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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 07.09.2005
Aktenzeichen: 13 K 1147/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs 2 Satz 2
EStG § 7g Abs 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Zulässigkeit einer Bilanzänderung zur Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mbH, deren Geschäftszweck der Großhandel mit ... und ... etc. ist.

Ausweislich der Gewinnermittlungsunterlagen und der Körperschaftsteuererklärung für das dem Streitjahr vorangegangene Jahr 1999 ermittelte die Klägerin für dieses Jahr zunächst einen Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von ... DM. Ausweislich der Gewinnermittlungsunterlagen und der bereits im April 0000 beim Beklagten eingereichten Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2000 ermittelte die Klägerin für das Streitjahr einen steuerlichen Verlust in Höhe von ... DM, der in Höhe von ... DM auf das Jahr 1999 zurückgetragen wurde. Dies führte dazu, dass die unter dem 00.00.0000 ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 1999 und 2000 für die Klägerin jeweils Nullfestsetzungen auswiesen. Die Körperschaftsteuerbescheide beider Jahre wurden danach mehrfach, letztmalig unter dem 00.00.0000 geändert, wobei der Verlust 2000 auf ... DM und der Gesamtbetrag der Einkünfte 1999 auf ... DM gemindert wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide verwiesen.

Im Jahr 0000 führte der Beklagte eine Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 bei der Klägerin durch. Die zwischen den Beteiligten unstreitigen Ergebnisse der Betriebsprüfung führten dazu, dass der Verlust 2000 auf ... DM gemindert wurde. Der Gesamtbetrag der Einkünfte 1999 erhöhte sich auf ... DM, was nach Abzug des Verlustrücktrags in Höhe von ... DM zu einem zu versteuernden Einkommen von ... DM führte. Dies hatte eine Steuerfestsetzung 1999 von ca. ... DM Körperschaftsteuer und Nebenleistungen zur Folge. Die entsprechenden Änderungsbescheide ergingen unter dem 00.00.0000.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 00.00.0000, mit dem sie erstmals begehrte in der Bilanz zum 31. Dezember 2000 Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von ... DM und eine Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG in Höhe von ... DM für zwischen Juli und Dezember 2001 tatsächlich vorgenommene Investitionen zu berücksichtigen und den um ... DM erhöhten Verlust 2000 nach 1999 zurückzutragen.

Während der Ansatz der Sonderabschreibungen zwischen den Beteiligten unstreitig war, lehnte der Beklagte die Berücksichtigung der Ansparrücklage wegen fehlenden Finanzierungszusammenhanges mit den getätigten Investitionen und soweit die Bildung der Rücklage den Gesamtbetrag der Bilanzberichtigung infolge der Betriebsprüfung übersteige im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ab. Die Klägerin begrenzte daraufhin ihren Einspruch auf die im Rahmen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG im Rahmen einer Bilanzänderung maximal geltend zu machenden Beträge und reichte eine entsprechend korrigierte Bilanz zum 31.12. 2000 beim Beklagten ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 setzte der Beklagte daraufhin die Körperschaftsteuer 1999 auf ... DM fest. Das Einkommen für das Streitjahr 2000 wurde auf ... DM festgestellt. Dem lag die Berücksichtigung der Abschreibungsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG zu Grunde. Die Berücksichtigung der begehrten Ansparabschreibung lehnte der Beklagte ab. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. August 2001 XI R 18/01, BStBl II 2004, 181, vertrat er die Auffassung, dass die Berücksichtigung einer Ansparabschreibung voraussetze, dass ein Finanzierungszusammenhang zwischen der Bildung der Rücklage und den Investitionen bestehen müsse. Ein solcher könne nicht mehr bestehen, wenn die Rücklage erstmalig mehr als zwei Jahre nach Anschaffung der Wirtschaftsgüter gebildet werde. Da die betroffenen Wirtschaftsgüter in den Monaten Juli bis Dezember 2001 angeschafft worden seien, hätten auf sie erstmals zum 31.12.2001 Abschreibungen vorgenommen werden dürfen. Eine Rücklage nach § 7g hätte auf den gleichen Stichtag aufgelöst werden müssen. Die Bildung einer Rücklage im Wege des Antrags auf Bilanzänderung im Januar 2004 sei nicht mehr möglich, da seit Anschaffung der Investitionsgüter und dem Stichtag der notwendigen Auflösung der Sonderposten über zwei Jahre verstrichen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Mit der vorliegenden Klage wendet sich die Klägerin gegen die Ablehnung der begehrten Bilanzänderung im Umfang von ... DM. Sie vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die in dem begehrten Umfang dem Grunde nach unstreitig mögliche Bilanzänderung gegeben sind. Die Voraussetzungen des § 7g Abs. 3 EStG liegen nach Auffassung der Klägerin vor. Sie ermittele den Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG, erfülle die Größenmerkmale und die weiteren Voraussetzungen des § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 und 4 und der Sätze 4 und 5 EStG.

Die Einführung eines weiteren, ungeschriebenen, einschränkenden Tatbestandsmerkmals - Finanzierungszusammenhang - durch die BFH-Rechtsprechung sei abzulehnen. Selbst die Finanzverwaltung folge in dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums - BMF - vom 25. Februar 2004, BStBl I 2004, 337 unter Tz 12, dem BFH nur bedingt. Bei der im Streitfall angewandten Auslegung werde der Zweck des § 7g EStG verfehlt. Die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG habe den Zweck, durch Steuerstundung dem Unternehmen die Finanzierung von Investitionen zu erleichtern - so genannter Finanzierungszusammenhang. Dieser Zweck sei im Streitfall bei Bildung der Rückstellung im Zeitpunkt der Bilanzerstellung für 2000 nicht realisierbar gewesen. Selbst wenn die Klägerin die Ansparabschreibung im März 2001 bei Aufstellung der Bilanz 2000 gebildet hätte, hätte kein Finanzierungszusammenhang mit den Investitionen ab Juli 2001 herbeigeführt werden können, da auch ohne die Ansparabschreibung die Körperschaftsteuer 2000 und infolge des Verlustrücktrags auch die Körperschaftsteuer 1999 auf null DM festgesetzt worden wäre. Erst mit dem durch die Betriebsprüfung festgestellten höheren Gewinn/geringeren Verlust sei es zur Festsetzung einer Körperschaftsteuer für 1999 gekommen. Damit korrespondierend müsse es möglich sein - nachträglich - die Steuerstundung durch die Bildung der Rücklage zu erreichen. Andernfalls müsse die aus der Steuererstattung 1999 finanzierte Investition nachträglich durch Aufnahme von Fremdkapital nachfinanziert werden.

Hinzu komme, dass seit dem Veranlagungszeitraum 2000 die Bildung der Rücklage auch unabdingbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG in der Folgezeit sei. Es könne nicht überzeugen, wenn dem Steuerpflichtigen mit dem Hinweis auf den Finanzierungszusammenhang, dem im Hinblick auf die Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals für die Sonderabschreibung keinerlei Bedeutung zukomme, eine verfahrensrechtlich mögliche Rücklagenbildung verweigert werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klagebegründung und den Schriftsatz vom 00.00.0000 Bezug genommen.

Auf den Hinweis des Gerichts, dass das BFH-Urteil vom 6. März 2003 IV R 93/01, BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187, und die darin aufgestellten Voraussetzungen für die Dokumentation der voraussichtlichen Investitionen in der Buchführung des Steuerpflichtigen für die Entscheidung des Streitfalles von Bedeutung sein könnten, hat die Klägerin ausgeführt, dass die dadurch eintretende zeitliche Beschränkung für die Möglichkeit der Bildung einer Ansparrücklage zu einem unausgewogenen Ergebnis führe. Die Finanzverwaltung habe im Rahmen der Außenprüfung regelmäßig die Möglichkeit Buchführung und Bilanzierung vergangener Zeiträume erneut zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Verwaltung und den Steuerpflichtigen setze daher voraus, dass auch für die Steuerpflichtigen im Rahmen des § 4 Abs. 2 EStG die Möglichkeit bestehe, auf diese Veränderung der Ergebnisse vergangener Jahre entsprechend zu reagieren. Es müsse beachtet werden, dass die Steuerpflichtigen infolge der Außenprüfung wieder im Bereich der Bilanzierung vergangener Jahre agierten. Da durch die veränderten Ansätze in der Bilanz 2000 im Rahmen der Außenprüfung erst im Jahr 2003 die Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit der Bildung einer Ansparrücklage entstanden sei, befände die Klägerin sich praktisch wieder in der Situation wie bei der erstmaligen Bilanzierung 2000, wo auch nach Auffassung des Beklagten im Streitfall eine Ansparrücklage zulässig gewesen wäre.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 das zu versteuernde Einkommen 2000 um ... DM vermindert auf ... DM festzustellen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.

Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass der nachträglichen Bildung der Rücklage der fehlende Finanzierungszusammenhang entgegensteht. Ein Steuerstundungseffekt könne bei der nachträglichen Bildung der Rücklage nach Ablauf des Zeitraumes, in dem die Rücklage spätestens hätte aufgelöst werden müssen, nicht mehr eintreten.

Zwar sei der Klägerin darin zuzustimmen, dass das BMF-Schreiben trotz des bei derartigen Fällen regelmäßig fehlenden Finanzierungszusammenhanges ausnahmsweise die nachträgliche Rücklagenbildung zulasse. Das BMF-Schreiben lasse allerdings genau wie die Rechtsprechung offen, in welchen Fällen die Rücklagenbildung noch zulässig sei. Aus Sicht des Beklagten sei bei den zeitlichen Gegebenheiten im Streitfall eine Rücklagenbildung nicht mehr zulässig.

Soweit die Klägerin auf die Funktion der Rücklage als Voraussetzung für die Sonderabschreibung abstelle, könne dies nicht dazu führen, dass die durch die Rechtsprechung konkretisierten Tatbestandserfordernisse für die Bildung der Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG entfielen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat zu Recht die zwischen den Beteiligten allein streitige Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG abgelehnt.

Die Voraussetzungen für eine Bilanzänderung liegen im Streitfall nicht vor. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist neben den in § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG geregelten Bilanzberichtigungen eine Änderung der Bilanz nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht. Eine Bilanzänderung liegt danach vor, wenn ein handels- oder steuerrechtlich zulässiger Bilanzansatz durch einen anderen handels- oder steuerrechtlich ebenfalls zulässigen Bilanzansatz ersetzt wird (vgl. Blümich, EStG, § 4 Rdnr. 396; Schmidt, EStG, § 4 Rdnr. 750 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung).

Grundsätzlich können im Rahmen einer Bilanzänderung auch an eine Wahlrechtsausübung gebundene Rücklagen erstmalig gebildet werden. So hat der BFH z. B. entschieden, dass die Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG nicht davon abhängig sei, dass sie in der Bilanz des Steuerpflichtigen von vornherein enthalten war; sie könne im Wege einer Bilanzänderung noch bis zur Bestandskraft des Steuerbescheides nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 10/99, BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282 m. w. N.). Dies gilt insbesondere auch für den hier gegebenen Fall, dass sich der Steuerpflichtige in seiner Erwartung zur Höhe der vom Finanzamt festgesetzten Steuer enttäuscht sieht und deshalb die Grundlage für seine vorherige Bilanzierungsentscheidung weggefallen ist (BFH a. a. O. zur Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG a. F.).

Voraussetzung für eine Bilanzänderung durch erstmaligen Ansatz einer an eine Wahlrechtsausübung gebundenen Rücklage ist aber neben der noch nicht eingetretenen Bestandskraft der jeweiligen Bescheide, dass die Bildung der Rücklage im Zeitpunkt der Bilanzänderung noch möglich ist (BFH-Urteil vom 14. August 2001 XI R 18/01, BStBl II 2004, 181).

Danach ist im Streitfall eine Bilanzänderung nicht möglich, da die Bildung einer Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG im Zeitpunkt der Bilanzänderung im Januar 2004 nicht mehr möglich war.

Nach § 7g Abs. 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts im Sinne des § 7g Abs. 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Die Rücklage darf 50 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird. Eine Rücklage darf nur gebildet werden, wenn neben anderen hier nicht streitigen Voraussetzungen die Bildung und Auflösung der Rücklage für eine voraussichtliche, künftige Investition in der Buchführung verfolgt werden können.

Der BFH hat unter Rückgriff auf den Zweck der Vorschrift und die Begriffe "künftige Anschaffung, Ansparabschreibung und voraussichtlich" § 7g Abs. 3 EStG dahingehend ausgelegt, dass die Gewährung einer Ansparrücklage zunächst eine hinreichende Konkretisierung der geplanten Investition voraussetze. Die voraussichtliche Investition müsse deshalb bei Bildung jeder einzelnen Rücklage so genau bezeichnet werden, dass im Investitionsjahr festgestellt werden könne, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspreche, für die die Rücklage gebildet wurde. Die Bezeichnung müsse auch eine noch durchführbare, objektiv mögliche Investition betreffen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BStBl II 2002, 385; BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 51/00, BFH/NV 2003, 250).

Weiterhin müsse die Rücklage die ihr zugedachte Funktion der Bilanzierungserleichterung erfüllen können. Deshalb müsse zwischen der Bildung der Rücklage und der Investition ein Finanzierungszusammenhang bestehen. Dieser könne im Hinblick auf die Frist von zwei Jahren für die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter, für die die Rücklage gebildet wurde, zwar auch dann noch gegeben sein, wenn die Bilanz für das Jahr der Rücklage erst nach der Anschaffung oder Herstellung der Investitionsgüter aufgestellt werde. Der Finanzierungszusammenhang sei aber nicht mehr gewahrt, wenn die Bildung der Rücklage erstmals später als zwei Jahre nach Anschaffung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werde. In diesem Fall diene die Bildung der Rücklage nicht mehr der Investitionserleichterung (BFH, BStBl II 2004, 181).

In mehreren Verfahren, in denen die Investitionen, für die die Rücklage beantragt worden war, im Zeitpunkt der tatsächlichen Bildung der Rücklage jedenfalls nicht innerhalb des Zweijahreszeitraums vorgenommen worden waren, hat der BFH die Bildung einer Ansparrücklage mit der Begründung abgelehnt, dass die Investitionsabsicht jedenfalls zu spät in der Buchführung dokumentiert worden sei. Die Regelung in § 7g Abs. 3 Nr. 3 EStG setze voraus, dass die Bildung und Auflösung der Ansparrücklage in der Buchführung verfolgt werden könnten.

Die Finanzverwaltung hat sich der Auslegung des § 7g Abs. 3 ff. EStG durch den Bundesfinanzhof in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - Schreiben vom 25. Februar 2004 (BStBl I 2004, 337) im Wesentlichen angeschlossen. Hinsichtlich des Erfordernisses eines Finanzierungszusammenhanges bei der nachträglichen Rücklagenbildung führt das BMF allerdings aus, dass der Steuerpflichtige diesen gegebenenfalls nachweisen oder glaubhaft machen könne (BMF a. a. O. Rdnr. 12).

Die Rechtsprechung des BFH wie auch das BMF-Schreiben haben insbesondere hinsichtlich des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals "Finanzierungszusammenhang" und der Abweichungen zur Rechtsprechung zur § 6b EStG-Rücklage erhebliche, teilweise sehr kritische Reaktionen in der Literatur zur Folge gehabt (vgl. z. B. Meyer/Ball, § 7g EStG - Neue Entwicklungen in der Rechtsprechung des BFH, Die steuerliche Betriebsprüfung 2002, 226; dieselben, Das BMF-Schreiben zur Ansparrücklage nach § 7g EStG - Demontage einer Vorschrift, Finanzrundschau - FR - 2004, 984; Pohl, Aktuelle Fragen zur Ansparungsrücklage unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH, Der Betrieb - DB - 2003, 960; Weßling/Romswinkel, Neues zur Ansparabschreibung, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2002, 1753; Vogelgesang, Die Ansparrücklage nach § 7g EStG - Anforderungen nach der BFH-Rechtsprechung unter Berücksichtigung des BMF-Schreibens vom 25.2.2004, Betriebs-Berater - BB - 2004, 640). Auch die Stellungnahmen in der Kommentarliteratur sind sehr unterschiedlich. Während teilweise die Rechtsprechung des BFH nur wiedergegeben wird (z. B. Kirchhof, Kompaktkommentar zum EStG, § 7g Rdnr. 42; Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g Rdnr. 64) wird teilweise insbesondere das Erfordernis des Finanzierungszusammenhangs kritisch kommentiert (vgl. z. B. Schmidt, EStG, § 7g Rdnr. 23).

Der erkennende Senat folgt der Normauslegung durch den BFH und das BMF insoweit, dass die Bildung einer § 7g Abs. 3 EStG-Rücklage zumindest voraussetzt, dass bis zum Ablauf des möglichen Investitionszeitraumes eine Dokumentation der Bildung der Rücklage in der Buchführung erfolgt ist. Für die Frage der Zulässigkeit der unstreitig erforderlichen Dokumentation in der Buchführung des Steuerpflichtigen ist nach Überzeugung des Senats nicht auf den Bilanzstichtag, der immer vor der beabsichtigten Investition liegen muss, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Bildung der Rücklage abzustellen (anderer Auffassung z. B. Bordewin/Brandt, EStG, § 7g Rdnr. 70a).

Dies ist wegen der besonderen Zweckrichtung des § 7g EStG und der daraus resultierenden Notwendigkeit der Konkretisierung einer geplanten Investition geboten.

Der Zweck der Ansparabschreibung ist es, die Liquidität und Eigenkapitalbildung kleiner und mittlerer Betriebe zu unterstützen und deren Investitions- und Innovationskraft zu stärken. Mit Hilfe der Rücklage, die zu einer Steuerstundung führt, sollen Mittel angespart werden können, um dem Unternehmen die Finanzierung der Investition zu erleichtern (Bundestagsdrucksache 12/4487, Seite 33). Nach der gesetzgeberischen Konzeption sollte die Ansparabschreibung also dazu dienen, für eine geplante Investition - vor der tatsächlichen Investition - Mittel anzusparen. Nicht geplant war ein Abwehrinstrument zur Vermeidung der Zahlungspflicht nach Änderungen im Rahmen von Betriebsprüfungen. Soweit Außenprüfungen zu Nachzahlungspflichten führen, die im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führen, so sieht die Abgabenordnung dafür besondere Billigkeitsinstrumente vor.

Die Ansparrücklage nach § 7g EStG setzt - anders als die Rücklage nach § 6b EStG - außerdem ein konkretisiertes Investitionsvorhaben voraus. Nur für klar bezeichnete voraussichtlich anzuschaffende Investitionsgüter kann die Ansparrücklage gebildet werden. Ein späterer Austausch des Investitionsgutes oder eine nachträgliche Konkretisierung einer zunächst nur betragsmäßig erfassten Rücklage ist nicht möglich (BFH, BStBl II 2002, 385; ebenso Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 7. Juli 2003 5 K 116/00, EFG 2003, 1369; Finanzgericht München, Urteil vom 23. Juli 2003 1 K 1615/02, EFG 2003, 1605).

In Anbetracht dieser besonderen Zweckgebundenheit und Konkretisierungspflicht kann bei der Frage der Zulässigkeit der nachträglichen Bildung einer Ansparrücklage im Rahmen einer Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht auf den Bilanzstichtag abgestellt werden. Ansonsten könnte der Steuerpflichtige im Rahmen der Bilanzänderung nach Vornahme einer Investition im Verlaufe des Zweijahreszeitraums stets eine Rücklage für das tatsächlich angeschaffte Investitionsgut - nachträglich - bilden. Er stünde besser, als derjenige Steuerpflichtige, der bereits in der ursprünglichen Bilanz eine konkretisierte Ansparrücklage gebildet hätte, aber aus von ihm möglicherweise nicht beeinflussten Gründen ein anderes Investitionsgut hätte anschaffen müssen, oder derjenige, der eine nicht konkretisierte Ansparrücklage gebildet hätte, diese aber nach Ablauf des Investitionszeitraums nicht mehr konkretisieren dürfte.

Nach Überzeugung des erkennenden Senats ist auf Grund der angesprochenen Zweckgebundenheit und Konkretisierungspflicht auch eine unterschiedliche Auslegung der ansonsten vergleichbaren Regelungen in § 7g Abs. 3 Nr. 3 EStG und § 6b Abs. 4 Nr. 5. EStG nicht nur begründbar, sondern geboten (ebenso Pohl a. a. O. Seite 963 unter 8.; anderer Ansicht Meyer/Ball FR 2004, 991 unter 3.).

Der Senat verkennt nicht, dass diese Auslegung des Gesetzes bei Sachverhalten wie dem vorliegenden, bei dem die festgesetzte Steuer im Veranlagungszeitraum 0 beträgt und zunächst auch kein - weiterer - Verlustrücktrag möglich war, nach Ablauf des Investitionszeitraumes zum Verlust der zuvor gegebenen (vgl. § 7g Abs. 3 Satz 4. EStG) aber wohl nicht sinnhaften Möglichkeit eine Ansparrücklage zu bilden, führt (vgl. zu dieser Konstellation auch Weßling/Romswinkel, a. a. O. Seite 1754). Der Senat sieht aber auch keine Veranlassung, geringere Anforderungen an denjenigen zu stellen, der zunächst fehlerhaft bilanziert und dadurch die im Rahmen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG für die Bilanzänderung erforderliche Bilanzberichtigung auslöst.

Nach dieser Auslegung des Gesetzes hat die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Bilanzberichtigung. Die streitige Ansparrücklage konnte im Jahre 2004 nicht mehr gebildet werden.

Bei einer Bildung der Rücklage in der Bilanz zum 31. Dezember 2000 endete der Investitionszeitraum gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG spätestens mit Ablauf des 31.12.2002. Zu diesem Zeitpunkt war die Bildung bzw. die Auflösung der Rücklage in der Buchführung der Klägerin nicht dokumentiert. Die tatsächliche Bildung der Rücklage erfolgte erst im Rahmen der Einspruchseinlegung im Januar 2004. Zu diesem Zeitpunkt war eine - nachträgliche - Dokumentation der notwendigerweise bereits zum Ende 2000 bestehenden Investitionsabsicht nicht mehr möglich. Im Übrigen fehlt es auch an der erforderlichen buchmäßigen Dokumentation der Auflösung der Rücklage zum 31. Dezember 2001.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Die aktuelle Rechtsprechung des BFH, wie sie sich insbesondere aus den im BStBl II 2004, 181 ff. veröffentlichten Entscheidungen ergibt, und der der erkennende Senat im Ergebnis folgt, stellt bei der Begründung der einzelnen Entscheidungen auf unterschiedliche Aspekte bei der Auslegung des § 7g EStG ab. Im Interesse einer einheitlichen Handhabung des Rechts und klarer Leitlinien insbesondere für die Steuerpflichtigen erscheint eine klarstellende Entscheidung des BFH geboten.

Ende der Entscheidung

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