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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 28.08.2008
Aktenzeichen: 8 K 408/08
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 152 Abs. 2 S. 1
AO § 152 Abs. 2 S. 2
AO § 152 Abs. 3
AO § 152 Abs. 4
AO § 181 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 8 K 408/08

In dem Rechtsstreit

wegen Verspätungszuschlag zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2005

hat der 8. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 28. August 2008 unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht der Richterin am Hessischen Finanzgericht sowie und als ehrenamtliche Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Angemessenheit der Höhe eines Verspätungszuschlags.

Die Klägerin - im Folgenden: Kl'in - ist Steuerberaterin. Als Gesellschafterin und Empfangsbevollmächtigte der K-GbR war sie zur Abgabe der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 2005 verpflichtet. Nach Ablauf einer bis zum 31.01.2007 gewährten Fristverlängerung reichte die Kl'in erst nach Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld die Feststellungserklärung am 03.07.2007 beim Beklagten - im Folgenden: Bekl. - ein.

Bereits in den Feststellungs- bzw. Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 waren die Feststellungs- und Umsatzsteuererklärungen um 2 Monate (2003) bzw. 4,5 Monate (2004) verspätet abgegeben worden. Die Erklärungen für 2004 wurden erst nach Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld eingereicht. Für 2004 erfolgte im Rahmen des Feststellungsbescheides der Hinweis, dass künftig mit der Festsetzung von Verspätungszuschlägen zu rechnen sei.

Mit Bescheid vom 27.07.2007 setzte der Bekl. wegen verspäteter Abgabe der Feststellungserklärung für 2005 gegenüber der Kl'in einen Verspätungszuschlag in Höhe von 1.000 € (= 1,79 % der geschätzten Einkommensteuer) fest.

Den anschließenden Einspruch wies der Bekl. mit Einspruchsentscheidung vom 16.01.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung erläuterte er die angestellten Ermessenserwägungen, insbesondere die Schätzung der steuerlichen Auswirkung der Feststellung für die Folgebescheide. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung wird hiermit Bezug genommen.

Hiergegen hat die Kl'in am 14.02.2008 Klage erhoben sowie später bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, der mit Beschluss vom 31.07.2008 8 V 1365/08 abgelehnt worden ist. Sie vertritt die Auffassung, hinsichtlich der Höhe des Verspätungszuschlages habe der Bekl. sein Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt, da er von diesem Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe. Denn er habe sich entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 152 Abs. 2 Satz 2 AO ("sind ... zu berücksichtigen") nicht (auch) an der Höhe der sich aus der verspäteten Abgabe der Erklärung gezogenen Vorteile orientiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH seien aber stets alle Kriterien des § 152 Abs. 2 S. 2 AO zu berücksichtigen. Ausweislich des BFH-Urteils vom 15.03.2007 VI R 29/05, BFH/NV 2007, 1076 bilde die Höhe der Abschlusszahlung die Richtschnur für die Bestimmung der Höhe des Zuschlags. Dieser Grundsatz sei vorliegend missachtet worden, indem der Bekl. die Tatsache, dass sich bei der am 20.03.2008 erfolgten Einkommensteuer-Veranlagung der Kl'in aufgrund hoher Vorauszahlungen eine Erstattung von xxx € ergeben habe, unbeachtet gelassen beziehungsweise pflichtwidrig die Veranlagung gar nicht erst abgewartet habe.

Nach Auffassung der Kl'in hätte der Bekl. ihren Hinweis im Einspruchsverfahren, dass sie "keinen Vorteil aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogen habe", im Hinblick auf die in § 88 AO normierte Amtsermittlungspflicht zum Anlass für eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung nehmen müssen. Eine Möglichkeit der Schätzung der gezogenen Vorteile bestehe hingegen nicht. Denn die in Abs. 4 genannte Schätzungsbefugnis beziehe sich aufgrund des ausdrücklichen Wortlautes des Gesetzes nur auf § 152 Abs. 2 Satz 1 AO, also allein auf die 10%-Grenze. Ferner gehe der Bekl. fälschlich davon aus, dass die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Zinsvorteile nur zulasten der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen seien. Tatsächlich müsste aber das Fehlen von Zinsvorteilen sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken und zu einem niedrigeren Verspätungszuschlag führen.

Schließlich vermag die Klägerin nicht nachzuvollziehen, dass sich der Verspätungszuschlag von 1.000 €, der immerhin 2/3 des ermittelten Grundverspätungszuschlages von 1.500 € ausmache, " am unteren Rahmen " bewegt habe.

Angesichts dessen, dass hinsichtlich der Einkommensteuer 2005 (nur) ein Verspätungszuschlag von 200 € festgesetzt worden sei, erscheine ihr der vorliegende Verspätungszuschlag unverhältnismäßig hoch. Allein der Zweck des Verspätungszuschlages, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, könne einen Verspätungszuschlag in dieser "empfindlichen" Höhe nicht rechtfertigen. Schließlich habe das Finanzamt auch unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin die Feststellungserklärung für 2006 rechtzeitig (am 28.12.2007) abgegeben habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen verspäteter Abgabe der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2005 vom 27.07.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.01.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt dem Vorbringen unter Hinweis auf die in der Einspruchsentscheidung angestellten Ermessenserwägungen entgegen. Insbesondere habe das Finanzamt den ursprünglich ermittelten Grundverspätungszuschlag sogar um 500 € unterschritten und keinen Zuschlag für einen gezogenen Zinsvorteil erhoben. Ergänzend macht er geltend, dass die Umsatzsteuererklärung 2006 wiederum verspätet (am 10.01.2008) abgegeben worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Klageverfahren und im Aussetzungsverfahren 8 V 1365/08 sowie auf die Steuerakten des Bekl. (1 Bd. Einkommensteuer 2003-2005) Bezug genommen, insbesondere auf den Vermerk aus dem Januar 2008 über das Telefonat zwischen dem Beklagten und dem Finanzamt , wonach zu diesem Zeitpunkt die Kl'in für 2005 noch nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden war und sie nur positive Einkünfte erzielt habe (Bl. 63 der Einkommensteuerakte) und die Berechnung des Verspätungszuschlags (Bl. 37f der Einkommensteuerakte).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig.

Wie die Kl'in. selbst eingeräumt hat, war die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen der verspäteten Abgabe der Feststellungserklärung für 2005 dem Grunde nach gerechtfertigt (§§ 152 Abs. 1 S. 1 und 2, 181 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung -AO-).

Auch die Höhe der Festsetzung ist von § 152 AO gedeckt. In welcher Höhe im Einzelfall ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird, hat die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Auswahlermessen zu entscheiden. Dieser Teil der Entscheidung unterliegt gemäß § 102 S. 1 FGO nur der eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung dahingehend, ob die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht einwandfrei und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Für die Ermessensprüfung kommt es grundsätzlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an, die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gegeben beziehungsweise erkennbar waren (vgl. BFH, Urteil vom 14.06.2000 X R 56/98, BStBl. II 2001, 60 m.w.N). Allerdings kann die Finanzbehörde nach § 102 S. 2 FGO ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen. Diese Vorschrift gestattet es der Finanzbehörde, Ermessenserwägungen, die sie bereits im außergerichtlichen Verfahren an- und dargestellt hat, im gerichtlichen Verfahren zu vertiefen, zu verbreitern oder zu verdeutlichen.

Sie ist aber nicht befugt, im finanzgerichtlichen Verfahren erstmals Ermessenserwägungen anzustellen, bereits dargelegte Ermessensgründe auszuwechseln oder nicht dargelegte Ermessenserwägungen nachzuholen (BFH, Urteil vom 11.03.2004 VII R 52/02, BStBl II 2004, 579). Entgegen der Auffassung der Kl'in. handelte der Bekl. bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlages nicht ermessensfehlerhaft.

Gemäß § 152 Abs. 2 S. 2 AO sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlages neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruches, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen.

Die Finanzbehörde muss bei ihrer Entscheidung alle in § 152 Abs. 2 S. 2 AO ausdrücklich und abschließend aufgezählten Kriterien beachten und das Für und Wider ihrer Berücksichtigung gegeneinander abwägen. Die einzelnen Beurteilungsmerkmale sind auch grundsätzlich gleichwertig (BFH, Urteil vom 26.04.1989, I R 10/85, BStBl II 1989, 693). Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Finanzbehörde gehalten wäre, alle diese Kriterien auch in jedem Fall in gleicher Weise zu gewichten. Dies ist vielmehr ihrer pflichtgemäßen Ermessensausübung überlassen. Hierbei kann im Ergebnis, je nach Umständen des Einzelfalls, ein Merkmal stärker als ein anderes hervortreten (vgl. BFHUrteil in BFH/NV 2007, 1076).

Geht es - wie hier im Streitfall - um eine Steuererklärung für gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen, gelten nach § 152 Abs. 4 AO die Absätze 1 bis 3 mit der Maßgabe, dass bei Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 die steuerlichen Auswirkungen zu schätzen sind. Danach ist das Finanzamt nicht verpflichtet, bei einer gesonderten Gewinnfeststellung für die Festsetzung des Verspätungszuschlages die konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen zu ermitteln (vgl. Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 09.08.2007 3 V 3316/2006, Juris; Cöster in Pahlke/Koenig, AO, 2004, § 152 Rz. 82).

Denn durch die Schätzung soll der mit einer exakten Feststellung der steuerlichen Auswirkung verbundene Arbeitsaufwand vermieden werden (Dumke in Schwarz, AO, § 152 Rz. 33). Stattdessen sollen für die Schätzung die Grundsätze gelten, die die Rechtsprechung für die Bemessung des Streitwertes entwickelt hat (FG Bremen, Urteil vom 10.06.2003 2 K 524/01, juris). Danach soll, sofern keine anderen Anhaltspunkte vorliegen, bei Einkünften bis 250.000 € die Einkommensteuer grundsätzlich in Höhe von 35% des festgestellten Betrages - wie geschehen - geschätzt werden (Cöster in Pahlke/Koenig, a.a.O. § 152 Rz. 83). In die Schätzung der steuerlichen Auswirkungen sind nach Auffassung des Senats die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile miteinzubeziehen. Zwar sind diese Vorteile nicht ausdrücklich in § 152 Abs. 2 Satz 1 AO, sondern erst in Satz 2 der Vorschrift erwähnt. Sowohl der Wortlaut des Gesetzes wie auch die dem gesamten § 152 AO zugrunde liegende Systematik sprechen jedoch dafür, auch die gezogenen Vorteile als einen Bestandteil der "steuerlichen Auswirkungen" anzusehen. Andernfalls würde der der Vorschrift des § 152 Abs. 4 AO zugrunde liegende Gesetzeszweck, den mit der exakten Feststellung der steuerlichen Auswirkung verbundenen Arbeitsaufwand zu vermeiden, unterlaufen.

Vorliegend hat der Bekl. in seiner Einspruchsentscheidung zutreffend das bisherige Erklärungsverhalten der Kl'in in den Vorjahren sowie die Dauer der Fristüberschreitung bei der Abgabe der Feststellungserklärung für 2005 (angefangene 6 Monate), die durchaus als gravierend angesehen werden kann (vgl. dazu das Urteil des BFH vom 26.04.1989 I R 10/85, BStBl II 1989, 693, das bereits eine Fristüberschreitung von 2 Monaten als erheblich angesehen hat), geschildert und berücksichtigt. Ferner hat er anhand der festgestellten Einkünfte die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kl'in beurteilt sowie im Schätzungswege die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruches zutreffend ermittelt. Dass es im Streitfall aufgrund hoher Einkommensteuervorauszahlungen tatsächlich an einem Zinsvorteil fehlte, war für den Bekl. weder bei Festsetzung des Verspätungszuschlags noch bei Erlass der Einspruchsentscheidung erkennbar. Denn dem Bekl. als Feststellungsfinanzamt lagen weder die Einkommensteuerunterlagen vor noch hatte die Kl'in im Einspruchsverfahren substantiiert auf die Einkommensteuervorauszahlungen hingewiesen.

Ihrem allgemeinen Vorbringen im Schreiben vom 31.01.2007, dass sie keinen Vorteil aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogen habe, ist der Bekl. im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht (§ 88 AO) hinreichend nachgegangen, indem er sich telephonisch beim Veranlagungsfinanzamt nicht nur danach, ob bereits eine Veranlagung stattgefunden habe, sondern auch danach erkundigt hat, ob etwaige negative Einkünfte der Klägerin einem Zinsvorteil entgegenstünden, was jedoch verneint wurde. Mangels weiterer Mitwirkung der Kl'in (vgl. hierzu: FG Bremen, Urteil vom 10.06.2003 a.a.O., das dem Steuerpflichtigen die Pflicht auferlegt, die zu seinen Gunsten zu berücksichtigenden Umstände vor Erlass der Einspruchsentscheidung darzulegen) hatte der Bekl. keine Veranlassung weitergehende Aufklärungsmaßnahmen vor Erlass der Einspruchsentscheidung zu betreiben.

Ebensowenig kann die Kl'in damit durchdringen, der Bekl. hätte zur Berücksichtigung etwaiger Zinsvorteile die Einkommensteuerveranlagung abwarten müssen, bevor er einen Bescheid über einen Verspätungszuschlag erlasse. Denn gemäß § 152 Abs. 3, 4 AO ist der Verspätungszuschlag regelmäßig mit der Feststellung festzusetzen. So ist auch vorliegend verfahren worden, da die Festsetzung des Verspätungszuschlags im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Feststellungsbescheid erging. Ein Umstand, der zwingend eine Abweichung von der gesetzlichen Regel erfordern würde, ist im Streitfall nicht ersichtlich.

Der Formulierung der Einspruchsentscheidung ("Zuschläge für einen gezogenen Zinsvorteil erfolgten nicht") ist zu entnehmen, dass der Bekl. aufgrund der ihm vom Finanzamt Langen erteilten Auskunft von der Existenz eines Zinsvorteils ausging. Insofern hat er zu Recht einen möglichen Abschlag auf den Verspätungszuschlag (mangels Zinsvorteils) nicht in Erwägung gezogen. Wohl wegen der mit der Höhe des gezogenen Zinsvorteils verbundenen Unwägbarkeiten sah er jedoch davon ab, deswegen einen Zuschlag zu erheben.

Ebenso ist der Bekl. im Rahmen des Ermessenskriteriums "Verschulden" verfahren.

Stattdessen hat der Bekl. zur Abgeltung aller verbleibenden Unklarheiten im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls der Kl'in einen Abschlag um ein Drittel auf den ermittelten Grundverspätungszuschlag gewährt, um mit dem verbleibenden Verspätungszuschlag von 1.000 € der Kl'in einen "spürbaren Anstoß" zu geben, ihren steuerlichen Pflichten künftig fristgerecht nachzukommen. In Anbetracht dessen, dass die Kl'in mit Feststellungsbescheid 2004 darauf hingewiesen worden war, dass sie bei fortgesetzter verspäteter Erklärungsabgabe mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlages zu rechnen habe, und dass der Bekl. bei der Bemessung des Verspätungszuschlages mit 1,79 % der geschätzten festzusetzenden Steuer am unteren Rahmen des nach § 152 Abs. 2 Satz 1 AO Möglichen geblieben ist, musste das Finanzamt nicht zwingend weitere Ausführungen zu anderen Ermessenskriterien machen. Denn durch die Erwähnung und Einzelwürdigung sämtlicher in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannter Kriterien hat der Bekl. zu erkennen gegeben, dass er sie bei der von ihm vorgenommenen Gesamtwürdigung hinreichend miteinbezogen hat.

Die Ausführungen, mit denen das Finanzamt im Aussetzungsverfahren seine Ermessenserwägungen erläutert hat und worauf es sich auch im Klageverfahren bezieht, stellen lediglich Ergänzungen im Sinne des § 102 Satz 2 FGO dar.

Hiermit hat es die Darlegungen, die in der Einspruchsentscheidung mehr abstrakt formuliert waren, stärker verdeutlicht und mit konkreten Angaben vertieft.

Dies gilt insbesondere für die Bezugnahme auf die in den Steuerakten (Bl. 37f) enthaltene Berechnung des geschätzten Zinsvorteils mit 1.400,47 €, die deutlich macht, dass der Bekl. von der Existenz eines Zinsvorteils ausging.

Auch ist entgegen der Ansicht der Kl'in die Erzielung eines finanziellen Vorteils durch verspätete Abgabe der Steuererklärung keine unbedingte Voraussetzung für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags (BFH-Urteil vom 26.04.1989 in BStBl II 1989, 693). Vielmehr kann ein Verspätungszuschlag auch im Erstattungsfall festgesetzt werden (BFH-Urteile vom 26.06.2002 IV R 63/00, BStBl II 2002, 679; vom 14.06.2000 in BStBl II 2001, 60). Ferner verkennt die Kl'in, dass sich die Finanzbehörde bei der Bemessung des Verspätungszuschlags gerade nicht ausschließlich am erzielten Vorteil orientieren darf (BFH-Urteil vom 11.06.1997 X R 14/95, BStBl II 1997, 642). Vielmehr ist für die Entscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags die Höhe der Abschlusszahlung nur neben anderen Merkmalen Richtschnur für die Bestimmung des Zuschlags (BFH in BFH/NV 2007, 1076). Deshalb kommt es, weil die Bemessung des Zuschlags nicht durch das Maß des gezogenen Vorteils begrenzt wird, u.U. überhaupt nicht entscheidend darauf an, ob und in welcher Höhe letztlich ein Zinsvorteil erzielt wurde (BFH in BStBl II 2001, 60). Denn Sinn und Zweck der für die Abgabe von Steuer- und Feststellungserklärungen angeordneten Fristen ist es nicht nur, dem Staat rechtzeitig die Mittel für die Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung zu stellen, sondern auch, den Finanzbehörden die zügige Durchführung der Veranlagungsarbeiten zu ermöglichen (BFH-Urteil vom 25.11.1988 VI R 137/85, BFH/NV 1989, 279). Dementsprechend gestattet vorliegend die mehrfache erhebliche Überschreitung der Erklärungsfrist angesichts der übrigen für die Ermessensentscheidung maßgeblichen Umstände eine nachdrückliche Geldsanktion in der vorgenommenen Höhe.

Schließlich kann sich die Kl'in auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Bekl. habe die fristgerechte Abgabe der Feststellungserklärung für 2006 außer acht gelassen. Denn zum einen stellt der BFH maßgeblich auf das Fristverhalten des Steuerpflichtigen in den Vorjahren ab (BFH-Urteil vom 09.04.1987 IV R 8/85, BFH/NV 1989, 1); zum anderen ist diese fristgerechte Abgabe gerade durch die vorangegangene Festsetzung des angefochtenen Verspätungszuschlags bewirkt worden. Letztlich kann diesem Argument der Kl'in aber auch deshalb nicht gefolgt werden, weil sich das Abgabeverhalten der Kl'in insgesamt nicht grundlegend vor Ergehen der Einspruchsentscheidung verändert hatte. Denn die Umsatzsteuererklärung 2006 wurde - wie der Bekl. - von der Kl'in unbestritten - ergänzend vorgetragen hat, wiederum verspätet, am 10.01.2008, abgegeben.

Da nach alledem keine Ermessensfehler bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags ersichtlich sind, konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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