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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 04.08.2004
Aktenzeichen: IV 375/01
Rechtsgebiete: EWGV Nr. 3665/87


Vorschriften:

EWGV Nr. 3665/87 Art. 11 Abs. 3
EWGV Nr. 3665/87 Art. 18 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung gezahlter Ausfuhrerstattung.

Mit Zahlungserklärung vom 26.6.1998 für die Erstattungslagerung mit Vorfinanzierung der Erstattung des Hauptzollamts ... (H) stellte die Klägerin als Versender/Ausführer 916 Kartons Rindfleisch der Marktordnungswarenlistennummer 0202 3090 9400 mit einem Nettogewicht von 19.089 kg unter Zollkontrolle, um sie nach Russland auszuführen. Die Zahlungserklärung war in Feld 54 unterzeichnet von einem Vertreter der Firma ... (M) & Co., die auch als Anmelder/Vertreter angegeben war, ausdrücklich "i.A., i.V. der Firma ... (L) GmbH & Co.".

Eine Ausfuhrlizenz der Klägerin lag vor.

Das Hauptzollamt H entnahm drei Kartons zur optischen Prüfung und darüber hinaus zwei Kartons von verschiedenen Paletten zur Überprüfung durch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA). Die Gewichtsprüfung sowie die optische Kontrolle ergaben keine Beanstandungen. Die ZPLA bestätigte in ihrem Untersuchungszeugnis vom 24.7.1998 die angemeldete Marktordnungswarenlistennummer und bescheinigte, dass keine Bedenken hinsichtlich der gesunden und handelsüblichen Qualität bestünden.

Mit Bescheid vom 3.8.1998 bewilligte der Beklagte der Klägerin antragsgemäß Ausfuhrerstattung in Höhe von 8.881,94 DM.

Am 12.01.1999 ging bei dem Beklagten unter Bezugnahme auf die Zahlungserklärung vom 26.6.1998 die Anmeldung der Ausfuhr von 914 Kartons der Marktordnungswarenlistennummer 0202 3090 9400 nach Russland ein. Als Versender/Ausführer und Anmelder war die Firma L GmbH & Co. bezeichnet, von der die Anmeldung auch unterzeichnet war.

Mit Schreiben vom 10.2.1999 an das Hauptzollamt H bat die Firma M & Co., und mit Schreiben vom gleichen Tag an den Beklagten bat die Firma L GmbH & Co. um Änderungen der Ausfuhranmeldung in Feld 11. Dort müsse statt der Firma L GmbH & Co. die Klägerin eingetragen werden. Die Firma L GmbH & Co. trug in diesem Zusammenhang vor, die Klägerin habe die Ware ins Erstattungslager ... (E) verbracht, dort habe sie - die Firma L GmbH & Co. - die Ware gekauft und dann exportiert.

Die Klägerin legte einen Primärnachweis der Kontroll- und Überwachungsgesellschaft ... (Control) GmbH über die Entladung der 914 Kartons mit einem Nettogewicht von 18.931,62 kg in Russland am 13.1.1999 vor.

Weiter legte sie die Kopie eines CMR-Frachtbriefes vom 8.1.1999 vor, in dem in den Feldern 17 (nachfolgende Frachtführer) und 23 (Stempel und Unterschrift des Frachtführers) als Frachtführer "A..." ohne weitere Angaben insbesondere zur Anschrift eingetragen war. Das Feld 16 (Frachtführer) war nicht ausgefüllt.

Wegen der Fehlmenge von 119,38 kg unter Berücksichtigung eines anzuerkennenden Transportschwundes von 0,2 % forderte der Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 11.5.1999 45,49 DM (37,91 DM erhöht um 20 % gem. Art. 33 Abs. 1 VO Nr. 3665/87) zurück.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 7.6.1999 mit der Begründung Einspruch ein, das Tara-Gewicht der Kartons sei im Zeitpunkt der Zahlungserklärung vom 26.6.1998 in trockenem Zustand ermittelt worden, während das Gewicht in Russland in feuchtem Zustand und mit Fleischresten ermittelt worden sei, sodass es insofern zu einer Gewichtsdifferenz kommen könne.

Mit Schreiben vom 3.9.2001 hörte der Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Verböserung an. Die Überprüfung des Bescheides vom 15.9.1999 habe ergeben, dass die Klägerin hinsichtlich der mit Zahlungserklärung vom 26.6.1998 für die Erstattungslagerung unter Zollkontrolle gestellte Ware innerhalb der gesetzlichen Frist keine Ausfuhrerklärung gem. Art. 30 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 vorgelegt habe. Stattdessen habe die Firma L GmbH & Co. eine Ausfuhranmeldung abgegeben. Dem Antrag auf Berichtigung des Feldes 2 der Ausfuhranmeldung habe nicht entsprochen werden können, da die Ware dem Anmelder zu diesem Zeitpunkt schon überlassen worden sei (Art. 65 Zollkodex). Im Übrigen sei die lückenlose Beförderung der Sendung bisher nicht nachgewiesen, da die Felder 16, 17 und 23 im vorgelegten CMR-Frachtbrief unvollständig ausgefüllt gewesen seien.

In ihrer Stellungnahme vom 15.10.2001 verweist die Klägerin darauf, dass das Hauptzollamt H die Ausfuhranmeldung berichtigt habe. Ergänzend reicht sie eine Kopie des CMR-Frachtbriefs vom 8.1.1999 ein, in der in Feld 16 maschinenschriftlich die Spedition "A..." mit genauer Adresse und in den Feldern 17 und 23 handschriftlich das Wort "A..." eingetragen ist.

Mit Berichtigungsbescheid vom 31.10.2001 forderte der Beklagte Ausfuhrerstattung in Höhe von weiteren 5.426,26 EUR (4.521,88 EUR - entspricht 8.844,03 DM - zuzüglich 20 %) zurück und bezog sich dabei auf die Ausführungen im Anhörungsschreiben.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21.11.2001 wies der Beklagte den Einspruch zurück.

Mit ihrer am 10.12.2001 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie betont, der Bescheid vom 11.5.1999 sei rechtswidrig, da sich die Fehlmenge von 119,38 kg durch natürlichen Schwund, die Qualität der Waagen und das unterschiedliche Gewicht der Kartons erkläre. Auch der Bescheid vom 31.10.2001 sei rechtswidrig. Die Ausfuhranmeldung sei seinerzeit fehlerhaft ausgefüllt worden, durch die Freigabe der Sicherheit mit Bescheid vom 3.8.1998 habe der Beklagte dem Berichtigungsantrag entsprochen. Eine solche Berichtigung sei ausdrücklich bereits vom Hauptzollamt H vorgenommen worden. Sie sei auch rechtlich zulässig, zumal angesichts der Ausfuhrlizenz ersichtlich sei, dass der falsche Ausführer benannt worden sei. Insoweit handele es sich um einen offensichtlichen Schreib- bzw. Übertragungsfehler, weil durch die gleichzeitige Verweisung in der Ausfuhranmeldung auf die Zahlungserklärung der unmittelbare Zusammenhang zwischen Ausfuhranmeldung und Zahlungserklärung dokumentiert werde. Die Firma L GmbH & Co. sei auch in keiner Form als Erstattungsbeteiligte aufgetreten und habe deshalb nicht Ausführer im Sinne von Feld 2 der Ausfuhranmeldung sein können. Die Firma L GmbH & Co. habe die Ausfuhranmeldung vielmehr in Vertretung der Klägerin gemäß Art. 5 Abs. 2 Zollkodex abgegeben, durch den Verweis in Feld 40 der Ausfuhranmeldung auf die zugehörige Zahlungserklärung habe sie auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Ausfuhranmeldung die Erstattungslagerpartie der Klägerin betreffe und deren Ausfuhrnachweis erbringe. Die Ausfuhrzollstelle hätte, wenn sie den Fehler übersehen haben sollte, dies nach Art. 65 Zollkodex zu vertreten. Diese Vorschrift sei aber schon deshalb nicht anwendbar, weil sie warenbezogene Angaben und nicht die Person des Anmelders betreffe. Die Abgabe der Ausfuhranmeldung durch die Firma L GmbH & Co. sei der Klägerin daher zuzurechnen. Der Fehler beruhe auf einem Versehen der Firma L GmbH & Co. Der fristgerecht eingereichte CMR-Frachtbrief stelle ein Beförderungspapier i.S.v. Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 über den geschlossenen Frachtvertrag dar. Auch wenn er von den Formvorschriften abweiche, ändere dies nichts an seinem Nachweischarakter als Urkunde über den abgeschlossenen Beförderungsvertrag.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 11.5.1999 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 31.10.2001 sowie die Einspruchsentscheidung vom 21.11.2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung stützt er sich auf Art. 11 Abs. 3 i.V.m. Art. 33 Abs. 1 VO Nr. 3665/87. Gemäß Art. 30 Abs. 1 VO, 3665/87 habe der Ausführer innerhalb der Frist des Art. 28 Abs. 5 VO Nr. 3665/87 die Ausfuhranmeldung in dem Mitgliedstaat vorzulegen, in dem die Zahlungserklärung angenommen worden sei. Diese Frist sei am 25.12.1998 abgelaufen, ohne dass die Klägerin eine Ausfuhranmeldung vorgelegt habe. Inwieweit das Hauptzollamt H dem Berichtigungsantrag entsprochen habe, sei unerheblich, da eine Berichtigung gem. Art. 65 lit. c Zollkodex nicht mehr möglich sei, wenn die Zollbehörden die Ware dem Anmelder bereits überlassen hätten. Ein offensichtlicher Schreib- oder Übertragungsfehler habe ebenfalls nicht vorgelegen. Derartige Fehler seien nur dann offensichtlich, wenn sie für den Betroffenen ohne weiteres, d.h. ohne die näheren Umstände des betreffenden Sachverhalts erfassen zu müssen, auf den ersten Blick erkennbar seien oder erkennbar sein müssten. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin angesichts der klaren gemeinschaftlichen Bestimmung, gegen die verstoßen worden sei, nicht berufen, auch wenn das Hauptzollamt H die Berichtigung vorgenommen habe. Diese Berichtigung sei nicht rechtsverbindlich, weil sie für das Erstattungsverfahren nicht die Erfüllung der Erstattungsvoraussetzungen nachweise. Der abfertigende Zollbeamte habe sich auch nicht geirrt, sondern sei den Angaben der Klägerin im Antrag auf Ausfuhrabfertigung unterlegen. Zudem sei die lückenlose Beförderung der Sendung innerhalb der gemeinschaftlichen Fristen nicht nachgewiesen, da die Felder 16, 17 und 23 des vorgelegten CMR-Frachtbriefs nicht vollständig ausgefüllt gewesen seien (Art. 6 Abs. 1 lit. c CMR Abkommen und Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87). Art. 4 des CMR-Abkommens besage zwar, dass weder Bestand noch Gültigkeit des Beförderungsvertrags durch Mängel des Frachtbriefes berührt würden, dies gelte jedoch nicht für die Anerkennung des Frachtbriefes im Rahmen der Ausfuhrerstattung.

Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren, § 90 Abs. 2 FGO.

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

I. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Als Rechtsgrundlage für die Rückforderung der mit Bescheid vom 3.8.1998 bewilligten Ausfuhrerstattung kommt allein Art. 11 Abs. 3 i.V.m. Art. 33 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27.11.1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (VO Nr. 3665/87) in Betracht. Nach diesen Vorschriften zahlt der Begünstigte zu Unrecht erhaltene Beträge erhöht um 20 % zurück.

Die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen nicht vor; der Klägerin wurde Ausfuhrerstattung zu Recht gewährt. Die Klägerin war als Ausführerin anspruchsberechtigt (1.), sie hat das nach Art. 18 Abs. 3 VO Nr.3665/87 erforderliche Beförderungspapier vorgelegt (2.) und auch die Differenz zwischen dem Gewicht der Ware zum Zeitpunkt der Ausfuhr und zum Zeitpunkt der Einfuhr berechtigt nicht zur anteiligen Rückforderung (3.).

1. Die Klägerin war Ausführerin der streitgegenständlichen Ware, insofern war sie anspruchsberechtigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Hauptzollamt H die Ausfuhranmeldung antragsgemäß dahin berichtigt hat, dass die Klägerin statt der ursprünglich eingetragenen Firma L GmbH & Co. als Ausführer eingetragen ist. Diese Berichtigung ist auch für den Beklagten verbindlich. Das Hauptzollamt H war vorliegend für die Annahme der Ausfuhranmeldung zuständig und damit berechtigt, auf Antrag auch eine Berichtigung vorzunehmen. Eine derart vorgenommene Berichtigung bindet - jedenfalls solange sie nicht zurückgenommen worden ist - auch andere Zolldienststellen, die in weiteren, sich an die Ausfuhrabfertigung anschließenden Verwaltungsverfahren, wie etwa dem Ausfuhrerstattungsverfahren, auf der Grundlage u.a. der Ausfuhranmeldung entscheiden. Einer rechtlichen Überprüfung und ggf. Verwerfung durch die im Verlauf zuständige Zolldienststelle - hier der Beklagte - ist diese Berichtigung nicht zugänglich.

Unabhängig von der vorgenommenen Berichtigung ergibt sich die Stellung der Klägerin als Ausführerin bereits aus einer Auslegung der ursprünglichen Ausfuhranmeldung. Wer Ausführer ist, wird in der VO Nr. 3665/87 nicht ausdrücklich definiert. Aus Art. 2a VO Nr. 3665/87 ergibt sich, dass der Erstattungsanspruch von der Vorlage einer Ausfuhrlizenz abhängig ist. Erstattungsberechtigter Ausführer kann also - mit Ausnahme der in Art. 2a VO Nr. 3665/87 genannten Fälle - nur der Inhaber einer Ausfuhrlizenz sein. In Art. 2 Abs. 1 lit. i der Verordnung (EG) 800/1999 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 15.4.1999 (VO Nr. 800/1999) ist nunmehr klarstellend ausdrücklich geregelt, dass Ausführer die natürliche oder juristische Person ist, die einen Anspruch auf die Erstattung hat. Diese Vorschrift ist vorliegend zwar nicht unmittelbar anwendbar, sie verdeutlicht aber den bereits aus Art. 2a VO Nr. 3665/87 herzuleitenden Zusammenhang zwischen der Stellung als Ausführer und dem Vorliegen der sich aus dem Innehaben der Ausfuhrlizenz ergebenden Anspruchsberechtigung. Den gemeinschaftsrechtlichen Erstattungsregelungen liegt also ersichtlich ein materiell-rechtlicher Ausführerbegriff zu Grunde (so auch FG Hamburg, Urteil v. 24.2.2004, IV 137/01).

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin in Bezug auf die streitgegenständliche Ausfuhr Inhaberin einer gültigen Ausfuhrlizenz war, sodass sie schon insofern als Ausführerin angesehen werden kann. Soweit der Beklagte die Rückforderung darauf stützt, die Klägerin sei in der Ausfuhranmeldung in Feld 2 nicht als Ausführer eingetragen, und könne daher auch nicht als Ausführerin angesehen werden, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Ausfuhranmeldung ist, soweit sie vom Ausführer selbst oder durch einen Vertreter ausgefüllt worden ist, eine Willenserklärung, die der Auslegung nach den allgemeinen Regeln zugänglich ist. Auslegungsfähige und ggf. auslegungsbedürftige Erklärungen können sich auf die Art oder Menge des angemeldeten Erzeugnisses oder auch - wie hier - auf die Person des Ausführers beziehen, wenn diese widersprüchlich sind und bei einer Gesamtwürdigung aller eingereichten Unterlagen kein Zweifel am tatsächlich Gewollten besteht. Vorliegend ergibt die Auslegung, dass entgegen der Eintragung in Feld 2 tatsächlich die Klägerin Ausführerin war.

Die Auslegung einer Willenserklärung erfolgt nach den auch im öffentlichen Recht anwendbaren §§ 133, 157 BGB, wonach der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist. Die Willenserklärung ist nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen. Danach kommt als erklärter Wille allein das in Betracht, was bei objektiver Würdigung für denjenigen erkennbar geworden ist, für den die Erklärung bestimmt ist (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Aufl., § 133, Tz. 7). Dabei ist nicht nur die Erklärung selbst, sondern die objektive Erklärungsbedeutung des Gesamtverhaltens des Erklärenden einschließlich der Nebenumstände in die Auslegung einzubeziehen (Palandt, a.a.O., § 133, Rdnr. 15; BFH, Urt. v. 23.3.2000, VII R 12/99, juris).

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Klägerin das angemeldete Fleisch der Marktordnungswarenlistennummer 0202 3090 9400 unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung ausführen wollte. Hierfür spricht zunächst entscheidend, dass in der Ausfuhranmeldung ausdrücklich auf die Lizenz Nr. .../98 vom 28.5.1998 Bezug genommen wird. Diese Ausfuhrlizenz war der Klägerin von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung erteilt worden. Da der Erstattungsanspruch gem. Art. 2a VO Nr. 3665/87 von der Vorlage der Ausfuhrlizenz abhängig ist, kann die Ausfuhranmeldung bei objektiver Würdigung der zu berücksichtigenden Gegebenheiten nur dahin verstanden werden, dass Ausführer der angemeldeten Warensendung die Klägerin sein sollte. Offenbar ging auch die Ausfuhrzollstelle, das Hauptzollamt H, als bestimmungsmäßige Empfängerin der Ausfuhranmeldung davon aus, dass die Klägerin als Inhaberin der Ausfuhrlizenz auch Ausführerin war. Der dort zuständige Zollbeamte schrieb nämlich die angemeldete Ausfuhrsendung (entsprechend der Zahlungserklärung vom 26.6.1998) auf der angegebenen Ausfuhrlizenz ab. Dem entsprechen auch die der Ausfuhrzollstelle vorliegenden Angaben in der Zahlungserklärung für die Erstattungslagerung vom 26.6.1998. Dort war nämlich ausdrücklich die Klägerin als Ausführerin genannt. Aus alledem wird hinreichend deutlich, dass es sich bei der Angabe in Feld 2 der Ausfuhranmeldung um einen Übertragungsfehler handelt, der sich mutmaßlich dadurch erklärt, dass die dort eingetragene Firma L GmbH & Co. die Ware von der Klägerin gekauft hat. Im Ergebnis erweist sich daher die Eintragung der Firma L GmbH & Co. in Feld 2 der Ausfuhranmeldung als unschädliche Falschbezeichnung (vgl. zur Auslegung eines Erstattungsantrags BFH, Urteil v. 23.3.2000, VII R 12/99, juris).

2. Die zum Nachweis der Ausfuhr bzw. zum Nachweis der Überführung in den freien Verkehr Russlands erforderlichen Dokumente hat die Klägerin beigebracht. Unstreitig liegt eine Bescheinigung über die Entladung und Abfertigung zum freien Verkehr von einer zugelassenen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft vom 17.2.1999 vor, die der Beklagte als Primärnachweis gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b VO Nr. 3665/87 akzeptiert hat, wenngleich sich hier der Fehler bei der Ausführerbezeichnung aus der Ausfuhranmeldung fortschreibt.

Fristgerecht hat die Klägerin auch einen CMR-Frachtbrief als Beförderungspapier gem. Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 vorgelegt. Zutreffend hat der Beklagte allerdings darauf hingewiesen, dass dieser Frachtbrief hinsichtlich der Bezeichnung des Frachtführers in den Feldern 16, 17 und 23 unvollständig ausgefüllt ist, da der Name des Frachtführers unvollständig und seine Anschrift gar nicht angegeben worden ist. Nachdem der Beklagte die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 3.9.2001 auf diese Unvollständigkeit hingewiesen hatte, hat die Klägerin mit Schreiben vom 15.10.2001 einen nunmehr vollständig ausgefüllten Frachtbrief vorgelegt, der insbesondere in Feld 16 den genauen Namen und die Anschrift des Frachtführers enthielt.

Der Senat geht davon aus, dass die ursprünglich fehlenden bzw. unvollständigen Angaben in den Feldern 16, 17 und 23 erstattungsrechtlich nicht relevant sind. Unter dem Beförderungspapier nach Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 ist die Urkunde zu verstehen, die über den den Transport betreffenden Frachtvertrag ausgestellt worden ist. Sie soll im Interesse der Sicherung der Nämlichkeit gewährleisten, dass die im Ausfuhrmitgliedstaat abgefertigte Ware im Bestimmungsdrittland ankommt. Erstattungsrechtlich relevant können dann nur die Angaben sein, die für die Nämlichkeitssicherung aussagekräftig sind. Das sind insbesondere die Angaben, die die lückenlose Beförderung der Ware zum Bestimmungsort und die Angaben zur genauen Warenbeschreibung betreffen. Da das CMR-Abkommen primär auf die Funktion des Frachtbriefs als Nachweis für den Beförderungsvertrag abstellt, die Vorlage des Beförderungspapiers im Rahmen des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 aber ganz andere Zwecke verfolgt, kann ein CMR-Frachtbrief nicht allein deshalb als ein nicht ordnungsgemäßes Beförderungspapier abgelehnt werden, weil er nicht alle im CMR-Abkommen genannten Angaben enthält (vgl. hierzu und insbesondere zu Feld 16 FG Hamburg, Beschluss v. 26.2.2004, IV 212/03). Dem von der Klägerin mit Schreiben vom 11.3.1999 eingereichten unvollständigen Frachtbrief ist immerhin zu entnehmen, dass die streitgegenständliche Ware von einem bestimmten Frachtführer von E nach Sankt Petersburg in Russland transportiert worden ist. Über den angegebenen Namen des Frachtführers sowie das angegebene amtliche Kennzeichen des LKWs ist auch ein Rückschluss auf den Beförderer möglich, der die Beförderung auch durch seine Unterschrift bestätigt hat. Von einer lückenlosen Beförderung der nämlichen Ware wird man insoweit ausgehen können.

3. Der Senat hält es schließlich nicht für gerechtfertigt, die Fehlmenge, die sich aus der Differenz zwischen der angemeldeten Menge und der von der Kontroll- und Überwachungsgesellschaft unter dem 17.2.1999 als in den freien Verkehr Russlands überführt nachgewiesenen Menge zuzüglich der gezogenen Proben errechnet, in Abzug zu bringen.

Vorliegend handelt es sich nämlich um einen nicht berücksichtigungsfähigen Transportschwund. Bezogen auf die Gesamtmenge der Ausfuhr von angemeldeten 19.089 kg beträgt der Schwund mit 119,7 kg lediglich ca. 0,6 %. Für diesen Schwund hat die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die Verdunstung beim Ausladen sowie das Unterschiedliche Tara-Gewicht der Kartons einen durchaus plausiblen Grund vorgetragen. Davon, dass bei gefrorenem Rindfleisch ein Mindergewicht durch Verdunstung entstehen kann, ist auszugehen (so auch FG Hamburg, Urteil v. 14.5.2002, IV 482/98, juris, das dies für ein Mindergewicht von gut 1 % angenommen hat). Es gibt keinen vernünftigen Zweifel an der Einfuhr der vollständigen Ware. Anhaltspunkte dafür, dass etwa einzelne Teilstücke vor der Einfuhr entnommen worden sind, liegen nicht vor. Hinzu kommt, dass es sich um eine Menge handelt, die möglicherweise noch im Bereich von Wiegetoleranzen liegt (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 14.5.2002, IV 482/98, juris und Urteil v. 24.3.2004, IV 275/02). Bei dieser Sachlage kann das Mindergewicht bezogen auf die Gesamtmenge von ca. 0,6 % auf Verdunstung, auf Wiegeungenauigkeiten, auf unterschiedliche Tara-Gewichte oder auf ähnliche Ursachen zurückgeführt werden. Jedenfalls gibt das geringe Mindergewicht keinen Anlass, für die Ausfuhrerstattung nicht von dem bei der Ausfuhr festgestellten Gewicht auszugehen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Nach § 34 Abs. 1 Satz 4 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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