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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 8 K 2379/01
Rechtsgebiete: AO, BGB


Vorschriften:

AO § 4
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 8 K 2379/01

In dem Rechtsstreit

wegen Einkommensteuer 1994 und 1995

hat der 8. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 11. Juli 2007 unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht der Richterin am Hessischen Finanzgericht der ehrenamtlichen Richterin des ehrenamtlichen Richters

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Tatbestand:

Nachdem die beklagte Behörde im Rahmen eines Stundungsverfahrens und in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid Verluste aus Wertpapiergeschäften steuermindernd berücksichtigt hat, streiten die Beteiligten im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung darüber, ob das Finanzamt aus Gründen des Vertrauensschutzes gehindert ist, nunmehr in Einkommensteueränderungsbescheiden die Anerkennung der geltend gemachten Verluste zu versagen. Dem Rechtsstreit liegt nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 1994 und 1995 mit diversen Einkunftsarten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Insbesondere bezog der Kläger aus seinem ...betrieb Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aus einem Wertpapierbestand, der bis einschließlich 1993 unstreitig zum Privatvermögen des Klägers gehörte, wurden noch im Kalenderjahr 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte erklärt und versteuert.

Mit Einkommensteuererklärung für 1994 vom xx.xx.1996 machte der Kläger ausweislich der Anlage GSE negative Einkünfte aus Wertpapiergeschäften in Höhe von DM steuermindernd geltend. In der Einkommensteuererklärung für 1995 belief sich der Verlust aus Wertpapierhandel ausweislich der Anlage GSE auf eine Höhe von DM. Aus der Bilanz zum 31.12.1994 ergibt sich, dass der Verlust 1994 in Höhe von DM in Höhe von DM aus Devisentermingeschäften herrührt. Aus der Bilanz zum 31.12.1995 folgt, dass der Verlust von DM in Höhe von - DM auf Devisentermingeschäften beruht. Eine Eröffnungsbilanz zum 01.01.1994 wurde nach Aktenlage nicht erstellt.

Gleichzeitig mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung 1994 richtete der steuerliche Berater der Kläger, Steuerberater A, unter dem . .1996 ein Telefax an die beklagte Behörde. Unter Hinweis auf die Einkommensteuererklärung für 1994 führte er aus, dass sich nach seinen Unterlagen für seine Mandanten ein Erstattungsbetrag von DM ergebe. Aufgrund der Betriebsprüfung für die Kalenderjahre 1989 bis 1993 ergäben sich demgegenüber Einkommensteuer- und Umsatzsteuernachzahlungen in Höhe von insgesamt DM, die am ... fällig seien. Unter Einbezug einer Vorbehaltszahlung (betreffend Einkommensteuernachzahlung 1989) verbleibe nach Verrechnung mit der Einkommensteuererstattung 1994 eine Restverbindlichkeit von DM, die fristgerecht abgebucht werden könne. In Höhe der zu erwartenden Einkommensteuererstattung 1994 von DM beantragte der steuerliche Berater die Aussetzung der Vollziehung, hilfsweise die zinslose Stundung.

Mit Verfügung vom stundete das Finanzamt unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs lediglich Einkommensteuer 1990 in Höhe von DM. In dieser Verfügung wurde ausgeführt: "Die Stundung ergeht längstens bis zur Durchführung der Veranlagung 1994. Der Restbetrag wird aufgrund der vorliegenden Einzugsermächtigung am abgebucht."

In einer Anlage zu dieser Stundungsverfügung bezog sich das Finanzamt auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- und führte aus, dass diese Grundsätze auch für Devisentermingeschäfte gelten würden. Diese seien für sich betrachtet in der Regel nicht unter § 15 des Einkommensteuergesetzes -EStG- einzuordnen, weil die Tätigkeiten nicht auf einen Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet seien. In Zweifelsfällen sei darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspreche, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmache und einer Vermögensverwaltung fremd sei. In den Vorjahren seien die erzielten Gewinne aus Veräußerungen von Wertpapieren - soweit sie nicht unter § 22 Nr. 2 EStG (Spekulationsgewinne) zu erfassen seien - auch nicht als gewerbliche Einkünfte erklärt worden. Warum von dieser Auffassung für das Jahr 1994, in dem erhebliche Verluste erzielt worden seien, abgewichen werde, sei nicht aus der Steuererklärung ersichtlich. Die Verluste aus Gewerbebetrieb, soweit sie den Wertpapierhandel beträfen, seien deshalb bei der Ermittlung der zu erwartenden Einkommensteuerüberzahlung 1994 nicht zu berücksichtigen. Ein Teil der dort erklärten Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben seien den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen.

Mit Schriftsatz vom .1996 erhob Steuerberater A gegen diese Verfügung Einspruch, in dem er sich gegen die Kürzung des beantragten Stundungs-betrages wandte. In diesem Schreiben führte er aus, das Finanzamt kürze ohne Klärung des konkreten Sachverhalts die Verluste aus dem gewerblichen Wertpapierhandel und verweise pauschal auf die Einkommensteuerrichtlinien.

Mit Verfügung vom forderte das Finanzamt Steuerberater A auf, seinen Rechtsbehelf zu begründen. Insbesondere wurde um Angabe von Gründen für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit gebeten.

Mit Schreiben vom wurde zur Begründung des Einspruchs ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne von § 15 Abs. 2 EStG erfüllt seien. Die Wertpapiere seien in der Absicht der alsbaldigen Wiederveräußerung erworben worden. Der An- und Verkauf erfolge über die B-Bank, zu deren Unternehmensgegenstand unter anderem der Wertpapierhandel gehöre. Zudem sei sein Mandant nicht in der Absicht tätig geworden, vorhandenes Vermögen umzuschichten, sondern sein ausschließliches Ziel sei es, eine im An- und Verkaufspreis bestehende Kursdifferenz zu realisieren. Hierzu setze er nicht eigenes Vermögen ein, sondern operiere mit dem ihm eingeräumten Kreditrahmen, der sich im siebenstelligen DM-Bereich bewege. Er stimme dem Finanzamt zu, dass Devisentermingeschäfte in der Regel nicht unter § 15 EStG fielen. Wie oben versucht darzulegen, entspreche der Umfang der Aktivitäten nicht der der Vermögensverwaltung, zumal insbesondere in diesem Marktsegment nicht mit eigenen Mitteln operiert werde, sondern der Kreditrahmen der Bank in Anspruch genommen werde.

Zur weiteren Bearbeitung des Einspruchs wegen der teilweisen Stundungsablehnung forderte das Finanzamt unter dem Steuerberater A auf, diverse Buchhaltungskonten, eine Eröffnungsbilanz mit einer Aufgliederung des Kontos der Beteiligungen nach den verschiedenen Firmen und Anlagearten, Ankaufs- und Verkaufsunterlagen für die Devisentermingeschäfte, Abrechnungen über Zinserträge der ... vorzulegen und mitzuteilen, wie viele Wertpapierverkäufe in 1993 und in 1994 getätigt wurden; außerdem waren die Gesamterlöse 1993 und 1994 mitzuteilen.

Die vorgenannte Verfügung wurde mit Schriftsatz des steuerlichen Beraters vom ... unter Vorlage diverser Unterlagen beantwortet.

Mit Verfügung vom .1996 stundete das Finanzamt unter dem "Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs" vom Fälligkeitstag an "unter vorläufiger Zurückstellung der Entscheidung über den Antrag, auf die Erhebung von Stundungszinsen zu verzichten" Einkommensteuer 1989, 1990, 1991, 1992 und 1993 in Höhe von insgesamt rund - DM. Die Verfügung enthielt den Zusatz: "Die Stundung erfolgt längstens bis zur Durchführung der Einkommensteuerver-anlagung 1994. Die von dieser Verfügung nicht erfassten Beträge () bitte ich bis zum zu entrichten.".

Die weiteren Einzelheiten des Stundungsverfahrens folgen aus Bl. 1 bis 33 ("Stundung ESt 1989-1993", ESt-Akte 1994-1995, vorgeheftet).

Die Einkommensteuer für 1994 wurde erstmals mit Bescheid vom gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. Dabei wurde der Verlust aus den Wertpapiergeschäften steuermindernd berücksichtigt. Entsprechendes gilt für die Einkommensteueränderungsbescheide 1994 vom und . In beiden Änderungsbescheiden wurde der Vorbehalt der Nachprüfung beibehalten.

Die Einkommensteuer 1995 wurde mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom festgesetzt. Auch in diesem Bescheid wurden die Verluste aus Wertpapiergeschäften steuermindernd berücksichtigt. Entsprechendes gilt für den Einkommensteueränderungsbescheid 1995 vom , in dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufrechterhalten blieb.

Im Kalenderjahr 2000 führte die Großbetriebsprüfungsstelle des Finanzamts für den Bereich Wertpapierhandel eine steuerliche Außenprüfung für den Prüfungszeitraum 1994 bis 1998 durch. Der Prüfer führte in seinem Bericht vom aus, dass nach den vorliegenden Unterlagen der Kläger seine Wertpapiergeschäfte am Sitz der Firma ausgeübt habe. Der Wertpapierbestand habe bis einschließlich 1993 zum Privatvermögen des Klägers gehört. Am 21.03.1996 sei eine Steuerbilanz für das nunmehr als gewerblicher Wertpapierhandel geltende Unternehmen durch den Steuerberater erstellt und am 31.03.1996 dem Finanzamt eingereicht worden. Eine Eröffnungsbilanz sei nicht erstellt worden. Vielmehr seien die Wertpapierbestände in Höhe von DM zum 01.01.1994 als gewillkürtes Betriebsvermögen in das neue Unternehmen eingelegt worden. Diese Einlage sei mit den Anschaffungskosten bewertet worden.

Der Prüfer vertrat die Auffassung, bei der Tätigkeit des Klägers handele es sich nicht um ein gewerbliches Unternehmen, sondern um private Vermögensverwaltung. Der Kläger habe die Kriterien der bisher ergangenen Rechtsprechung nicht erfüllt. Insbesondere habe er keine Nachweise vorlegen können, nach denen er sich wie ein fremder Wertpapierhändler am Markt behauptet habe.

Auch der mit Schriftsatz des Steuerberaters A vom gestellte hilfsweise Antrag, die Wertpapiere als gewillkürtes Betriebsvermögen bei dem Einzelunternehmen des Klägers zu berücksichtigen, könne nicht entsprochen werden, weil es an dem von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geforderten eindeutigen, nach außen manifestierten Akt im Zeitpunkt der Widmung fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Prüfungsfeststellungen wird auf die Textziffern 8 bis 12 des Bp-Berichts vom (Bl. 4 bis 6 Sonderband Bp) Bezug genommen.

Der Veranlagungsteilbezirk der beklagten Behörde folgte der Auffassung der Großbetriebsprüfungsstelle des Finanzamts und erließ jeweils unter dem für 1994 und 1995 auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Einkommensteueränderungsbescheide, in denen die Verluste aus Wertpapiergeschäften nicht mehr steuermindernd berücksichtigt wurden.

In dem daran anschließenden Einspruchsverfahren wurde geltend gemacht, das Finanzamt sei aus Vertrauensschutzgründen gehindert, nunmehr dem gewerblichen Wertpapierhandel die Anerkennung zu versagen, nachdem das Finanzamt zuvor - nach Prüfung - eine andere Entscheidung getroffen habe.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor:

Die Versagung der Anerkennung der Verluste, nachdem zuvor - nach ergiebiger Prüfung - eine materiell andere Entscheidung getroffen worden sei, verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, nämlich das Verbot widersprüchlichen Tuns (venire contra factum proprium). Das Finanzamt habe den Fall eingehend geprüft und einer abschließenden rechtlichen Würdigung unterzogen. Steuerberater A habe mit Schriftsatz vom . .1996 den gewerblichen Charakter der getätigten Geschäfte detailliert dargelegt. Das Finanzamt habe am .1996 dem steuerlichen Berater einen Fragenkatalog zugeleitet, den dieser mit Schriftsatz vom .1996 unter Beifügung zahlreicher Unterlagen beantwortet habe. Überdies habe Steuerberater A angeboten, bei Bedarf weitere Unterlagen vorzulegen und für Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Das Finanzamt habe offensichtlich keinen weiteren Klärungsbedarf gehabt.

So sei die Einkommensteuerveranlagung 1994 mit Bescheid vom .1996 erklärungsgemäß unter Anerkennung der Verluste aus den Wertpapiergeschäften erfolgt. In den Bescheiden 1994 und 1995 vom .1996 bzw. .1997 sei nach abschließender Prüfung klar und unmissverständlich geäußert worden, dass die Verluste anzuerkennen seien. Auch die in 2000 durchgeführte Betriebsprüfung habe zu keinen weiteren - über die Prüfungsergebnisse im Stundungsverfahren hinausgehenden - Erkenntnissen geführt. Der Wertpapierhandel sei formell nicht im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen den Einkommensteuerbescheid 1994 behandelt worden, sondern vielmehr im Rahmen des Stundungsbegehrens. Für die Entfaltung von Vertrauensschutz sei dieser Umstand aber unerheblich. Entscheidend sei, dass das Finanzamt erkennbar eine vollständige Sachverhaltsermittlung vorgenommen und daraufhin eine Entscheidung gefällt habe. Es spiele keine Rolle, in welchem Zusammenhang die abschließende Prüfung eines Sachverhalts erfolgt sei. Zwischen dem Stundungsbegehren des Klägers und der Veranlagung zur Einkommensteuer 1994 habe eine unmittelbare Verknüpfung bestanden; der Stundungsbescheid vom .1996 habe nicht nur eine erhöhte Bestandsgarantie; im Rahmen der Stundung sei inzident die materielle Prüfung des für 1994 geltend gemachten Verlustes erfolgt. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verlange, dass der Erstattungsanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehen müsse. Die materielle Prüfung eines Erstattungsanspruchs bei Stundung sei keine kursorische, sondern eine genaue.

Die Vorbehaltsfestsetzung in den Bescheiden vom .1996 bzw. .1997 stehe der Entfaltung von Vertrauensschutz nicht entgegen. Sobald das Finanzamt erkennbar eine vollständige Sachverhaltsermittlung vorgenommen und daraufhin eine Entscheidung getroffen habe, sei das Finanzamt an diese rechtliche Würdigung gebunden. Dies gelte auch dann, wenn die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sei. Insoweit beziehe sich der in den oben genannten Steuerbescheiden enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung nicht auf die Einkünfte aus gewerblichem Wertpapierhandel.

Die Grundsätze von Treu und Glauben geböten es, dass im Rechtsverkehr jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nehme und sich mit seinem eigenen früheren Verhalten, auf das der andere vertraut habe, nicht in Widerspruch setzte. Das Verbot des venire contra factum proprium gelte auch im Steuerrecht. Die Grundsätze von Treu und Glauben wirkten rechtsbegrenzend. Sie führten nicht zum Erlöschen von Rechten, hinderten jedoch die Geltendmachung. Selbst wenn im vorliegenden Fall eine Gewerblichkeit des Wertpapierhandels nicht gegeben wäre, wäre das Finanzamt an einer Besteuerung der Gewinne und Verluste aus den Wertpapiergeschäften im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung gehindert.

Obwohl eine Zuordnung der Wertpapiergeschäfte zur privaten Vermögensverwaltung - so die Kläger weiter - bereits aus dem Aspekt des Vertrauensschutzes ausscheide, sei in materiell-rechtlicher Hinsicht festzuhalten, dass es sich bei den in Rede stehenden Wertpapiergeschäften um eine gewerbliche Betätigung handele. Entscheidend sei das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsauffassung. Der Kläger habe seine Geschäfte ausschließlich fremdfinanziert. Er habe sich - entsprechend den Erfordernissen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - auch wie ein Händler verhalten. Insbesondere sei auch das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllt, denn der Kläger habe die Geschäfte ausschließlich eigenverantwortlich und auf eigene Rechnung getätigt. Er habe zweifelsfrei Unternehmerinitiative entfaltet und habe allein das Risiko getragen. Er habe die Wertpapiergeschäfte vom Sitz der Firma aus getätigt. Eine solche Abwicklung unter Ausnützung der beruflichen Möglichkeiten sei für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnlich.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. Juni 2003, III R 26/00, BFH/NV 2003, 1529 - so die Kläger weiter - bestätige die in der Klage dargelegte Auffassung der Kläger, dass die angefochtene Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1994 und 1995 gegen den Grundsatz von Treu und Glauben in der Form des Verbots widersprüchlichen Tuns verstoße. Mit dieser Entscheidung habe der BFH festgestellt, dass das Finanzamt durch sein früheres Verhalten - auch außerhalb einer verbindlichen Zusage - aufgrund des von ihm geschaffenen Vertrauenstatbestands gehindert sein kann, einen auf den Einspruch des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten ergangenen Bescheid zu ändern. Dieser Einschränkung der Änderungsbefugnis stehe auch nicht entgegen, dass der betreffende Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sei. Im Streitfall sei aufgrund der besonderen Umstände und des Verhaltens des Finanzamts ein Vertrauenstatbestand entstanden, der das Finanzamt trotz der Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung daran hindere, die Einkommensteuerbescheide vom .1997 für 1994 und vom 1997 für 1995 dahingehend zu ändern, dass die erklärten Verluste aus dem Gewerbebetrieb "Wertpapierhandel" nicht berücksichtigt würden. Das Finanzamt hätte im Rahmen des Stundungsbegehrens der Kläger vom 1996 aufgrund der zu erwartenden Steuererstattung aus der Einkommensteuerveranlagung 1994 den Sachverhalt und damit die Frage des Vorliegens eines gewerblichen Wertpapierhandels abschließend geprüft. Dies zeige sich insbesondere in dem seitens des beklagten Finanzamts übermittelten Fragenkatalog und dessen Beantwortung durch den Steuerberater A. Die geänderte Stundungsverfügung, die den Gesamtverlust aus dem gewerblichen Wertpapierhandel berücksichtige, datiere vom .1996. Unmittelbar hiernach sei der Einkommensteuerbescheid für 1994 unter dem .1996 ergangen. Auch dies zeige, dass die Prüfung des gewerblichen Wertpapierhandels sowohl im Rahmen des Stundungsbegehrens als auch - zumindest inzidenter - im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1994 erfolgt sei. Der ursprüngliche, die Verluste aus dem gewerblichen Wertpapierhandel anerkennende Einkommensteuerbescheid für 1995 datiere vom .1997. Nicht zuletzt auch aus dieser Tatsache, dass der Wertpapierhandel auch ein Jahr nach der umfassenden Prüfung weiterhin anerkannt worden sei, begründe sich ein Vertrauenstatbestand.

Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheids für 1995 müsste sich im Übrigen auch der Hinweis auf dem Bescheid "die nicht mehr benötigten Belege sind wieder beigefügt" bei den Klägern den Eindruck erwecken, die Prüfung nach der Anerkennung der Verluste aus dem gewerblichen Wertpapierhandel sei verbindlich geklärt.

Obwohl es - so die Kläger weiter - nicht auf die Frage ankomme, ob vorliegend die materiellrechtlichen Voraussetzungen des gewerblichen Wertpapierhandels erfüllt seien, müsse Berücksichtigung finden, dass Steuerberater A mit Schreiben vom 1996 an das Finanzamt bestätigt habe, dass Devisentermingeschäfte in der Regel nicht unter § 15 EStG einzuordnen seien. Steuerberater A habe aber in diesem Schreiben zugleich ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen es sich vorliegend gerade nicht um den Regelfall, sondern um einen anders zu beurteilenden Einzelfall handele.

Soweit sich das Gericht in Bezug auf die Abgrenzung eines gewerblichen Wertpapierhandels von der Vermögensverwaltung auf das BFH-Urteil vom 30. Juli 2003, IX R 7/99, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2004, 408 ff. beziehe, sei anzumerken, dass ein Abstellen auf die Vorschriften des Kreditwesengesetzes der Sache nicht gerecht werde. Zum einen sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund das Vorliegen eines Gewerbebetriebs im Rahmen des Wertpapierhandels anders als zum Beispiel im Rahmen des Grundstückshandels an derart strenge Voraussetzungen geknüpft werden solle. Zum anderen gehe die Heranziehung der Bestimmungen des Kreditwesengesetzes für die Frage, ob die Einkünfte bzw. Verluste aus dem An- und Verkauf von Wertpapieren steuerlich als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien, insoweit fehl, als dass das Kreditwesengesetz einem von der Besteuerung völlig unabhängigen Zweck - vornehmlich dem Schutz privater Anleger - diene.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom .2001 und den Einkommensteuerbescheid 1995 vom .2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom .2001 dahingehend zu ändern, dass die geltend gemachten Verluste aus gewerblichem Wertpapierhandel in Höhe von DM in 1994 und DM in 1995 anerkannt und eine entsprechend niedrigere Einkommensteuer festgesetzt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt meint, entgegen der Auffassung der Kläger habe das Finanzamt keine abschließende Sachverhaltsermittlung und keine abschließende rechtliche Würdigung vorgenommen. Eine anders lautende Beurteilung könne auch nicht aus dem Verhalten der beklagten Behörde im Einspruchsverfahren wegen Stundung abgeleitet werden. Voraussetzung für die Gewährung einer Verrechnungsstundung sei unter anderem, dass der Gegenanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehe, das heißt, dass trotz Vorliegens gewisser Restzweifel - sei es rechtlicher oder tatsächlicher Art - der Ermessensspielraum des Beklagten derart eingeengt sein könnte, dass dem Stundungsbegehren zu entsprechen sei. Aus dem Umstand, dass in dem Stundungsverfahren auf das Angebot des Steuerberaters A, bei Bedarf weitere Unterlagen vorzulegen, nicht eingegangen worden sei, könne eben nicht gefolgert werden, dass für das Steuerfestsetzungsverfahren kein weiterer Ermittlungsbedarf bestanden habe, denn auch im Einspruchsverfahren im Falle einer Stundung bestimme das Finanzamt Art und Umfang der Ermittlungen. Der Vorbehalt der Nachprüfung habe seine volle Rechtswirkung entfaltet.

Es sei - so das Finanzamt - nicht zu erkennen, dass die Steuerbescheide vom 1996 und .1997 das Ergebnis abschließender Prüfung der Verlustanerkennung des gewerblichen Wertpapierhandels darstellten und damit keiner Änderung mehr zugänglich seien. Das Finanzamt habe erstmals im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1994 vom angeblichen Gewerbebetrieb erfahren. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH gehörten Wertpapiergeschäfte auf eigene Rechnung - selbst in größerem Umfang - im Allgemeinen zur privaten Vermögensverwaltung. Entscheidend sei ein händlertypischer Warenumschlag. Professionelle Wertpapierverkäufer betätigten sich vorwiegend zur Abwicklung von Drittgeschäften. Die recht umfangreichen, gut organisierten und auch wohl zeitaufwendigen Geschäfte des Klägers führten unter Beachtung aller Umstände nicht dazu, dass seine Aktivitäten dem gewerblichen Bereich zuzuordnen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem erkennenden Senat haben sieben Bände Steuerakten vorgelegen (Einkommensteuerakte 1993, Band 7, Einkommensteuerakte 1994 und 1995 einschließlich Stundungsvorgang Einkommensteuer 1989 - 1993, Sonderband für Betriebsprüfungsberichte Wertpapierhandel, Bilanzheft Band I, roter Halbhefter "Einkommensteuerbescheide 1990 - 1992", roter Halbhefter "Schriftsätze des Steuerberaters A vom .2000 und .2000, Fallheft der Betriebsprüfung "Wp-Handel .").

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1994 und 1995 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Der Beklagte war aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht gehindert, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide zu ändern. Der Kläger hat in den Streitjahren auch keinen gewerblichen Wertpapierhandel betrieben. Im Einzelnen gilt Folgendes:

I. Der Beklagte war aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht gehindert, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide zu ändern.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangener Bescheid gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 AO bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ohne sachliche Einschränkung jederzeit in vollem Umfang aus formellen oder materiellen Gründen geändert werden, auch wenn diese Gründe dem Finanzamt zum Zeitpunkt des Erlasses des Vorbehaltsbescheides schon bekannt waren. Der Vorbehalt der Nachprüfung wirkt solange fort, bis er ausdrücklich aufgehoben wird oder wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist entfällt.

Ein Bescheid, der einem Einspruch abhilft, ist ebenfalls in vollem Umfang änderbar, wenn ihn das Finanzamt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen hat. Durch die Festsetzung unter Vorbehalt macht das Finanzamt deutlich, dass es die Sache noch nicht abschließend geprüft hat und der Steuerpflichtige mit einer abweichenden Beurteilung rechnen muss, und zwar auch insoweit, als das Finanzamt abgeholfen hat.

Die Grundsätze von Treu und Glauben hindern das Finanzamt grundsätzlich nicht, einen auf den Einspruch des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten ergangenen Bescheid zu ändern, wenn der abhelfende Bescheid fehlerhaft ist und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, da ein wirksamer Vorbehalt der Nachprüfung regelmäßig das Entstehen eines für die Bindung an Treu und Glauben notwendigen Vertrauenstatbestands verhindert. Denn wenn das Finanzamt nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO die Steuer ohne Begründung unter Vorbehalt der Nachprüfung festsetzen und die Festsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO jederzeit aufheben oder ändern kann, so bedeutet das für den Steuerpflichtigen, dass er regelmäßig mit der umfänglichen formellen und materiellen Überprüfung seines Anspruchs bis zum Ergehen des endgültigen Bescheids rechnen muss. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Finanzamt eine bindende Zusage erteilt oder durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BFH, Urteil vom 5. Juni 2003, III R 26/00, BFH/NV 2003, 1529 ff., 1530 unter II. 1. a) mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es zu einer Verdrängung des gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben aber nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinen Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (BFH-Beschluss vom 28. August 2002, V B 71/02, BFH/NV 2003, 4 f., 5 unter II. 1.; BFH-Urteil vom 5. September 2000, IX R 33/97, BFHE 192, 559 ff., BStBl II 2000, 676 ff., 683 unter 4 b) mit weiteren Nachweisen).

Ein Vertrauenstatbestand besteht in einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen kann, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten. Ein Vertrauenstatbestand erfordert daher neben weiteren Voraussetzungen die eindeutige, klare und unmissverständliche Äußerung, dass ein bestimmter Tatbestand für die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts maßgeblich sein soll (BFH, Urteil vom 15. Dezember 1999, XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708 ff., 710 unter II. 1.) mit weiteren Nachweisen).

2. Im Streitfall hat das Finanzamt - entgegen der Ansicht der Kläger - keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, denn es fehlt an einer eindeutigen, klaren und unmissverständlichen Äußerung des Finanzamts, die verlustbringenden Wertpapiergeschäfte würden dauerhaft steuermindernd berücksichtigt.

a) Bei objektiver Beurteilung konnte aus der Stundungsverfügung vom .1996 der Schluss gezogen werden, dass die Verluste im Ergebnis lediglich vorläufig anerkannt werden sollten.

Dies folgt zunächst aus dem Umstand, dass die Finanzbehörde die Stundung unter den Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs gestellt hat. Damit war die Stundungsverfügung - zulässigerweise - mit einer Nebenbestimmung (Widerrufsvorbehalt) im Sinne von § 120 Abs. 2 AO versehen, die die Finanzbehörde in die Lage versetzte, die Stundung zu widerrufen, wenn sich herausgestellt hätte, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Stundung nicht mehr gegeben wären, oder wenn sich andere Gesichtspunkte ergeben hätten, die es ermöglicht hätten, den Stundungsantrag von vornherein ermessensfehlerfrei abzulehnen (Kruse in Tipke-Kruse, AO/FGO, Stand: 5/2007, § 222 Textziffer 63).

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Finanzbehörde in der Stundungsverfügung die Entscheidung über den Antrag, auf die Erhebung von Stundungszinsen zu verzichten, vorläufig zurückgestellt hat. Dadurch wird deutlich, dass sich das Finanzamt in der Zukunft mit der Zinsproblematik - und damit verbunden auch mit den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis - befassen wird. Denn die nach Maßgabe von § 234 Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich zu erhebenden Stundungszinsen (Ausnahme: § 234 Abs. 2 AO) sind - wie jede Zinsschuld - in ihrer Entstehung von der Hauptschuld abhängig. Besteht eine Hauptschuld nicht, entsteht auch keine Zinsschuld (Grundsatz der Akzessorietät, Koenig in Pahlke/Koenig, AO, § 233 Rdnr. 5). Zu dieser Prüfung bestand gerade bei der im Streitfall vorliegenden Verrechnungsstundung hinreichende Veranlassung, denn es standen sich Steuernachforderungen des Staates und (mögliche) Steuererstattungsansprüche des Klägers gegenüber (zum Zinsverzicht bei sogenannter Verrechnungsstundung: Koenig, a.a.O., § 234 Rdnr. 19 mit weiteren Nachweisen).

Schließlich hat die Finanzbehörde in der Stundungsverfügung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Stundung längstens bis zur Durchführung der Einkommensteuerveranlagung 1994 erfolgt. Mit diesem Zusatz wurde nicht nur in zeitlicher Hinsicht die Dauer der Stundung - bestimmbar - umschrieben. Vielmehr hat die Finanzbehörde nach der Überzeugung des erkennenden Senats insoweit auch sachlich einen Vorbehalt geäußert, den sie mit Erlass des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheids für 1994 zeitnah zum Ausdruck gebracht hat. Der Beklagte hat den vorgenannten Steuerbescheid am .1996, also - wie die Prozessbevollmächtigten zu Recht feststellen - unmittelbar im Anschluss an die den Gesamtverlust aus Wertpapiergeschäften berücksichtigende Stundungsverfügung vom 1996 erlassen. Damit wird aber gerade - entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten - die in der Stundungsverfügung zum Ausdruck kommende vorläufige Berücksichtigung des Gesamtverlusts nicht nur bestätigt, sondern bei der anzustellenden objektiven Beurteilung verstärkt.

b) Auch nach dem Erlass des (ersten) Einkommensteuerbescheids für 1994 vom .1996 kann aus dem Verhalten der Finanzbehörde kein Vertrauenstatbestand abgeleitet werden.

Der (erste) Einkommensteuerbescheid für 1995 vom .1997 ist ebenfalls - wie der Bescheid für 1994 vom 1996 - nach Maßgabe von § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, so dass das Finanzamt in der Lage war, auch diesen Bescheid ohne sachliche Einschränkung jederzeit in vollem Umfang aus formellen oder materiellen Gründen zu ändern. Damit wird die zuvor beschriebene Vorläufigkeit der Berücksichtigung der Verluste aufrechterhalten.

Entsprechendes gilt für die weiteren Einkommensteueränderungsbescheide, die allesamt wie die vorhergehenden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind.

Der im Bescheid für 1995 vom .1997 enthaltene Hinweis, die nicht mehr benötigten Belege seien wieder beigefügt, ändert nichts an der vorgenannten Beurteilung, denn dieser Hinweis ist im Rahmen von Veranlagungsarbeiten der Finanzbehörde allgemein üblich und lässt insbesondere für den Streitfall einen Bezug zu den in Rede stehenden Verlusten aus Wertpapiergeschäften völlig vermissen.

c) In tatsächlicher Hinsicht konnten die Kläger schon deshalb nicht auf eine endgültige Anerkennung der Verluste im Stundungsverfahren vertrauen, weil - entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten - keine eingehende Prüfung erfolgt und abschließende Entscheidung getroffen worden ist.

Der für das Einspruchsverfahren wegen Stundungsablehnung zuständige Sachgebietsleiter hat zwar mit Verfügung vom 1996 korrekterweise versucht, den Sachverhalt unter Anforderung zahlreicher Unterlagen weitestgehend aufzuklären.

Eine eingehende Prüfung des Sachverhalts ist nach Aktenlage aber erst durch den Großbetriebsprüfer erfolgt.

So hat der Prüfer nach Aktenlage für den Bereich Wertpapierhandel (Prüfungszeitraum 1994 bis 1998) allein zehn Prüfungstage benötigt. Er hat bei den Prüfungsvorbereitungen aktenkundige Zweifel geäußert, ob der Wertpapierhandel tatsächlich am 01.01.1994 begonnen hat oder ob Nachbuchungen erfolgt sind, als die Verluste bereits festgestanden haben (Bl. 4 Fallheft). Außerdem hat der Prüfer in dem Zeitraum Mai bis Juli 2000 zahlreiche Unterlagen und Belege angefordert, die dem für das Einspruchsverfahren wegen Stundungsablehnung zuständigen Sachgebietsleiter offenkundig nicht vorgelegen haben (Bl. 16, 18, 35 Fallheft).

In diesem Zusammenhang ist ferner festzuhalten, dass die Betriebsprüfung durchaus weitergehende Erkenntnisse gegenüber dem Einspruchsverfahren wegen Stundungsablehnung erbracht hat. So hat der Prüfer beispielsweise festgestellt, dass der Kläger seine Wertpapiergeschäfte vom Sitz der Einzelfirma aus getätigt und weder Kosten noch Umlagen für die Benutzung der Büroausstattung berechnet hat (Bl. 4 Sonderband Bp, Bl. 34 Fallheft). Ein Mindestmaß an kaufmännischer Organisation ist aber auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Kriterium für die Abgrenzung gewerblicher Wertpapierhandel / Vermögensverwaltung.

d) In rechtlicher Hinsicht ist der erkennende Senat davon überzeugt, das es - entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten - sehr wohl einen Unterschied macht, ob die streitigen Wertpapiergeschäfte im Rahmen des Stundungsbegehrens oder im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens behandelt werden, denn die Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis und die Steuerfestsetzung unterscheiden sich grundlegend.

Den Prozessbevollmächtigten ist zwar zuzugeben, dass bei einer sogenannten Verrechnungsstundung unter anderem der Gegenanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehen muss, um die Verpflichtung zur Steuerzahlung bei Fälligkeit als erhebliche Härte werten zu können (BFH-Urteil vom 7. März 1985, IV R 161/81, BFHE 143, 397 ff., BStBl II 1985, 449, 451 unter 2 a)). In derselben Entscheidung hat der Bundesfinanzhof aber auch unter Hinweis auf ältere Entscheidungen ausgeführt, dass eine Stundung unter gewissen Voraussetzungen als mögliche Maßnahme zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angesehen werden kann (BFH, a.a.O., 450 unter 1.).

Die Stundung nach § 222 AO ist ein im Billigkeitsweg getroffener, einseitiger, rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die Fälligkeit eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis hinausschiebt und dem Steuererhebungsverfahren zuzuordnen ist. Die Stundung bezweckt eine befristete Korrektur der steuerlichen Belastung, wenn dem Steuerschuldner nicht zugemutet werden kann, gerade zum Fälligkeitszeitpunkt die Zahlung zu entrichten. Damit dient die Stundung der Einzelfallgerechtigkeit (Fritsch in Pahlke/Koenig, a.a.O., § 222 Rdnr. 2 mit weiteren Nachweisen).

Die Steuerfestsetzung nach §§ 155 ff. AO hat demgegenüber den Zweck, eine sichere Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis zu schaffen. Die Steuerfestsetzung ist ein Verfahren, das unmittelbar auf eine verbindliche Entscheidung der Finanzbehörde über den Steueranspruch und über den Steuerschuldner gerichtet ist (Cöster in Pahlke/Koenig, a.a.O., § 155 Rdnr. 1 und 13). Insbesondere kommt dem Steuerbescheid Bindungswirkung zu. Er ist von der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen zu beachten, solange und soweit der Bescheid nicht aufgehoben oder geändert wird. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf den im Bescheid bezeichneten Steuerschuldner sowie auf die im Bescheid genannte Steuer nach Steuerart und Steuerbetrag und zusätzlich bei periodischen Steuern auf den im Bescheid genannten Bemessungs- oder Veranlagungszeitraum (Cöster, a.a.O., § 155 Rdnr. 18).

Wollte man - wie die Kläger meinen - aus der Stundungsverfügung vom .1996, die - wie oben dargelegt - mit mehreren Vorbehalten versehen war, einen Vertrauenstatbestand ableiten, so würde man das Stundungsverfahren - eine der Einzelfallgerechtigkeit dienende Ermessensentscheidung aus dem Erhebungsverfahren der Abgabenordnung - zu einem "vorweggenommenen Steuerfestsetzungsverfahren" erheben. Hierzu dient das Stundungsverfahren gerade nicht.

Nach alledem war der Beklagte aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht gehindert, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide zu ändern.

II. Der Kläger hat in den Streitjahren auch keinen gewerblichen Wertpapierhandel betrieben.

Gewerbebetrieb ist gemäß § 15 Abs. 2 EStG eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal muss hinzukommen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (ausführlich: Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984, GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 unter C. III. 3. b) aa)).

3. Im Streitfall kann dahinstehen, ob sich der Kläger mit seinen Wertpapiergeschäften am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat. Denn sowohl im Einspruchsverfahren (Schriftsatz des Steuerberaters A vom .1996) als auch im Klageverfahren (Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom .2001) hat der Kläger vortragen lassen, dass es sein Ziel gewesen sei, sich aus An- und Verkaufspreis der Papiere ergebende Kursdifferenzen als Gewinne zu realisieren. Dies deutet darauf hin, dass es sich dabei um Differenzgeschäfte gehandelt hat, die weder einen Anschaffungs- noch einen Veräußerungsvorgang oder eine sonstige Leistung beinhalten (hierzu: BFH-Urteil vom 19. Februar 1997, XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399 ff., 401 unter II. 1. a) mit weiteren Nachweisen; ferner: Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 26. Auflage 2007, § 15 Rdnr. 91 mit weiteren Nachweisen).

4. Jedenfalls hat der An- und Verkauf von Wertpapieren den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten.

a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs überschreitet der An- und Verkauf von Wertpapieren grundsätzlich noch nicht den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung, wenn die entfaltete Tätigkeit dem Bild eines "Wertpapierhandelsunternehmens" im Sinne des § 1 Abs. 3 d) Satz 2 Kreditwesengesetz - KWG - bzw. eines "Finanzunternehmens" im Sinne des § 1 Abs. 3 KWG nicht vergleichbar ist (grundlegend: BFH-Urteil vom 30. Juli 2003, X R 7/99, BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408 bis 414). Ob eine Tätigkeit noch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, lässt sich nicht für alle Wirtschaftsgüter nach einheitlichen Maßstäben beurteilen. Vielmehr sind die jeweiligen artspezifischen Besonderheiten zu beachten. Bezogen auf den An- und Verkauf von Wertpapieren kommt als Maßstab für die Abgrenzung zwischen Gewerblichkeit und Vermögensverwaltung zum einen die Tätigkeit des Händlers in Betracht; sie unterscheidet sich von der privaten Anlage von Wertpapiervermögen einschließlich dessen Umschichtung durch den händlertypischen marktmäßigen Umschlag von Sachwerten. Zum anderen betont die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass sich die Gewerblichkeit daraus ergeben kann, dass ein eng mit den eigenen Wertpapiergeschäften verbundenes Tätigwerden für fremde Rechnung besonders ins Gewicht fällt (BFH, a.a.O., 410 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der BFH-Rechtsprechung). Während das Berufsbild des "Wertpapierhändlers" nach § 1 Abs. 3 d) Satz 2 KWG durch ein Tätigwerden "für fremde Rechnung" gekennzeichnet wird (BFH, a.a.O., 411, 412), enthält § 1 Abs. 3 KWG eine Definition des sogenannten "Finanzunternehmens". Dies sind Unternehmen, die keine Institute sind und deren Haupttätigkeit darin besteht, mit Finanzinstrumenten für eigene Rechnung zu handeln. Finanzunternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Handel mit institutionellen Partnern betreiben, also nicht lediglich über eine Depotbank am Marktgeschehen teilnehmen. Auch dieses "Leitbild" hat schon der bisherigen Rechtsprechung zugrunde gelegen, die ein Tätigwerden im unmittelbaren Handel mit anderen Marktteilnehmern als starkes Indiz für Gewerblichkeit angesehen hat. Umgekehrt ist eine Abwicklung der Geschäfte über eine depotführende Bank, ohne selbst Kontrahenten zu suchen, kennzeichnend für Transaktionen, die den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschreiten. Außerdem muss der Wertpapierhandel nach der gesetzlichen Definition in § 1 Abs. 3 KWG die Haupttätigkeit eines Finanzunternehmens darstellen und das Finanzunternehmen muss ein Mindestmaß an kaufmännischer Organisation aufweisen (BFH, a.a.O., 412 unter g), bb) bis dd)). Auch wenn nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dem Merkmal "betriebliche Organisation" angesichts des Wandels, den die private Anlagetätigkeit genommen hat, nur noch geringe Bedeutung zukommt, müssen der Büroraum und die Ausstattungsgegen-stände - um überhaupt eine für den Wertpapierhandel vorgehaltene betriebliche Organisation zu bilden - erkennbar für den Wertpapierhandel bestimmt sein. Die Mitbenutzung eines dem Steuerpflichtigen aus anderen Gründen ohnehin zu Verfügung stehenden Büros reicht dafür nach der ständigen Rechtsprechung nicht aus (BFH, a.a.O., 413; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998, XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448, 449 unter 2. b); ferner: BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000, X R 67/98, BFH/NV 2001, 1015 ff., 1017 unter II. 3. c)).

b) Die oben dargestellten Grundsätze sind auf den Streitfall trotz der von den Prozessbevollmächtigten schriftsätzlich und im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragenen Bedenken ohne Einschränkung anwendbar.

Zum einen wird die Abgrenzung einer privaten Vermögensverwaltung von einer gewerblichen Betätigung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung deshalb unterschiedlich vorgenommen, weil sich die Zuordnung einer Tätigkeit zur privaten Vermögensverwaltung nicht für alle Wirtschaftsgüter nach einheitlichen Maßstäben beurteilen lässt. Vielmehr werden die artspezifischen Besonderheiten beachtet. So lassen sich Wertpapiere - im Gegensatz zu Grundstücken - leicht und schnell erwerben; es genügt der Auftrag an die Bank. Dem Charakter der Vermögensanlage in Wertpapieren entspricht es, dass sie nicht nur auf die Erzielung von Zins- und Dividendenerträgen ausgerichtet ist, sondern - wegen der kurzfristigen Verwertbarkeit der Wirtschaftsgüter - auch Wertveränderungen durch An- und Verkauf genutzt werden, um dadurch Erträge in Form von Kursgewinnen zu erzielen. Daraus folgt, dass selbst bei häufigem Umschlag von Wertpapieren der Bereich der privaten Vermögensverwaltung noch nicht verlassen wird (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998, XI R 80/97, a. a. O. unter II. 2. a) mit weiteren Nachweisen; ausdrücklich nochmals klargestellt: BFH-Urteil vom 30. Juli 2003, a.a.O., 410 unter 2. c) mit weiteren Nachweisen).

Zum anderen zieht die BFH-Rechtsprechung die Bestimmungen des Kreditwesengesetzes nicht für die Beantwortung der Frage heran, ob Gewinne oder Verluste aus dem An- und Verkauf von Wertpapieren steuerlich als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind. Der X. Senat des BFH hat vielmehr versucht, die "Bilder" des unternehmerisch tätigen Händlers und Dienstleisters einerseits und des privaten Anlegers andererseits mit Hilfe der Bestimmungen des Kreditwesengesetzes zu konturieren; die zum Teil andere Zweckbestimmung des Kreditwesengesetzes war dem X. Senat bekannt (BFH-Urteil vom 30. Juli 2003, a.a.O., 411, unter 2. f.).

c) Die vom Kläger getätigten Wertpapiergeschäfte erfüllen nicht die zuvor dargestellten Voraussetzungen.

Das Berufsbild eines Wertpapierhändlers scheidet schon deshalb aus, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag nur auf eigene Rechnung - nicht auf fremde Rechnung - tätig geworden ist.

Der Kläger hat sich auch nicht wie ein Finanzunternehmen betätigt.

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger den Handel mit sogenannten institutionellen Partnern betrieben hat. Er hat nicht unmittelbar am Marktgeschehen teilgenommen, in dem er etwa selbst Kontrahenten gesucht hat, sondern er hat seine Geschäfte lediglich über eine .... - eine Depotbank - abgewickelt.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich die Wertpapiergeschäfte gegenüber der Einzelfirma .... als Haupttätigkeit des Klägers darstellen. Auch wenn sich die Anzahl der Wertpapiergeschäfte und das Maß der Fremdfinanzierung in den klagebefangenen Streitjahren erhöht haben sollten, stellt die Einzelfirma des Klägers seine Haupteinnahmequelle dar. Die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstiger Einkünfte bis einschließlich 1993 lassen den Schluss zu, dass bis zu diesem Zeitraum ebenfalls Wertpapiergeschäfte in erheblichem Umfang im Rahmen privater Vermögensverwaltung getätigt worden sind. Für die Beurteilung, bei der Einzelfirma handele es sich um die Haupttätigkeit des Klägers, spricht nicht zuletzt der vom Steuerberater im Rahmen der Betriebsprüfung hilfsweise gestellte Antrag, die Wertpapiere als gewillkürtes Betriebsvermögen des Einzelunternehmens zu behandeln.

Im Übrigen fehlt es - wie bereits oben in anderem Zusammenhang ausgeführt - an einer erkennbar für den Wertpapierhandel bestimmten betrieblichen Organisation.

Danach war die Klage abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Revision war nicht zuzulassen.

Ein Zulassungsgrund im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der erkennende Senat hat die einschlägige und aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den oben dargestellten Problemkreisen auf den Streitfall zur Anwendung gebracht.

Ende der Entscheidung

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