eigenen Vortrag in der Lage gewesen wäre - notfalls nach Fristverlängerung - die von den Ausstellern unterschriebenen B/L vorzulegen, wenn sie rechtzeitig an diese herangetreten wäre. Auch hat die Klägerin den Beklagten nicht selbst auf den Fehler hingewiesen (Art. 51 Abs. 3 lit. b VO Nr. 800/1989) und es handelt sich nicht um einen offensichtlichen, von der zuständigen Behörden anerkannten Irrtum (Art. 51 Abs. 3 lit. c VO Nr. 800/1989), da der Irrtum durch die zunächst nicht erkennbar falschen Angaben der Klägerin verursacht worden war.

Die angefochtenen Bescheide unterliegen auch hinsichtlich der Höhe keinen Bedenken, solche werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Nach § 34 Abs. 1 Satz 4 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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