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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 1 K 1167/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 5
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b
EStG § 20 Abs. 1
EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 12 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beziehungsweise aus Kapitalvermögen steuerlich zu berücksichtigen sind.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2004 als Controller Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Zudem erzielte er aus der Vermietung einer Eigentumswohnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie in geringem Umfang Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger ist zudem Eigentümer einer eigengenutzten Wohnung in der O-Straße in E. Bei dem Haus O-Straße handelt es sich um ein Dreifamilienhaus. Die Verwaltung des Objektes wird vom Kläger unentgeltlich vorgenommen, der seinerseits von der Gartenpflege befreit ist.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1. 250 € geltend. Im Steuerbescheid vom 25. Oktober 2005 wurden diese Aufwendungen vom Beklagten nicht als Werbungskosten berücksichtigt, so dass der Kläger hiergegen mit Schreiben vom 4. November 2005 Einspruch einlegte. Er gab nunmehr im Einspruchsverfahren aber an, dass das Arbeitszimmer zu 75 % der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung und zu 25 % der Einkunftsart Kapitalvermögen zuzuordnen sei und in diesem Zusammenhang genutzt werde.

Durch Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass von einer erheblichen Privatnutzung des Raumes auszugehen sei, so dass ein Werbungskostenabzug weder bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht komme. Insbesondere die Verwaltung des Grundstückes auf dem sich die selbstgenutzte Wohnung befinde, müsse der privaten Lebensführung (§ 12 Einkommensteuergesetz - EStG -) zugerechnet werden. Im Übrigen sei weder für die Verwaltung einer einzigen vermieteten Wohnung noch für die Verwaltung der Kapitalanlagen des Klägers, deren Erträge unter dem Sparerfreibetrag gelegen hätten und nicht umfangreich seien, ein Arbeitszimmer erforderlich. Der Beklagte verweist insoweit auf die Entscheidungen des Hessischen Finanzgerichts vom 21. November 2000, 13 K 1005/00, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2001, 489, und des Finanzgerichts Köln vom 3. November 1999 1 K 1656/98, EFG 2000, 169).

Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Ansicht, dass Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in Höhe von nunmehr insgesamt 1.575 € bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beziehungsweise Kapitalvermögen steuerlich anzuerkennen seien. Insgesamt gesehen müsse man davon ausgehen, dass er das Arbeitszimmer 10 bis 12 Stunden pro Woche nutzte. Für seine nicht private Tätigkeit, die sich aus der Vermietung/Verwaltung der Eigentumswohnung in P, aus der Verwaltung seiner eigengenutzten Wohnung und der übrigen Wohnungen in der O-Straße in E sowie aus der Verwaltung seines Kapitalvermögens zusammensetze, sei ein Arbeitszimmer zwangsläufig notwendig. Da das Haus O-Straße zudem erhebliche bauliche Mängel aufweise, sei auch ein erheblicher Verwaltungsaufwand für dieses Objekt erforderlich. Hierfür sei ein kaufmännisch eingerichtetes Büro notwendig.

Ergänzend wird auf die Klageschrift vom 20. April 2006 sowie auf das Schreiben des Klägers vom 12. Juni 2007 verwiesen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 und Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2004 vom 24. Oktober 2005 weitere 1.575 € Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beziehungsweise Kapitalvermögen zu berücksichtigen und die Einkommensteuer dementsprechend herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er nimmt im Wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend wie folgt vor:

Einnahmen aus Kapitalvermögen seien beim Kläger lediglich in Höhe von 570 € angefallen. Außerdem werde nur eine Wohnung vermietet, die zudem durch eine fremde Hausverwaltung betreut werde. Eine Nutzung eines Arbeitszimmers sei für diese Tätigkeiten daher nicht erforderlich. Die Verwaltung für die Eigentümergemeinschaft O-Straße, in welcher die eigene Wohnung des Klägers enthalten sei, spiele sich zudem auf der privaten Vermögensebene ab.

Dem Gericht lagen die die Kläger betreffenden Einkommenssteuerakten 2004 sowie die Einheitswertakten des Grundstückes O-Straße in E vor.

Durch Beschluss vom 4. September 2009 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist unbegründet.

Der angegriffene Einkommensteuerbescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt nicht den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

Der Beklagte hat zu Recht Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten anerkannt, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

Nach § 9 Abs. 5 EStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG nur dann nicht, wenn entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Die Klägerin hat zwar weder für ihre Vermietungstätigkeit noch für ihre Vermögensverwaltung (Einkünfte aus Kapitalvermögen) einen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung, sodass grundsätzlich die Möglichkeit des Abzugs von Werbungskosten besteht. Gleichwohl kommt hier ein solcher Abzug nicht in Betracht.

Das Gericht kann es dahingestellt sein lassen, ob weitere Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer ist, dass ein solches für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit unabhängig vom Umfang der Nutzung objektiv erforderlich ist (vgl. dazu Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 21. November 2000 13 K 1005/00 a.a.O.) oder ob eine bestimmte Mindestnutzungsdauer gegeben sein muss.

Eine Berücksichtigung der Kosten für das Arbeitszimmer scheitert hier bereits an der nicht unwesentlichen privaten Mitbenutzung des Raumes.

Der Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen kommt gem. § 12 Nr. 1 S. 2 EStG deshalb nicht in Betracht, da nach Überzeugung des Gerichtes das Arbeitszimmer im Streitjahr nicht überwiegend zur Erzielung steuerrelevanter Einkünfte genutzt wurde. Eine private Nutzung wäre nur dann nicht relevant, wenn sie im Verhältnis zu der Vermietungstätigkeit bzw. der Tätigkeit zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen als gering anzusehen wäre. Nur eine ganz untergeordnete private Mitbenutzung ist unschädlich.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist vorliegend von einer wesentlichen den Werbungskostenabzug ausschließenden privaten Mitbenutzung auszugehen, da die gesamte mit der Verwaltung der eigengenutzten Wohnung und der Wohnanlage O-Straße dem privaten Bereich und nicht dem Bereich der Einkünfteerzielung und damit dem steuerlichen Bereich zuzurechnen ist. Zudem ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kläger das Arbeitszimmer auch für andere private Zwecke mitbenutzt.

Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers entfällt eine wesentliche Nutzung des Arbeitszimmers auf die "Verwaltung" der eigenen Wohnung in der O-Straße und die von ihm übernommene Verwaltung der übrigen Wohnungen in diesem Haus. Als besonders zeitaufwendig sei - so das Vorbringen des Klägers - der Umstand zu bewerten, dass die Wohnanlage O-Straße bis zum heutigen Tage erhebliche Baumängel aufzeigt (u.a. eine falsch eingebaute Haustechnik) und daher umfangreiche Messtätigkeiten mittels EDV zu erstellen seien.

Ein wesentlicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers entfällt daher auf diese Tätigkeit. Bestätigt wird dies durch die umfangreichen Erhebungen des Klägers und vorgelegten Auswertungen (excel-Tabellen und Grafiken) über Wasser-, Strom- und Gasverbrauch im Hause O-Straße. Sämtliche damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten müssen jedoch dem privaten Bereich und nicht dem Bereich der Einkünfteerzielung zugerechnet werden. Soweit die eigene Wohnung betroffen ist, ergibt sich die private Veranlassung zwangsläufig daraus, dass privates Wohnen und damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten dem privaten Bereich zuzuordnen sind. Für den Bereich der anderen Wohnungen gilt nichts anderes, da der Kläger diese Mitverwaltung aus privaten Gründen und nicht unter dem Gesichtspunkt einer Einkünfteerzielungsabsicht (Gewinnerzielungsabsicht) übernommen hat. Ein Entgelt für diese Tätigkeit wird nicht erzielt. Dass der Kläger im Bereich der Grundstücksgemeinschaft O-Straße in erheblichem Umfang aus privaten Gründen tätig ist, zeigt sich auch aus den im Klageverfahren vorgelegten Aufstellungen und Grafiken. Diese haben nichts mehr mit einer üblichen Hausverwaltung zu tun, sondern dokumentieren vielmehr das private Interesse des Klägers daran, z.T. über taggenaue Verbrauchseinheiten informiert zu sein. An diesen Daten ist der Kläger offensichtlich wegen der falsch eingebauten Haustechnik interessiert.

Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände ist hier von einer wesentlichen privaten Mitbenutzung des Arbeitszimmers auszugehen, die einen Werbungskostenabzug ausschließt.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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