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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: 8 K 1797/03
Rechtsgebiete: GewStG
Vorschriften:
GewStG § 8 Nr. 1 2. Tatbestandsgruppe |
HESSISCHES FINANZGERICHT
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
Geschäftsnummer: 8 K 1797/03
In dem Rechtsstreit
wegen Gewerbesteuermessbetrags 1991
hat der 8. Senat des Hessischen Finanzgerichts mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 20. Mai 2008 unter Mitwirkung
der Vorsitzenden Richterin am Hessischen Finanzgericht
des Richters am Hessischen Finanzgericht
der Richterin am Hessischen Finanzgericht
sowie
und
als ehrenamtliche Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Änderungsbescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1991 vom . .2003 wird dahingehend geändert,
dass die hälftige Hinzurechnung der Schuldzinsen der A-GmbH für Altkredite unter Minderung der Gewerbesteuerrückstellung rückgängig gemacht wird. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Festsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen,
der Klägerin das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die bei der Klägerin - im Folgenden: Kl'in - vorgenommene Hinzurechnung von Zinsen aus sog. Altkrediten ihrer Organgesellschaft nach § 8 Nr. 1, 2. Tatbestandsgruppe GewStG.
Die Kl'in war im Streitjahr 1991 alleinige Gesellschafterin der A-GmbH mit Geschäftsleitung im Beitrittsgebiet. Zwischen dieser und der Kl'in als Organträger wurde mit einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ein gewerbesteuerliches Organschaftsverhältnis (rückwirkend) zum 01.01.1991 vereinbart.
Die A-GmbH, die am . .1990 im Handelsregister eingetragen wurde, ist im Wege der Umwandlung aus dem VEB B entstanden und Gesamtrechtsnachfolgerin hinsichtlich der gegenüber der Staatsbank der DDR bestehenden Kredite.
Mit notariellem Vertrag vom . .199. erwarb die Kl'in mit Wirkung zum . .1991 die Anteile an der A-GmbH von der Treuhandanstalt.
Zum . .1990 beliefen sich die Ende der 60er Jahre gewährten und unstreitig schon vor dem Jahr 1990 mindestens in gleicher Höhe bestehenden Kredite, hinsichtlich derer die A-GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin in das Schuldverhältnis des VEB B gegenüber der Staatsbank der DDR eintrat, auf umgerechnet DM. Diese sog. Altkredite setzten sich lt. Bilanz zum . .1990 aus einem Grundmittelkredit in Höhe von Mark der DDR und einem Umlaufmittelkredit in Höhe von Mark der DDR zusammen, die im Verhältnis 2:1 umgerechnet wurden. Im Rahmen einer Umschuldung am . .1991 wurden die Kredite bei der X-Bank als partieller Rechtsnachfolgerin der Staatsbank getilgt.
Für den Zeitraum vom . .1991 bis zum . .1991 entstanden für die Kredite Zinsen in Höhe von DM.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 02. Juli 1997 I R 28/96, BFH/NV 1998, 212 die Auffassung, die gewinnmindernd gebuchten Entgelte für Altkredite seien als Dauerschuldzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1, 2. Tatbestandsgruppe GewStG anzusehen. Auf Tz. 83b des Betriebsprüfungsberichts für 1990 - 1992 vom . .199. für die A-GmbH und Tz. 166 des Betriebsprüfungsberichts für 1988 bis 1992 vom . . für die Klägerin wird hiermit Bezug genommen. Der Beklagte folgte dieser Auffassung und erließ am . .200. einen auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Änderungsbescheid, mit dem er bei der Ermittlung des Gewerbeertrags die gezahlten Zinsen hälftig, d.h. in Höhe von DM hinzurechnete.
Im anschließenden Einspruchsverfahren machte die Kl'in geltend, bei den Altkrediten habe es sich nicht um Schulden gehandelt, die der längerfristigen Verstärkung des Betriebskapitals gedient hätten. Vielmehr habe das Fremdkapital dem Unternehmen im Jahre 1991 nur vorübergehend, nämlich für ... Monate, zur Verfügung gestanden. Für die Annahme einer nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals setze die Rechtsprechung aber typisierend einen länger als 12 Monaten währenden Zeitraum an (BFH-Urteil vom 28. Mai 1998 X R 80/94, BFH/NV 1999, 359). Soweit der Beklagte zur Begründung des Einjahreszeitraums den Vorlauf der Schulden zu DDR-Zeiten einbeziehe, stünden dem jedoch erhebliche rechtliche Bedenken entgegen.
Denn § 8 Nr. 1 GewStG finde gemäß Art. 8 i.V.m. Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 20 Buchst. h des Einigungsvertrages erst ab dem Erhebungszeitraum 1991 Anwendung. Dass der Gesetzgeber die Vorjahre habe einbeziehen wollen, sei nicht ausdrücklich erwähnt.
Die fehlende ausdrückliche Rückbeziehung sei auch systemkonform, da die Verhältnisse zu DDR-Zeiten nicht ohne Weiteres auf die bundesdeutsche Steuergesetzgebung übertragen werden könnten und vergleichbare Regelungen zu DDR-Zeiten nicht bestanden hätten. Soweit überhaupt Vorlaufzeiten der Altkredite miteinbezogen werden könnten, sei (so Krohm/Trede, in: Steuerliche Betriebsprüfung 1998, 1, 5) frühestens auf den 01.07.1990 abzustellen.
Darüber hinaus stelle die Einbeziehung der Kredite aus DDR-Zeiten eine verfassungsrechtlich unzulässige tatbestandliche Rückanknüpfung dar.
Mit Einspruchsentscheidung vom . .200., die am . .200. zur Post gegeben wurde, wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Hierbei stützte er sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des BFH im Urteil vom 02. Juli 1997 in BFH/NV 1998, 212. Auch wenn der BFH im letzten Satz seiner Entscheidung die Frage, ob die tatsächliche Dauer der Verstärkung des Betriebskapitals zu DDR-Zeiten in die Berechnung der Jahresfrist einzubeziehen sei, ausdrücklich offen gelassen habe, sei davon auszugehen, dass diese Frage zu bejahen sei. Denn der BFH habe für die Frage, ob eine Schuld bestehe und eine Verstärkung des Betriebskapitals vorliege, die Rückanknüpfung an Zeiten vor dem 01.01.1991 und somit vor Inkrafttreten des § 8 Nr. 1 GewStG im Beitrittsgebiet als verfassungsgemäß erachtet. Für die Beurteilung des zeitlichen Moments könne nichts anderes gelten, da auch dieses ein Tatbestandsmerkmal des § 8 Nr. 1 GewStG darstelle. Auch wenn - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - eine tatbestandliche Rückanknüpfung vorliege, weise das BVerfG in seiner Entscheidung vom 03. Dezember 1997 2 BvR 882/97, NJW 1998, 1547 darauf hin, dass diese weit weniger strengen Beschränkungen unterliege als die Rückwirkung von Rechtfolgen. So sei eine Rückwirkung zulässig, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls dies erforderten oder wenn ein schutzbedürftiges Vertrauen des Einzelnen nicht vorhanden sei. Der BFH knüpfe in seinem Urteil vom 08.11.2000 II R 64/98, BStBl II 2001, 422 daran an, dass ein Eingriff in die Grundrechte des Einzelnen zulässig sein könne, wenn die Interessen der Allgemeinheit gegenüber dem Vertrauen des Einzelnen in das Fortbestehen der bestehenden Rechtslage überwiegen würden. Beiden Entscheidungen sei gemein, dass eine Grundrechtsverletzung vorliegen müsse, ehe die Frage der Verfassungsmäßigkeit beurteilt werden könne. Eine solche sei aber vorliegend nicht ersichtlich.
Mit ihrer Klage wendet sich die Kl'in weiterhin gegen die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Zinsen auf Altkredite. Sie vertritt wie bisher die Ansicht, es lägen keine Dauerschulden im Sinne des Gewerbesteuerrechts vor. Dies sei in den Besonderheiten der in der DDR herrschenden Verhältnisse, insbesondere im umfassenden Kontrahierungszwang mit der Staatsbank der DDR begründet. Bei der vom Bekl. vorgenommenen Berechnung der Jahresfrist würde der Kl'in jegliche Möglichkeit genommen, der "Gewerbesteuerfalle" durch frühzeitige Ablösung der Verbindlichkeiten zu entgehen.
Im Klageverfahren hat der Bekl. aus anderen, hier nicht streitbefangenen Gründen am . .200. einen erneuten Änderungsbescheid erlassen, der zwar die Dauerschuldzinsen unberührt gelassen hat, aber kraft Gesetzes (§ 68 FGO) zum Gegenstand des Klageverfahren geworden ist.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Änderungsbescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1991 vom . .200. dahingehend zu ändern, dass die Schuldzinsen der A-GmbH gegenüber der X-Bank in Höhe von DM nicht hälftig dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der Kl'in hinzugerechnet werden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass die Kl'in sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Denn auch im GewStG der DDR habe es in § 8 Nr. 1 eine nahezu identische Vorschrift über die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen gegeben, die sich lediglich in der Höhe der hinzuzurechnenden Zinsen (nicht hälftig, sondern in voller Höhe) unterschieden habe. Dass der VEB dieser gesetzlichen Regelung nicht unterlegen habe, sei zwar zutreffend, aber unerheblich. Denn zumindest die A-GmbH könne sich der Tatsache nicht entziehen, dass für sie sowohl in der DDR als auch im wiedervereinigten Deutschland eine Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen bei der Gewerbesteuer vorzunehmen gewesen sei. Abschließend sei zu berücksichtigen, dass es den Unternehmen bereits vor Februar 1991 offen gestanden habe, eine Entschuldung vorzunehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die dem Gericht vorliegenden Steuerakten (je 1 Bd. Gewerbesteuer und Einspruchsverfahren sowie ein Halbhefter (Bp-Berichte vom . .199. und . .20.., Umlaufmittelkreditvertrag nebst Umlaufmittelplan für das II. Quartal 1990, Bilanz zum 31.12.1989, Schlussbilanz zum 30.06.1990 und Inventurprotokolle per und )) Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid für 1991 ist rechtswidrig und verletzt die Kl'in in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bekl. hat zu Unrecht § 8 Nr. 1 GewStG auf die sog. Altkredite angewendet und 50 v.H. der dafür gezahlten Entgelte dem Gewerbeertrag hinzugerechnet.
1. § 8 Nr. 1 GewStG ist im Beitrittsgebiet ab dem 01.01.1991 anzuwenden (Art. 8 in Verbindung mit Anlage I Kapitel IV B Abschn. II Nr. 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 20 Buchst. h des Einigungsvertrages - EinigVtr -). Nach § 8 Nr. 1 GewStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zur Hälfte die bei seiner Ermittlung abgezogenen Zinsen für Schulden wieder hinzugerechnet, die der nicht nur vorübergehenden Stärkung des Betriebskapitals dienen (sog. zweite Tatbestandsgruppe). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
a) Zwar handelt es sich bei den anfänglich 1968 aufgenommenen Altkrediten, die in der hier vorliegenden Höhe unstreitig schon am 31.12.1989 bestanden, um Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG.
Denn für dieses Tatbestandsmerkmal kommt es nur auf das Bestehen der Schulden, nicht hingegen auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung an (BFH in BFH/NV 1998, 212 unter II. 2.). Daraus folgt - soweit auch das zeitliche Moment des § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt ist -, dass bei Gewerbebetrieben mit Geschäftsleitung im Beitrittsgebiet ab dem Erhebungszeitraum 1991 Entgelte für Dauerschuldzinsen auch dann der Hinzurechnung unterliegen, wenn die Schulden vor dem 01.01.1991 begründet worden sind. Dies wird als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Ferner gelten für die Beurteilung der Altkreditverbindlichkeiten als Schulden im Sinne dieser Vorschrift die allgemeinen Grundsätze; allerdings ist der durch die Besonderheiten der planwirtschaftlichen Kreditvergabe geprägte Entstehungsgrund der Schulden ohne Bedeutung. Auf die Ausführungen des BFH in BFH/NV 1998, 212 unter II. 3. a) und b), denen der Senat in Übereinstimmung mit anderen Finanzgerichten, wie z.B. dem FG Berlin, Urteil vom 14. Dezember 2005 6 K 6304/02, EFG 2006, 1273, folgt, und die insoweit darauf beruhende Begründung in der Einspruchsentscheidung des Bekl. wird hiermit Bezug genommen (§ 105 Abs. 5 FGO).
b) Diese Schulden dienten auch der Verstärkung des Betriebskapitals.
Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der der Senat ebenfalls folgt, dient grundsätzlich jede Schuld des Betriebs der Verstärkung des Betriebskapitals (BFH in BFH/NV 1998, 212 m.w.N.).
Auf das Handeln und den Willen des Unternehmers kommt es ebenso wenig an wie auf den Inhalt und den Entstehungsgrund der Schuld; die Annahme einer Dauerschuld setzt auch keine rechtsgeschäftliche Verpflichtung im Sinne einer sog. Schuldaufnahme voraus (vgl. BFH/NV 1998, 212 m.w.N.). Dementsprechend kann sich die Kl'in nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie selbst keine rechtsgeschäftliche Verpflichtung eingegangen ist und die "Kreditaufnahme" durch den VEB mit einer Darlehensaufnahme nach §§ 607 ff. BGB in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung nicht vergleichbar ist. Vielmehr war die Kl'in zur Rückzahlung der Altkredite, die die Staatsbank der DDR dem VEB gewährt hatte, gegenüber deren Rechtsnachfolgerin, der X-Bank, verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist sie durch Tilgung am . .1991 nachgekommen.
c) Im Streitfall handelt es sich aber lediglich um Schulden, die der nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten.
aa) Eine Schuld - ausgenommen Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs und Kontokorrentschulden, für die abweichende Regeln gelten - dient nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, wenn ihr Gegenwert das Betriebskapital tatsächlich länger als ein Jahr verstärkt (BFH in BFH/NV 1998, 212; BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 I R 73/03, BFHE 211, 43, BStBl II 2006, 134). Bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Dauerschulden einerseits und laufenden Verbindlichkeiten andererseits ist grundsätzlich jedes Schuldverhältnis für sich zu beurteilen; ausnahmsweise sind jedoch mehrere Kredite eines Kreditgebers oder Kredite verschiedener bei der Kreditgewährung zusammenwirkender Kreditgeber als eine einzige Verbindlichkeit zu beurteilen, wenn sie wirtschaftlich eng zusammenhängen und die Bedingungen, zu denen die Kredite gewährt und abgewickelt werden, eine einheitliche längerfristige Kreditgewährung erkennen lassen (BFH-Urteil vom 24. Januar 1996 I R 160/94, BFHE 180, 160, BStBl II 1996, 328, 330 unter 5a).
bb) Entgegen der durch den VEB in der Bilanz zum . .1990 vorgenommenen Aufsplittung in einen Grundmittel- und einen Umlaufmittelkredit hat der Bekl. die Altkredite zu Recht als einen einheitlichen Kredit behandelt. Denn ausweislich des "Umlaufmittel-Kreditvertrags ...." sind die Altkredite als nur eine Verbindlichkeit zu beurteilen. Soweit der "Umlaufmittel-Kreditvertrag" in § 2 eine Aufgliederung in einen planmäßigen Bestandskredit ( M) und einen variablen Forderungskredit ( M) vornimmt, hängen diese Kreditarten wirtschaftlich eng zusammen. Denn der Kredit diente wirtschaftlich in seiner Gesamtheit der Zwangsfinanzierung des damals noch volkseigenen Unternehmens, dass auf eine Zwischenfinanzierung für die Zeit vom Ankauf der Rohstoffe bis zum Verkauf des fertigen Produkts angewiesen war. Er wurde lediglich rechnerisch an den - geschätzten - Umlaufmittelplan geknüpft und wies allenfalls im Spitzenbetrag Schwankungen auf. Ferner wurden die Altkredite im Ganzen in regelmäßigen Abständen prolongiert und damit faktisch längerfristig und unter einheitlichen Bedingungen abgewickelt.
cc) Bei den sog. Altkrediten handelt es sich weder um laufende Verbindlichkeiten noch um Kontokorrentschulden. Den Gegensatz zu den Dauerschulden bilden die so genannten laufenden Verbindlichkeiten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr eines Unternehmens entstehen, soweit sie in der nach Art des Geschäftsvorfalls üblichen Frist getilgt werden; zum laufenden Geschäftsverkehr in diesem Sinne gehören insbesondere Geschäfte, die mit der Anschaffung und Veräußerung von Umlaufvermögen nachweislich in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (st. Rspr.: BFH-Urteil vom 11. November 1997 VIII R 49/95, BFHE 185, 46, BStBl II 1998, 272, 273 unter III. 2. m.w.N.).
Besteht zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Kreditinstitut ein Kontokorrentverhältnis oder ein kontokorrentähnliches Verhältnis, sind die Kontokorrentschulden im Allgemeinen als laufende Schulden, nicht als Dauerschulden anzusehen, wenn der Kredit zur Abdeckung von kurzfristigen Verbindlichkeiten dient und hierfür ein entsprechender Nachweis geführt wird (BFH-Urteile vom 7. August 1990 VIII R 40/87, BFHE 162, 122, BStBl II 1990, 1077, 1080 unter 2a).
Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs liegen unstreitig nicht vor. Die ursprünglich als Umlaufmittelkredite ausgereichten Kredite sind nicht automatisch Schulden des laufenden Geschäftsverkehrs. Vielmehr handelt es sich um eine dauerhafte Kreditaufnahme, die lediglich rechnerisch an den Umlaufmittelplan geknüpft wurde. Trotz gerichtlicher Aufforderung hat die Kl'in eine unmittelbare vertragliche Verknüpfung bei der Aufnahme des Kredits mit einzelnen konkreten laufenden Geschäftsvorfällen im Sinne des von der Rechtsprechung geforderten (vgl. BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 68/00, BFH/NV 2003, 891 unter II. 3. a) aa)) engen wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht nachweisen können. Die Vorlage des Umlaufmittelplans, der lediglich auf einer Vorabschätzung beruht, genügt den strengen Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Ebenso fehlt es an einem Nachweis dafür, dass der Kredit lediglich zur Abdeckung kurzfristiger Verbindlichkeiten diente. Dementsprechend hat sich die Kl'in zuletzt auch nicht mehr auf das Vorliegen laufender Verbindlichkeiten oder eines kontokorrentähnlichen Verhältnisses berufen.
dd) Im Streitfall fehlt es aber an einer länger als ein Jahr währenden Verstärkung des Betriebskapitals der GmbH.
Da nach dem Einigungsvertrag § 8 Nr. 1 GewStG im Beitrittsgebiet erstmals ab dem 01.01.1991 anzuwenden ist, muss auch das zeitliche Moment im Jahre 1991 erfüllt gewesen sein. Dies ist nicht der Fall. Da die Altkredite vorliegend bereits am . .1991 getilgt wurden, kann der Senat die in Tz. 9 des Betriebsprüfungsberichts vom . .199. thematisierte Frage offenlassen, ob eine Zwangsumwandlung zum 01.07.1990 erfolgte oder ob es sich um eine Umwandlung im Sinne der Umwandlungsverordnung handelte, die mit Eintragung in das Handelsregister (hier am . .1990) wirksam wurde. Denn selbst wenn man den weiter zurückliegenden 01.07.1990 als den maßgeblichen Stichtag ansehen würde, wäre die Jahresfrist nicht eingehalten.
Die Einbeziehung früherer Kreditzeiten des VEB kommt im Streitfall nicht in Betracht. Zwar ist es grundsätzlich möglich, an vor dem 01.01.1991 liegende Kreditzeiten der GmbH anzuknüpfen. Nach Auffassung des Senats ist aber für die Berechnung der Jahresfrist die tatsächliche Dauer der Verstärkung des Betriebskapitals des Rechtsvorgängers der GmbH, des seinerzeit unstreitig nicht gewerbesteuerpflichtigen VEB B, zumindest also die Zeit vor dem 01.07.1990, nicht einzubeziehen. Die gegenteilige Ansicht des Bekl. stellt keine zutreffende Auslegung des Gesetzes dar. Sofern sich der Bekl. hierbei auf die Argumentation des BFH in BFH/NV 1998, 212 beruft, kann er damit nicht durchdringen.
Denn anders als im vorliegenden Streitfall hatte der BFH seinerzeit eine Konstellation zu beurteilen, in der die Altkredite das Betriebskapital der Klägerin bereits für mindestens 30 Monate (vom 01.07.1990 bis zum 31.12.1992) verstärkt hatten. Da damit die Jahresfrist weit überschritten war, konnte der BFH in seiner Entscheidung konsequenterweise die Einbeziehung des Vorlaufs der Altkredite zu DDR-Zeiten offenlassen. Wie er allerdings im letzten Satz seiner Entscheidung angedeutet hat, sind diese Vorlaufzeiten im Streitfall gerade nicht in die Berechnung der Jahresfrist einzubeziehen. Denn für das zeitliche Moment der Dauerschulden sind - anders als für das Tatbestandsmerkmal der Schulden - die Besonderheiten der in der ehemaligen DDR herrschenden Verhältnisse, insbesondere die Zwangskreditierung zu beachten. Hierfür sprechen neben der Auslegung der Vorschrift des § 8 Nr. 1 GewStG insbesondere nach ihrem Wortlaut, der Systematik des Gesetzes sowie dem Sinn und Zweck der Norm auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte:
Bereits dadurch, dass der Gesetzgeber auf die nicht nur vorübergehende Verstärkung des "Betriebskapitals" abstellt und in § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG als Steuergegenstand den im Inland betriebenen stehenden Gewerbebetrieb bezeichnet, wird deutlich, dass sich eine Einbeziehung der Verstärkung des Betriebskapitals in einem der GmbH vorgelagerten VEB verbietet. Denn dieser unterlag weder der inländischen Gewerbesteuer noch - ausweislich der Fußnote 1 zu § 2 des Gewerbesteuergesetzes der DDR in der Fassung vom 18. September 1970 - zur Zeit der maßgeblichen Prolongierung der Altkredite der Gewerbesteuer der DDR.
Auch aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 13. Mai 1969 I BvR 25/65 BStBl. II 1969, 424 unter B. II. 2. a)) lässt sich nichts anderes entnehmen.
Weil die Gewerbesteuer den Gewerbebetrieb als solchen besteuert und nicht dessen Inhaber, dienen die Hinzurechnungsvorschriften des § 8 GewStG der Ermittlung eines objektiven Gewerbeertrags.
Der Zweck des § 8 Nr. 1 GewStG liegt also in einer weitgehenden gewerbesteuerlichen Gleichstellung von Erträgen aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital. Durch die Hinzurechnungen des § 8 Nr. 1 GewStG soll erreicht werden, dass die Entgelte für das dem gewerblichen Unternehmen als Dauerbetriebskapital gewidmeten Fremdkapital in einem prozentual begrenzten Umfang - im Streitjahr 50 v.H. - als Ertrag des den Besteuerungsgegenstand bildenden Unternehmens erfasst werden.
Unausgesprochene Grundlage für diese Hinzurechnung ist allerdings die in Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit, die die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und in deren Rahmen die Vertragsfreiheit mit umfasst (BVerfG-Beschluss vom 12. November 1958 2 BvL 4/56, BVerfGE 8, 274, 328). Die in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Unternehmerfreiheit schützt die Dispositionsbefugnis des Unternehmers über die ihm und seinem Unternehmen zugeordneten Güter und Rechtspositionen (BVerfG-Beschluss vom 03. Dezember 1997 2 BvR 882/97, NJW 1998, 1547 unter C. II. 2b). Folglich muss in Anwendung des Art. 2 Abs. 1 GG dem jeweiligen Gewerbebetrieb die wirtschaftliche Entscheidung obliegen, ob bzw. in welchem Umfang er mit Fremdoder Eigenkapital arbeiten möchte mit der Folge, dass er dann auch die gewerbesteuerlichen Konsequenzen trägt. Diese Entscheidungsbefugnis war zu DDR-Zeiten jedoch nicht gegeben.
Vielmehr waren die Besonderheiten der Kreditvergabe, wie der BGH in seinem Urteil vom 26. Oktober 1993 XI ZR 222/92, BGHZ 124,1 unter II. 3. a) und III. im Einzelnen ausgeführt hat, durch das Zusammenwirken von Gewinnabführung und Zwangskreditierung gekennzeichnet. Die Kreditaufnahme war also wesentlich durch die staatlich übertragenen Aufgaben, die staatlich festgesetzten Preise und die staatliche Gewinnabschöpfung bedingt, die eine Verselbstständigung des VEB gerade verhindern sollten.
Dementsprechend würde sich eine Rückanknüpfung hinsichtlich des zeitlichen Moments an die Vorlaufzeiten des Kredites in der DDR wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 GG als verfassungswidrig darstellen. Denn der Rechtsnachfolger des VEB, die im Inland der Gewerbesteuer erst seit 1991 unterliegende A-GmbH (Organ) hätte, wenn man der Rechtsauffassung der Bekl. folgen würde, aufgrund der Vorzeiten der Altkredite beim VEB keine Möglichkeit gehabt, der Hinzurechnung der Dauerschuldentgelte zu entgehen. Eine Tilgung der Kredite bereits in der zweiten Jahreshälfte 1990 war ihr aufgrund ihrer eigenen nach Art. 2 Abs.1 GG garantierten Dispositionsbefugnis nicht zuzumuten. Denn die A-GmbH durfte im Hinblick auf die ständige höchstrichterliche BFH-Rechtsprechung darauf vertrauen, dass sie nach ihrer Entstehung (frühestens 01.07.1990, s.o.) jedenfalls ein Jahr Zeit haben würde, um zu entscheiden, ob sie die von ihr zu tilgenden Altkredite länger als ein Jahr bestehen lassen wollte und damit deren Behandlung als Dauerschulden in Kauf nahm oder nicht.
Zugleich läge in der Rückanknüpfung eine Gleichbehandlung von Rechtsnachfolgern zwangskreditierter Betriebe mit in ihrer Kreditentscheidung freien Betrieben der sozialen Marktwirtschaft, für die sich nach Auffassung des Senats keine sachliche Rechtfertigung fände. Dies würde einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bedeuten. Ein so einschneidender Eingriff in die Rechtsposition des Gewerbebetriebs hätte deshalb nach Auffassung des Senats einer ausdrücklichen und klaren gesetzlichen Anordnung bedurft, unabhängig davon, ob die Regelung als echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) oder unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG zu beurteilen wäre. Denn im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Rechtsstaatsprinzip bedarf es besonderer Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert (BFH in BStBl II 2001, 422). Auch soweit die Rechtsfolgen eines Gesetzes zwar erst - wie vorliegend - nach Verkündung der Norm eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung des Gesetzes verwirklicht worden sind, ist der Eingriff in Grundrechte des Betroffenen nur zulässig, wenn die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage überwiegen. Überwiegende Interessen der Allgemeinheit sind vorliegend allerdings nicht ersichtlich. Demgegenüber ist das Vertrauen der A-GmbH schutzwürdig. Denn zur Zeit der maßgeblichen Prolongierung der Altkredite unterlag ihr Rechtsvorgänger, der VEB B, nicht der Gewerbesteuer und musste deshalb auch nicht mit einer Hinzurechnung von Dauerschuldentgelten rechnen. Erst vom Zeitpunkt der Umwandlung an wurde die A-GmbH gewerbesteuerpflichtig und unterfiel von da an der Regelung des § 8 Nr. 1 des GewStG der DDR, der eine Hinzurechnung von Dauerschuldentgelten zu einem Prozentsatz von 100 v.H. vorsah. Doch auch im GewStG der DDR gab es keine ausdrückliche und klare Anordnung dergestalt, dass die tatsächliche Dauer der Verstärkung des Betriebskapitals des VEB für das zeitliche Moment des § 8 Nr. 1 GewStG DDR einzubeziehen sei.
Da es nach alledem an einer Rechtfertigung für die Einbeziehung von Vorlaufzeiten der dem VEB gewährten Altkredite fehlt, ist § 8 Nr. 1 GewStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nach Auffassung des Senats verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals eine Einbeziehung der Dauer der Verstärkung des Betriebskapitals des VEB ausscheiden muss.
Dementsprechend sind die Entgelte für Dauerschulden von DM um DM auf DM zu kürzen und zu 50 v.H., d.h. in Höhe von DM dem Gewinn der Kl'in aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM hinzuzurechnen. Die Berechnung der sich dadurch ändernden Gewerbesteuerrückstellung für das Streitjahr wird dem Bekl. aufgegeben. Die übrigen Besteuerungsgrundlagen bleiben unverändert.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 Satz 1, 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Revision war zuzulassen, weil der Frage, ob für die Berechnung der
Jahresfrist die tatsächliche Dauer der Verstärkung des Betriebskapitals des nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Rechtsvorgängers einzubeziehen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Ende der Entscheidung
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