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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 2 K 66/07
Rechtsgebiete: EStG, AufenthG
Vorschriften:
EStG § 62 Abs. 2 Nr. 2c | |
EStG § 62 Abs. 2 Nr. 3 | |
EStG § 52 Abs. 61a S. 2 | |
AufenthG § 23 |
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftsnummer: 2 K 66/07
In dem Rechtsstreit
wegen Kindergeld
hat Richter am Hessischen Finanzgericht als Einzelrichter nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12. Juli 2007
für Recht erkannt: Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand:
Die Klägerin, eine bosnische Staatsangehörige, beantragte am 9.3.2005 Kindergeld für ihre beiden am 5.7.1995 und 27.9.1998 geborenen Kinder. Sie ist im Besitz einer am 10.2. 2005 ausgestellten und bis 9.2.2008 gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG, die ihr eine Erwerbstätigkeit untersagt.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15.7.2005 den Kindergeldantrag der Klägerin ab. Den Einspruch der Klägerin vom 14.8.2005, den diese nicht begründete, lehnte die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28 11. 2006 als unbegründet ab.
Die Klägerin hat am 4.1.2007 gegen den Bescheid der Beklagten vom 15.7.2005 und ihre Einspruchsentscheidung vom 14.8.2005 Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Bewilligung von Kindergeld für ihre Kinder begehrt. Auch die Klage wurde bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht begründet.
Die Klägerin beantragt - sinngemäß -,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15.7.2005 in der Gestalt ihrer Einspruchsentscheidung vom 28.11.2006 zu verpflichten, ihr für ihre beiden am 5.7.1995 und 27.9.1998 geborenen Kinder Kindergeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 11.4.2007 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Die die Klägerin betreffende Kindergeldakte war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 101 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -), weil die Klägerin nach ihrem Vorbringen und dem Inhalt der vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Kindergeldakte, die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 2c und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Artikel 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BStBl. I 2007, 62), der gemäß § 52 Abs. 61a S. 2 EStG im vorliegenden Fall anzuwenden ist, nicht erfüllt.
Danach erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld unter anderem nur, wenn er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs.1 Aufenthaltsgesetz besitzt und sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternteilzeit in Anspruch nimmt.
Die Klägerin ist im Besitz einer am 10.02.2005 erteilten und bis 09.02.2008 gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz und hat sich bei Stellung des Kindergeldantrages offenbar bereits seit mindestens drei Jahren zumindest geduldet im Bundesgebiet aufgehalten.
Indes fehlt es an der Voraussetzung der berechtigten Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet.
§ 62 Abs. 2 Nr. 3b EStG setzt voraus, dass der Ausländer berechtigt erwerbstätig ist.
Die Frage nach der Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beantwortet sich nach dem Aufenthaltsgesetz. Danach erfasst die Erwerbstätigkeit nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz sowohl die selbständige Tätigkeit als auch die nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 4 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz berechtigt ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, sofern es nach diesem Gesetz bestimmt ist oder der Aufenthaltstitel die Ausübung der Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt.
Geht der zur Erwerbstätigkeit berechtigte Ausländer keiner Erwerbstätigkeit nach, hat er Anspruch auf Kindergeld nur, wenn er wegen Arbeitslosigkeit laufende Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.
Nach Auffassung des Gerichts unterliegt die Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG jedenfalls in dem hier interessierenden Umfang keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Regelung in § 62 Abs. 2 EStG dient offenbar - auch - dem Zweck, den Anspruch auf Kindergeld auf jene Ausländer zu beschränken, die im wesentlichen in den deutschen Arbeitsmarkt integriert sind und von denen deshalb zu erwarten ist, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben und sich an den Lasten beteiligen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 6.7.2004 (1 BvL 5, 6/97, HFR 2005, 162) dieses Ziel als solches nicht verworfen, sondern festgestellt, dass die der Erreichung dieses Ziels dienende Regelung des § 1 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz in der bis 31.12.1995 geltenden Fassung, die wortgleich in die Vorschrift des § 62 Abs. 2 EStG in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung übernommen wurde, hierzu nicht geeignet war und insbesondere die Gruppe der Ausländer, die sich, ohne im Besitz eines unbefristeten oder eines von einem Dritten abgeleiteten oder nicht auf einen bestimmten Zweck beschränkten und zeitlich befristeten Aufenthaltstitels zu sein, legal im Bundesgebiet aufhielten und deren Einkünfte so gering waren, dass sie auf ergänzende Sozialhilfeleistungen angewiesen waren, benachteiligte.
Jedenfalls für den vorliegend bedeutsamen Kreis der Besitzer einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz hat der Gesetzgeber dem Rechnung getragen und gewährt den Kindergeldanspruch bei tatsächlicher Integration in den deutschen Arbeitsmarkt unabhängig von der Höhe der erzielten Einkünfte und des Erfordernisses ergänzender Sozialhilfeleistungen, wobei er den Kreis der Anspruchsberechtigten über die Erwerbstätigen hinaus auch auf die Bezieher von Lohnersatzleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und die Inanspruchnahme von Elternzeit erstreckt und dadurch dem Risiko jedenfalls eines vorübergehenden Ausscheidens aus dem deutschen Arbeitsmarkt Rechnung trägt, so dass die neue gesetzliche Regelung insgesamt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (so auch BFH-Urteil vom 15.03.2007 III R 93/03, DStR 2007, 973).
Die der Klägerin erteilte Aufenthaltserlaubnis untersagt ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, mit der Folge dass sie nicht berechtigt im Bundesgebiet erwerbstätig ist und keinen Anspruch auf Kindergeld hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.
Ende der Entscheidung
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