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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Gerichtsbescheid verkündet am 29.11.2004
Aktenzeichen: IV 309/02
Rechtsgebiete: MinöStV


Vorschriften:

MinöStV § 53 Abs. 1
MinöStV § 53 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung der im Verkaufspreis von Kraftstoff enthaltenen Mineralölsteuer, die beim Warenempfänger ausgefallen ist.

Die Klägerin, die mit Mineralöl handelt, stand in Geschäftsbeziehungen mit der Firma D... (im Folgenden: Firma D). Zuletzt lieferte die Klägerin an die Firma D im Juli 2000 (3.-19.7.2000) Kraftstoffe mit einem Mineralölsteueranteil in Höhe von 655.413,06 DM. Da mit Beschluss des Amtsgerichts A vom 25.7.2000 das vorläufige Insolvenzverfahren über die Firma D eröffnet und gemäß § 21 Abs. 2 Ziff. 2 InsO angeordnet wurde, dass Verfügungen der Antragstellerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien, sah die Klägerin in der Folgezeit von einer gerichtlichen Verfolgung der ausstehenden Beträge ab. Mit Beschluss vom 1.11.2000 eröffnete das Amtsgericht A das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma D Am 4.12.2000 meldete die Klägerin ihre Forderungen zur Insolvenztabelle an.

Mit Schreiben vom 5.1.2001 beantragte die Klägerin die Vergütung des in den ausgefallenen Forderungen gegen die Firma D enthaltenen Mineralölsteueranteils. Diesen Antrag lehnte das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 27.4.2001 unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin die ausgefallenen Forderungen entgegen ihrer Verpflichtung aus § 53 Abs. 1 Nr. MinöStV nicht bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.11.2000 gerichtlich verfolgt habe. Den gegen den Bescheid vom 27.4.2001 gerichteten Einspruch wies das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 22.5.2002 zurück; auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

Mit ihrer am 24.6.2002 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie meint zum einen, dass ihr die Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens im Hinblick darauf unmöglich geworden sei, dass der Firma D durch die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis entzogen worden sei. Denn das Amtsgericht A habe mit Beschluss vom 25.7.2000 angeordnet, dass Verfügungen der Antragstellerin - also der Gemeinschuldnerin - nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam seien. Zum anderen ist die Klägerin der Auffassung, dass auch bei Anordnung eines sog. Zustimmungsvorbehalts im Sinne des § 21 Abs. 2 2. Alt. InsO im Rahmen eines vorläufigen Insolvenzverfahrens eine Verfahrensunterbrechung gemäß § 240 Satz 2 ZPO eingetreten sei. Auch vor diesem rechtlichen Hintergrund sei sie - die Klägerin - gehindert gewesen, gegenüber der Firma D die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens zu betreiben. Schließlich vertritt die Klägerin den Standpunkt, dass der Ansatz des Bundesfinanzhofs, der den Entscheidungen vom 17.12.1998 - VII R 148/97 - und 2.2.1999 - VII B 247/98 und VII R 18/98 zugrunde liege, der grundlegenden Kurskorrektur bedürfe. Den Materialien (Bundestagsdrucksache 12/561, Seite 16) sei zu entnehmen, dass die Vorschrift des § 53 Abs. 1 MinöStV eine Entlastung des Mineralölhandels bezwecke, wenn dies der Billigkeit entspreche. § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV sei deshalb in der Weise auszulegen, dass aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung zu entschieden sei, ob der Mineralölhändler, der die Vergütung beanspruche, diese unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit erhalten solle. - Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 5.10.2004 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung des Bescheides vom 27.4.2001 und der Einspruchsentscheidung vom 22.5.2002 zu verpflichten, Mineralölsteuer in Höhe von 335.107,37 EUR zu erstatten.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Es verteidigt die angegriffenen Bescheide mit den Gründen der Einspruchsentscheidung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sache des beklagten Hauptzollamtes verwiesen.

Gründe

Der erkennende Senat entscheidet gemäß § 90a Abs. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

Die zulässige Verpflichtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der ausgefallenen Mineralölsteuer (§ 101 Satz 1 FGO). Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:

Nach § 53 Abs. 1 MinöStV wird dem Verkäufer von nachweislich nach § 2 MinöStG versteuertem Mineralöl auf Antrag die im Verkaufspreis enthaltene Mineralölsteuer erstattet oder vergütet, die beim Warenempfänger wegen Zahlungsunfähigkeit ausfällt, wenn 1. der Steuerbetrag bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit 10.000 DM übersteigt, 2. keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Zahlungsunfähigkeit im Einvernehmen mit dem Verkäufer herbeigeführt worden ist, 3. der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts, laufender Überwachung der Außenstände, rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und gerichtlicher Verfolgung des Anspruchs nicht zu vermeiden war, 4. Verkäufer und Warenempfänger nicht wirtschaftlich miteinander verbunden sind.

Von diesen in § 53 Abs. 1 MinöStV aufgeführten, mit der gesetzlichen Ermächtigung des § 31 Abs. 3 Nr. 4 MinöStG übereinstimmenden Voraussetzungen ist im Streitfall allein problematisch, ob - wie es § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV verlangt - die Klägerin ihre Zahlungsansprüche gegenüber der Firma D rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht hat.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa Beschluss vom 8.2.2000 - VII B 269/99 -, in: BFH/NV 2000, S. 930, 931), der der erkennende Senat folgt (vgl. nur Urteile vom 19.9.2001 - IV 91/99 - und 17.5.2001 - IV 476/98 -), ist die nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV erforderliche rechtzeitige Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung im Zusammenhang mit der nachfolgend angeordneten gerichtlichen Verfolgung zu sehen. Dem Schuldner soll eine letzte Chance eingeräumt werden, den Zahlungsanspruch, mit dessen Erfüllung er in Verzug ist, außergerichtlich, d.h. ohne Einleitung einer gerichtlichen Verfolgung des Anspruchs, zu erfüllen. Die Fristsetzung muss somit einen letzten Zahlungstermin entweder nach dem Kalender oder wenigstens kalendermäßig bestimmbar benennen, zu dem der Schuldner geleistet haben muss, ohne bis dahin gerichtliche Verfolgung des Anspruchs befürchten zu müssen. Gleichzeitig muss aus der Mahnung unter Fristsetzung hervorgehen, dass nach erfolglosem Ablauf dieser letzten Zahlungsfrist der Zahlungsanspruch unabweislich rechtshängig gemacht wird (BFH, Beschluss vom 2.2.1999 - VII B 247/98 -, in: BFH/NV 1999, S. 1038, 1039). "Gerichtlich verfolgen" bedeutet, die rückständigen Forderungen, mit denen der Schuldner in Zahlungsverzug geraten ist, beim Zivilgericht mit den Mitteln, die nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung zur Verfügung stehen, rechtshängig zu machen, also z.B. Klage zu erheben (§ 261 Abs. 1 ZPO) oder die Zustellung eines Mahnbescheids nach den Vorschriften der §§ 688 ff ZPO zu bewirken mit ggf. anschließender Überleitung ins streitige Verfahren (vgl. § 696 Abs. 3 ZPO), und aus dabei erlangten Titeln (§§ 704 ff. ZPO) gegen den Schuldner im Wege der Zwangsvollstreckung vorzugehen (vgl. BFH, Urteil vom 17.12.1998 - VII R 148/97 -, in: HFR 1999, S. 482, 483).

Ob ein Mineralölhändler seine Zahlungsansprüche gegenüber dem Warenempfänger so zügig verfolgt hat, dass ihm der Vergütungsanspruch nach § 53 Abs. 1 MinöStV erhalten geblieben ist, beurteilt sich wesentlich unter Berücksichtigung des Normzwecks dieser Vorschrift. Insoweit geht der Bundesfinanzhof in gefestigter Rechtsprechung (vgl. nur Beschluss vom 8.2.2000 - VII B 269/99 -, in: BFH/NV 2000, S. 930, 931), der der erkennende Senat folgt (vgl. zuletzt Urteile vom 19.9.2001 - IV 91/99 - und 11.12.2001 - IV 314/99 -), davon aus, dass die Vorschrift des § 53 Abs. 1 MinöStV nicht dem Schuldnerschutz dient, sondern der Entlastung des Mineralölhandels durch Übertragung des Ausfallrisikos von Kundenforderungen auf den Fiskus. Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung des Gesetzes hat der Bundesfinanzhof in seinen Beschlüssen vom 21.5.2001 (VII B 53/00, in: ZfZ 2001, S. 385, 386) und 2.2.2000 (VII B 269/99, in: BFH/NV 2000, S. 930, 931) festgestellt, dass gegen ein Mahnsystem, bei dem sichergestellt sei, dass im Falle einer Nichtbegleichung einer Forderung spätestens etwa zwei Monate nach Belieferung die gerichtliche Verfolgung in die Wege geleitet werde, grundsätzlich nichts einzuwenden sei. Diesen Ausführungen des Bundesfinanzhofes hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 11.12.2001 (IV 314/99) im Grundsatz angeschlossen. Ein Mineralölhändler verliert daher im Regelfall seinen Vergütungsanspruch, wenn er im Falle der Nichtbegleichung einer Forderung nicht zwei Monate nach Belieferung ernsthaft und zügig die gerichtliche Geltendmachung seines Zahlungsanspruchs betreibt (FG Hamburg, Urteil vom 11.12.2001 - IV 314/99 -), wobei die vorgenannte Zwei-Monats-Frist keine Ausschlussfrist darstellt, vielmehr dem Mineralölhändler als zeitliche Orientierung dient, innerhalb welcher Frist die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs im Regelfall in die Wege geleitet werden muss.

In Ergänzung zu der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes hatte der Senat mit Gerichtsbescheid vom 22.1.2002 (IV 130/99, juris) entschieden, dass es der Einleitung der gerichtlichen Verfolgung nicht mehr bedarf, wenn im Zeitpunkt des Ablaufs der Zwei-Monats-Frist bereits Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt ist. Diese Entscheidung des Senats ist allerdings mit Urteil des Bundesfinanzhofes vom 8.1.2003 (VII R 7/02, juris) aufgehoben worden. In seinem Urteil vom 8.1.2003 hat der Bundesfinanzhof erkannt, dass der Mineralölhändler nach Ablauf der ihm grundsätzlich zustehenden Frist von zwei Monaten nach der Belieferung des Kunden trotz zwischenzeitlichen Antrags auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung nicht völlig untätig bleiben dürfe. Er sei vielmehr gehalten, zumindest durch einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids (§§ 688 ff. ZPO) die gerichtliche Verfolgung seines Anspruchs einzuleiten, um im Falle einer Ablehnung des Antrags auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung unverzüglich auf die weitere Durchsetzung seiner Ansprüche hinwirken zu können. Da hierdurch nur eine halbe Gerichtsgebühr anfalle, habe der Mineralölhändler dieses verhältnismäßig geringe Kostenrisiko in Kauf zu nehmen (vgl. BFH, Urteil vom 8.1.2003 - VII R 7/02 -, juris).

Unter Berücksichtigung der vorstehend skizzierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann die Klägerin keine Vergütung der Mineralölsteuer nach § 53 Abs. 1 MinöStV beanspruchen, denn sie hat es versäumt, ihre Forderungen gerichtlich jedenfalls in der Weise geltend zu machen, dass sie den Erlass eines Mahnbescheides beantragt. Die gerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche war im Streitfall auch vor dem Hintergrund nicht entbehrlich, dass das Amtsgericht A mit Beschluss vom 25.7.2000 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO bestimmt hatte, dass Verfügungen der Antragstellerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam sind. Zwar ist in § 240 Satz 1 ZPO normiert, dass ein Verfahren im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Partei, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen wird, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird; nach § 240 Satz 2 ZPO gilt Entsprechendes, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Im Streitfall steht die Vorschrift des § 240 ZPO dem Erlass eines Mahnbescheides indes nicht entgegen. Denn das Amtsgericht A hatte mit Beschluss vom 25.7.2000 lediglich gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Von der in § 21 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. InsO alternativ vorgesehenen Möglichkeit, dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen, hatte es dagegen keinen Gebrauch gemacht. Dass aber die Vorschrift des § 240 Satz 2 ZPO keine Anwendung findet, wenn - wie vorliegend - durch das Insolvenzgericht andere Sicherungsmaßnahmen im Sinne des § 21 InsO als ein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet worden sind, ist in der Rechtsprechung und im wissenschaftlichen Schrifttum geklärt (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 5.5.2004 - IV 376/01 -, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.7.2003, in: ZIP 2003, S. 1510; Zöller, Zivilprozessordnung, 23. Aufl., § 240, Tz. 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 61. Aufl., § 240 Tz. 3).

Der erkennende Senat übersieht allerdings nicht, dass die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Auslegung und zum Verständnis des in § 53 MinöStV normierten Erfordernisses der rechtzeitigen gerichtlichen Geltendmachung der beim Warenempfänger ausgefallenen Forderungen dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck - scil. sachentsprechende Zuweisung des Risikos des Steuerausfalls dem Steuergläubiger unter Berücksichtigung eines angemessenen Selbstbehalts (vgl. BT-Drucksache 12/561, S. 16) - nicht ohne Weiteres gerecht wird. Die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung verbunden mit einer Sicherungsmaßnahme nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO hindert den Mineralölhändler zwar nicht, beim zuständigen Amtsgericht die Zustellung eines Mahnbescheids nach den Vorschriften der §§ 688 ff ZPO zu beantragen. Nicht außer Betracht bleiben sollte in diesem Zusammenhang allerdings der Umstand, dass der Mahnbescheid selbst noch keinen Vollstreckungstitel darstellt (arg. e contrario § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) und dass die Wirkung eines Mahnbescheides wegfällt, wenn der Antragsteller nicht binnen einer Frist von sechs Monaten, die mit der Zustellung des Mahnbescheides beginnt, den Erlass eines Vollstreckungsbescheides beantragt (vgl. § 701 ZPO). Dem Erlass eines Vollstreckungsbescheides steht indes in der Regel entgegen, dass mit der vorläufigen Insolvenzeröffnung Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO untersagt werden. Vor diesem Hintergrund wird dem Mineralölhändler nach dem vom Bundesfinanzhof präferierten Normverständnis eine Obliegenheit auferlegt, die einerseits für den Mineralölhändler mit einem nicht unerheblichen Kostenaufwand verbunden ist, andererseits dem Mineralölhändler der Erwirkung eines Vollstreckungstitels nicht wirklich näher bringt.

Im Unterschied zum Bundesfinanzhof (vgl. Urteil vom 8.1.2003 - VII R 7/02 -, juris) neigt der erkennende Senat auch zu der Auffassung, dass der Mineralölhändler das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides verbundene Kostenrisiko nicht in Kauf zu nehmen hat. Zwar fällt bei einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides lediglich eine halbe Gerichtsgebühr an (vgl. Nr. 1110 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz). In dem vom Bundesfinanzhof mit Urteil vom 8.1.2003 entschiedenen Fall standen deshalb bei einem Mineralölsteuererstattungsbetrag von 46.528,50 DM Gerichtsgebühren lediglich in Höhe von rund 225,- EUR in Rede. Allerdings zeigt das vorliegende Klageverfahren anschaulich, dass das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides verbundene Kostenrisiko schnell Größenordnungen von vierstelligen Beträgen erreichen kann, hinsichtlich derer sich schwerlich noch von "verhältnismäßig geringen" Kosten sprechen lässt.

Der erkennende Senat ist sich schließlich bewusst, dass im Zeitpunkt der vorläufigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens keineswegs feststeht, ob das Insolvenzverfahren auch gemäß § 27 Abs. 1 InsO eröffnet wird. So ist den veröffentlichten Insolvenzstatistiken deutlich zu entnehmen, dass in einigen Bundesländern mehr als die Hälfte der Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurden (vgl. nur Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Insolvenzen und Insolvenzverfahren, www.statistik-portal.de/Statistik-Portal/de_jb20_jahrtabg2.asp, Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik des Landes Brandenburg, Insolvenzverfahren im Land Brandenburg 2001 bis 2003, http://www.lds-bb.de/sixcms/detail.php?id=16285& topic_id=51537& nav=51537). Auch ist nicht auszuschließen, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder Gläubiger vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder zurückgenommen wird (vgl. § 13 Abs. 2 InsO), weil etwa die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwischenzeitlich beseitigt worden ist. Diese Unwägbarkeiten im Hinblick auf den weiteren Verfahrensablauf rechtfertigen es indes zur Überzeugung des Senats nicht zwingend, einen Mineralölhändler auch bei Anhängigkeit eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens für verpflichtet zu erachten, den Erlass eines Mahnbescheides zu erwirken. Vielmehr kann das Erfordernis der rechtzeitigen gerichtlichen Verfolgung einschränkend in der Weise interpretiert werden, dass ein Mineralölhändler seinen Vergütungsanspruch nicht verliert, wenn im Zeitpunkt des Ablaufes der dem Mineralölhändler zustehenden Zwei-Monats-Frist über das Vermögen des Schuldners das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und der Mineralölhändler im Hinblick auf diesen Umstand von einer gerichtlichen Verfolgung seines Anspruchs abgesehen hat. Allerdings muss der Mineralölhändler seine Forderung - wird das Insolvenzverfahren in der Folgezeit eröffnet - zur Insolvenztabelle anmelden bzw. - wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt - unverzüglich gerichtlich geltend machen. Ersteres hätte die Klägerin vorliegend indes getan.

Im Hinblick auf die vorstehenden Überlegungen hat der Senat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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