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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 05.09.2006
Aktenzeichen: 6 K 4528/01
Rechtsgebiete: UStG, AO 1977


Vorschriften:

UStG § 2
UStG § 3
UStG § 14
UStG § 15
AO 1977 § 176
EGV Nr. 370/98 Art. 3 Abs. 1
EGV Nr. 370/98 Art. 3 Abs. 3
EGV Nr. 414/97 Art. 3 Abs. 1
EGV Nr. 414/97 Art. 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hessen

6 K 4528/01

Umsatzsteuer 1997 und 1998

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts

nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 5. September 2006 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht der ehrenamtlichen Richterin des ehrenamtlichen Richters

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Strittig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) der Klägerin den Vorsteuerabzug aus Gutschriften für den Ankauf von Mastschweinen und Ferkeln zu Recht versagt hat.

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Klägerin ist Marktordnungsstelle für die in der Europäischen Union bestehenden gemeinsamen Marktorganisationen (z.B. für Getreide, Reis, Obst und Gemüse, Rind-, Schweine- und Schaffleisch, Milch und Milcherzeugnisse) und insoweit v.a. bei der Intervention von Waren, bei der privaten Lagerhaltung und bei Beihilfemaßnahmen tätig. Soweit sie Aufgaben der Marktordnung, der Vorratshaltung und der Nahrungsmittelhilfe wahrnimmt, gilt dies gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.

Nach einem (erneuten) Ausbruch der sog. klassischen Schweinepest Anfang 1997 in einigen Erzeugungsgebieten Deutschlands wurden Schutz- und Überwachungszonen errichtet und die Vermarktung von lebenden Schweinen und Schweinefleisch vorübergehend untersagt. Dadurch befürchtete die Kommission der EU eine schwerwiegende Störung des Schweinemarktes in Deutschland und hielt es für erforderlich, dass zur Stützung des Schweinemarktes außerordentliche Maßnahmen getroffen werden. Zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Schweinepest sollten daher die in den entsprechenden Gebieten erzeugten Schweine vom normalen Absatz ausgeschlossen und zu Erzeugnissen verarbeitet werden, die für andere Zwecke als die menschliche Ernährung bestimmt sind. Für die Abgabe der aus den betroffenen Gebieten stammenden Mastschweine und Ferkel an die Behörden sollte eine Beihilfe festgesetzt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen erließ die Kommission am 03.03.1997 die Verordnung (EG) Nr. 414/97. Nach deren Art. 1 kann den Erzeugern auf deren Antrag durch die zuständigen deutschen Behörden eine Beihilfe gewährt werden, wenn sie Mastschweine (Art. 1 Abs. 1) bzw. Ferkel (Art. 1 Abs. 3) an diese Behörden abgeben, wobei die Mastschweine und Ferkel aus bestimmten Schutz- und Überwachungszonen stammen mussten. Die Höhe der Beihilfe ergibt sich nach Art. 4 der o.g. Verordnung grundsätzlich aus dem Marktpreis für Schweineschlachtkörper der Handelsklasse E; für Ferkel wurde die Beihilfe auf 55 ECU bzw. 47 ECU pro Stück festgesetzt. Die Kosten der Maßnahme wurden zu 70% aus dem Haushalt der EG erstattet und in Höhe von 30% aus nationalen Mitteln bestritten (Art. 1 Abs. 3 der VO).

Die Umsetzung dieser Verordnung oblag der Klägerin. Hierzu erließ sie am 27.05.1997 eine Anordnung (Bl. 51 ff Anlagenband) und am 03.02.1998 eine Dienstanweisung (Bl. 49 ff Anlagenband), nach denen Voraussetzung einer Beihilfegewährung die Stellung eines entsprechenden Antrages durch den Erzeuger/ Landwirt ist. Das weitere Verfahren beschreibt die Dienstanweisung wie folgt: "Diesen (Antrag) übergibt er (Landwirt) mit der letzten Quittung über die Beiträge zur Tierseuchenkasse und sonstigen von dem betroffenen Bundesland geforderten Unterlagen der zuständigen Landesdienststelle. Diese prüft die Belege, erteilt den Zuschlag und leitet das Angebot über den Landwirt an die Klägerin am Ort der Keulung weiter. Die zuständige Landesdienststelle koordiniert den Termin für die Übernahme der Tiere durch die Klägerin und den Transport zur TBA ...Bei der Anlieferung an die TBA kontrolliert der Prüfer der Klägerin die Unversehrtheit sowie Identität der Plomben und entfernt sie. Danach stellt er das Ladungsgewicht fest und überwacht anschließend die Beseitigung der Tierkörper in der TBA. Die TBA bescheinigt täglich, dass alle angelieferten Tierkörper beseitigt wurden" (Bl. 49, 52 Anlagenband).

Die betroffenen Landwirte boten der Klägerin - der Dienstanweisung entsprechend - auf einem Vordruck "Sondermaßnahme zur Stützung des Schweinemarktes in Deutschland" bestimmte Mengen von Ferkeln bzw. Mastschweinen zur "Übernahme" an. Auf der Rückseite des Vordruckes sind "Ergänzungen zu den Beihilfebedingungen" abgedruckt. Nach Nr. 8 versichert der Antragsteller, dass die im Angebot gemachten Angaben richtig und vollständig sind, laut Nr. 9 sind die Angaben im Angebot subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB i.V.m. Subventionsgesetz, sodass unrichtige Angaben wegen Subventionsbetruges bestraft werden können. In Nr. 10 regelte die Klägerin, unter welchen Voraussetzungen die Beihilfe unverzüglich zurückzuzahlen ist.

Die Klägerin nahm die jeweiligen Angebote der Landwirte an, zahlte ihnen pro Kilo Schweinefleisch zwischen DM und DM (Bl. 7 - 9 Anlagenband) und rechnete die Ankäufe der Schweine und Ferkel vereinbarungsgemäß im Gutschriftverfahren ab. Dabei wies sie in den Gutschriften 9% bzw. 9,5% Umsatzsteuer für pauschalierende Landwirte und 7% für die der Regelbesteuerung unterliegenden Landwirte aus. Die in den Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer von DM (1997) sowie DM (1998) machte die Klägerin in ihren - zur Vorbehaltsfestsetzungen führenden - Steuererklärungen als Vorsteuer geltend.

Der größte Teil der erworbenen Tiere wurde anschließend bestimmungsgemäß in Tierkörperbeseitigungsanstalten beseitigt. Diese stellten der Klägerin für den "Transport und die Entsorgung" der übernommenen Tierkörper ,-- DM je Tonne (Bl. 109, 111 d.A.) in Rechnung, verarbeiteten die Tiere zu Tiermehl, Fetten und Ölen und veräußerten diese Erzeugnisse sodann auf dem freien Markt (Bl. 108 d.A.). Einen Teil der erworbenen Tiere verkaufte die Klägerin, nachdem durch die Verordnung (EG) Nr. 546/97 vom 25.03.1997 gestattet worden war, geschlachtete Schweine bis zu einer Menge von 4000 Tonnen zur Herstellung von erhitzten Schweinefleischprodukten (KN-Codes 1602) zu verwenden, für DM bis DM pro Kilo an Firmen der fleischverarbeitenden Industrie (Bl. 110 d.A., Bl. 15 ff Anlagenband). Diese Firmen verarbeiteten die Schweinehälften zu Fleischkonserven und exportierten sie in Drittländer.

Wegen unterschiedlicher Auffassungen über den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Schweinehälften und Ferkel führte das FA zwei Umsatzsteuer- Sonderprüfungen durch, wobei die erste das Streitjahr 1997 beinhaltete (Bl. 28 - 33 d.A.) und die zweite das Streitjahr 1998 betraf (Bl. 36 - 40 d.A.). Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass der Ankauf derjenigen Schweine, die in den TBA entsorgt wurden, nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgt sei.

Die Klägerin habe auch kein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Ankauf der Schweine gehabt, denn der Ankauf sei im Rahmen der Interventionsmaßnahme "Schweinepest" zur Marktstützung erfolgt. Daher handele es sich bei den Zahlungen an die Landwirte, deren Tiere in TBA entsorgt wurden, nicht um Entgelte im Rahmen eines Leistungsaustausches, sondern um sog. echte Zuschüsse (FinMin Sachsen-Anhalt in UR 1997, 111; OFD Rostock in UR 1996, 276).

Das FA folgte den Feststellungen der Sonderprüfung und erließ am 23.05.2000 geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen der Vorsteuerabzug um DM (1997) sowie um DM (1998) gekürzt wurde. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte - erfolglos - Aussetzung der Vollziehung.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wies die OFD das FA mit Verfügung vom 10.04.2001 an, das Ergebnis einer Erörterung der Referatsleiter des Bundes und der Länder zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Ankaufs von Schlachtrindern im Rahmen der BSE-Krise entsprechend auf die Ankäufe von Schweinen im Rahmen der Stützungsmaßnahmen in Folge der Schweinepest anzuwenden (Bl. 56 ff Sonderband). Danach sei zu differenzieren zwischen dem Ankauf von Rindern, die getötet und anschließend vernichtet werden und dem Ankauf von Rindern, deren Fleisch nach der Tötung mit dem Ziel eingelagert werde, sie später dem Markt im Verkaufswege wieder zuzuführen oder im Wege der Nahrungsmittelhilfe zu verwerten: Im ersten Fall liege kein Verbrauch im Sinne des Mehrwertsteuerrechts vor, im zweiten Fall sei dagegen ein Leistungsaustausch zwischen Landwirt und Klägerin zu bejahen. Dass bei der Interventionsmaßnahme "Schweinepest" - anders als bei der Maßnahme "BSE" - das bei der Vernichtung der Tiere entstandene Tiermehl als Tierfutter verwertet wurde, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Verwertung des Tiermehls sei wie die Verwertung der Tierhäute zu beurteilen: Tiermehl und Tierhäute stellten Abfallprodukte bei der Tötung der Tiere dar, denen kein wirtschaftliches Gewicht bei der Beurteilung der Ankaufaktion zukomme.

Das FA wies den Einspruch durch die Einspruchsentscheidung vom 17.10.2001 als unbegründet zurück, weil der Vorsteuerabzug für die den TBA zugeführten und zu Tiermehl bzw. -fett verarbeiteten Schweinen zu versagen sei. Die insoweit an die Landwirte erbrachten Zahlungen stellten sog. echte Zuschüsse dar, da sie auf Art. 1 Abs. 1 und 2 der EG-VO Nr. 414/97 beruhten und dort als "Beihilfe" bezeichnet worden seien. Nach dem EuGH-Urteil vom 29.02.1996 Rs C-215/94 (UR 1996,119) setze die Besteuerung einer Leistung einen - im vorliegenden Fall fehlenden - Verbrauch beim Empfänger der Leistung oder am Ende einer Unternehmerkette voraus. Außerdem seien die Grundsätze des HMdF-Erlasses vom 27.03.2001 zur Umsatzsteuer beim Ankauf von Schlachtrindern im Rahmen der BSE-Krise entsprechend heranzuziehen (Bl. 60-62 Sonderband).

Im Vordergrund der Aktion ständen die Beseitigung der Tiere zur Regulierung des Schweinemarktes im Interesse der deutschen Mastbauern und der Allgemeinheit und damit ein allgemein- und sozialpolitisches Interesse.

Dass die Beihilfezahlungen als sog. Interventionsmaßnahmen zu den Marktordnungsaufgaben der Klägerin zählten und damit gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG ihrem unternehmerischen Bereich zuzuordnen seien, könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn für die Frage des Vorsteuerabzuges sei ausschließlich von Bedeutung, ob es sich um steuerbare Leistungen im Rahmen eines Leistungsaustausches handele.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzinteresse weiter und trägt zur Begründung vor:

a) Sämtlichen Zahlungen an die Landwirte liege ein Leistungsaustausch zugrunde, da die Zahlungen von der Übernahme von Mastschweinen durch die Klägerin abhängig gewesen seien. Nach der maßgeblichen EG-Verordnung seien die geschlachteten Tiere unverzüglich zu einer TBA zu verbringen und zu Fetten, Ölen und Tiermehl zu verarbeiten. Die Tiere seien daher zwecks Rückführung in den Markt zu anderen Produkten verarbeitet und nicht lediglich entsorgt worden. Dieser Vorgang unterscheide sich in keiner Weise von demjenigen der Verarbeitung zu Konserven zum Export. In beiden Fällen seien gesunde und genusstaugliche Tiere, die einen Marktwert besessen hätten, angekauft worden.

b) Dass die Zahlungen in den EG-Verordnungen als "Beihilfe" bezeichnet wurden, lasse nicht den Schluss zu, dass es sich um Zuschüsse im Sinne der nationalen Steuerrechtsterminologie handele. Der Gemeinschaftsgesetzgeber berücksichtige nationale terminologische Besonderheiten oder Unterschiede in der Gesetzgebung nicht.

c) Die Übernahme der Mastschweine und Ferkel und deren Verarbeitung zu Tiermehl, Fetten und Ölen in TBA seien als Intervention im Sinne des § 5 Marktordnungsgesetz (MOG) den Aufgaben der Marktordnung der Klägerin zuzurechnen. Diese Aufgaben gehörten nach § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG zur unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin, in deren Rahmen sie grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigt sei. Wie sich aus dem Schreiben der OFD vom 02.09.1993 (Bl. 53 d.A.) ergebe, sei dies auch bisherige Auffassung der Finanzverwaltung gewesen.

d) Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze des Abschnitts 150 Abs. 2 Nr. 1 - 4 UStR 2000 handele es sich bei den Zahlungen an die Landwirte um Entgelt für Leistungen der Landwirte und damit um steuerbare Vorgänge: Es habe jeweils ein Leistungsaustauschverhältnis bestanden, da die Landwirte die Tiere verkauft hätten, um die entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Weiterhin habe sie durch die Interventionskäufe die Verfügungsgewalt über Gegenstände (gesunde und genusstauglichen Tiere) erhalten. Mit den Ankäufen sei auch ein wirtschaftliches Interesse verfolgt worden. Denn die Übernahme der Tiere und deren Verarbeitung zu Fetten, Ölen und Tiermehl in TBA stelle eine Interventionsmaßnahme im Sinne von § 5 Marktordnungsgesetz dar, die sich hinsichtlich des wirtschaftlichen Interesses nicht von anderen umsatzsteuerbaren Marktordnungsmaßnahmen unterscheide. Schließlich liege auch ein Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems vor. Sie habe von den Landwirten gesunde und genusstaugliche Tiere erhalten, die - mangels Verarbeitungskapazitäten der fleischverarbeitenden Industrie - zur Weiterverarbeitung in TBA geliefert und dort zu Produkten verarbeitet worden seien, die einen Marktwert besessen hätten.

e) Die Rechtsprechung des EuGH zur Behandlung von Zuschüssen im Agrarbereich (EuGH-Urteil vom 29.02.1996 Rs C-215/94, UR 1996, 119) sei auf die vorliegende Interventionsmaßnahme nicht anwendbar: Der EuGH habe in der Rechtssache Mohr zwar entschieden, dass die Verpflichtung zur Aufgabe der Milcherzeugung keine Dienstleistung im Sinne der Art. 6 und Art. 11 der 6. EG-Richtlinie darstelle, weil die Gemeinschaft für die Ausgleichszahlung keine Gegenstände oder Dienstleistung zur eigenen Verwendung erhalte. Im Streitfall seien die Zahlungen jedoch im Rahmen der mit den Landwirten abgeschlossenen Kaufverträge erfolgt, um die Verfügungsgewalt über die gekauften Tiere zu erlangen, ohne dass die betroffenen Landwirte Einfluss auf die weitere Verwendung der Tiere gehabt hätten. Die Zahlungen stünden im Gegensatz zu einer Beihilfezahlung, die vorrangig im öffentlichen Interesse erfolge.

f) Die vorliegende Interventionsmaßnahme sei nicht mit der Interventionsmaßnahme gemäß VO (EG) Nr. 2777/2000 vom 18.12.2000 über außerordentliche Stützungsmaßnahmen für den Rindfleischmarkt im Rahmen der BSE-Krise zu vergleichen: Danach seien die Rinder zur Tötung und - mit Ausnahme der Tierhäute - vollständigen unschädlichen Beseitigung angekauft worden, sodass die angekauften Tiere dem Wirtschaftskreislauf vollständig entzogen gewesen waren. Vorliegend sei jedoch das bei der Vernichtung der Tiere entstandene Tiermehl als Tierfutter verwendet worden, was bei der BSEInterventionsmaßnahme ausgeschlossen gewesen sei. Die Schlachtkörper der übernommenen Mastschweine und Ferkel seien insgesamt zur Weiterverarbeitung vorgesehen gewesen und dem Wirtschaftskreislauf nach der Verarbeitung zu Tiermehl, Fetten und Ölen als Produkte wieder zugeführt worden. Diese Produkte stellten keine Abfallprodukte der Schlachtung, sondern Zwischenprodukte zur Weiterveräußerung im Wirtschaftskreislauf dar.

g) Die Abgabe der Tiere an die TBA habe nicht zu einer Beendigung der Verbraucherkette geführt, denn sie beruhe auf einem tauschähnlichen Umsatz. In der Überlassung von werthaltigen Gegenständen (Mastschweine und Ferkel) zur weiteren Vermarktung sei eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung als anteilige Gegenleistung der Klägerin für die Marktbereinigung zu sehen. Ausweislich eines Schreibens der Firma A vom 25.07.2002 (Bl. 97 d.A.) habe der in Rechnung gestellte Nettoentsorgungspreis in Höhe von ,00 DM/t für den Transport und die schadlose Beseitigung von Ferkeln darauf beruht, dass die Endprodukte (Tiermehl und Tierfett) auf eigene Rechnung verwertet worden seien. Diesen Vortrag hat die Klägerin im Schriftsatz vom 22.08.2006 revidiert. Nunmehr trägt sie vor, dass für die Übernahme, den Transport und die schadlose Beseitigung der Tiere tatsächlich kein Entgelt entrichtet worden sei. Die TBA hätten stattdessen die Endprodukte der Verarbeitung (Tiermehl, Fette und Öle) für eigene Rechnung vermarkten dürfen. Hierüber existierten jedoch keine schriftlichen Vereinbarungen.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 17.10.2001 sowie die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide 1997 und 1998 vom 23.05.2000 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist das FA auf die Einspruchsentscheidung vom 17.10.2001 und ergänzt sein Vorbringen in folgenden Punkten:

a) Der Vorsteuerabzug scheide aus, weil zwischen den Landwirten und der Klägerin kein Leistungsaustausch vorliege. Bei den Aufkaufaktionen von solchen Schweinen und Ferkeln, die in den TBA entsorgt worden seien, liege weder beim Leistungsempfänger, noch am Ende der Unternehmerkette ein Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts vor (BFH-Urteil vom 13.11.1997 V R 11/97, BStBl II 1998, 169). Die Entsorgung der Tiere durch die TBA stelle keinen Verbrauch im umsatzsteuerlichen Sinne dar, weil die Tiere einer eigenen Verwendung entzogen worden seien. Die Entsorgung der Tiere durch die TBA habe zu einer Beendigung der Verbraucherkette für diese Tiere geführt.

b) Bei den Zahlungen der Klägerin handele es sich um "echte" Zuschüsse, weil eine allgemeinpolitische Förderung und die Verhinderung von volkswirtschaftlichen Schäden im Vordergrund gestanden hätten. Dies werde insbesondere durch die Begründung für die Stützungsmaßnahmen in der (EG) Nr. 414/97 vom 03.03.1997 deutlich, wonach die weitere Ausbreitung der klassischen Schweinepest verhindert werden sollte. Dass die Zahlung an die Übertragung der Tiere geknüpft war und sich die Höhe der Zahlungen nach der Anzahl bzw. dem Gewicht der überlassenen Tiere bestimmt habe, sei unerheblich, da es sich um eine bloße "technische" Verknüpfung der Beihilfe an die Übertragung handele. Das Hauptziel der Beihilfe habe nicht darin bestanden, den Preis für Schweinefleisch zu stützen, sondern die von der Einrichtung der Sperrbezirke betroffenen Landwirte zu unterstützen. Die Zahlungen der Klägerin seien daher hauptsächlich durch eine beabsichtigte Entschädigung der betroffenen Landwirte motiviert und nicht durch ein Bestreben, die ansonsten unverkäuflichen Tiere zu erwerben. Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass die Klägerin kein Entgelt für die in die TBA verbrachten Tiere erhalte habe, sondern für die Entsorgung und den Transport durch die TBA noch ein Entgelt habe zahlen müssen.

c) Dass sämtliche Ankäufe dem unternehmerischen Bereich der Klägerin nach § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG zuzuordnen seien, spiele keine Rolle, da es sich insoweit um ein anderes Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 1 UStG handele. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Schreiben der OFD vom 02.09.1993 (Anlage 4 zur Klagebegründung). Zum damaligen Zeitpunkt sei die EuGH- und BFH-Rechtsprechung zum Leistungsaustausch, mit der die bis dahin gegenteilige Verwaltungsauffassung abgelöst wurde, noch nicht ergangen. Vertrauensschutz für die klagebefangenen Zeiträume könne im Hinblick auf die Grundsätze der Abschnittsbesteuerung hieraus nicht abgeleitet werden.

d) Der Vorsteuerabzug sei auch dann zu versagen, wenn die Verarbeitung der Tiere in den TBA nicht als Unterbrechung der Verbraucherkette beurteilt würde. Im Gegensatz zu der Verarbeitung zu Wurstkonserven stellten die bei der Entsorgung gewonnenen Produkte (Öle, Fette und Tiermehl) lediglich Abfallprodukte dar, deren wirtschaftlicher Wert von untergeordneter Bedeutung sei, weil sie bei der vorgeschriebenen Entsorgungsmethode zwangsläufig entstünden und zur menschlichen Ernährung nicht verwendet werden durften.

e) Die Klägerin irre, wenn sie keinen rechtserheblichen Unterschied zwischen dem Verkauf der Schweine an fleischverarbeitende Betriebe und dem Verbringen in TBA sehe. Der Unterschied bestehe darin, dass für die zu Konserven verarbeiteten Schweine Kaufangebote im Rahmen der Ausschreiben abgegeben worden seien. Im Gegensatz dazu habe die Klägerin, um ihren Verpflichtungen aus den EG-Verordnungen nachzukommen, selbst die TBA beauftragen müssen, die Schweine und Ferkel zu beseitigen. Insoweit habe lediglich eine sonstige Leistung der TBA an die Klägerin vorgelegen.

f) Ihrer Behauptung, dass die an die TBA verbrachten Tiere werthaltig gewesen seien, widerspreche die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 23.04.2002 selbst. Darin führe sie aus, dass die TBA ein weitergehendes Entgelt für die "Abfallprodukte" nicht habe zahlen können, weil deren Absatzmärkte ein solches nicht zugelassen hätten. Ein tauschähnlicher Umsatz dergestalt, dass die Klägerin den TBA neben einer Baraufgabe für Transport und Entsorgung die "Abfallprodukte" im Lieferwege gegen Erbringung der Entsorgungsleistung überlassen habe, sei daher - im Gegensatz zu dem vom BFH am 15.12.1998 V R 24/84 (BStBl II 1998, 252) entschiedenen Fall - nicht gegeben.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren subjektiven Rechten. Das FA hat den Vorsteuerabzug aus den von der Klägerin an die Landwirte erteilten Gutschriften zu Recht abgelehnt.

1.

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Als Rechnung gilt auch eine Gutschrift, mit der ein Unternehmer über eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wird (§ 14 Abs. 5 UStG). Da sich das Recht auf Vorsteuerabzug allein auf die Steuer erstreckt, die der Leistende aus dem zu Grunde liegenden Umsatz schuldet (vgl. EuGH-Urteil vom 13.12.1989, C-342/87, Genius Holding, EuGHE 189, 4227; UR 1991, 83; BFHUrteil vom 02.04.1998 V R 34/97, BStBl II 1998, 695), ist ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung nicht steuerpflichtig ist.

2.

So liegen die Verhältnisse im Streitfall: Die Abgabe der Mastschweine und Ferkel an die Klägerin gegen Zahlung von "Beihilfen" ist nicht steuerbar. Denn sie erfolgte nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

a) Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 29.02.1996, Rs. C-215/94, HFR 1996, 294) und des BFH (Urteil vom 13.11.1997 V R 11/97 BStBl II 1998, 169) erfolgt eine Leistung gegen Entgelt, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Entgelt besteht, der Leistungsempfänger einen Gegenstand oder einen sonstigen Vorteil erhält, aufgrund dessen er als Empfänger einer Lieferung oder Dienstleistung angesehen werden kann und beim Leistungsempfänger oder am Ende der Unternehmerkette ein Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts vorliegt. An einer Leistung gegen Entgelt fehlt es dagegen bei Zahlungen, durch die lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers (Unternehmers) gefördert werden soll, sog. echte Zuschüsse (BFH-Urteil vom 15.10.1998 V R 51/96, BFH/NV 1999,833, UR 1999, 450; BFH-Urteil vom 13.11. 1997 V R 11/97, BStBl II 1998, 169, m.w.N.; EuGH-Urteil vom 18.12. 1997 Rs. C-384/95 - Landboden-Agrardienste -, UR 1998, 102, UVR 1998, 51). Dabei wird die Abgrenzung von Entgelt und "echtem Zuschuss" nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel vorgenommen (BFH-Urteil von 09.10.2003 V R 51/02, BStBl II 2004, 322).

b) Die Abgabe von Mastschweinen und Ferkeln an die Klägerin erfolgte - formal gesehen - im Rahmen von Kaufverträgen, da die Landwirte der Klägerin bestimmte Mengen an Mastschweinen bzw. Ferkeln zum Kauf anboten und die Klägerin diese Angebote - nach Prüfung des Angebots und Zuschlag durch die jeweilige Landwirtschaftskammer - annahm und entsprechend der abgegebenen Fleischmenge vergütete. Es liegt daher ein Rechtsverhältnis vor, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen (Mastschweine und Ferkel gegen Entgelt) ausgetauscht wurden.

c) Es fehlt aber an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen der jeweils erbrachten Leistung und den Zahlungen der Klägerin. Für die Beantwortung der Frage, ob die Leistung eines Unternehmers derart mit einer Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet, ist auf die Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden (BFH-Urteil vom 28.07.1994 V R 19/92, BStBl II 1995, 86) bzw. auf den Inhalt der Verpflichtungen (Bewilligungsbedingungen) abzustellen (BFH-Urteil vom 30.01.1997 V R 133/93, BStBl II 1997, 335). Zahlungen aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen bleiben unbesteuert (BFHUrteil vom 30.01.1997 V R 133/93, a.a.O.; BFH-Urteil vom 15.10.1998 V R 51/96, UR 1990, 450).

aa) Die Klägerin macht zu Unrecht geltend, zwischen der Abgabe von Mastschweinen bzw. Ferkeln und der Zahlung von Beihilfen liege ein unmittelbarer Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung vor. Die Höhe der Beihilfen war zwar mengenmäßig an die Abgabe von Schweinen und Ferkeln aus den betroffenen Gebieten an die Klägerin geknüpft. Bloß technische Anknüpfungen von Förderungsmaßnahmen an Leistungen eines Unternehmers führen jedoch nicht dazu, die Förderung zum Entgelt "für die Leistungen" zu machen, wenn das Förderungsziel nicht die Subvention der Preise zugunsten der Abnehmer, sondern die Subvention des leistenden Unternehmers ist (BFH-Urteil vom 09.10.2003 V R 517/02, a.a.O.; BFH-Urteil vom 08.03.1990 V R 67/89, BStBl II 1990, 708). So liegen die Verhältnisse im Streitfall:

(1) Die Zahlungen der Klägerin erfolgten nur formalrechtlich betrachtet im Rahmen von Kaufverträgen, tatsächlich handelte es sich jedoch um die Gewährung von Subventionen an die betroffenen Landwirte. Dies zeigt sich bereits an dem Ablauf des Verfahrens. So wurden die Angebote der Landwirte auf Formularen der Klägerin abgegeben, die mit "Sondermaßnahme zur Stützung des Schweinemarktes in Deutschland" betitelt waren. Die Landwirtschaftskammern leisteten der Klägerin Amtshilfe bei der Antragstellung und erteilten für die Klägerin den "Zuschlag". Außerdem erkannten die Landwirte ausdrücklich die auf der Rückseite des Angebots abgedrückten "Beihilfebedingungen" an und versicherten, dass die im Angebot gemachten Angaben richtig und vollständig sind. Laut Nr. 9 dieser "Beihilfebedingungen" sind die Angaben der Landwirte im Angebot "subventionserheblich im Sinne von § 264 StGB in Verbindung mit dem Subventionsgesetz", sodass unrichtige Angaben "wegen Subventionsbetruges bestraft werden können". Schließlich ist in Nr. 10 ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Beihilfe geregelt, wenn der Landwirt die Beihilfe zu Unrecht erlangt hat.

(2) Darüber hinaus erfolgte die Abwicklung der Sondermaßnahme unter Anerkennung der EG-Verordnung Nr. 370/98 vom 17.02.1998. Diese EG-Verordnung beinhaltet im Wesentlichen die Gewährung von Beihilfen für Ferkel, die aus bestimmten Verwaltungsbezirken stammen und beruhte - ebenso wie die Verordnung (EG) Nr. 414/97 vom 03.03.1997 - darauf, dass nach dem Auftreten der klassischen Schweinepest in einigen deutschen Erzeugungsgebieten veterinärhygienische Maßnahmen und Handelssperren verhängt worden waren und wegen des verhängten Vermarktungsverbotes eine schwerwiegende Störung des deutschen Schweinefleischmarktes befürchtet wurde. Um die weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern, sollten die aus den betroffenen Gebieten stammenden Tiere vom normalen Absatz der für die menschliche Ernährung bestimmten Erzeugnisse ausgeschlossen werden und für die Ablieferung der Ferkel eine "Beihilfe" gewährt werden. Diese Beihilfe sollte die betroffenen Landwirte - ohne dass sie Einkommensverluste erleiden - dazu bewegen, ihre Mastschweine und/oder Ferkel der Klägerin zwecks Entsorgung in Tierkörperbeseitigungsanstalten zu überlassen. Im Hinblick darauf, dass die aus den Schutz- und Überwachungszonen stammenden Tiere nicht oder jedenfalls nicht zu den von der Klägerin gezahlten Preisen (Handelsklasse E) zu vermarkten gewesen wären, war das Förderziel der EU-Maßnahmen nach Ansicht des Gerichtes auf eine Subventionierung der Landwirte gerichtet.

(3) Dies wird dadurch bestätigt, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen eines Rechtsstreits zur Frage, ob der Bund oder das Land den nationalen Anteil an den Kosten einer Marktstützungsmaßnahme für die Schweinepest zu tragen haben, mit Urteil vom 17.10. 1996 - 3 A 1/95 (BVerwGE 102, 119 ff; NVwZ 1998, 609) erkannte, dass maßgeblicher Zweck der Übernahmeaktion die Einkommenssicherung der Landwirte gewesen sei. Denn nach der Einrichtung von Beobachtungs- und Schutzzonen und der Verhängung von strikten Verbringungsverboten habe in den betroffenen Regionen infolge eines Überangebots ein Preisverfall und infolgedessen ein erheblicher Einkommensverlust der Erzeuger gedroht. Auch im Schrifttum (Braatz, Schadensersatz und Entschädigung im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bekämpfung der klassischen Schweinepest, NVwZ 2000, 401) wird insoweit vertreten, dass der Zweck der gemeinschaftsrechtlich veranlassten Sondermaßnahmen zur Stützung des Schweinemarktes in Deutschland in einem "Schadensausgleich für betroffene Landwirte im weiteren Sinne" bestand.

bb) Diese Subventionierung der Landwirte erfolgte im allgemeinen Interesse, denn über die Abgabe der Mastschweine und Ferkel an die Klägerin und die von dieser überwachten Entsorgung sollte eine Ausbreitung der Schweinepest verhindert werden. Die Zahlungen erfolgten daher im allgemeinpolitischen Interesse einer Stützung des Schweinemarktes, sodass es auch deshalb an einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Lieferung der Mastschweine und Ferkel fehlt.

d) Darüber hinaus hat die Klägerin durch den Erwerb der Mastschweine und Ferkel keinen Gegenstand oder sonstigen Vorteil erlangt, aufgrund dessen sie als Empfängerin einer Lieferung oder Dienstleistung angesehen werden könnte.

aa) Nach dem EuGH-Urteil vom 29.02.1996 (Rs C-215/94 - Mohr - , UVR 1996,109) ist die Verpflichtung zur Aufgabe der Milcherzeugung, die ein Landwirt im Rahmen der EG-VO Nr. 1336/86 eingeht und für die er eine Vergütung erhält, nicht als steuerbare Leistung anzusehen, weil weder die EG noch die zuständigen nationalen Stellen durch diese Verpflichtung Vorteile erwerben, auf Grund derer sie als Empfänger einer Dienstleistung angesehen werden könnten. Nach dem Kriterium, ob der zahlenden Stelle ein Vorteil zugewendet wird (eine Dienstleistung zur Verwendung bzw. zum Verbrauch) hat der Bundesfinanzhof daher - unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung zu diesem Bereich - auch die Brachlegung von Ackerflächen nach dem Fördergesetz vom 06.07.1990 als nichtsteuerbare Leistung und die Zahlung dafür als sog. echten Zuschuss beurteilt (Wagner in Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, § 10 Rn 170; BFH-Urteil vom 30.01.1997 V R 133/93, BStBl II 1997,335).

bb) Im Streitfall hat die Klägerin durch den Erwerb der Mastschweine und Ferkel keinen Vorteil im Sinne dieser EuGH- und BFH-Rechtsprechung erlangt.

Das ergibt sich bereits unter Berücksichtigung der finanziellen Aspekte beim Ankauf und bei der Abgabe der Mastschweine und Ferkel: Während die Klägerin für den Ankauf der Schweine und Ferkel ca. DM je kg zahlte, erhielt sie für die Überlassung der Tiere an die TBA keinerlei Vergütung, vielmehr wurden ihr für den Transport und die schadlose Beseitigung der Tiere ,- DM je Tonne in Rechnung gestellt (vgl. Bl. 97 Klageakte). Auch wenn die Klägerin, wie sie nunmehr vorträgt, die Begleichung dieser Rechnungen dadurch vermeiden konnte, dass sie den TBA die Verwertung der Mastschweine und Ferkel auf eigene Rechnung überließ, entstanden ihr aus der Durchführung der Sondermaßnahme lediglich Kosten und damit kein finanzieller Vorteil.

cc) Hinzu kommt, dass die Klägerin trotz der an sie erfolgten Eigentumsübertragung nicht als Empfängerin einer Lieferung anzusehen ist.

(1) Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne setzt die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand zugunsten des Leistungsempfängers voraus (§ 3 Abs. 1 UStG 1993). Dazu muss der Lieferer dem Abnehmer Wert, Substanz und Ertrag des Gegenstands der Lieferung unbedingt und endgültig überlassen (vgl. BFH-Urteile vom 15. 06. 1999 VII R 3/97, BStBl II 2000, 46, unter 2. c bb; vom 13.11. 1997 V R 66/96, BFHE 184, 134). Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist zwar in der Regel mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergang auf den Leistungsempfänger verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 28. 01. 1999 V R 4/98, BStBl II 1999, 628, unter II.1.b). Jedoch bezieht sich der Begriff der Lieferung nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (BFH-Urteil vom 21.04.2005 V R 11/03, BFHE 184, 134; UR 98,101; vgl. EuGH-Urteil vom 21.04. 2005 Rs. C-25/03, HE, UR 2005, 324, Rn. 64 ff., m.w.N.).

(2) Im Streitfall konnte die Klägerin über die Mastschweine und Ferkel nicht wie ein Eigentümer nach Belieben verfügen. Denn die Überlassung der Tiere erfolgte einzig und allein zu dem Zweck, diese Tiere einer geordneten Entsorgung zuzuführen. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 der EG(VO) Nr. 370/98 vom 17.02.1998 sowie aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 der EG (VO) Nr. 414/97 vom 03.03.1997. Danach werden die Tiere am Tag der Abgabe gewogen und so getötet, dass eine Ausbreitung der Tierseuche verhindert wird. Anschließend werden sie unverzüglich zu einer Tierkörperbeseitigungsanstalt verbracht und zu Fetten, Öl oder Tiermehl verarbeitet. Der Klägerin oblag nach Art. 3 Abs. 3 der jeweiligen Verordnung lediglich die Aufsicht über die ordnungsgemäße Durchführung dieser Entsorgungsmaßnahmen. Da der Klägerin somit nicht Wert, Substanz und Ertrag der Tiere zur Nutzung übertragen wurden, sondern sie lediglich die Vernichtungsaktion zu organisieren und zu überwachen hatte, kann sie nicht als Empfängerin von Mastschwein- und Ferkellieferungen angesehen werden.

e) Schließlich liegt in der Übernahme der Ferkel und Schweine von den Landwirten auch kein Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts bei der Klägerin oder am Ende der Unternehmerkette.

aa) Bei der Klägerin fehlt es an einem derartigen Verbrauch, weil sie lediglich dafür sorgte, dass die Tiere an die TBA weitergeleitet wurden.

bb) Ein Verbrauch der Tiere erfolgte auch nicht durch die TBA, weil diesen die unschädliche Entsorgung der Mastschweine und der Ferkel oblag. Ein - bestimmungsgemäßer - Verbrauch der Tiere durch die Produktion von Nahrungsmitteln sollte hierdurch gerade ausgeschlossen worden. Denn die VO (EG) Nr. 414/97 und VO (EG) Nr. 370/98 sehen in ihren Erwägungen vor, dass - zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Tierseuche - die in den betroffenen Gebieten erzeugten Schweine und Ferkel "vom normalen Absatz der für menschliche Ernährung bestimmten Erzeugnisse ausgeschlossen und ...zu Erzeugnissen verarbeitet werden sollten, die für andere Zwecke als die menschliche Ernährung bestimmt sind". In der Herstellung von Tiermehl, Tierfett und Tieröl liegt ebenfalls kein Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts, weil es sich insoweit lediglich um Produkte handeln, die bei der Entsorgung und damit bei der Erfüllung des Hauptzwecks der Maßnahme zwangsläufig anfallen.

f) Entgegen der klägerischen Ansicht hat zwischen ihr und den jeweiligen Tierkörperbeseitigungsanstalten auch kein tauschähnlicher Umsatz (Lieferung derTiere gegen Erbringung der Entsorgungsleistungen) stattgefunden. Nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung besteht. Im Streitfall hat die Klägerin jedoch keine Mastschweine und Ferkel an die TBA geliefert. Sie konnte - trotz gerichtlicher Aufforderung - weder schriftliche Verträge über den Verkauf der Tiere an die TBA vorlegen, noch darlegen, dass hierüber mündliche Verträge geschlossen wurden. Demnach erfolgte die Überlassung der Tiere an die TBA nicht auf zivilrechtlicher Grundlage im Rahmen von Kaufverträgen, sondern war öffentlich-rechtlich durch Art. 3 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 414/97 vorgeschrieben. Da sich die Leistungsbeziehungen zwischen Klägerin und TBA somit - wie das FA zu Recht ausgeführt hat - darauf beschränkten, dass die TBA der Klägerin gegenüber Transport- und Entsorgungsleistungen (sonstige Leistungen) erbrachten, scheidet die Annahme von tauschähnlichen Umsätzen im Streitfall aus.

3.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Überlassung der Mastschweine und Ferkel an die Klägerin nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgte, sondern die Zahlungen der Klägerin sog. "echte" Zuschüsse darstellen.

Dies ergibt sich auch daraus, dass die Beihilfen zu 70% aus Mitteln der EU und zu 30% aus Mitteln des Bundes finanziert wurde und Zuwendungen aus öffentlichen Kassen, die - wie im Streitfall - auf der Grundlage des Haushaltsrechts und den dazu erlassenen Nebenbestimmungen vergeben werden, grundsätzlich sog. echte Zuschüsse darstellen (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, § 1 Rz 51). Demgemäß werden - ohne jede Problematisierung - sowohl im Schrifttum (Husmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 1 UStG Anm. 388.1.), als auch in der Verwaltung (Schreiben des Ministeriums für Finanzen des Landes Sachsen Anhalt vom 09.07.1996, Az: 44 - S 7200-63; Verfügung der OFD Rostock vom 24.01.1996 S 7200 A - St 331) die Beihilfen an Landwirte für den Ankauf von Schweinen im Rahmen der "Sondermaßnahmen zur Stützung des Schweinemarktes" als echte und damit nicht steuerbare Zuschüsse angesehen.

4.

Der Senat hält auch die Berufung der Klägerin auf § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG nicht für geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.

a) Nach § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG gilt als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes die Tätigkeit der Klägerin, soweit Aufgaben der Marktordnung, der Vorratshaltung und der Nahrungsmittelhilfe wahrgenommen werden.

aa) Diese Regelung ist durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (BGBl. I 1990, 597) mit Wirkung zum 01.07.1990 in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen worden. Dadurch wurde der Katalog der unternehmerischen Betätigung der öffentlichen Hand ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art erweitert um die Tätigkeit der B, einer Rechtsvorgängerin der Klägerin. Mit der Ergänzung des § 2 Abs. 3 UStG kam es für die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft nicht mehr darauf an, ob die B - was zweifelhaft sein konnte - die körperschaftsteuerrechtlichen Voraussetzungen eines Betriebs gewerblicher Art erfüllte (vgl. Langer, UVR 1990, S. 204/205; Widmann in Plückebaum/Malicky, § 2 Abs. 3 Rn 223). Weil die Finanzverwaltung schon vorher von der Unternehmereigenschaft der B ausgegangen war, wurde der Ergänzung des § 2 Abs. 3 UStG lediglich deklaratorische Bedeutung im Hinblick auf die Unternehmereigenschaft der B beigemessen.

Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hatte sich daher im Bericht vom 24.01.1990 (BT-Drucksache 11/6420 S. 16, 18) gegen eine Rückwirkung der Vorschrift ausgesprochen. Lieferte die B bspw. verbilligte Butter oder Magermilchpulver aus Interventionsbeständen im Wege der Ausschreibung zur Herstellung bestimmter Lebensmittel, wurde sie auf der Grundlage des öffentlichen Rechts tätig. Da zweifelhaft sein konnte, ob die B insoweit im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig ist, wurde durch § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG das Vorliegen einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit und damit ihre Unternehmereigenschaft fingiert, sodass die o.g. Lieferungen steuerbar waren (vgl. Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, Kommentar zum UStG, 7. Auflage 1991, § 2 E Rn 844 ff, 852).

bb) Nachdem die Tätigkeit der B zum 01.01.1995 auf die Klägerin überführt worden war, wurde § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG dahingehend geändert, dass die Tätigkeit der Klägerin nur insoweit als unternehmerisch gilt, als Aufgaben der Marktordnung, der Vorratshaltung und der Nahrungsmittelhilfe wahrgenommen werden. Diese Änderung schränkte somit lediglich den Umfang der klägerischen Unternehmereigenschaft ein, bezieht sich aber in keiner Weise auf den Bereich des Vorsteuerabzuges.

cc) Davon abgesehen spricht auch die gesetzessystematische Auslegung gegen eine Verknüpfung mit dem Recht auf Vorsteuerabzug. Denn § 2 Abs. 3 Nr. 5 UStG ist eine Sondervorschrift im Rahmen der Unternehmereigenschaft (§ 2 UStG) und steht im Zusammenhang mit § 2 Abs. 3 Nr. 2 - 4 UStG. Danach gelten als gewerbliche oder berufliche Tätigkeiten auch die Tätigkeit der Notare im Landesdienst, die Abgabe von Brillen und Brillenteilen durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und die Leistungen der Vermessungs- und Katasterbehörden bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Landesvermessung und des Liegenschaftskatasters. Diese Sondertätigkeiten von Hoheitsbetrieben sind wegen ihres Wettbewerbs zu Privatunternehmen ausdrücklich dem unternehmerischen Bereich der juristischen Person des öffentlichen Rechts zugeordnet worden (Heidner in Bunjes/Geist, § 2 Rn 170). Mit dieser Zuordnung ist aber nicht zwingend verbunden, dass ihnen für den gesamten Bereich ihrer unternehmerischen Tätigkeit und unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen des § 15 UStG das Recht auf Vorsteuerabzug zusteht.

b) Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass sie bei den Interventionskäufen im Rahmen der Sondermaßnahmen zur Bekämpfung der Schweinepest Aufgaben der Marktordnung wahrnimmt. Damit erfüllt sie aber lediglich das Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft in § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

Unabhängig davon, dass die Beihilfezahlungen als Interventionsmaßnahmen dem unternehmerischen Bereich der Klägerin zuzurechnen sind, ist eine weitere - und im Streitfall nicht vorliegende - Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass die Abgabe der Mastschweine und Ferkel gegen Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgt.

5.

Schließlich beruft sich die Klägerin zu Unrecht darauf, dass die Oberfinanzdirektion Frankfurt in der Verfügung vom 02.09.1993 (S 7412 B BALM/93 St IV 16) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von - dem Streitfall vergleichbaren - Interventionskäufen die Ansicht vertreten hatte, die B als Rechtsvorgängerin der Klägerin werde insoweit in ihrem unternehmerischen Bereich tätig und sei daher berechtigt, die in den Gutschriften offen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

a) Aufgrund des Prinzips der Abschnittsbesteuerung sind für jeden Veranlagungszeitraum die Besteuerungsgrundlagen selbständig festzustellen und der Sachverhalt und die Rechtslage ohne Bindung an die frühere Beurteilung neu zu prüfen (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteil vom 25. 04. 1990 I R 78/85, BFH/NV 1990, 630), sodass die im Jahr 1993 geäußerte Rechtsauffassung keine Bindungswirkung für die Streitjahre 1997 und 1998 entfalten kann.

b) Ausweislich des Schreibens der OFD an die Klägerin vom 30.12.1998 (Bl. 2 Sonderband) war Anlass für die geänderte Beurteilung der Interventionskäufe zwar das EuGH-Urteil vom 29.02.1996 (Rs C-215/94), gleichwohl steht § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO einer Änderung der angefochtenen Bescheide nicht entgegen. Danach darf bei der Aufhebung und Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung des obersten Gerichtshofs des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt wurde. Die Umsatzsteuerfestsetzungen 1997 und 1998 wurden zwar nach Durchführung von Umsatzsteuer-Sonderprüfungen geändert. Vertrauensschutz kann die Klägerin aber gleichwohl nicht beanspruchen, weil eine Rechtsprechungsänderung des EuGH vom Wortlaut des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht erfasst wird und die Änderung der Umsatzsteuerbescheide nicht auf einer geänderten Rechtsprechung des EuGH beruht, sondern gerade auf der Anwendung der in den Streitjahren bereits vorhandenen EuGH-Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 29.02.1996 Rs C-215/94).

Die Klage ist danach unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).



Ende der Entscheidung

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