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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 27.03.2008
Aktenzeichen: 1 K 486/05
Rechtsgebiete: ErbStG
Vorschriften:
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1 | |
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 8 |
Finanzgericht Hessen
Schenkungsteuer
In dem Rechtsstreit
...
hat der 1. Senat des Hessischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 27. März 2008
unter Mitwirkung des Richters am Hessischen Finanzgericht als Vorsitzender xxx
des Richters am Hessischen Finanzgericht xxx
des Richters am Hessischen Finanzgericht xxx
des ehrenamtlichen Richters xxx
der ehrenamtlichen Richterin xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob in einer Zuwendung des Mitstifters S an die Klägerin eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer - und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) zu sehen ist.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin wurde im Jahre 19.. als Familienstiftung errichtet (vgl. notarielle Urkunde vom ... des Notars ... in ... ). Stiftungsmitglieder waren S sowie seine Eltern Y und P. Der Stiftungszweck besteht darin, S , dessen Abkömmlinge und den Ehegatten durch Bereitstellung entsprechender Wohnmöglichkeiten und Lebenshaltungskosten in angemessener Weise zu versorgen. Dieser Stiftungszweck besteht bis heute unverändert fort, wobei S der einzige Begünstigte der Stiftung ist. Ehegatte sowie Kinder des S sind nicht vorhanden (zum Stiftungszweck vgl. auch die notarielle Urkunde des Notars ... , ... , Urkundenrolle Nr. ... aus 19.. vom ... 19.. - Blatt 48 ff. der Verwaltungsakten).
Zum Vermögen der Klägerin gehört auch die S GmbH und Co. KG sowie die S GmbH als Komplementärin der KG. Die KG betreibt in ... einen ... Betrieb ( ... ). Die KG erwirtschaftete in den Jahren 199.. bis 200.. erhebliche Verluste. Aufgrund der KG - Verluste litt die Klägerin unter permanentem Kapitalmangel. In ... ist auch der Wohnsitz des S, wo er bereits seit 19.. , dem Zeitpunkt der Gründung der Stiftung, lebt.
In Anbetracht des Kapitalmangels bei der Klägerin und der Verluste der KG sah sich S veranlasst, der Klägerin im ... 2001 einen Betrag in Höhe von ... DM zuzuwenden (vgl. notarielle Urkunde vom ... 2001 des Notars ... , ... ).
§ 1 der notariellen Urkunde enthält dazu folgende Regelung:
" ............ S wendet hiermit unter Bezugnahme auf § 3 Ziffer 1 der Fassung der ... Familienstiftung, in der bestimmt ist, dass weitere Kapital - oder Vermögenszuweisungen durch die Stifter vorbehalten bleiben, als Mitstifter der ... Familienstiftung mit Sitz in ... einen Geldbetrag in Höhe von ... DM zu. Diese Zuwendung ist dazu bestimmt, dem Stiftungsvermögen der ... Familienstiftung mit Sitz in ... zu zuwachsen, um die Erhaltung des ...( Wohnsitzes ) in ... als Lebensmittelpunkt und Wohnsitz für S zu ermöglichen.
Herr S ist sowohl Mitstifter als auch Begünstigter der ... Familienstiftung. Insoweit wird Bezug genommen auf die Satzung der ... Familienstiftung in der Fassung vom ... 199.. des Notars ... ..... "
Die Zuwendung bedurfte der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, da S unter rechtlicher Betreuung stand.
Der Beklagte wertete diese Zuwendung des S an die Klägerin als freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und setzte mit Steuerbescheid vom 8. November 2004 Schenkungsteuer in Höhe von ... EUR gegen die Klägerin fest.
Der hiergegen gerichtete Einspruch vom 24. November 2004 wurde durch Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte führte in der Einspruchsentscheidung im Wesentlichen aus, die Klägerin sei auf Kosten des S durch eine freiwillige Zuwendung bereichert worden. Eine freigebige Zuwendung scheitere hier nicht daran, dass die Zuwendung satzungsgemäß zu verwenden sei. Die Verpflichtung zur satzungsmäßigen Verwendung stelle keine auf der Zuwendung liegende Last oder Auflage dar. Zur Begründung seiner Rechtsansicht verweist der Beklagte auf das Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 12. Mai 1931 IeA 164/30, Reichssteuerblatt 1931, 539 und auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Januar 2002 II R 82/99, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2002, 303.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Zuwendung des Geldes nicht den Tatbestand einer freigebigen Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfülle.
Im Streitfall habe S ihr einen Geldbetrag zukommen lassen, der alleine dem Zuwendenden wieder zugute komme. Das Geld sei ausschließlich zur Erhaltung des Lebensmittelpunktes und des Wohnsitzes des S entsprechend dem Stiftungszweck zu verwenden.
Letztlich sei sie durch die Geldzuwendung weder objektiv bereichert, noch habe der Zuwendende in subjektiver Bereicherungsabsicht gehandelt, da dieser selbst ausschließlich mit der Zuwendung den Zweck verfolgt habe, ...( den Wohnsitz ) in ... als seinen Lebensmittelpunkt und Wohnsitz zu erhalten. Geldzuwendung und Geldverwendung seien folglich in einem engen kausalen Zusammenhang zu sehen. Nur unter dieser Verknüpfung sei die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zur Übertragung des Geldes zu erlangen gewesen.
Der Beklagte könne sich für die von ihm vertretene Ansicht weder auf das Urteil des RFH vom 12. Mai 1931 IeA 164/30, a.a.O. noch auf das Urteil des BFH vom 16. Januar 2002 II R 82/99, a.a.O. berufen.
Der RFH habe in seiner Entscheidung zwar die Meinung vertreten, dass jede nachträgliche Zuwendung an eine Stiftung außerhalb des Stiftungsgeschäfts als gewöhnlich Schenkung zu besteuern sei, da es weder an der Bereicherung der Stiftung fehle, noch die Verpflichtung der Stiftung zur satzungsmäßigen Verwendung ihres Vermögens eine die Schenkung mindernde Last oder Auflage darstelle. Im vorliegenden Fall sei aber ein anderer Ansatz gegeben, nämlich die Frage, ob eine Zuwendung des nach dem Stiftungszweck Begünstigten an "seine" Familienstiftung eine Schenkung sein könne. Dies müsse aus den oben dargelegten Gründen verneint werden. Auch das Urteil des BFH vom 16. Januar 2002 II R 82/99 a.a.O. gebe für den vorliegenden Streitfall nichts her. In diesem Verfahren habe es sich um einen Erwerb der Stiftung durch Erbfall und nicht um die Frage einer freigebigen Zuwendung unter Lebenden im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gehandelt. Andererseits sei in diesem Verfahren über die Verpflichtung der Stiftung zu befinden gewesen, die Erträge aus dem zugewendeten Vermögen teilweise zu bestimmten, ihrer Satzung selbst nicht entsprechenden Zwecken zu verwenden.
Beide Entscheidungen befassten sich daher nicht mit dem hier relevanten Problem einer Zuwendung durch den allein Begünstigten einer Stiftung an diese Stiftung mit anschließender satzungsmäßiger Verwendung zu Gunsten des Zuwendenden als Begünstigten der Stiftung.
Ergänzend wird auf die Klageschrift des Prozessbevollmächtigten vom 13. Juni 2005 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Schenkungssteuerbescheid vom 8. November 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2005 ersatzlos aufzuheben,
hilfsweise für den Fall der Klageabweisung,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall der Klagestattgabe,
die Revision zuzulassen.
Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vertritt der Beklagte nach wie vor die Ansicht, dass die Zuwendung des Geldes an die Klägerin als freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerlich zu erfassen sei.
Dem Senat lag ein Band Erbschaftsteuerakten vor.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte die Zuwendung des S an die Klägerin als freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Besteuerung unterworfen.
Nach dieser Vorschrift gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. Urteil des RFH vom 12. Mai 1931 a.a.O.) und der Literatur geht der Senat davon aus, dass Zuwendungen, die der Stifter einer rechtsfähigen Stiftung nachträglich über das eigentliche Stiftungskapital hinaus macht (sog. Zustiftungen), Schenkungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sind (vgl. Kapp/Ebeling, Kommentar zum ErbStG, § 7 Anm. 148; Viskorf/Glier-Hübner/Knobel/Schuck, Kommentar zum ErbStG/BewG, 2. Auflage § 7 Anm. 150; Meincke, Kommentar zum ErbStG, 14. Auflage § 7 Anm. 112; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum ErbStG § 7 Anm. 332).
Hierbei begründet die Verpflichtung der Stiftung, eine ihr gemachte Zuwendung satzungsgemäß zu verwenden, keine auf der Zuwendung ruhende Last oder Auflage, die sich mindernd auf die Bereicherung der Stiftung auswirkt (vgl. Kapp / Ebeling a.a.O. § 7 Anm. 149). Dass hier der Zuwendende auch gleichzeitig der Begünstigte der Stiftung ist, ändert nichts an dieser rechtlichen Wertung.
Indem der Zuwendende der Stiftung als eigenständiges Rechtssubjekt Geld zur satzungsgemäßen Verwendung zur Verfügung stellt, wird diese auf Kosten des Zuwendenden bereichert. Dieser gesetzliche Tatbestand (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) entfällt nicht dadurch, dass der Zuwendende aufgrund des Stiftungswecks in gewisser Weise wieder in den Genuss der Zuwendung kommt.
Nach Ansicht des erkennenden Senates ist mit der Zuwendung an die Stiftung der Tatbestand der freigebigen Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt. Für die Bereicherung der Stiftung auf Kosten des Zuwendenden ist es dann ohne Bedeutung, welchen Zweck die Stiftung zu erfüllen hat. Eine freigebige Zuwendung liegt folglich auch dann vor, wenn der Zuwendende als Begünstigter der Stiftung eingesetzt ist.
Dieser rechtlichen Wertung steht nicht entgegen, dass im vorliegenden Fall für die Zuwendung an die Stiftung die vormundschaftliche Genehmigung wegen der Betreuung des Zuwendenden erforderlich war. In diesem Verfahren war zu prüfen, ob die Verwendung des Geldes im Interesse des Herrn S erfolgte, was aufgrund der Begünstigtenstellung laut Stiftungszweck offensichtlich als erfüllt angesehen wurde. Für die eigentliche tatbestandliche Erfüllung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG hat diese Überprüfung und Genehmigung aber keine Auswirkung. Hier ist zwischen der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Übertragung und dem schenkungssteuerlichen Tatbestand zu unterscheiden.
Diese rechtliche Wertung des Senates steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des BFH vom 28. Juni 2007 II R 21/05, BStBl II 2007, 669.
In dieser Entscheidung hat der BFH nur deshalb eine Zuwendung an die Stiftung verneint, weil dem Zuwendenden zu seinen Lebzeiten alle Rechte am gesamten Stiftungsvermögen und dessen Ertrag allein zustand und die Stiftung daher über das Zugewendete tatsächlich und rechtlich im Verhältnis zum Zuwendenden nicht frei verfügen konnte.
Hier liegt der Fall jedoch anders, da die Klägerin vorliegend nur durch ihren Stiftungszweck in der Verwendung des zugewendeten Geldes gebunden ist. Die Verwendung zur Erhaltung des ... ( Wohnsitzes ) als Lebensmittelpunkt und Wohnsitz für den Mitstifter S entspricht dabei dem originären Stiftungszweck der Klägerin.
Bei der Zuwendung an die Klägerin handelt es sich schließlich nicht um eine Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG. Unter diesen Steuertatbestand fallen nur Zuwendungen im Rahmen der Erstausstattung einer Stiftung (vgl. Meincke a.a.O. § 7 Anm. 112). Lediglich wenn der Stifter im Stiftungsgeschäft die hinreichend konkretisierte Verpflichtung zu weiteren Zuwendungen übernommen hat, handelt es sich bei der Erfüllung dieser Verpflichtung noch um einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG, was vor allem bei der Einordnung in die Steuerklasse von Bedeutung sein kann. Eine solche Verpflichtung zur Zahlung weiterer Beträge in das Stiftungsvermögen ist hier jedoch nicht gegeben. Zwar ist sowohl in der Präambel des Stiftungsvertrages vom ... 19.. als auch in § 3 des Vertrages geregelt, dass weitere Kapital - oder Vermögenszuweisungen durch die Stifter vorbehalten bleiben. Eine konkrete Verpflichtung und damit ein Anspruch der Stiftung auf weitere Zuschüsse, kann hieraus jedoch nicht abgeleitet werden.
Die nachträgliche Zustiftung erfolgt hier vielmehr auf dem freien Entschluss des Zuwendenden.
Nach alle dem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.
Auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wird die Revision zugelassen.
Ende der Entscheidung
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