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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: 6 K 1627/03
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b
UStG § 3 Abs. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Geschäftsnummer: 6 K 1627/03

In dem Rechtsstreit

wegen Umsatzsteuer 1994-1999

hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 25. November 2008 unter Mitwirkung

des Richters am Hessischen Finanzgericht als Vorsitzender der Richterin des Richters am Hessischen Finanzgericht des ehrenamtlichen Richters der ehrenamtlichen Richterin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9. April 2003 werden die Umsatzsteuerbescheide 1994 bis 1999 vom 12. Februar 2002 dahingehen geändert, dass

die Umsatzsteuer 1994 um EUR,

die Umsatzsteuer 1995 um EUR,

die Umsatzsteuer 1996 um EUR,

die Umsatzsteuer 1997 um EUR,

die Umsatzsteuer 1998 um EUR,

die Umsatzsteuer 1999 um EUR

herabgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für Leistungen, die zur Ausführung von Umsätzen im Sortengeschäft mit Kunden aus dem Drittland verwendet werden.

Die Klägerin unterhält Wechselstuben in gemieteten Geschäftsräumen auf einem deutschen Flughafen. In diesen betreibt sie unter anderem den An- und Verkauf von ausländischen Banknoten und Münzen als Sortengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 7 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG). In der Regel erwirbt sie bei der Einreise natürlicher Personen in das Inland ausländische Geldsorten gegen Überlassung inländischer Zahlungsmittel, während die Reisenden bei der Ausreise regelmäßig inländische Zahlungsmittel gegen ausländische Geldsorten wechseln. Im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen machte die Klägerin diejenigen Vorsteuerbeträge geltend, die auf Leistungen entfielen, die zur Ausführung von Sortengeschäften mit im Drittlandsgebiet ansässigen Kunden verwendet wurden. Die Klägerin ist der Ansicht, die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ergebe sich aus § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG. Es handele sich bei den Sortengeschäften um nicht steuerbare sonstige Leistungen, da sich der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 3 S. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG im Ausland befände. Zwar sei der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG grundsätzlich ausgeschlossen, da die Leistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug trete nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG jedoch nicht ein, soweit die Kunden im Drittlandsgebiet ansässig seien.

Den Anteil des Geschäftes mit Kunden aus dem Drittlandsgebiet ermittelte die Klägerin über ihre "residency-sampling-reports". Diese "reports" beruhten auf den Angaben der Kunden zu ihrer Ansässigkeit, die die Angestellten der Klägerin bei jeder Transaktion abfragten. Die Angaben wurden elektronisch gespeichert und für jeden Voranmeldungszeitraum ein "report" über das mit im Drittlandsgebiet ansässigen Kunden erzielte Umsatzvolumen erstellt. Eine von dem Beklagten (das Finanzamt -FA-) durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung, die den Vorsteuerabzug im Jahre 1993 zum Gegenstand hatte, beanstandete dieses Vorgehen der Klägerin nicht.

Aufgrund der Feststellung einer in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten steuerlichen Außenprüfung vertrat das FA jedoch die Auffassung, bei den Sortengeschäften handele es sich umsatzsteuerlich nicht um sonstige Leistungen, sondern um Lieferungen. Die Sorten -also die Banknoten und Münzen- seien nach § 91 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vertretbare Sachen und demgemäß umsatzsteuerlich als Gegenstände im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG zu qualifizieren. Beim Tausch von Sorten und DM werde nicht eine Geldsumme, sondern die Übereignung von Geldscheinen als konkrete Sache geschuldet. Aus § 43 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) und Abschnitt 127a Abs. 1 Buchst. b der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) ergebe sich, dass es sich bei gesetzlichen Zahlungsmitteln um Gegenstände und beim Verkauf derselben um Lieferungen handele. Die Leistungen der Klägerin seien steuerbar, da sich der Ort der Lieferung gemäß § 3 Abs. 7 S. 1 UStG am Wechselschalter im Flughafen befände. Sie seien nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG steuerfrei; der Vorsteuerabzug sei nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Der Ausnahmefall des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG komme im Streitfall nicht in Betracht, da die Ausfuhr der Sorten in das Drittlandsgebiet entweder nicht gegeben sei oder ein Ausfuhrnachweis nicht geführt werden könne.

Das Finanzamt änderte daraufhin die bisherigen Umsatzsteuerfestsetzungen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und kürzte den Vorsteuerabzug wie folgt:

1994 von DM um DM auf DM

1995 von DM um DM auf DM

1996 von DM um DM auf DM

1997 von DM um DM auf DM

1998 von DM um DM auf DM

1999 von DM um DM auf DM

Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1994 bis 1999 vom 12. Februar 2002 erhob die Klägerin Einspruch und beantragte nunmehr folgende Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen:

für 1994 DM entspricht €

für 1995 DM entspricht €

für 1996 DM entspricht €

für 1997 DM entspricht €

für 1998 DM entspricht €

für 1999 DM entspricht €

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass diese Beträge auf einer zutreffenden -die im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten Fehler korrigierenden- Neuberechnung beruht. Den Einspruch begründete die Klägerin wie folgt: Das Sortengeschäft stelle eine sonstige Leistung dar, weil Gegenstand einer Lieferung nur körperliche Gegenstände sein könnten. Bei Geld handele es sich jedoch -unabhängig von seiner jeweiligen Herkunft- um gesetzliche Zahlungsmittel, die keinen körperlichen Gegenstand darstellen. Das Urteil des Gerichtshofes der Europäischem Gemeinschaften (EuGH) vom 14. Juli 1998 Rs. C- 172/96 -Bank of Chicago- (amtliche Slg. 1998, I-4387) zu Devisengeschäften als Buchgeschäfte sei insoweit auf das Sortengeschäft als physisches Geldgeschäft übertragbar. Selbst wenn das Sortengeschäft als Lieferung anzusehen sei, müsse zwischen dem Erwerb ausländischer Devisen und deren Überlassung differenziert werden. Bei dem Erwerb ausländischer Geldsorten übertrage nicht die Klägerin selbst, sondern der jeweilige Kunde das Eigentum. Die Klägerin sei insoweit nicht Leistende, sondern Leistungsempfängerin, die im Gegenzug den Kaufpreis als Entgelt erbringe. Dagegen erfolge die Überlassung ausländischer Sorten an im Drittlandsgebiet ansässige Personen jeweils bei der Ausreise aus dem Inland. Insoweit lägen die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG vor, da es sich um eine Lieferung von Gegenständen handele, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

Das FA wies den Einspruch mit seiner Entscheidung vom 9. April 2003 als unbegründet zurück. Da es im Geldsortengeschäft gerade auf die Beschaffung des Geldes ankomme, werde die Übereignung von Bargeld als konkrete Sache geschuldet.

Damit seien Geldscheine und Geldmünzen lieferbare Gegenstände und könnten Objekte eines Leistungsaustausches sein. Folglich werde im Sortengeschäft beim Verkauf inländischer Zahlungsmittel nicht nur eine Geldschuld durch Zahlung beglichen, sondern die nach dem Vertragszweck vorgesehene und vom Kunden gewünschte Leistung in Form einer Geldlieferung erbracht.

Die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG berechtige die Klägerin jedoch nicht zum Vorsteuerabzug. Auch wenn die Norm keine Ausfuhrlieferung voraussetze, müsse das Gelangen des Gegenstandes in das Drittlandsgebiet nachgewiesen werden. Die Klägerin könne diesen Nachweis nicht durch den Vermerk der Nationalität oder des Wohnorts der Kunden erbringen.

Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, ähnlich wie im Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 26. September 1991 über die Einordnung des Kopiervorgangs (V R 33/87, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1992, 313) komme es auch im Rahmen eines Sortengeschäftes im Wesentlichen auf das Dienstleistungselement an, hinter dem die zusätzliche Übertragung des körperlichen Trägermediums zurücktrete. Auch die Entscheidung des EuGH vom 26. Mai 2005 Rs. C-465/03 -Kretztechnik- (amtliche Slg 2005, I-4357) zur umsatzsteuerlichen Qualifizierung der Neuimmission von Aktien sei auf den Streitfall übertragbar. Handele es sich bei einem Sortengeschäft dagegen um gegenseitige Lieferungen, läge ein Tausch im Sinne des § 3 Nr. 12 UStG vor, so dass der volle Nennbetrag der durch die Kunden hingegebenen Zahlungsmittel nach § 10 Abs. 3 S. 2 UStG als Entgelt für die Leistung der Klägerin anzusehen wäre. Damit hinge die Höhe des erzielten Umsatzes davon ab, ob der Wechsel eines Zahlungsmittels gegen eine Kontogutschrift (Devisengeschäft) oder im Rahmen eines Sortengeschäftes erfolge. Zusätzlich sei im Streitfall zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung eine mündliche Kundenbefragung als Ansässigkeitsnachweis für ausreichend gehalten wurde. Bis zur Änderung der Rechtsauffassung des FA aufgrund der durchgeführten Außenprüfung habe für die Klägerin keine Veranlassung bestanden, das Verbringen der Geldsorten näher zu dokumentieren. Denn für den nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG zu erbringenden Ansässigkeitsnachweis beständen keine formalen Nachweispflichten. Zumindest handele es sich um eine sachgerechte Schätzung im Sinne des § 15 Abs. 4 S. 2 UStG.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9. April 2003 die Umsatzsteuerbescheide 1994 bis 1999 vom 12. Februar 2002 dahingehen zu ändern, dass

die Umsatzsteuer 1994 um €,

die Umsatzsteuer 1995 um €,

die Umsatzsteuer 1996 um €,

die Umsatzsteuer 1997 um €,

die Umsatzsteuer 1998 um €,

die Umsatzsteuer 1999 um € herabgesetzt wird,

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

3. soweit die Klage abgewiesen wird, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise, im Unterliegensfalle, die Revision zuzulassen.

Das FA ist der Ansicht, hinsichtlich der Nachweispflichten der Klägerin seien - für die Frage, ob im Rahmen des Rücktausches von inländischer in ausländische Währung die Sorten in das Drittlandsgebiet ausgeführt wurden- die Ausführungen des Schreibens des Bundesministerium der Finanzen (BMF) zur Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr (zuletzt vom 28. Mai 2004 -IV D 1-S 7133-22/04- BStBl I 2004, 535) anzuwenden. Danach könne die jeweilige Staatsangehörigkeit des Reisenden nicht mit seinem für die Frage des Drittlandes maßgeblichen Wohnsitz gleichgestellt werden. Für einen hinreichenden Nachweis, dass die Sorten endgültig in das Drittland überführt worden seien, hätte zumindest durch die Einsicht in den Pass der Wohnsitz des Kunden festgestellt und anhand des Flugscheins die Ausfuhr in das Drittland überprüft werden müssen. Dies stehe auch nicht im Gegensatz zu der in der Umsatzsteuersonderprüfung geäußerten Rechtsansicht.

In dieser sei fälschlicherweise davon ausgegangen worden, dass vom Terminal, in dem sich der Wechselschalter der Klägerin befindet, nur Flüge in das Drittlandsgebiet starten.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Steuerbescheide und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Klägerin kann insoweit einen Vorsteuerabzug gelten machen, als dieser mit Leistungen im Zusammenhang steht, die sie gegenüber Kunden erbracht hat, die im Drittlandsgebiet ansässig sind.

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG ist der Vorsteuerabzug jedoch ausgeschlossen, wenn die bezogenen Leistungen zur Ausführung von Umsätzen im Ausland verwendet werden, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG tritt der Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach Absatz 2 aber nicht ein, wenn die Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g oder Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei wären und die Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig sind.

Soweit die Klägerin im Streitfall Leistungen an Kunden aus einem Drittland erbracht hat, liegen die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vor. Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug tritt nicht ein, da es sich um Umsätze im Ausland handelt, die als Umsätze mit gesetzlichen Zahlungsmitteln gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. b S. 1 UStG steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist.

Diese Leistungen wurden gemäß § 3a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG an dem Ort erbracht, an dem der Kunde ansässig ist. Der Ort der Leistungen bestimmt sich im Streitfall nach § 3a UStG, da die Klägerin im Rahmen des Sortengeschäftes keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen ausgeführt hat. Gemäß § 3 Abs. 9 S. 1 UStG sind sonstigen Leistungen solche Leistungen, die keine Lieferungen darstellen. Um eine Lieferung handelt es sich, wenn die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand den wirtschaftlichen Gehalt der Lieferung prägt, d.h. wenn die Zuwendung des Gegenstandes selbst nach dem Willen der Parteien des Geschäfts und der Verkehrsauffassung den wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs bestimmt (vgl. EuGH-Urteil vom 2. Mai 1996 Rs. C-231/04 -Faaborg-Gelting Linien A/S- amtliche Slg 1996, I-2395; BFH-Urteil vom 19. Dezember 1991 V R107/86, BStBl II 1992, 449; Nieskens in Rau/ Dürrwächter § 3, Rdnr. 3442, 3451 ff. m.w.N.). Eine Lieferung scheidet dagegen aus, wenn -wie beispielsweise bei der Ausgabe von Wertpapierendie Übertragung von Rechten den wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs prägt (vgl. EuGH-Urteil vom 26. Mai 2005 Rs. C 465/03 -Kretztechnik-, amtliche Slg. 2005, I-4357; BFH-Urteil vom 16. Juli 1970 V R 95/66, BStBl II 1970, 706; Leonard in Bunjes/ Geist, UStG, § 3 Rdnr. 7). So ist der Kauf von Devisen -als Forderungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs- zivilrechtlich stets ein Rechtskauf (Köhler in Staudinger, BGB, § 433, Rdnr. 14), umsatzsteuerrechtlich stellt ihre Übertragung folglich eine sonstige Leistung dar (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juli 1998 Rs. C-172/96 -Bank of Chicago-, amtliche Slg. 1998, I-4387).

a) Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Grundsätze der EuGH-Urteils vom 26. Mai 2005 Rs. C 465/03 -Kretztechnik- (amtliche Slg. 2005, I-4357) jedoch nicht auf die im Streitfall getätigten Sortengeschäfte übertragbar. Denn bei Banknoten handelt es sich nicht um Wertpapiere, da sie -entgegen früherem Recht- keinen Einlösungsanspruch gegen den Emittenten mehr verkörpern; sie sind vielmehr als Zahlungsmittel dienende reine Geldzeichen (vgl. Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1990 8 UE 237/869, zitiert nach juris; Baumbach, WechselG u.a., WPR, Rn. 3 jeweils m.w.N.). So handelt es sich bei einem Erwerb ausländischer Geldsorten gegen Hingabe von inländischer Währung zivilrechtlich um einen Sachkauf (so herrschende Meinung, vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. März 1990 IX ZR 134/89, Neue Juristische Wochenschrift 1990, 1930; Schmidt in Staudinger, BGB, § 244, Rdnr. 12; vgl. auch Huber in Soergel, BGB, § 433 Rdnr. 44 und Köhler in Staudinger BGB 12. Auflage § 433, Rdnr. 14, die zwischen dem Kauf ausländischer Valuta gegen inländisches Geld und dem Wechsel von inländischer in inländische Valuta bzw. ausländischer in ausländische Valuta -als Tauschdifferenzieren).

Umsatzsteuerrechtlich stellt das Sortengeschäft gleichwohl eine sonstige Leistung dar, weil nicht die Verschaffung der Verfügungsmacht an dem jeweiligen Geldscheinen und Münzen im Vordergrund steht. Vielmehr liegt der wirtschaftliche Gehalt der Leistung darin, dass den Kunden ermöglicht wird, ihre wirtschaftliche Kaufkraft, die durch das Bargeld der jeweiligen Währung repräsentiert wird, in einem bestimmten Land einzusetzen.

b) Grundsätzlich ist die Übertragung von Bargeld zwar insofern Teil eines Umsatzes, als das "Entgelt" für eine Leistung in der überwiegenden Zahl der Fälle in Geld besteht. Dadurch wird das Geld aber nicht seinerseits schon zum Gegenstand einer Lieferung des Zahlenden. Vielmehr bleibt es in der Regel - entsprechend seiner finanzpolitischen Bedeutung- lediglich der "im Verkehr anerkannte Wertmesser und Wertträger" und dementsprechend umsatzsteuerlich lediglich Entgelt für die Leistung und Bemessungsgrundlage für den Umsatz.

Dies entspricht auch dem Grundsatz, dass das Umsatzsteuerrecht Leistungen im wirtschaftlichen Sinne erfasst, d.h. solche, bei denen ein Interesse des Entrichtenden verfolgt wird, das über eine reine Entgeltentrichtung hinausgeht (BFH-Urteil vom 31. Juli 1969 V 94/65 BStBl II 1969, 637).

Aus der Reglung des § 43 Nr. 3 UStDV folgt nichts anderes. Aus der dort verwendeten Formulierung "Lieferung von gesetzlichen Zahlungsmitteln" schließen zwar Teile der Literatur, dass eine Lieferung vorliege, wenn Geld nicht als wertmäßig bezifferter Betrag (Geldsumme), sondern als zu liefernder Gegenstand wie Handelsware geschuldet werde (Neubert in Hartmann/Metzenmacher UStG, § 3 Abs. 1, Rdnr. 137; Nieskens in: Rau/ Dürrwächter § 3, Rdnr. 590 "Zahlungsmittel"; Pflüger in Hartmann/Metzenmacher UStG, § 4 Nr. 8 Anmerk. 43). Bei § 43 UStDV handelt es sich jedoch allein um eine Regelung zur Erleichterung der Vorsteueraufteilung, aus der nicht gefolgert werden kann, dass gesetzliche Zahlungsmittel stets geliefert werden. Vielmehr richtet sich auch hier die Differenzierung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung nach den allgemeinen Grundsätzen. Im Streitfall handelt es sich um sonstige Leistungen, da nicht die Übertragung der Verfügungsmacht an den einzelnen Gegenständen für die von der Klägerin erbrachten Leistungen prägend war, sondern der Wechsel der Sorten als Dienstleistung, um den Kunden zu ermöglichen, diese weiter zu "nutzen".

c) Wechselt eine Bank Geldscheine in Kleingeld, werden weder die Banknoten durch den Kunden noch die Münzen durch die Bank im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG geliefert; der Kunde bzw. die Bank "kaufen" nicht das Geld der Vertragspartners, auch wenn der Kunde gerade an der konkreten "Handelsform" des Geldes (Münzen) interessiert ist. Vielmehr erbringt die Bank in dem Umtausch eines gesetzlichen Zahlungsmittels in kleinere Einheiten eine Dienstleistung in Form einer Umwechslung (Köhler in Plückebaum/ Malitzky § 4 Nr. 8, Rdnr. 80; Philipowski in Rau/ Dürrwächter § 4 Nr. 8, Rdnr. 145). Das Gleiche muss für die Abgabe von ausländischen Geldsorten gegen eine inländische Währung gelten, wenn -wie im Streitfall- freie Umtauschmöglichkeiten bestehen (vgl. Philipowski in Rau/ Dürrwächter § 4 Nr. 8, Rdnr. 146 f.).

Denn ähnlich wie ein Kunde, der seine Banknoten in Kleingeld wechseln lässt, um die darin liegende Kaufkraft auch gegenüber einem Automaten nutzen zu können, wird die Leistung der Klägerin in Anspruch genommen, um beispielsweise bei der Einreise ausländische Sorten in inländische Währung zu wechseln und so die in dem Bargeld liegende Kaufkraft im Inland nutzen zu können.

d) Die Einordnung des Sortengeschäftes als sonstige Leistung führt auch zu einer sachgerechten Bemessung des Entgeltes für das Sortengeschäft. Während bei einem "Kauf" bzw. "Tausch" der Sorten das Entgelt für die Lieferung der Geldnoten und Münzen in dem Gesamtwert des hingegebenen Bargeldes bestehen würde, ist die sonstige Leistung des "Wechselns" mit der Wechselgebühr bzw. mit der zwischen dem Geld- und Briefkurs erzielten "Marge" zu bemessen (vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts vom 16. September 1997 Rs. C-172/96 -Bank of Chicago-, amtliche Slg. 1998, I-4389). Letztlich entspricht die Qualifizierung als Dienstleistung auch den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juli 1998 Rs. C-172/96 -Bank of Chicago- (amtliche Slg. 1998, I-4387), der in Textziffer 25 formuliert: "Devisen [...] können nicht als körperliche im Sinne des Art. 5 der 6. EG-Richtlinie angesehen werden, da es sich um Geld handelt, das gesetzliches Zahlungsmittel ist" (mit dem gleichen Ergebnis auch Georgy in Plückebaum/ Malintzky, UStG, § 3 Abs. 1 Rdnr. 115).

2. Nach der Überzeugung des Senates hat die Klägerin durch die Befragung der Kunden und die Erstellung ihrer "reports" den Anteil ihrer Leistungen an in Drittland ansässigen Kunden ausreichend ermittelt und hinreichend dargelegt.

Entgegen der Ansicht des FA dürfen an die Darlegungspflichten der Klägerin nicht die Anforderungen gestellt werden, die als Nachweis- und Dokumentationspflichten bei Ausfuhrlieferungen (§§ 4 Nr. 6 Nr. 1 Buchst. a, 6 UStG) auch im Rahmen des Nichteintritts des Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG gelten. Die Bestimmungen der §§ 8 ff. UStDV über die zu erbringenden Buch- und Belegnachweise sind im Streitfall weder analog noch unmittelbar anwendbar; vielmehr reichen die Aufzeichnungen des Ergebnisses einer Kundenbefragung in den "reports" zum Nachweis des Ansässigkeit des Kunden im Drittland auch dann aus, wenn -wie am Flugplatz- der Reisepass der Kunden vorgelegt werden könnte. Die Vorlage des Reisepasses erscheint insbesondere deshalb unverhältnismäßig, weil die befragten Kunden keinerlei eigenes Interesse an einer falschen Auskunft haben dürften. Die -vom FA als notwendig angesehene- Vorlage der Flugdokumente zum Nachweis der Ausfuhr der gewechselten Sorten ist ebenfalls entbehrlich, da die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG die Ausfuhr der gewechselten Sorten nicht voraussetzt.

Dass die erstellten "reports" kleinere Mängel aufwiesen -beispielsweise einzelne Länder fehlerhaft dem Drittland zugeordnet waren- kann nicht dazu führen, dass der begehrte Vorsteuerabzug insgesamt versagt wird. Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Angaben insgesamt plausibel sind. Nachdem die festgestellten Fehler im Rahmen der Betriebsprüfung korrigiert worden waren, boten die von der Klägerin vorgelegten Aufzeichnungen hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit und waren mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 10. April 2008 VI R 38/06, BStBl II 2008, 768).

II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten erfolgt gemäß § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 der Zivilprozessordnung.

III. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 S. 3 FGO.

IV. Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache und zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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