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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 03.09.2008
Aktenzeichen: 3 K 3934/03
Rechtsgebiete: GrStG
Vorschriften:
GrStG § 4 Nr. 6 |
Finanzgericht Hessen
Grundsteuermessbetrag auf den 01.01.2003
In dem Rechtsstreit
...
hat der 3. Senat des Hessischen Finanzgerichts
mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 3. September 2008
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht ...
des Richters am Hessischen Finanzgericht ...
des Richters ...
des ehrenamtlichen Richters ...
der ehrenamtlichen Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Grundbesitz, der im Rahmen eines so genannten Treuhandvertrages betrieben wird, von der Grundsteuer befreit ist. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand laut Handelsregister folgendermaßen umschrieben ist: der Erwerb, die Bebauung, die Verwaltung sowie die Veräußerung von bebauten und unbebauten Grundstücken und die Nutzung des eigenen Grundvermögens durch Vermietung und Verpachtung sowie der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen. Geschäftsführer der Klägerin sind A und B, Ersterer seit ... , Letzterer seit ... .
Die Klägerin war (unter der Bezeichnung Vertragschließende zu 4) neben der Firma A Kliniken GmbH & Co. KG, vertreten durch A als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, (als Vertragschließende zu 1 bezeichnet) und B (als Vertragsschließender zu 2 bezeichnet) Beteiligte an einer Vereinbarung, die unter der Bezeichnung "Treuhandvertrag" am ...04.2001 geschlossen wurde. In der Vorbemerkung zu dieser Vereinbarung brachten die Beteiligten die Absicht zum Ausdruck, die Klinikanlage ... in ... durch die Vertragschließende zu 4 (die Klägerin) zu erwerben. In § 1 der Vereinbarung legten die Beteiligten fest, die Vertragschließenden zu 1 und 2 würden die Firma Klinik A und B Verwaltungs- GmbH (als Vertragschließende zu 3 bezeichnet) gründen, die die Klinik nach Erwerb durch die Klägerin "bewirtschaften" werde. Die Vertragschließende zu 3 solle beim "Betreiben" der Klinik nach außen gegenüber den Kostenträgern, Patienten, Lieferanten und dem Personal etc. treuhänderisch für die Klägerin auftreten (Absatz 2 der Vorbemerkung). In § 2 Abs. 1 der Vereinbarung legten die Beteiligten weiter fest, die Vertragschließende zu 3 solle alle Beträge selbst aber für die Klägerin vereinnahmen und verausgaben. Die (als Vertragschließende zu 3 bezeichnete) Klinik A und B Verwaltungs-GmbH wurde am ...09.2001 in das Handelsregister eingetragen. Später wurde die Firma der Gesellschaft umbenannt in Klinik Verwaltungs GmbH (Handelsregistereintragung vom ...03.2003). Geschäftsführer der Gesellschaft sind A und B .
Durch Beschluss des Amtsgerichts ... vom ...04.2001 erhielt die Klägerin im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens den Zuschlag für mehrere Grundstücke und Erbbaurechte, die im Grundbuch von ... unter den Bezeichnungen ... vermerkt sind. Auf diesem Grundbesitz hatte die bisherige Eigentümerin, die Firma ... , unter der Bezeichnung " ... " eine Klinik betrieben. Der Beklagte (das Finanzamt) hatte für den Grundbesitz zuletzt einen Einheitswert von ... DM festgestellt (Wertfortschreibung auf den 01.01.1994 durch Bescheid vom ...10.1996).
Unter dem Datum vom ...10.2002 erließ das Finanzamt einen Bescheid, in dem es auf den Stichtag 01.01.2002 eine Zurechnungsfortschreibung für den Einheitswert sowie eine Neuveranlagung für den Grundsteuermessbetrag durchführte. Den bisher festgestellten Einheitswert (... DM bzw. ... EUR) ließ es unverändert. Den Grundsteuermessbetrag setzte es auf xxx,xx EUR bzw. xxx,xx DM fest. Sodann erließ es unter dem Datum vom ...11.2002 einen Berichtigungsbescheid zum Grundsteuermessbetrag, in dem es einen Betrag von x.xxx,xx EUR festsetzte. Zur Erläuterung führte es sinngemäß aus: Der Grundsteuermessbetrag sei gemäß § 15 Abs. 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) auf 3,5 vom Tausend des grundsteuerpflichtigen Einheitswerts festzusetzen. Dieser betrage ... EUR. Eine Grundsteuerbefreiung auf der Grundlage des § 4 Nr. 6 GrStG komme nicht in Betracht.
Zuvor hatte die Klägerin gegen den Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung) auf den 01.01.2002 sowie gegen den Grundsteuermessbescheid (Neuveranlagung) auf den 01.01.2002 vom ...10.2002 Einspruch eingelegt.
Hierzu hatte sie geltend gemacht, für den Grundbesitz müsse die Grundsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 GrStG gewährt werden. Hierzu hatte sie auf den so genannten Treuhandvertrag vom ...04.2001 verwiesen. Im weiteren Verfahren vertrat sie die Auffassung, sie sei nicht nur Eigentümerin der Klinik, sondern auch deren Betreiberin, die nach dem Gesetz erforderliche Eigentümeridentität sei mithin gegeben.
Das Finanzamt erließ den vorgenannten Einspruch betreffend unter dem Datum vom ...09.2003 zwei Einspruchsentscheidungen, einmal wegen Einheitswertbescheid und einmal wegen Grundsteuermessbescheid. Den den Einheitswertbescheid betreffenden Einspruch verwarf es als unzulässig. Zur Begründung führte es u.a. aus: Gegenüber dem Rechtsvorgänger sei der Einheitswert letztmalig auf den Stichtag 01.01.1994 festgestellt worden. Diese Feststellung sei gemäß § 182 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) auch gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin verbindlich. Die Klägerin sei mithin nicht befugt, gegen die damalige Einheitswertfeststellung Einspruch einzulegen. Den den Grundsteuermessbescheid betreffenden Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es u.a. aus: Nach § 4 Nr. 6 GrStG könne der hier betroffene Grundbesitz nur dann von der Grundsteuer befreit sein, wenn die Klägerin ausschließlich diejenige sei, die den Grundbesitz für den Betrieb eines Krankenhauses benutze. Tatsächlich werde der Grundbesitz von der Firma Klinik A und B GmbH für Zwecke eines Krankenhauses genutzt. Dies ergebe sich aus den Formulierungen in dem so genannten Treuhandvertrag ("betreiben" und "bewirtschaften").
Mit Schreiben vom ...10.2003 hat die Klägerin Klage erhoben "gegen die Einspruchsentscheidungen in der Einheitswertsache auf den 01.01.2002 und in der Grundsteuermessbescheidangelegenheit auf den 01.01.2002". Hierzu macht sie geltend: Sie sei die Eigentümerin der hier betroffenen Klinikanlage. Die Klinik bewirtschafte sie selbst durch die Einschaltung der Firma Klinik Verwaltungs- GmbH (vormals: Klinik A und B Verwaltungs-GmbH) als Treuhänderin. Auf diese Weise werde, wie in § 4 Nr. 6 GrStG vorgeschrieben, der Grundbesitz als Krankenhaus ausschließlich von demjenigen benutzt, dem er zuzurechnen sei. Der Berichterstatter des Senats hat der Klägerin zur Zulässigkeit der Klage sowie zum Umfang des sachlichen Klagebegehrens durch Verfügung vom 26.08.2008 einige sachdienliche Hinweis erteilt. Hierzu hat er u.a. ausgeführt: Die Klage wegen Einheitswert sei nach § 353 AO unzulässig. Bei der Klage wegen Grundsteuermessbetrag könne sich die Frage der Steuerbefreiung nur im Rahmen des Berichtigungsbescheids vom ...11.2002 stellen. Daraufhin hat die Klägerin durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 01.09.2008 die Klage wegen Einheitswert zurückgenommen und zu der Klage wegen Grundsteuermessbetrag ihren ursprünglichen Antrag klarstellend eingeschränkt.
Sie beantragt nunmehr,
den Berichtigungsbescheid über Grundsteuermessbetrag auf den 01.01.2002 vom ...11.2002 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung vom ...09.2003 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung wegen Grundsteuermessbescheid.
Ergänzend trägt es vor: Entgegen der Auffassung der Klägerin werde der Grundbesitz nicht von ihr selbst, sondern von der Firma Klinik Verwaltungs-GmbH (vormals: Klinik A und B Verwaltungs GmbH) für die Zwecke eines Krankenhauses benutzt. Die Rechtsansicht der Klägerin beruhe auf der Vorstellung, der abgeschlossene Treuhandvertrag begründete die Selbstnutzung der Grundstückseigentümerin im Sinne des § 4 Nr. 6 Satz 2 GrStG. Sie verkennen dabei die rechtlichen Gegebenheiten. An der Treuhandvereinbarung seien nämlich zwei selbstständige juristische Personen des Privatrechts als Vertragspartner beteiligt, die eine als Eigentümerin des Grundbesitzes, die andere als Betreiberin des darauf befindlichen Krankenhauses. Die den Streitfall betreffenden Akten waren Gegenstand des Verfahrens.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
1. Das Finanzamt hat den hier betroffenen Grundbesitz zu Recht in vollem Umfang als grundsteuerpflichtig behandelt. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 6 GrStG nicht eingreift.
Nach der genannten Vorschrift ist Grundbesitz, der für die Zwecke eines Krankenhauses benutzt wird, unter weiteren - hier nicht streitigen - Voraussetzungen von der Grundsteuer befreit, wenn er ausschließlich demjenigen, der ihn benutzt, oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zuzurechnen ist.
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 GrStG greift - bei einem privatrechtlichen Zurechnungsadressaten - nur dann ein, wenn zwischen dem Rechtssubjekt, das das betreffende Grundstück für Zwecke eines Krankenhauses nutzt, und dem Rechtssubjekt, dem das Grundstück zuzurechnen ist, eine so genannte Rechtsträgeridentität besteht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob hinter den jeweiligen Rechtssubjekten - wie teilweise im Streitfall - dieselben natürlichen Personen stehen. Das Regelungsziel der Befreiungsvorschrift kann mit der erforderlichen Sicherheit nur bei einer Identität zwischen Grundstückseigentümer und Krankenhausbetreiber erreicht werden, nicht jedoch bei einem Grundstückseigentümer, der selbst kein Krankenhaus betreibt, sondern sein Grundstück lediglich einem Krankenhausträger zur Verfügung stellt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26.02.2003 II R 64/00, BStBl II 2003, 485). Der Regelungszweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte gebieten es zudem, den Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift möglichst eng zu halten (vgl. BFH-Urteil vom 09.12.1987 II R 223/83, BStBl II 1988, 298). Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Weise das Ertragsteuerrecht oder das Recht der Investitionszulage ein zwischen dem Krankenhausträger und dem Grundstückseigentümer bestehendes Nutzungsverhältnis beurteilen. Wird etwa - wie im Falle der so genannten Betriebsaufspaltung - der betroffene Grundbesitz von der Eigentümergesellschaft an die als Krankenhausträger fungierende Betriebsgesellschaft vermietet, ist schon nach dem Wortlaut des Gesetzes das formale Kriterium der Rechtsträgeridentität nicht gegeben (vgl. BFH-Urteil vom 25.04.2007 II R 14/06, BFH/NV 2007, 1924; entgegen: Hagen/Lucke, Steuern und Bilanzen - StuB - 2006, 837).
An dem Nutzungsverhältnis, das hier im Streitfall zu beurteilen ist, sind zwei selbstständige Rechtsträger im Sinne der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze beteiligt, und zwar die Klägerin als Zurechnungsadressatin des Grundbesitzes einerseits und die Firma Klinik Verwaltungs-GmbH (bzw. die Firma Klinik A und B Verwaltungs-GmbH) als Krankenausträger andererseits. Diese Tatsache wird von der Klägerin letztendlich auch nicht bestritten. Die Klägerin meint allerdings, das Vorhandensein zweier selbständiger Rechtsträger sei unschädlich. Hierzu macht sie geltend, sie selbst bewirtschafte die Klinik durch die "Einschaltung" der Firma Klinik Verwaltungs-GmbH. Sie übersieht hierbei, dass dieser "Einschaltung" zwangsläufig eine Nutzungsüberlassung zu Grunde liegt. Insofern kann im Streitfall nichts anderes gelten als in den Fällen der Vermietung, bei denen nach der Rechtsprechung des BFH der Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 6 GrStG nicht gegeben ist. Denn auch hier ist es so, dass die Klägerin selbst kein Krankenhaus betreibt, sondern den ihr zuzurechnenden Grundbesitz - wie der BFH in dem Urteil BStBl II 2003, 485 zum Ausdruck bringt - lediglich einem Krankenhausträger zur Verfügung stellt. Dabei kann offen bleiben, ob die von der Klägerin angesprochene "Einschaltung" eines anderen Rechtsträgers zivilrechtlich als Treuhandverhältnis (siehe Vereinbarung vom ...04.2001) oder als ein anderes Schuldverhältnis zu beurteilen ist. Jedenfalls liegt ein Nutzungsverhältnis vor, das bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Fall der Vermietung gleichzustellen ist.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Ende der Entscheidung
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