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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: 4 K 3765/04
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 2
KStG § 8 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

Geschäftsnummer: 4 K 3765/04

In dem Rechtsstreit

wegen Körperschaftsteuer 2002, Gewerbesteuermessbetrags 2002

hat Richter am Hessischen Finanzgericht

als Einzelrichter

nach mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 29. November 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Klägerin hat den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen zum Gesellschaftsgegenstand. Alleingesellschafter der Klägerin ist Herr F. F. war gleichzeitig zu 50 % am Kapital der A beteiligt, die wiederum über einen Treuhänder 80 % der Anteile an der X GmbH hielt, die durch Formwechsel am 12.06.2002 in die X - AG umgewandelt worden war. Das Grundkapital der XAG, die am 31.10.2002 ins Handelsregister eingetragen wurde, betrug 55.000 EUR, bestehend aus 2200 Aktien zum Nennbetrag von je 25,00 EUR. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Alleingesellschafter F der Klägerin und der A sollte Herr F gegen eine Abfindung von 660 Aktien der X-AG aus der A ausscheiden.

Die Übertragung der Aktien erfolgte nach Zustimmung der Gesellschafterversammlung am 05.11.2002 durch Indossament.

F legte die erhaltenen Anteile an der X-AG in die Klägerin ein. Die Klägerin bezifferte die Einlage nach eigenen Aussagen in Ermangelung anderer Anhaltspunkte, mit 22.000 EUR. Dieser Betrag entsprach den Anschaffungskosten, die der Alleingesellschafter F seinerzeit in 1999 für die Anteile an der A aufgewandt hatte.

Am 10.12.2002 unterbreitete ein französischer Mitwettbewerber der X-AG ein Angebot über die Übernahme sämtlicher Anteile der X-AG für 1 Mio. EUR. Zuvor hatte bereits am 05.12.2002 eine Besprechung zwischen Vertretern der übernehmenden Firma und Herrn F stattgefunden. Entsprechend dem erteilten Angebot veräußerte die Klägerin am 31.12.2002 ihre Aktien zum Preis von 347.900 EUR.

Die X-AG ist ein Unternehmen, das die Vermarktung von Unternehmen und Beteiligungen zum Gegenstand hat. In den Jahren 1998 und 1999 erwirtschaftete die Vorgänger-Firma Verluste, die sich in einem Verlustvortrag von 854.144 DM widerspiegeln. In den Folgejahren erzielte dieses Unternehmen erhebliche Umsatz- und Gewinnsteigerungen. Für die Jahre 2000 bis 2003 ergeben sich folgende Umsätze und Gewinne:

 1999 2000 2001 2002 2003
Gewinn -457.251 DM356.174 DM507.187 DM398.663 EUR 25.570 EUR
Umsatz 2.470.683 DM 4.417.726 DM 7.244.391 DM 4.950.000 EUR 5.400.000 EUR

Die Klägerin behandelte den erzielten Gewinn aus dem Verkauf der Aktien in Höhe von 325.900 DM als steuerfreien Veräußerungserlös nach § 8b Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Im Rahmen der Veranlagung für 2002 erkannte das Finanzamt die Steuerbefreiung nicht an, da die Anteile nicht zu ihrem Teilwert eingelegt worden seien, so dass § 8b Abs. 4 KStG eine Gewährung der Steuerbefreiung ausschließe. Gegen den daraufhin erlassenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheid 2002 jeweils vom 09.02.2004 wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 30.09.2004 zurückwies. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.

Die Klägerin trägt vor, die Einlage der Anteile sei mit dem Teilwert erfolgt.

Dieser sei in Ermangelung anderer Anhaltspunkte mit dem Wert der in 1999 erworbenen Anteile an der A angesetzt worden. Der hohe Preis beim Verkauf der Anteile sei nur darauf zurückzuführen, dass der Erwerber, ein französischer Mitwettbewerber, über den Erwerb der Anteile den Zugang zum deutschen Markt erlangen und einen potentiellen Konkurrenten ausschalten wollte. Die Klägerin meint, die Übertragung der Aktien auf die Klägerin am 05.11.2002 sei als verdeckte Einlage zu qualifizieren, die bereits kraft Gesetzes zwingend mit dem Teilwert zu bewerten sei, so dass § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG hier nicht eingreifen könne. Der Teilwert sei mit 22.000 EUR auch zutreffend angesetzt worden. Grundlage für den Wertansatz sei dabei die Vermutung, dass der Teilwert zum Zeitpunkt des Erwerbs einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft den Anschaffungskosten entspräche. Dies seien hier die Anschaffungskosten, die für die Beteiligung an der A aufgewandt worden seien. Für einen höheren Teilwert trage das Finanzamt die Beweislast. Auch sei ausgehend von den Ertragsaussichten der X-AG bei einem sich abzeichnenden Rückgang des Marktes und den Zahlen aus den vorangegangenen Jahren 1998 und 1999 sowie der überbewerteten Hochstimmung am Markt in 2001 und 2002 der Teilwert zutreffend ermittelt worden. Soweit der Erwerber der Anteile einen wesentlich höheren Preis für die Aktien gezahlt habe, beruhe dies nur darauf, dass er sich den Zugang zum Markt verschaffen und einen Konkurrenten ausschalten wollte.

Im Übrigen sei in der Kürze der Zeit für den Aktienerwerb eine sachgerechte Ertragsanalyse bei der X-AG überhaupt nicht möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2002 und den Gewerbesteuermessbescheid 2002 jeweils vom 09.02.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2004 abzuändern und die Körperschaftsteuer 2002 sowie den Gewerbesteuermessbetrag 2002 mit jeweils 0,-- EUR festzusetzen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass die Anteile hier nicht zum Teilwert eingelegt worden seien, was sich bereits daraus ergebe, dass innerhalb von ein bis zwei Monaten keine so exorbitante Wertsteigerung möglich gewesen sei. Er beruft sich des Weiteren auf eine Stellungnahme der X-AG auf eine interne Anfrage des Finanzamts vom 16.07.2004. In der Stellungnahme heißt es zu der Anfrage des Finanzamts, wie der Verkaufspreis zustande gekommen sei, u.a. dass der Preis auf dem Umsatz und der Wachstumsrate sowie der Qualität des Teams basiere.

Der Wert pro Anteil habe sich Schritt für Schritt vom Nennwert zu dem Verkaufspreis erhöht, der auf der Entwicklung der Firma beruhe.

Dem Gericht haben sechs Bände Verwaltungsakten vorgelegen, sie waren Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet. Das Finanzamt hat zutreffend die Steuerbefreiung gemäß § 8b Abs. 2 KStG für den Veräußerungserlös versagt.

Nach § 8b Abs. 2 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahme i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10a Einkommensteuergesetz (EStG) gehören, außer Anatz. Gewinnminderungen, die damit in Zusammenhang stehen, werden bei der Gewinnermittlung ebenfalls nicht berücksichtigt (§ 8b Abs. 3 KStG).

Nach § 8b Abs. 4 Nr. 2 KStG greift die Steuerbefreiung des Abs. 2 jedoch nur ein, soweit die Anteile nicht zu einem Wert unterhalb des Teilwertes erworben worden sind und der Vorgang auch nicht mehr als sieben Jahre zurückliegt (§ 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG). Es handelt sich hierbei um einen Umgehungstatbestand, der die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen für natürliche Personen nach dem Halbeinkünfteverfahren sichern soll. Die natürliche Person soll bei einer Veräußerung von Kapitalbeteiligungen nicht künstlich eine Körperschaft, die nach Abs. 2 begünstigt wird, zwischenschalten können.

Davon ausgehend setzt die Gewährung der Steuerbefreiung voraus, dass die Einlage der Anteile zum Teilwert oder zu einem höheren Wert erfolgt ist. Daran fehlt es im Streitfall. Zwar behauptet die Klägerin, die Einlage der Anteile zum Teilwert vorgenommen zu haben; zur Begründung führt sie jedoch aus, dass sie die Bewertung der Einlage mit den Anschaffungskosten der Anteile der A vorgenommen habe. Es handelt sich somit bei der Behauptung, die Einlage sei mit dem Teilwert erfolgt, lediglich um eine bloße unzutreffende Rechtsfolgenvermutung der Klägerin. Soweit sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 06.11.2003 IV R 10/01, BStBl II 2004, 416, 417) ausführt, der Teilwert von Anteilen im Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung entspreche den Anschaffungskosten, so dass im Streitfall der Teilwert der Aktien der X-AG mit den Anschaffungskosten der Beteiligung an der A gleichzusetzen sei, so ist dies unzutreffend. Die von der Rechtsprechung aufgestellte Teilwertvermutung bezieht sich nur auf den zeitnahen Erwerb der originären Anteile. Dem gegenüber handelt es sich hier um einen Tausch von Beteiligungen, bei dem die Wertsteigerung der in 1999 erworbenen Beteiligung an der A nicht berücksichtigt ist.

Auch der Vortrag der Klägerin, dass die Einlage der Anteile aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nur mit dem Teilwert möglich sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Selbst wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Bewertung mit dem Teilwert besteht, bedeutet das noch nicht, dass die Verpflichtung auch tatsächlich umgesetzt und die Einlage zum Teilwert erfolgt ist.

Soweit die Klägerin nunmehr Sachverständigengutachten dafür anbietet, dass der Einlagewert dem Teilwert entspricht, handelt es sich um einen Beweisantritt "ins Blaue hinein", der mit den eigenen Darlegungen, nach denen die Einlage mit den Anschaffungskosten der Beteiligung an der A erfolgt ist nicht übereinstimmt. Es liegt somit ein unzulässiger Ausforschungsbeweis vor, dem das Gericht nicht nachgehen muss (vgl. Gräber, FGO-Kommentar, 6. Aufl. § 76 Rn. 29 m.w.N.).

Dass der Teilwert der eingelegten Anteile auch tatsächlich höher ist als der Wert, mit dem die Klägerin die Anteile in das Unternehmen einlegte, zeigt im Übrigen der zeitnahe Weiterverkauf der Aktien. Der Umstand, dass der französische Mitbewerber Anfang Dezember, also vier Wochen nach der Einlage der Anteile in das Betriebsvermögen der Klägerin, mehr als das Fünfzehnfache des Einlagebetrages als Übernahmepreis geboten und die Anteile schließlich zu dem Preis auch erworben hat, lässt darauf schließen, dass der Wert zum Zeitpunkt der Einlage erheblich über dem angesetzten Wert lag. Aufgrund des zeitnahen Verkaufs besteht die tatsächliche Vermutung, dass der Teilwert der Anteile zum Zeitpunkt der Einlage dem Verkaufspreis der Aktien entspricht (vgl. BFH, BStBl II 2004, 417). Die Einwendungen der Klägerin, das Unternehmen habe einen überhöhten Preis gezahlt, überzeugen nicht. Selbst wenn das übernehmende Unternehmen ein besonderes Interesse an der Übernahme der Anteile gehabt haben sollte, erscheint es nicht schlüssig, dass über einen möglichen prozentualen Aufschlag auf den Wert der Anteile hinaus das Fünfzehnfache dieses Wertes gezahlt wird.

Des Weiteren zeigen die ab dem Jahr 2000 erzielten Gewinn- und Umsatzsteigerungen der X-AG, dass die Kaufpreiszahlung eine Grundlage in den Ertragsaussichten des Unternehmens hatte, wie dies auch von der X-AG gegenüber dem Finanzamt bestätigt wurde.

Letztlich kann es dahinstehen, wie hoch der tatsächliche Teilwert der Anteile ist, jedenfalls liegt er offensichtlich erheblich über dem von der Klägerin angesetzten Einlagewert. Die Gesamtumstände lassen daher darauf schließen, dass die Einlage der Anteile in die Klägerin nur erfolgte, um die zwischenzeitlich eingetretenen Wertsteigerungen über die Regelung des § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei vereinnahmen zu können. Dieser Umgehungstatbestand soll aber gerade durch die Regelung des § 8b Abs. 4 Nr. 2 KStG verhindert werden. Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen, liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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