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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 09.12.2008
Aktenzeichen: 1 K 1709/06
Rechtsgebiete: ErbStG, AO, BGB


Vorschriften:

ErbStG § 10 Abs. 1
ErbStG § 5 Nr. 1
AO § 41 Abs. 1 S. 1
BGB § 518 Abs. 1
BGB § 518 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 1 K 1709/06

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 9. Dezember 2008 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht des ehrenamtlichen Richters des ehrenamtlichen Richters

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 26.08.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2006 wird die Erbschaftssteuer auf 162.547,86 € (317.916 DM) herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Alleinerbin nach ihrer am ...01.1999 verstorbenen Mutter (Erblasserin). In ihrer Erbschaftsteuererklärung vom 24.02.2000 gab sie als Nachlassverbindlichkeiten unter anderem ein "Vermächtnis" zu Gunsten ihres Sohnes in Höhe von 100.000 DM an. Der Erbschaftsteuererklärung war unter anderem ein schriftlicher Vermerk des Leiters der Geschäftsstelle ... der X-Bank vom 04.01.1999 über eine Besprechung mit der Klägerin, ihrem Ehemann und deren Sohn S vom gleichen Tage beigefügt. Danach sei ein Gespräch über eine Hausfinanzierung geführt worden. Der Ehemann der Klägerin habe während dieses Gespräches erklärt, dass die Erblasserin beabsichtige, der Klägerin 400.000 DM und dem Enkel S 100.000 DM zu schenken.

Der Beklagte setzte mit Erbschaftsteuerbescheid vom 26.08.2002 die Erbschaftsteuer in Höhe von 336.736 DM fest. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Erbschaftsteuer wird auf die Anlage zum Erbschaftsteuerbescheid (Blatt 59, 60 der Behördenakte) verwiesen. Die als Vermächtnis geltend gemachten 100.000 DM berücksichtigte der Beklagte nicht als Nachlassverbindlichkeit, weil allein die mögliche Absicht der Erblasserin, einen Betrag von 100.000 DM zu schenken, keine Nachlassverbindlichkeit darstelle.

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 17.09.2002 Einspruch ein. Die als Nachlassverbindlichkeit geltend gemachten 100.000 DM stünden im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Mehrfamilienhauses mit ... Wohnungen in ... durch notariellen Kaufvertrag vom 30.12.1998. Mit diesem Kaufvertrag habe sie das Eigentum an dem Anwesen zu 2/3, ihr Sohn S zu 1/3 erworben. Der Kaufpreis habe 1.100.000 DM betragen und sei zum 01.03.1999 fällig gewesen.

Hintergrund dieses Kaufs sei gewesen, dass die Erblasserin auf den Erwerb eines Mehrfamilienhauses gedrängt habe. Es sei beabsichtigt gewesen, dass die Erblasserin gemeinsam mit ihr, der Klägerin, und ihrer Familie in das Haus einziehe, um dort besser betreut zu werden und altersgerecht leben zu können. Der Kauf habe zu 95% von der Erblasserin finanziert werden sollen.

Nach den gemeinsamen Überlegungen mit ihr habe sie unter Ausnutzung der Freibeträge an die Klägerin 400.000 DM und an den Enkel S 100.000 DM schenken und hinsichtlich des Restkaufpreises ein zinsfreies Darlehen ohne Sicherheiten gewähren sollen. Nach längerem Suchen habe man sich in 1998 für das genannte Objekt entschieden. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages habe die Erblasserin bereits seit dem ...12.1998 im Krankenhaus gelegen und sei am ...01.1999 als geheilt entlassen worden. Bereits am ...01.1999 ( nächsten Tag )sei sie völlig unerwartet verstorben, so dass weder die Schenkungsvereinbarung noch die Darlehensvereinbarung schriftlich fixiert werden konnten. Der Kauf des Anwesens sei wie geplant durchgeführt worden. Hätten sie, die Klägerin, und ihr Sohn geahnt, dass die Erblasserin alsbald versterben würde, wäre es in keinem Fall zum Abschluss des Kaufvertrages gekommen.

Rechtlich sei das Versprechen der Erblasserin als Schenkung unter Lebenden einzuordnen. Zwar sei das Schenkungsversprechen mangels Einhaltung der notariellen Form gemäß § 518 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) formungültig.

Dieser Mangel sei jedoch durch die Bewirkung der versprochenen Leistung gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt worden. Sie, die Klägerin, habe als Rechtsnachfolgerin der Erblasserin das Schenkungsversprechen erfüllt, indem sie, wie mit ihr abgesprochen, den auf ihren Sohn entfallenden anteiligen Kaufpreis vom Konto der Erblasserin bezahlt und für den Restkaufpreis ein Darlehen aufgenommen habe. Da sowohl sie als auch ihr Sohn das Schenkungsversprechen noch zu Lebzeiten der Erblasserin angenommen hätten, wirke der Vollzug der Schenkung durch sie nach dem Erbfall auf den Zeitpunkt des Schenkungsversprechens zurück. Auch wenn man zivilrechtlich die Möglichkeit einer Heilung des formungültigen Schenkungsversprechens gemäß § 518 Abs. 2 BGB durch Bewirkung der Leistung erst nach dem Tode des Schenkers verneine, sei erb- 5 - schaftsteuerrechtlich die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Erfüllung unwirksamer Vermächtnisse von Todes wegen auf die Erfüllung zivilrechtlich nicht formwirksamer Schenkungsversprechen zu übertragen. Danach komme es entscheidend darauf an, ob ein gewolltes wirtschaftliches Ergebnis tatsächlich eingetreten sei. Dies sei vorliegend der Fall, da das Schenkungsversprechen der Erblasserin nach ihrem Tode unstreitig von ihr, der Klägerin, erfüllt worden sei.

Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 18.05.2006 den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Es fehle hinsichtlich der 100.000 DM an einer berücksichtigungsfähigen Nachlassverbindlichkeit. Die Erblasserin habe im Rahmen der geschilderten Absprachen lediglich den Wunsch zum Ausdruck gebracht, ihrem Enkel anlässlich des Hauskaufes diesen Betrag zuwenden zu wollen. Es sei weder ein genauer Zeitpunkt für die Zuwendung bestimmt noch eine Vereinbarung getroffen worden, unter welchen Modalitäten ihre Durchführung erfolgen sollte. Zudem sei die geltend gemachte Schenkung mangels notarieller Beurkundung formungültig. Durch die Auszahlung des Geldbetrages durch die Klägerin an ihren Sohn nach dem Tod der Erblasserin habe dieser Formmangel nicht gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden können. Weder habe die Erblasserin die Zuwendung selbst noch ausführen können, noch sei anzunehmen, dass sie die Klägerin mit der Ausführung einer solchen Schenkung habe beauftragen wollen, da sie in dem Zeitpunkt, in dem sie den Wunsch geäußert habe, zum Hauskauf ihrem Enkel einen bestimmten Betrag zuzuwenden, noch davon ausgegangen sei, die notwendigen Modalitäten selbst erledigen zu können. Selbst die Annahme eines Auftragsverhältnisses zwischen der Erblasserin und der Klägerin führe nicht zur Heilung des Formmangels. Zwar erlösche gemäß § 672 BGB der Auftrag im Zweifel nicht durch den Tod des Auftraggebers. Sofern der Auftrag jedoch auf die Übermittlung einer schenkweise zuzuwendenden Leistung ziele, richte sich, falls die Vollziehung vor dem Tode noch nicht erfolgt sei, die Rechtslage nach den Regeln der Schenkung von Todes wegen. Danach finde die Vorschrift des § 2301 BGB über die Verfügung von Todes wegen Anwendung, da das Schenkungsversprechen in diesem Fall einer letztwilligen Verfügung gleich komme. Da im Streitfall nur mündliche Absprachen getroffen worden seien, die in keinem Fall den Formerfordernissen einer Verfügung von Todes wegen entsprächen, gehe der Gedanke einer Heilung des formungültigen Schenkungsversprechens durch Vollzug nach dem Tod der Erblasserin mittels Beauftragung der Klägerin gänzlich ins Leere.

Die Rechtsprechung des BFH zu formunwirksamen Vermächtnissen sei auf den Fall der Erfüllung formunwirksamer Schenkungen durch den Erben nicht übertragbar.

Bei der Schenkung handele es sich gerade nicht um eine einseitige Verfügung von Todes wegen, sondern um einen Vertrag, der den Schenkenden zu Lebzeiten verpflichte und für den deshalb unterschiedliche Auslegungsregeln und Nachweisanforderungen gälten. Das Beurkundungserfordernis des § 518 Abs. 1 BGB solle aber gerade dem Schutz des Schenkers vor unüberlegten Verbindlichkeiten Rechnung tragen.

Mit ihrer Klage vom 21.06.2006 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Berücksichtigung weiterer Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 100.000 DM weiter. Die Erblasserin selbst habe noch kurz vor ihrem Tod auf den Erwerb einer Immobilie durch sie, die Klägerin, und ihren Sohn gedrängt und ausdrücklich und unwiderruflich zugesagt, den Kauf durch die Schenkungen an sie, die Klägerin, und ihren Sohn und die Gewährung eines Darlehens über den Restkaufpreis zu finanzieren. Nach dieser Zusage sei der notarielle Kaufvertrag vom 30.12.1998 geschlossen worden. Dementsprechend sei auch Inhalt des Gesprächs vom 04.01.1999 mit dem Leiter der Geschäftsstelle ... der X-Bank die fest zugesagte Schenkung und die Fremdfinanzierung des Restkaufpreises, der von der Erblasserin zwischenfinanziert werden sollte, gewesen. Das Schenkungsversprechen habe im Zeitpunkt der Fälligkeit des Kaufpreises am 01.03.1999 vollzogen werden sollen. Mithin stehe nicht lediglich ein unverbindlicher Wunsch der Erblasserin in Rede, ihrem Enkel die 100.000 DM zukommen zu lassen, sondern sei das Schenkungsversprechen Voraussetzung für den Abschluss des Kaufvertrages über die Immobilie gewesen. Es sei daher seitens der Erblasserin gewollt gewesen, dass die Schenkung in jedem Fall ausgeführt werden sollte. Es sei insbesondere nichts dafür ersichtlich, dass das Schenkungsversprechen der Erblasserin nach ihrem Tode nicht mehr erfüllt werden sollte.

Letztendlich sei durch die Verknüpfung des Grundbesitzerwerbs durch den Enkel mit der versprochenen Zuwendung durch die Erblasserin ein vertraglicher Anspruch des Enkels gegen die Erblasserin auf Zahlung des versprochen Betrages begründet worden. Da die Erblasserin ein erhebliches Eigeninteresse an dem Kauf der Immobilie gehabt habe und der zugesagte Finanzierungsbeitrag Voraussetzung für den anteiligen Erwerb der Immobilie durch den Enkel gewesen sei, hätte dieser bei nicht freiwilliger Erfüllung der Zusage einen einklagbaren Schadensersatzanspruch gegen die Erblasserin aus der vertraglichen Vereinbarung gehabt. Mithin handele es sich bei dem Versprechen der Erblasserin nicht um eine freigiebige Schenkung, sondern um eine vertragliche Verpflichtung, sich am Grundbesitzerwerb durch sie, die Klägerin, und ihren Sohn zu beteiligen.

Die Klägerin beantragt,

den Erbschaftsteuerbescheid des Beklagten vom 26.08.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2006 dahingehend abzuändern, dass die Erbschaftsteuer um 9.625 € herabgesetzt wird; die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen; das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären; die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen die Ausführungen im Einspruchsverfahren.

Die Erbschaftsteuerakte des Beklagten (1 Band) war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Hinsichtlich des Beweisthemas wird auf den Beschluss vom 14.11.2008, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Nichtberücksichtigung eines Betrages von 100.000 DM als Nachlassverbindlichkeiten bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer in dem angefochtenen Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sind die vom Erblasser herrührenden Schulden als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Dies sind die zu Lebzeiten des Erblassers entstandenen Schulden beziehungsweise Verbindlichkeiten, die im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch bestanden und ihn wirtschaftlich belastet haben.

Vorliegend ist der Nachlass durch ein Schenkungsversprechen der Erblasserin über 100.000 DM belastet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Erblasserin zu ihren Lebzeiten ein mündliches Schenkungsversprechen über 100.000 DM zu Gunsten des Zeugen S abgegeben hat.

Die Klägerin hat insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung unter Ergänzung beziehungsweise Konkretisierung ihres bisherigen Vorbringens ausgeführt, es sei nach dem Tod ihres Vaters im ... 1997 die Idee entwickelt worden, dass sie und ihre Familie gemeinsam mit der Erblasserin in ein Haus ziehen wollten. Dieser Gedanke sei von der Erblasserin an sie herangetragen worden, da sie auch die Pflege übernehmen sollte. Die Erblasserin habe von vornherein die volle Finanzierung des zu erwerbenden Objekts zugesagt. Zu diesem Zweck habe sie nach Beratung mit ihrem Steuerberater für die Bezahlung des Kaufpreises ihr, der Klägerin, 400.000 DM und dem Enkel 100.000 DM als Schenkung zugesagt, den Restbetrag habe sie als zinsloses Darlehen zur Verfügung stellen wollen. Die Erblasserin sei in die das ganze Jahr 1998 andauernde Suche nach einer geeigneten Immobilie eingebunden gewesen. Es sei ihr Wille gewesen, das letztendlich angeschaffte Objekt ... in ... zu erwerben.

Die Behauptungen der Klägerin wurden durch die Angaben des Steuerberaters der Erblasserin und später der Familie der Klägerin sowie des Ehemannes und des Sohnes der Klägerin bei ihrer Vernehmung als Zeugen bestätigt.

Nach den Angaben des Zeugen B war dieser bereits seit 197... steuerlicher Berater der Erblasserin und ihres Ehemannes. Er habe nach dem Tode des Ehemanns der Erblasserin im ... 1997 während eines Treffens mit der Erblasserin im ... 1997, bei dem auch die Klägerin sowie deren Ehemann und Sohn anwesend gewesen seien, diese über die Höhe des Vermögens nach dem Erbfall unterrichtet.

Zweck des Treffens sei darüber hinaus gewesen, darüber zu sprechen, wie dieses Vermögen verwaltet werden konnte und welche Gestaltungsmöglichkeiten für den Erbfall nach dem Tode der Erblasserin bestünden, um steuerlich möglichst günstig zu fahren. Während dieses Gesprächs sei die Idee entstanden, gegebenenfalls Grundvermögen zu erwerben, weil dieses seinerzeit im Vergleich zum Geldvermögen noch günstiger bewertet war. Ebenso sei darüber gesprochen worden, dem Enkel im Rahmen der Freibeträge einen Betrag von 100.000 DM steuerfrei zuzuwenden und zur Steueroptimierung diesen Betrag für einen Grunderwerb mit einzusetzen. Die Erblasserin habe sich mit dieser Lösung einverstanden erklärt. Ob im Zusammenhang mit dem letztendlich erfolgten Erwerb des Objektes ... tatsächlich Schenkungen der Erblasserin an die Mitglieder der Familie ... erfolgt seien, wusste der Zeuge nicht.

Der Senat sieht keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

Zum einen ist nicht erkennbar, welches Interesse der Zeuge an einer Falschaussage zu Gunsten der Klägerin haben sollte. Zum anderen ist aufgrund des erheblichen Wertes des überwiegend aus Geldvermögen bestehenden Nachlasses nach dem Tode des Ehemannes der Erblasserin und der darauf entfallenden Erbschaftsteuer ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Zeuge aufgrund seiner langjährigen beratenden Tätigkeit für die Erblasserin und ihren Ehemann zu einer steuerlich möglichst günstigen Verwendung des Vermögens durch die Erblasserin im Hinblick auf den künftigen Erbfall riet und die Erblasserin, dem Rat des Zeugen folgend, mit der Vornahme von Schenkungen an ihre Tochter und den einzigen Enkel unter Ausnutzung der Freibeträge und der Einbindung dieser Schenkungen in einen Grundstückserwerb einverstanden war.

Danach hatte die Erblasserin bereits in 1997 den Willen, dem Enkel einen Betrag von 100.000 DM zu schenken und diesen Willen auch bekundet.

Auch der Schwiegersohn der Erblasserin und deren Enkel haben in ihren Vernehmungen zweifelsfrei bekundet, dass die Erblasserin als Folge der Beratung durch den Zeugen B auf den Erwerb einer Immobilie drängte, die Finanzierung der Immobilie aus dem geerbten Vermögen nach dem Tode des Vaters der Klägerin erfolgen sollte und die Erblasserin zur Realisierung des Erwerbs unter anderem die Schenkung eines Betrages von 100.000 DM an ihren Enkel unter Ausnutzung der schenkungsteuerlichen Freibeträge mehrfach zugesagt hatte.

Der Ehemann der Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass ihm im Wesentlichen die Realisierung der Ergebnisse der Besprechung mit dem Zeugen B , nämlich die Suche nach einer geeigneten Immobilie und die Vorbereitung ihres Erwerbs oblag und zwischen allen Beteiligten Einigkeit bestand, dass der Erwerb mit dem Vermögen nach dem Tode des Ehemannes der Erblasserin bestritten werden sollte und in diesem Zusammenhang Schenkungen der Erblasserin an die Klägerin und den Enkel in Höhe der Freibeträge erfolgen sollten. Er hat des Weiteren überzeugend bekundet, dass keinem der Beteiligten das Erfordernis einer notariellen Beurkundung eines Schenkungsversprechens der Erblasserin bewusst war.

Der Enkel der Erblasserin bestätigte in seiner Vernehmung, dass er in den Erwerb einer Immobilie einbezogen werden sollte und ihm die Erblasserin in 1998 mehrfach die Schenkung von 100.000 DM in diesem Zusammenhang zugesagt hatte, einmal auch während eines Besuchs der Geschäftsstelle ... der X-Bank im Beisein einer dortigen Angestellten. Er bestätigte die Angaben des Zeugen B und des Ehemannes der Klägerin, dass Anlass für diese Entscheidung der Erblasserin die vorangegangene Beratung durch den Zeugen B war. Dass der Zeuge sich an Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilie und den hierzu geführten Gesprächen über Finanzierungsfragen nicht mehr erinnern konnte, ist angesichts des seinerzeitigen jugendlichen Alters und des vergangenen Zeitraums nachvollziehbar und vermag Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage nicht zu begründen.

Demgegenüber erbrachte die Vernehmung des Leiters der Geschäftsstelle ... der X-Bank als Zeugen über ein mit der Klägerin, ihrem Ehemann und ihrem Sohn geführtes Beratungsgespräch im Zusammenhang mit dem Erwerb des Objekts ... am 04.01.1999, in dem der Ehemann der Klägerin von der Absicht der Erblasserin, dem Enkel 100.000 DM zu schenken, berichtet haben soll, keine Erkenntnisse. Der Zeuge hatte keinerlei konkrete Erinnerung an ein solches Gespräch und konnte auf Vorhalt des von der Klägerin bereits im Veranlagungsverfahren vorgelegten "Teilprotokolls" über ein Gespräch vom 04.01.1999 lediglich bestätigen, dass dieser Text von ihm angefertigt und unterschrieben worden sein müsse. Dies ist indes angesichts der glaubhaften Angaben der Zeugen B sowie ... (Ehemann der Klägerin) und S ohne Bedeutung.

Insgesamt steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Erblasserin noch zu Lebzeiten ein mündliches Schenkungsversprechen über 100.000 DM zu Gunsten ihres Enkels S gegeben hat, das von diesem angenommen wurde.

Allerdings ist dieses Schenkungsversprechen der Erblasserin formunwirksam.

Gemäß § 518 Abs. 1 S. 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird (Schenkungsversprechen), zur Gültigkeit der notariellen Beurkundung des Versprechens. Hieran fehlt es vorliegend aufgrund des von der Erblasserin nur mündlich gegebenen Schenkungsversprechens.

Indessen wurde dieser Formmangel nach Auffassung des Senats zivilrechtlich durch Bewirkung der von der Erblasserin zu Lebzeiten versprochenen Leistung durch die Klägerin geheilt, was auch erbschaftsteuerrechtlich zu beachten ist und zur Berücksichtigung des von der Erblasserin gegenüber dem Enkel versprochenen Betrages in Höhe von 100.000 DM als Nachlassverbindlichkeiten führt.

Gemäß § 518 Abs. 2 BGB wird der Mangel der Form durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt. Entgegen der Auffassung des Beklagten, der in seiner Einspruchsentscheidung offenbar davon ausgeht, dass ein formunwirksames Schenkungsversprechen nur zu Lebzeiten des Versprechenden nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden kann und im Falle des Versterbens des Versprechenden vor Erfüllung der Schenkungsversprechens ein Fall des § 2301 BGB gegeben ist und die Vorschriften über die Verfügung von Todes wegen Anwendung finden, steht es zivilrechtlich der Heilung einer formnichtigen Versprechensschenkung unter Lebenden nicht entgegen, wenn die Leistung erst nach dem Tode des Schenkers aus dessen Vermögen bewirkt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind die Fälle des § 2301 BGB einerseits und des § 518 BGB andererseits unterschiedlich zu behandeln.

Dies hat seinen Grund darin, dass das Gesetz nur die Schenkung von Todes wegen nach Maßgabe des § 2301 BGB den Vorschriften des Erbrechts unterwirft, nicht aber die Schenkungen unter Lebenden. Deren Vollzug regelt sich ausschließlich nach den für sie geltenden Regeln; der Tod des Schenkers vor Erfüllung des Schenkungsversprechens bewirkt keine prinzipielle Zäsur.

Daher reicht es für eine Heilung des formungültigen Schenkungsversprechens gemäß § 518 Abs. 2 BGB aus, wenn der Versprechensempfänger selbst mithilfe einer Vollmacht des Erblassers die versprochene Leistung noch nach dessen Tod an sich bewirkt. Gleiches gilt für die Leistung des Versprochenen durch einen dritten Bevollmächtigten oder durch den Erben an den Versprechensempfänger.

Im letzteren Fall rückt der Erbe auch insoweit durch die Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsposition des Erblassers ein (BGH-Urteile vom 05.03.1986 IV a ZR 141/84, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1986, 2107 und vom 12.11.1986 IV a ZR 77/85, NJW 1987, 840; Koch in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage, § 518 BGB, Rdn. 16 ff.; Mühl/Teichmann in Soergel, BGB, Kommentar, 12. Auflage, § 518 BGB, Rdn. 15).

Erbschaftsteuerrechtlich ist die Bewirkung eines vom Erblasser zu Lebzeiten gegebenen formunwirksamen Schenkungsversprechens unter Lebenden nach dem Tode des Erblassers durch den Erben nach Auffassung des Senats nach Maßgabe der Grundsätze in § 41 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung (AO) beachtlich.

Ist danach ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

Nach Auffassung des Senats unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung nicht von der Erfüllung eines formunwirksamen Vermächtnisses durch den Erben.

Für diesen Fall hat der BFH in mittlerweile ständiger Rechtsprechung entschieden, dass, wenn der Belastete und der Begünstigte den Willen des Erblassers anerkennen und beachten und dessen formunwirksam angeordnetes Vermächtnis ausführen, die Besteuerung nach dem ErbStG gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 AO das wirtschaftliche Ergebnis dieses Vollzugs zu beachten hat (vgl. BFH-Urteile vom 15.03.2000 II R 15/98, Bundessteuerblatt - BStBl. - Teil II 2000, 588 und vom 28.03.2007 II R 25/05, BStBl. II 2007, 461). Auch im Falle eines Schenkungsversprechens des Erblassers unter Lebenden hat es der Erbe aufgrund seines Eintritts in die Rechtsposition des Erblassers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in der Hand, ob er - zivilrechtlich wirksam - die versprochene Schenkung dem Versprechensempfänger gegenüber bewirkt. Kennt er mithin das - formunwirksame - Schenkungsversprechen des Erblassers und nimmt er die zu seiner Erfüllung erforderlichen Rechtshandlungen mit dem Willen vor, dem vom Erblasser Gewollten zu entsprechen, so lassen die an der Vornahme dieser Rechtshandlung beteiligten Personen, nämlich der Erbe und der Versprechensempfänger, das wirtschaftliche Ergebnis des zu Grunde liegenden unwirksamen Rechtsgeschäfts - hier des Schenkungsversprechens - eintreten.

Dieses Ergebnis entspricht auch dem in § 10 Abs. 1, 5 ErbStG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Besteuerung nur im Umfang der Bereicherung des Erben (objektives Nettoprinzip). Die Erbschaftsteuer wird erhoben, weil und soweit der aus dem steuerpflichtigen Vorgang stammende Vermögensanfall dem Erwerber einen Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vermittelt.

Hiervon kann nur dann die Rede sein, wenn der Vermögensanfall sich für den Empfänger wirtschaftlich günstig auswirkt, was durch Saldierung aller aus dem Vermögensanfall stammenden Vor- und Nachteile zu ermitteln ist (Meincke, ErbStG, Kommentar, 14. Auflage, § 10 Rdn. 5). Es sind daher alle mit dem Erwerb in Verbindung stehenden entreichernden Posten abzuziehen. Wenn dies anerkanntermaßen u.a. für sittliche Verpflichtungen, deren Erfüllung sich der Erbe nicht entziehen kann, als auch für die Erfüllung formunwirksamer Vermächtnisse gilt, kann nichts anderes in dem Fall gelten, in dem der Erbe ein formunwirksames Schenkungsversprechen des Erblassers unter Lebenden, welches dieser aufgrund seines Todes nicht mehr erfüllen kann, unter Anerkennung und Beachtung dieses Willens gegenüber dem Versprechensempfänger erfüllt.

Da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass die Erblasserin zu ihren Lebzeiten ihrem Enkel gegenüber ein mündliches Schenkungsversprechen unter Lebenden über 100.000 DM gegeben hat, welches sie aufgrund ihres plötzlichen Todes nicht mehr erfüllen konnte, und dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen - an dessen Richtigkeit der Senat keinen Zweifel hegt - in Kenntnis des Schenkungsversprechens dieses im Wege der Abkürzung des Zahlungsweges durch Zahlung eines Teils des auf den Enkel der Erblasserin entfallenden Kaufpreises für den Erwerb des Objektes ... in Höhe von 100.000 DM von den Konten der Erblasserin erfüllte, ist der Betrag von 100.000 DM bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen.

Die Berücksichtigung weiterer Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 100.000 DM führt zu einer Reduzierung der Erbschaftsteuer auf 317.916 DM (162.547,86 €). Da der sich aus dem Antrag der Klägerin ergebende Erbschaftsteuerbetrag 317.911 € (162.545,31 €) beträgt, war hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Betrages von 5 DM (2,56 €) die Klage abzuweisen.

Da die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, waren dem Beklagten die Kosten des Verfahrens ganz aufzuerlegen (§ 136 Abs. 1 S. 3 FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 1, 2 Nr. 2 FGO zuzulassen, weil die Frage der Berücksichtigung von Beträgen, die ein Erbe zur Erfüllung eines vom Erblasser gegebenen formunwirksamen Schenkungsversprechens unter Lebenden aus dem Nachlass aufwendet, als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, soweit ersichtlich, vom BFH noch nicht entschieden wurde.

Ende der Entscheidung

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