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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: 7 K 1398/04
Rechtsgebiete: Zollkodex-DVO, Zollkodex


Vorschriften:

Zollkodex Art. 239
Zollkodex-DVO Art. 905
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen für eine Erstattung von Zöllen, die im Anschluss an die Ungültigerklärung von Ursprungszeugnissen in Bezug auf eine am 17. Januar 1996 aus Bangladesch eingeführte Sendung mit Textilien nacherhoben worden waren, wegen Vorliegens besonderer Umstände im Sinne von Art. 239 Zollkodex (ZK) vorliegen.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die mit Gesellschaftsvertrag vom 22. Februar 1978 gegründet und am 24. Juli 1978 in das Handelsregister Abteilung B des Amtsgerichts...unter der Nummer...eingetragen wurde (HH Blatt ...). Gegenstand des Unternehmens ist nach der Eintragung im Handelsregister die Herstellung und der Vertrieb von Pelz- und Lederkonfektion.

Herr...ist seit 1981 alleiniger Gesellschafter. Ausweislich der Eintragung im Handelsregister vom 5. Februar 1991 ist er alleiniger und einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin, der nach eigenen Angaben schon immer die Geschäftstätigkeit der Klägerin maßgeblich bestimmt hat.

Die Klägerin ließ u.a. unter dem 17. Januar 1996 beim damaligen Hauptzollamt ..., Zollamt...durch die Spedition... eine zunächst im Luftfrachtverkehr beförderten Sendung, bestehend aus...Kartons mit insgesamt...T-Shirts, zum zollrechtlich freien Verkehr abfertigen. Dazu wurde ein Ursprungszeugnis Form A (UZ), ausgestellt am 30. Dezember 1995 von dem...in /Bangladesch (Nummer...- Beiheft Akte Steuerbescheid Blatt 6), vorgelegt. Die Abfertigung erfolgte antragsgemäß. Es wurde nur Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt und erhoben.

In der mündlichen Verhandlung erklärte Herr...zum Zustandekommen und zum Verlauf dieser für ihn als Kürschnermeister nicht einschlägigen Geschäftsbeziehungen, er habe zunächst in 1992 einem Bekannten, der in finanzielle Schwierigkeiten geraten gewesen sei, geholfen. Später habe er dann das Geschäft mit den T-Shirts ganz übernommen. Kunde sei insoweit nur die "..." gewesen. Für einen Großhandel mit T-Shirts, etwa mit einem unbekannten Abnehmerkreis, sei seine Firma organisatorisch nicht ausgelegt gewesen. Er habe dies auch ganz allein betrieben. Es sei nicht etwa so gewesen, dass er sich jeweils an die...gewandt hätte, um mit dieser ins Geschäft zu kommen, sondern vielmehr habe sich die...bei ihm gemeldet, um entsprechende Ware zu ordern. Es sei immer nur um T-Shirts gegangen. Pro Jahr habe er etwa...T-Shirts an die...geliefert. Zunächst sei diese Ware aus China gekommen. Auch insoweit sei jeweils eine zollfreie Einfuhr möglich gewesen, weil die Ware immer von einem Ursprungszeugnis Form A begleitet worden sei. Etwa Ende 1992 oder 1993 habe er die Textilien nicht mehr in China, sondern dann in Bangladesch geordert. Diese Verbindung sei über einen Vermittler, der auf ihn zugekommen sei, zustande gekommen. Er sei jährlich etwa 2 bis 3 Mal nach Bangladesch gefahren, um sich vor Ort zu informieren. Von den Zuständen in Bangladesch könne man sich hier nicht so die richtigen Vorstellungen machen. Die Armut sei ungeheuer groß. Die Verkehrsverbindungen seien überwiegend schlecht. Bei seinen zahlreichen Besuchen vor Ort habe er sich insbesondere um die Einhaltung der erforderlichen Qualität gekümmert. Denn es sei im Hinblick auf das in Bangladesch bestehende Rechtssystem so gut wie aussichtslos, wolle man sich dort wegen irgendwelcher Rückforderungen gegenüber den Lieferanten an ein Gericht wenden. Er habe deswegen sämtliche Lieferungen aus Bangladesch nur gegen L/C (Letter of Credit) getätigt. Eine Bezahlung der Ware sei somit erst dann erfolgt, wenn die Papiere sowohl in...wie auch beim Zoll geprüft worden waren und die Abfertigungen ohne Probleme vonstatten gingen. In diesem Fall sei er dann allerdings auch der Auffassung gewesen, dass alles seine Richtigkeit hätte, zumal er bei seinen Besuchen in Bangladesch auch in den jeweiligen Produktionshallen gewesen sei und die zahlreichen Spinnmaschinen bei seinem Lieferanten...gesehen habe.

Die Warnung der EU im Amtsblatt der Gemeinschaft habe er nicht gelesen. Dies liege daran, dass er das Amtsblatt überhaupt nicht lesen würde.

Etwa Ende 1997/Anfang 1998 habe dann das Geschäft mit den T-Shirts aufgehört. Etwa 1 Jahr später habe dann die Geschäftsbeziehung zur...geendet.

Herr...hatte in seiner durch Beamte des Zollfahndungsamtes...am 18. Juli 2002 durchgeführten Vernehmung erklärt, das Einfuhrvolumen an T-Shirts habe in den Jahren 1994 bis 1996 zwischen...und...DM betragen. Geschäftspartner in Bangladesch sei die Firma...gewesen. Die Aufträge seien unter der Voraussetzung erteilt worden, dass es sich um Ursprungsware aus Bangladesch handele, die von einem entsprechenden Ursprungszeugnis des...begleitet würde, so dass eine zollfreie Einfuhr möglich sei.

Im Rahmen einer Ermittlungsmission, bei der die Vertreter mehrerer Mitgliedstaaten und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 13. November bis zum 15. Dezember 1996 in Bangladesch die dort üblichen Umstände der Ausstellung von Ursprungszeugnissen prüften, wurde für den Textilbereich festgestellt, dass zahlreiche Ursprungszeugnisse falsch waren bzw. nie hätten erteilt werden dürfen, weil die Ursprungsregeln nicht erfüllt waren. Diese Ermittlungsgruppe fertigte drei Listen (A, B, C) bezüglich der Ursprungszeugnisse an.

Während die falschen Ursprungszeugnisse von dem...auf die Liste A gesetzt wurden, wurden 6909 der von der Delegation der Kommission an Ort und Stelle geprüften Ursprungszeugnisse in der Liste B erfasst. Dabei handelte es sich um Ursprungszeugnisse, die zu Unrecht ausgestellt worden waren und die von dem...für ungültig erklärt wurden. In der Liste C waren nach einer Mitteilung der Europäischen Kommission - UCLAF - an das Zollkriminalamt vom 21.1.1998 insgesamt 8562 Ursprungszeugnisse aufgelistet, bzgl. derer die Kommission das...um Nachprüfung ersucht hatte. Laut Schreiben des...an UCLAF vom 1.10.1997 wurden hiervon 6309 Ursprungszeugnisse wegen zu Unrecht erfolgter Ausstellung für ungültig erklärt, während 2253 einer weiteren Überprüfung unterzogen werden sollten.

Das von der Klägerin vorgelegte Ursprungszeugnis ist auf der Liste C erfasst.

Durch die von der Ermittlungsmission der EU-Kommission festgestellten Tatsachen waren nicht nur in Deutschland ansässige Firmen, sondern auch solche aus den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Spanien, Luxemburg, Großbritannien mit Nordirland und Frankreich betroffen. Es ging um beträchtliche Zollnachforderungen. Allein die Klägerin soll nach dem Schlussbericht des Zollfahndungsamtes...vom 2. September 2002 Steueränderungsbescheide über Zollnachforderungen in Höhe von insgesamt ca. 280.000,-- DM erhalten haben. Es fanden daher weitere Gespräche/Kontakte/Ermittlungen zwischen den Behörden von Bangladesch, der EU-Kommission und auch einzelnen Einfuhrfirmen statt.

In einer Mitteilung AM 68/96 (S6) 97 (HH Blatt 40) teilt der Referatsleiter bei der EU-Kommission, Herr Pinto, mit, dass die zuständigen Behörden in Bangladesch mit Schreiben vom 30.10.1997 zusätzliche Informationen über die Gültigkeit der in der "Liste C" aufgeführten Ursprungszeugnisse nach Formblatt A übermittelt hätten. Danach seien aus der Liste C 2.253 Ursprungszeugnisse Gegenstand einer nochmaligen Prüfung gewesen. Dabei seien 303 Zertifikate identifiziert worden, bei denen die betreffenden Waren die Kriterien der Ursprungsregeln des APS erfüllt hätten. Diese Zertifikate seien in einer Aufstellung mit der Überschrift "List of reverified GSPs under Schedule C-Annex 1" erfaßt. Darüber hinaus sei für weitere 243 Ursprungszeugnisse aus der "Liste C", die von Bangladesch als ungültig und widerrufen gemeldet gewesen seien, der Beweis erbracht worden, dass sie tatsächlich gültig seien. Diese Zertifikate seien in einer Aufstellung mit der Überschrift "List of GSPs under Schedule C found to be issued in accordance with the rules of origin - Annex 2" enthalten.

Unter Ziffer 5 dieser Mitteilung wird darauf hingewiesen, dass alle anderen in den Listen A, B und C aufgeführten Ursprungszeugnisse von den Behörden in Bangladesch definitiv überprüft (Hervorhebungen hinzugefügt) wurden und für ungültig erklärt oder widerrufen worden seien.

Das damalige Hauptzollamt...erließ unter dem 30. Oktober 1997 einen als Steueränderungsbescheid gemäß Art. 220 Abs. 1 Zollkodex bezeichneten Verwaltungsakt, mit dem es für die in der vorbezeichneten Sendung enthaltenen Waren 13 % Zoll, das sind... DM, festsetzte und anforderte. Als Begründung heißt es in diesem Bescheid, bei einer behördlichen Prüfung sei festgestellt worden, dass das UZ Form A Nr. EPB/8539 vom 30.12.1995 zu Unrecht ausgestellt worden sei.

Der vorgenannte Bescheid wurde am 31. Oktober 1997 zur Post gegeben. Der Bescheid enthält eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung.

Unter dem 10. Dezember 1997 fertigte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Einspruchsschreiben, das er an die Zollzahlstelle...richtete. Als Aktenzeichen wird in diesem Schreiben das Registrierkennzeichen aus dem Abgabenbescheid des Hauptzollamts...genannt. Dieses Schreiben ging am 15. Dezember 1997 beim Hauptzollamt...ein. Es wurde zuständigkeitshalber sodann an das Hauptzollamt...weitergeleitet und erreichte diese Dienststelle am 21. Januar 1998 (Verwaltungsakten Blatt 1 und 2).

Die Verwaltungsbehörde deutete den wegen Fristversäumnis als unzulässig angesehenen Einspruch in einen Antrag auf Erstattung gemäß Art. 236 Zollkodex um (Schreiben vom 11.02.1998, Verwaltungsakten Blatt 8 und 9). Dieser rechtlichen Bewertung des Einspruchsschreibens schloss sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 6. März 1998 an (Verwaltungsakten Blatt 33).

Mit Schreiben vom 19. August 1998 beantragte die Klägerin sodann durch ihren Prozessbevollmächtigten "den Steueränderungsbescheid aus Billigkeitsgesichtspunkten aufzuheben und die Nachzahlung zu erlassen". Dies verstand die Verwaltungsbehörde dahingehend, dass die Klägerin nunmehr nur noch die Erstattung unter Billigkeitsgesichtspunkten erstrebt. Die Klägerin hat dies im gerichtlichen Verfahren bestätigt (SS. v. 7.9.2004, FG Bl. 80).

Bereits mit dem ausführlichen Schreiben vom 23. Februar 1998 (Verwaltungsakten Blatt 27 ff.) hatte die Verwaltungsbehörde der Klägerin das Schreiben der Exportbehörde von Bangladesch vom 1. Oktober 1997, mit dem diese gegenüber der Europäischen Kommission offiziell die Ursprungszeugnisse widerrufen hatte, übersandt. Die Ursprungsregeln für Textilerzeugnisse des Kapitels 61 aus Bangladesch werden ausführlich beschrieben und anschließend wird darauf aufmerksam gemacht, dass das von der Klägerin verwandte Ursprungszeugnis EPB/8539 in der Liste C erfasst ist. Auf die erneute Überprüfung von Ursprungszeugnissen aus dieser Liste wird ebenfalls hingewiesen.

Die Zahlungsverpflichtung der Klägerin wurde gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt und das Erlassverfahren aus Billigkeitsgründen zunächst zum Ruhen gebracht. Nachdem der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 12. Oktober 1999 (VII R 6/99 - abgedruckt z.B. in HFR 2000, 124) in einem gleichgelagerten Fall entschieden hatte, dass die Nacherhebung von Zoll nach Widerruf von Ursprungszeugnissen für Textilwaren aus Bangladesch rechtlich nicht zu beanstanden sei und auch kein der Nacherhebung des Zolls entgegenstehender aktiver Irrtum einer Zollbehörde vorläge, teilte die Verwaltungsbehörde mit Schreiben vom 20. März 2000 dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass keine Veranlassung mehr bestünde, mit einer Fortführung des Verfahrens zuzuwarten.

Mit Schreiben vom 13. April 2000 bat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darum, das vorliegende Verfahren bis Ende Mai 2000 weiterhin ruhen zu lassen. Man habe erfahren, dass die "Zentralstelle Ursprungsnachforderungen (gemeint ist wohl die "Zentralstelle Ursprungsnachprüfungen" bei der Oberfinanzdirektion Münster) Probleme habe, beim...in Bangladesch bei der Vorlage von Präferenznachweisen eine erneute Überprüfung zu erreichen. Man sei derzeit bemüht, eine nochmalige Überprüfung der von der Klägerin vorgelegten Ursprungszeugnisse zu erreichen. Außerdem verwies die Klägerin auf ein bei der Europäischen Kommission unter dem Aktenzeichen AEM 32/99 befindliches Antragsverfahren.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2000 legte die Klägerin die Kopie eines an sie gerichteten Schreibens des EPB vom 14.5.2000 vor, wonach u.a. die von der Klägerin vorgelegten Ursprungszeugnisse seinerzeit auf der Grundlage der von den Ausführern vorgelegten erforderlichen Dokumente und in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft bzgl. Bangladesch ausgestellt und für in Ordnung befunden worden seien. In der Anlage ("...") zu diesem Schreiben des...sind 36 Ursprungszeugnisse aufgelistet, wovon 35 mit dem Vermerk "OK" versehen sind, darunter auch das diesen Fall betreffende Ursprungszeugnis.

Eine Prüfung des vorgelegten Schreibens des...durch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) ergab, dass das Schreiben gefälscht war. Das...teilte OLAF mit, dass unter dem Aktenzeichen und Datum des gefälschten Schreibens ein Schreiben an die Zentralstelle Ursprungsnachprüfung in Münster mit der Mitteilung übersandt worden sei, dass eine Überprüfung der Ursprungszeugnisse zwischenzeitlich nicht mehr möglich wäre.

In dem gegen den Geschäftsführer der Klägerin gerichteten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurden in den Firmenräumen der Klägerin E-Mails und auch per Telefax übermittelte Schreiben festgestellt, die diesen Vorgang betreffen. Kopien hiervon sind abgeheftet in den Ermittlungsunterlagen des Zollfahndungsamtes...unter der E-Nummer...Sie befinden sich dort auf den Seiten 296 - 304. Auf den Inhalt dieser Schreiben wird zu gegebener Zeit Bezug genommen.

Das Strafverfahren gegen Herrn...wurde gegen eine Geldauflage in Höhe von...DM Anfang 2003 gemäß § 153a StPO eingestellt.

Die beklagte Verwaltungsbehörde lehnte mit Verfügung vom 9. März 2004 den Antrag auf Erstattung der Einfuhrabgaben nach Art. 239 Zollkodex ab. Zugleich widerrief die Verwaltungsbehörde die als Aussetzung der Vollziehung bezeichnete Aussetzung der Zahlungsverpflichtung.

Die Klägerin wandte sich gegen beide Verfügungen. Die Rechtsbehelfe wurden mit den verbundenen Einspruchsentscheidungen vom 5. April 2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Das Klageverfahren richtete sich zunächst gegen die beiden Einspruchsentscheidungen. Die Klägerin beschränkte ihren Klageantrag sodann in der mündlichen Verhandlung auf den Bereich der Erstattung gemäß Art. 239 Zollkodex.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Ablehnung ihres Erstattungsantrages durch die Verwaltungsbehörde sei rechtswidrig. Die Verwaltungsbehörde habe sowohl das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Art. 239 Zollkodex verkannt und darüber hinaus das ihr zustehende Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt.

Die Klägerin beruft sich insbesondere auf die Entscheidungen der Kommission vom 29.3.2001 (REC 02 2000) sowie vom 28. Oktober 2003 (REC 03/03), worin diese festgestellt habe, dass die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrabgaben in bestimmten Fällen nicht gerechtfertigt und den Mitgliedstaaten die Ermächtigung erteilt worden sei, in vergleichbaren Fällen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Einfuhrabgaben abzusehen.

Der Klägerin könne auch weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit ihres Geschäftsführers vorgeworfen werden.

Der Geschäftsführer der Klägerin habe alles in seinen Möglichkeiten stehende getan, um sicher sein zu können, dass die von ihm importierte Ware auch tatsächlich ihren Ursprung in Bangladesch hatte.

Aus der Einstellung des gegen den Geschäftsführer der Klägerin gerichteten Ermittlungsverfahrens gemäß § 153a StPO könne weder auf eine offensichtliche Fahrlässigkeit noch gar auf eine betrügerische Absicht geschlossen werden. Abgesehen von der bei einer solchen Einstellung nach wie vor geltenden Unschuldsvermutung hätten Staatsanwaltschaft und Zollfahndung übereinstimmend bestätigt, es könne nicht widerlegt werden, dass die von der Klägerin eingeführten Textilien nicht tatsächlich aus Bangladesch stammen würden.

Die Klägerin ist der Auffassung, es sei objektiv unbestreitbar, dass seinerzeit nur in Bangladesch hergestellte Baumwoll-T-Shirts in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt worden seien. In diesem Zusammenhang komme es auf Erklärungen des...schon deswegen nicht an, weil der von dort aus erfolgte Widerruf der Ursprungszeugnisse Form A nur pauschal erfolgt sei. Eine Einzelprüfung, wie sie eigentlich hätte stattfinden müssen, sei nicht durchgeführt worden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass in der Folgezeit einige 100 Widerrufe wieder zurückgenommen worden seien.

Die Klägerin meint, alles getan zu haben, was von ihr als einem sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmer hätte verlangt werden können. Denn die vorgelegten Papiere, insbesondere die Ursprungszeugnisse, seien sowohl von "..." wie auch vom Zoll und letztlich auch noch von der Bank geprüft worden, bevor die jeweiligen Rechnungsbeträge angewiesen worden seien.

Dem Geschäftsführer der Klägerin könne auch hinsichtlich der später festgestellten Fälschung des von ihm vorgelegten Schreibens des...vom 14. Mai 2000 kein Vorwurf gemacht werden. Denn er habe davon nichts gewusst. Ihm seien auch keine Umstände bekannt gewesen, die Zweifel hätten hervorrufen müssen. Es sei zutreffend, dass er in der Zeit vom 5. bis 14. Mai 2000 in /Bangladesch gewesen sei. Dort habe er nicht nur das unter dem 9. Mai 2000 gefertigte Schreiben an das...unterzeichnet, sondern er sei auch mehrfach zu den Verantwortlichen im...gefahren. Er habe auch mit dem Minister gesprochen. Die Verhältnisse in Bangladesch seien aber anders als hier. Eine abschließende Entscheidung oder Zusage würde man dort bei derartigen Gesprächen nicht erhalten. Letztlich sei in Bangladesch alles möglich.

Die nach seiner Rückkehr aus Bangladesch bei der Klägerin eingelaufenen E-Mails und Fax-Schreiben seien ihm alle vorgelegt worden. Ihm sei das Mehrstück des Schreibens der...an die Zentralstelle in Münster vom ..., wonach die für seine Sendungen ausgestellten Ursprungszeugnisse nicht bestätigt werden konnten, bekannt gewesen. Soweit in dem E-Mail nach Bangladesch vom 22. Mai 2000 darauf hingewiesen worden sei, dass die Geschäfte mit dem Kunden...kaputtgehen würden, wenn nicht die Richtigkeit aller 36 Ursprungszeugnisse bestätigt werden würde, sei dies in seinem Auftrag geschehen. Die Angaben bezüglich der Firma...seien zwar nicht zutreffend gewesen, aber er habe das als Druckmittel gegenüber dem Lieferanten in Bangladesch so angegeben. Nachdem er dann am 23. Mai 2000 die Bescheinigung in der gewünschten Form erhalten gehabt habe, sei er davon ausgegangen, dass damit alles seine Richtigkeit habe. Denn er hätte ja die in...von ihm verlangten...DM zur Durchführung der Nachforschungsarbeiten gezahlt gehabt und sei deswegen davon ausgegangen, dass man nunmehr die entsprechenden Unterlagen gefunden gehabt hätte. Schließlich sei in Bangladesch alles möglich.

Das für die Klägerin günstige Schreiben des...sei dann an den Prozessbevollmächtigten weitergegeben worden, das andere habe er abgeheftet.

Die Klägerin beantragt,

die den Erstattungsantrag ablehnende Entscheidung vom 9. März 2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 5. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf Erstattung der Einfuhrabgaben aus dem Abgabenbescheid vom 30. Oktober 1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Berufung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 5. April 2004 hält der Beklagte die Beweislage bzgl. der betrügerischen Absicht des für die Klägerin handelnden Geschäftsführers durch Vorlage gefälschter Unterlagen im Erstattungsverfahren für eindeutig. Auf die Ursprungseigenschaft der eingeführten Warensendung komme es nicht mehr an, weil dies für die Entscheidung keine Bedeutung habe. Zu beurteilen sei im vorliegenden Fall nur das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin während des Erstattungsverfahrens. Unabhängig davon, dass das Amtsgericht...das gegen den Geschäftsführer der Klägerin geführte Strafverfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages eingestellt habe, stehe für den Beklagten nach dem Ermittlungsergebnis des Zollfahndungsamtes...fest, dass die Klägerin bzw. der Geschäftsführer durch ihren Bevollmächtigten eine nachweislich gefälschte Bescheinigung des...habe vorlegen lassen, um das dort anhängige Erstattungsverfahren positiv zu beeinflussen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die in den Gerichtsakten befindlichen Schriftsätze Bezug genommen.

Mit Verfügung der Berichterstatterin vom 7. Februar 2005 wurde der Klägerin eine sanktionsbewehrte Frist bis zum 10. März 2005 gesetzt. Mit dem innerhalb dieser Frist eingegangenen Schriftsatz vom 4. März 2005 werden keine Beweismittel vorgelegt oder Beweisanträge unter Angabe der Beweismittel gestellt.

Dem Senat haben zu seiner Entscheidung vorgelegen ein DIN A4 Band Verwaltungsunterlagen (...), ein Heftstreifen, bezeichnet mit "... ", ein Beiheft des Hauptzollamtes...zu... (Steuerbescheid vom 17.1.96) und ein DIN A4 Ordner bezeichnet mit "..." (übersandt vom Hauptzollamt ..., abgekürzt jeweils mit ...).

Gründe

Die Klage ist nicht begründet, weil sich die ablehnende Entscheidung der Verwaltungsbehörde als im Ergebnis zutreffend erweist.

Gemäß Art. 239 Zollkodex i.V.m. Art 905 Abs. 1 Zollkodex-DVO können Einfuhrabgaben dann erstattet werden, wenn die Begründung des Antrages auf einen besonderen Fall schließen lässt, der sich aus Umständen ergibt, bei denen weder eine betrügerische Absicht noch eine offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften liegen die materiellen Voraussetzungen für einen Erlass in einem solchen Fall dann vor, wenn sich ein Anmelder im Vergleich zu anderen Wirtschaftsteilnehmern, die die gleiche Tätigkeit ausüben, in einer außergewöhnlichen Situation befindet (vgl. hierzu die insbesondere im Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26. Januar 2001 - VII B 19/00 in BFH/NV 2001, 945, 946 genannte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und wird auch in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen der Kommission (REM 28/01 und REC 0303) hervorgehoben, dass das Vertrauen auf die Gültigkeit von Ursprungsbescheinigungen nach Formblatt A grundsätzlich nicht geschützt ist. Es gehört zu dem normalen Geschäftsrisiko des Einführers, dass sich Ursprungszeugnisse bei einer Überprüfung als falsch oder gefälscht herausstellen. Rechtsschutz für das legitime Vertrauen eines Beteiligten gebe es - so die Kommissionsentscheidungen - nach ständiger Rechtsprechung des Hofes nur dann, wenn die zuständigen Behörden selbst den Anlass zu diesem Vertrauen gegeben haben.

Wie insbesondere der Entscheidung der Kommission vom 28. Oktober 2003 (REC 0303) zu entnehmen ist, haben die Feststellungen im Zusammenhang mit den Textileinfuhren aus Bangladesch und den Ermittlungen der Kommissionsdelegation bestimmte Merkmale ergeben, wonach die zuständigen Behörden von Bangladesch durchaus wussten oder zumindest hätten wissen müssen, dass die Waren, für die sie die Bescheinigungen nach Formblatt A ausstellten, in Wirklichkeit nicht die Voraussetzungen für die damit gewährte Zollpräferenzbehandlung erfüllten (Rdnr. 21).

Der Senat sieht sich an diese Bewertung der Kommission im Hinblick auf die Frage, ob die materielle Voraussetzung für die Erstattung, nämlich das Vorliegen eines besonderen Umstandes, vorliegt erfüllt ist, gebunden und bejaht diesen daher auch für den vorliegenden Fall.

Nach dem Inhalt der Verwaltungsunterlagen sowie unter Berücksichtigung der Ausführungen im Verlauf der mündlichen Verhandlung steht für den Senat jedoch fest, dass die Klägerin, handelnd durch ihren Geschäftsführer, in Zusammenhang mit diesem besonderen Umstand zwar vielleicht nicht in betrügerischer Absicht, aber jedenfalls offensichtlich fahrlässig gehandelt hat.

Zeitlicher Bezugspunkt für die Prüfung und Beurteilung dieser Frage ist nach Auffassung des Senates der in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zollabfertigung stehende Sachverhalt. Dies folgt für den Senat daraus, dass auch bei den Kommissionsentscheidungen jeweils darauf abgestellt wird, ob dem jeweiligen Beteiligten bei dem Abschluss seiner Kaufverträge und der Abwicklung der in Rede stehenden Einfuhren handelsunübliche Praktiken nachgewiesen werden konnten (vgl. z.B. Rdnr. 30 in REC 0303).

Anbahnung und Durchführung der Bangladeschgeschäfte der Klägerin haben für den Senat keinen Hinweis darauf ergeben, dass etwa der Geschäftsführer der Klägerin in dolosem Zusammenwirken mit der Lieferfirma in Bangladesch die zunächst jedenfalls präferenzrechtlich begünstigte Einfuhr der T-Shirts bewirkt hätte. Der Senat hält es an dieser Stelle für nicht zulässig, das spätere Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin bereits an dieser Stelle wertend in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass sich das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin als offensichtlich fahrlässig darstellt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erstattung von Einfuhrabgaben, die nur unter bestimmten Voraussetzungen und in den eigens dafür vorgesehenen Fällen gewährt werden kann, eine Ausnahme vom normalen Einfuhr- und Ausfuhrsystem darstellt, so dass die Vorschriften, die eine solche Erstattung vorsehen, eng auszulegen sind. Da das Fehlen einer offensichtlichen Fahrlässigkeit unabdingbare Voraussetzung der Erstattung von Einfuhrabgaben ist, muss dieser Begriff folglich so ausgelegt werden, dass die Anzahl der Fälle, bei denen erstattet wird, begrenzt bleibt (so das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 11. November 1999 in der Rechtssache C-48/98 in Sammlung 1999 I - 7877, 7937). Bei der Beantwortung der Frage, ob offensichtliche Fahrlässigkeit im Sinne des Art. 239 Abs. 1 des Zollkodex vorliegt, ist insbesondere die Komplexität der Vorschriften, deren Nichterfüllung die Zollschuld begründet, sowie die Erfahrung und die Sorgfalt des Wirtschaftsteilnehmers zu berücksichtigen (Rdnr. 56 des Urteils in der Rechtssache C 48/98).

Der Gerichtshof hat in dem eben zitierten Urteil hinsichtlich der Erfahrung des Wirtschaftsteilnehmers und der Sorgfalt die Anforderungen beschrieben, die von dem nationalen Gericht zu untersuchen sind, um auf der Grundlage dieser Beurteilungskriterien die Frage nach der offensichtlichen Fahrlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers zu beantworten. Der Senat bezieht sich darauf.

Die Wirtschaftsteilnehmerin verfügte im Zeitpunkt der hier maßgeblichen Einfuhr im Januar 1996 über bereits mehrjährige Erfahrungen mit den Einfuhren von Textilien aus China und Bangladesch. Die Bedeutung der Ursprungszeugnisse Form A war ihr dabei gegenwärtig, denn wie der Geschäftsführer der Klägerin nachvollziehbar darlegte, rechneten sich diese Geschäfte überhaupt nur, wenn die eingeführten T-Shirts zollfrei abgefertigt werden konnten. Darüber hinaus war der Klägerin auch bewusst, dass sie die Ursprungszeugnisse auch in außenwirtschaftsrechtlicher Hinsicht benötigte, denn die Textileinfuhren waren kontingentiert, so dass auch der Nachweis, dass die Einfuhr sich im Rahmen der erteilten außenwirtschaftsrechtlichen Genehmigung bewegte, vom Inhalt des Ursprungszeugnisses abhing. Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin betätigte sich die Klägerin in diesem Marktsegment bereits seit Ende 1992, wobei der Geschäftsführer selbst schon zuvor einige Erfahrungen mit den Geschäftsbedingungen und -abläufen gemacht hatte, als er einen Bekannten finanziell bei vergleichbaren Geschäften unterstützte. Ihm waren darüber hinaus auf Grund seiner Besuche vor Ort die Zustände in Bangladesch bekannt, d.h. er wusste, dass sich das dortige Rechtsverständnis und der dortige Umgang mit Gesetzesvorgaben nicht mit den im hiesigen Rechtsraum bekannten Bedingungen vergleichen ließ.

Der Geschäftsführer der Klägerin hat die von einem Wirtschaftsteilnehmer in vergleichbarer Lage zu verlangende Sorgfalt außer Acht gelassen, denn er hat sich um die mit der Präferenzgewährung zusammenhängenden Fragen erkennbar nicht gekümmert. Für ihn kam es wesentlich darauf an, dass er durch seine Besuche in Bangladesch die Qualität der bestellten Ware sicherstellte. Andernfalls hätte er mit seinem einzigen Abnehmer, der Firma ..., erhebliche Schwierigkeiten bekommen. Denn mit diesem Abnehmer stand und fiel ohnehin das gesamte Textilgeschäft für die Klägerin. Die Klägerin, d.h. ihr Geschäftsführer, wusste zwar, dass eine außenwirtschaftsrechtlich genehmigte und zollfreie Einfuhr nur möglich war, wenn ein gültiges Ursprungszeugnis Form A bei der Einfuhr vorgelegt werden konnte. Welche rechtlichen Hintergründe das hatte und von der Erfüllung welcher Bedingungen die Ursprungseigenschaft abhängig war, hat die Klägerin nicht interessiert. Die Klägerin hat zwar einerseits bemängelt, dass die Importeure nicht seitens der EU oder der nationalen Zollbehörden gewarnt worden seien, die Warnung allerdings, die im Amtsblatt der EG dann veröffentlicht war, hat der Geschäftsführer der Klägerin schon deswegen nicht zur Kenntnis nehmen können, weil er das Amtsblatt nicht liest. Von einem Wirtschaftsteilnehmer, der sich mit Textileinfuhren beschäftigt, deren Zollfreiheit von zutreffend ausgestellten Ursprungszeugnissen abhängt, muss aber erwartet werden, dass er sich mit dem einschlägigen Gemeinschaftsrecht auseinandersetzt. Tut er dies nicht, so kann er sich im Zustand der Unkenntnis nicht darauf berufen, dass ihm - mangels Kenntnis der Vorschriften - keine Zweifel an ihrer richtigen Anwendung gekommen seien. Die Klägerin hat damit die erforderliche und ihre zumutbare Sorgfalt in besonderem Maße verletzt.

Eine Erstattungsmöglichkeit scheitert daher vorliegend an dem offensichtlich fahrlässigen Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin, das dieser zuzurechnen ist.

Die Klage ist aber auch dann unbegründet, wenn das Vorliegen einer offensichtlichen Fahrlässigkeit verneint wird.

Denn Art. 239 Abs. 1, 2. Gedankenstrich ZK i.V.m. Art. 905 Zollkodex-DVO als eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Generalklausel soll andere als die praktisch am häufigsten vorkommenden Fälle, für die eine besondere Regelung (vgl. Art. 239 Abs. 1, 1. Gedankenstrich ZK i.V.m. Art. 900-903 ZK-DVO) geschaffen wurde, erfassen (vgl. BFH, Urteil vom 24.01.2001 VII R 114/99, BFH/NV 2001, 982).

Dabei hat die zur Entscheidung berufene Kommission bzw. nationale Verwaltungsbehörde nicht nur zu prüfen, ob die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt sind, sondern darüber hinaus eine Abwägung zwischen dem Interesse der Gemeinschaft an der Zahlung der Abgaben und dem der Klägerin an einer Erstattung vorzunehmen.

Diese Ermessensbetätigung kann grundsätzlich (§ 102 FGO) nicht durch den Senat erfolgen, es sei denn, es wäre bei sachgerechter Ermessensausübung nur eine einzige Entscheidung denkbar (Ermessensreduzierung auf Null).

Würden für den vorliegenden Fall die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Art. 239 Abs. 1, 2. Gedankenstrich ZK i.V.m. Art. 905 Abs. 1 ZK-DVO bejaht, so wäre der Antrag der Klägerin abzulehnen, weil das grundsätzlich eröffnete Ermessen bei sachgerechter Interessenabwägung nur diese Entscheidung zulässt.

Bei dem Interesse der Gemeinschaft an einer zutreffenden und vollständigen Erhebung der Zölle handelt es sich um ein gewichtiges Anliegen. Denn die Finanzierung der der Gemeinschaft obliegenden Aufgaben hängt davon ab, dass entsprechende Einnahmen zur Verfügung stehen. Demgegenüber muss das Interesse der Klägerin an einer Erstattung der Abgaben aus folgenden Gründen zurücktreten: Die Klägerin wusste, dass sich die Einfuhr von T-Shirts aus Baumwolle aus Bangladesch nur finanziell lohnte, also damit Gewinne zu erwirtschaften waren, wenn sie diese Waren unter Vorlage eines Ursprungszeugnisses zollfrei abfertigen konnte. Ihr war bekannt, dass etwaige Regressansprüche oder sonstige Forderungen an ihren Lieferanten in Bangladesch dort vor Ort nicht mit Aussicht auf Erfolg vor einem Gericht verfolgt werden konnten. Sonderliches Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Geschäftspartners hatte die Klägerin ebenfalls nicht, denn sie wickelte alle Geschäfte nur gegen L/C ab. Dazu erklärte der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dies mache man unter Geschäftspartnern, wenn keine Vertrauensbasis vorhanden sei. Der Geschäftsführer wusste darüber hinaus, dass in Bangladesch grundsätzlich alles möglich sein könnte. Er ließ sich mithin auf ein recht risikoreiches Geschäft ein, wobei der Senat den Eindruck hatte, dass er die möglichen finanziellen Auswirkungen nicht gründlich genug analysiert hatte.

Als der Geschäftsführer der Klägerin dann im Verlauf des Jahres 1997 merkte, dass es Probleme mit den Ursprungszeugnissen gab, begnügte er sich damit, mit seinem Lieferanten zu telefonieren und sich von ihm letztlich auch jeweils vertrösten zu lassen.

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger bei seiner Reise nach...erreichen wollte, dass die für seine Warensendungen ausgestellten Ursprungszeugnisse als zutreffend bezeichnet wurden. Es mag auch sein, dass der Geschäftsführer der Klägerin auch heute noch davon überzeugt ist, dass sämtliche gelieferten T-Shirts tatsächlich ihren Ursprung in Bangladesch hatten. Selbst wenn der Senat weiter zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass alle E-Mails, Vorsprachen in Bangladesch und sonstige Aktivitäten des Geschäftsführers der Klägerin nur dem Ziel dienten, diesen wahren Ursprung gegenüber der Verwaltungsbehörde belegen zu können, so bleibt zum Schluss die Tatsache übrig, dass dem Geschäftsführer der Klägerin ziemlich zeitgleich, nämlich nur mit einem Abstand von einem Tag, zwei Bescheinigungen des... vorlagen, die einen völlig gegensätzlichen Inhalt hatten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Geschäftsführer der Klägerin weder in irgendeiner Form an der Herstellung der gefälschten Urkunde beteiligt war noch etwas davon wusste, so vermag dies nicht zu erklären, warum es der Geschäftsführer der Klägerin fast wie ein Geschenk des Himmels entgegennahm, dass ihm nun auch eine Bescheinigung zur Verfügung stand, wie er sie sich inhaltlich ja immer gewünscht hatte. Insoweit vermag auch die Angabe des Geschäftsführers der Klägerin, er habe zuerst die für ihn negative Bescheinigung erhalten und anschließend die positive und sei deswegen davon ausgegangen, dass weitere Nachforschungen dazu geführt hätten, die erste negative Bescheinigung seitens des...zu korrigieren, nicht zu überzeugen. Denn beide Bescheinigungen sind unter demselben Datum ausgestellt, nämlich dem 14. Mai 2000. Es kommt hinzu, dass nach Eingang der ersten, für die Klägerin negativen Bescheinigung des EPB diese sich per E-Mail in...beschwerte und auf die zu erwartenden Schwierigkeiten mit der Kundin...hinwies. Am Folgetag ging dann auch richtig per Fax die positive Bescheinigung ein, deren Ausstellungsdatum nun aber nicht nach dem 14. Mai lag, sondern ebenfalls den 14. Mai auswies. Wenn der Geschäftsführer der Klägerin dann die für ihn negative Bescheinigung nur in den Akten abheftet und die positive Bescheinigung seinem damaligen Anwalt mit der Bitte um entsprechende Veranlassung gegenüber den verschiedenen Verwaltungsbehörden übergibt bzw. übersendet, so wird daraus deutlich, dass es der Klägerin nur darum ging, entrichtete Einfuhrabgaben zurückzuerhalten bzw. angeforderte Nachforderungsbeträge nicht bezahlen zu müssen. Ein solches Verhalten stellt sich als grob treuwidrig dar und lässt für die Abwägung der gegenseitigen Interessen der Verfahrensbeteiligten nur eine mögliche Entscheidung zu, nämlich die, dass eine Erstattung nicht in Betracht kommt. Im Hinblick darauf ist es auch unbeachtlich, dass die Verwaltungsbehörde ihre Entscheidung weniger differenzierend begründet hat, weil letztlich ein anderes Ergebnis als das von der Verwaltungsbehörde gefundene nicht in Betracht kommen kann.

Für die vorstehende Entscheidung kam es nicht darauf an, ob gegen den Geschäftsführer der Klägerin ein Strafverfahren durchgeführt wurde und welche Auffassung im Hinblick auf die Ursprungseigenschaft der Textilien die in diesem Strafverfahren Tätigen vertreten haben.

Die Kosten des erfolglosen Klageverfahrens hat die Klägerin gemäß § 135 Abs. 1 FGO zu tragen.

Ende der Entscheidung

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