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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 16.09.2004
Aktenzeichen: 13 K 671/04
Rechtsgebiete: EStG, GG, ErbbauVO
Vorschriften:
ErbbauVO § 27 | |
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1 | |
GG Art. 3 Abs. 1 |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob Kosten für eingeholte Bausachverständigengutachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen.
Die Kläger erzielten u.a als Erbbaurechtsverpflichtete Einkünfte aus einem Erbbaurechtsverhältnis. In ihrer Feststellungserklärung 2002 machten sie - so weit hier streitig - Werbungskosten für Sachverständigengutachten in Höhe von 15.263,81 € geltend. Diese Aufwendungen wurden mit Feststellungsbescheid vom 19.09.2003 mit der Begründung eines fehlenden Zusammenhangs mit der Einkünfteerzielung nicht anerkannt.
Hiergegen legten die Kläger am 23.09.2003 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 03.02.2004 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Nach Auffassung des Finanzamtes fehlt es an dem subjektiven Veranlassungszusammenhang. Die Aufwendungen hätten den Klägern nicht mehr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gedient. Diese Einkünfteerzielung sei mit Ablauf des Erbbaurechtsverhältnisses beendet gewesen. Die Gutachten seien lediglich auf Grund einer Verpflichtung aus dem Erbbaurechtsvertrag eingeholt worden, um den Wert des Gebäudes und somit die zu erbringende Entschädigungsleistung an den Erbbaurechtsberechtigten bei Heimfall des Gebäudes zu ermitteln. Nachträgliche Werbungskosten lägen somit nicht vor. Vorweggenommene Werbungskosten lägen ebenfalls nicht vor, da allein die Verwendung von Gutachten, die für einen anderen Zweck eingeholt worden seien, keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen einer geplanten Weitervermietung begründen könnten. Insgesamt handele es sich um einen privatrechtlichen, die Vermögensebene betreffenden Vorgang.
Hiergegen haben die Kläger, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, fristgemäß Klage erhoben, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgen.
Die Kläger haben sich wie folgt eingelassen:
Im Jahre 1951 sei ein Erbbaurechtsvertrag für die Dauer von 50 Jahren abgeschlossen worden, in den sie als Erbbauverpflichtete eingetreten seien. Der Vertrag bestimme in § 6 Abs. 3, dass mit Beendigung des Erbbaurechtes die errichteten Gebäude und Anlagen in das Eigentum des Grundstückseigentümers gegen die Zahlung einer Entschädigung von 2/3 des Wertes, den sie alsdann besitzen, übergehen. Nach Absatz 4 dieser Bestimmung müsse der Wert durch Sachverständige festgestellt werden. Der Erbbaurechtsvertrag, so die Kläger, wäre ohne diese Sachverständigen-Klausel mit der Aussicht auf Entschädigung für die Erbbaurechtsberechtigten bei Vertragsablauf nicht beurkundet worden. Die Sachverständigen-Klausel sei somit wesentliche Gegenleistung zur Erzielung von Einnahmen aus Erbbauzinsen gewesen. Es handele sich somit um nachträgliche Werbungskosten.
Abgesehen hiervon lägen aber auch vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vor. Denn die eingeholten Sachverständigengutachten hätten auch dazu gedient zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen das Gebäude weiterzuvermieten sei. Wären die Gutachten zum Brandschutz und zur Statik nicht so vernichtend ausgefallen, wäre das Gebäude weitervermietet worden. Eine Weitervermietungsabsicht habe jedoch bestanden und bestehe nach wie vor. Die angefallenen Gutachterkosten stünden somit auch in einem ursächlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Weitervermietung.
Wegen Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 20.02.2004 sowie die klägerischen Schriftsätze in dem Aussetzungsverfahren 13 V 4069/03 vom 29.10. und 15.12.2003 und das im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichte Schreiben des Klägers Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer 2002 dahingehend zu ändern, dass weitere 15.263,81 € Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Ansatz gebracht werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt hält auch im gerichtlichen Verfahren an seiner außergerichtlich geäußerten Rechtsauffassung fest.
Wegen Einzelheiten dieses Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 15.03.2004 in Verbindung mit der Einspruchsentscheidung vom 03.02.2004 sowie den Schriftsatz im Aussetzungsverfahren 13 V 4069/03 vom 16.11.2003 Bezug genommen.
Die einschlägigen Steuerakten haben dem Senat vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt hat zu Recht die geltend gemachten Gutachterkosten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Ansatz gebracht.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG die Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes wird die Vorschrift dahingehend ausgelegt, dass als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich alle Aufwendungen zu berücksichtigen sind, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (BFH-Urteil vom 21. Juni 1994 IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108 mit zahlreichen Nachweisen).
Vorliegend fehlt es an dem subjektiven Veranlassungszusammenhang. Die Gutachterkosten dienten den Klägern nicht mehr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Diese Einkünfteerzielung war mit Ablauf des Erbbaurechtsverhältnisses beendet. § 6 des Erbbaurechtsvertrages präzisiert lediglich die in § 27 ErbbauVO vorgesehene Entschädigung, die der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten für das Bauwerk zu leisten hat.
Die Gutachterkosten stellen aus diesem Grunde auch keine nachträglichen Werbungskosten dar.
Die erst nach dem Ende der Einkunftserzielung anfallenden Aufwendungen sind als nachträgliche Werbungskosten abziehbar, wenn sie mit früheren Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, weil sie durch die Erzielung von Einnahmen bedingt waren und ihre Ursache bereits im Zeitpunkt der Einkunftserzielung gesetzt worden ist (Blümich/Thürmer, EStG, § 9, Textziffer 167 mit Nachweisen).
Vorliegend fehlt es auch insoweit an der Kausalität zwischen Einkunftserzielung und Werbungskosten. Wie bereits oben dargestellt, wurde durch § 6 des Erbbaurechtsvertrages lediglich die durch die ErbbauVO vorgesehene Rechtsfolge, nämlich Heimfall und Entschädigungspflicht des Verpflichteten, konkretisiert. Die Sachlage ist somit mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung eines Kaufpreises vergleichbar. Auch hier ist nicht die Ebene der Einkunfteerzielung, sondern die Vermögensebene betroffen. Ein Werbungskostenabzug kommt aber auf dieser Ebene wegen fehlender Einkunftserzielungsabsicht nicht in Betracht.
Soweit die Kläger die Rechtsansicht vertreten, diese Klausel sei conditio sine qua non dergestalt gewesen, dass ohne § 6 des Vertrages der gesamte Erbbaurechtsvertrag nicht beurkundet worden wäre mit der Folge, dass auch keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angefallen wären, folgt der Senat dem nicht. Dies mag ein Beweggrund für den Abschluss des Vertrages gewesen sein; eine kausale Verknüpfung zwischen Gutachterkosten zur Berechnung der Entschädigung und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist hierin - wie dargestellt - jedoch nicht zu sehen.
Die Gutachterkosten können auch nicht als vorweggenommene Werbungskosten abgezogen werden.
Selbst bei einer zu Gunsten der Kläger unterstellten Weitervermietungsabsicht kann die Klage insoweit keinen Erfolg haben. Denn - wie bereits oben dargestellt - wurden die Gutachten zum Zwecke der Wertermittlung eines Gebäudes, somit auf der Vermögensebene liegend, eingeholt. Allein die Verwendung dieser zu einem anderen Zweck eingeholten Gutachten - quasi als positiver Mitnahmeeffekt für eine Eruierung einer weiteren Vermietungsmöglichkeit - kann mangels Kausalität nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen.
Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine Verletzung von Art. 3 Abs.1 GG geltend machten, da sie nach ihrer Auffassung im Vergleich mit anderen Ladenbesitzern, die vor- und nachgelagerte Werbungskosten problemlos absetzen könnten, schlechter gestellt seien, kann diese Rüge der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.
Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Diese Norm ist nur dann verletzt, wenn eine unterschiedliche Behandlung zweier vergleichbarer Sachverhalte erfolgt. Nach der Rechtsprechung verbietet Art. 3 Abs. 1 GG nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 3, Textziffer 4 ff mit Rechtsprechungsnachweisen).
Soweit sich die Kläger gegenüber anderen Ladenbesitzern, die - angeblich - nachträgliche und vorweggenommene Werbungskosten ohne weiteres geltend machen können, ungleich behandelt fühlen, ist dieser Vortrag (vgl. Schreiben der Kläger vom 12.09.2004, Anlage zum Protokoll) völlig unsubstantiiert. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG setzt nach obigen Ausführungen voraus, dass vergleichbare Sachverhalte vorliegen müssen. Die Kläger hätten somit vortragen müssen, dass die Vergleichsgruppe der anderen angesprochenen Ladenbesitzer in der gleichen Situation wie die Kläger besser behandelt wird, somit eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte vorliegt. Hierzu fehlt jedoch der Vortrag.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.
Ende der Entscheidung
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