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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 19.10.2006
Aktenzeichen: 2 K 3048/03
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 18 Abs. 9
UStDV §§ 59 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

2 K 3048/03

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die schweizerische Zweigniederlassung einer niederländischen Kapitalgesellschaft eigenständig die Vergütung von Vorsteuern in dem besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz - UStG - i.V.m. §§ 59 ff. Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV - geltend machen kann.

Die Klägerin ist eine schweizerische Zweigniederlassung der X- IT Services B.V. Q/Niederlande.

Am 14. Mai 2002 ging beim Bundesamt für Finanzen - BfF - (seit dem 01.01.2006 Bundeszentralamt für Steuern - BZSt -) ein Vorsteuer-Vergütungsantrag für den Zeitraum 01-12/2001 über 107.191,79 EUR ein. Als im Ausland ansässiger Unternehmer war in diesem Vergütungsantrag die "X- IT Services B.V., Q (NL), Rr" mit schweizerischer Anschrift bezeichnet. Der Vergütungsantrag trug den Firmenstempel der Klägerin und die Unterschriften eines von zwei Geschäftsführern sowie eines Prokuristen der Klägerin. Dem Antrag war eine Bescheinigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Hauptabteilung Mehrwertsteuer) vom 10. April 2002 beigefügt, nach der die X- IT Services B.V., Q (NL), Zweigniederlassung Rr als Unternehmer unter der Mehrwertsteuer-Nummer 000000 eingetragen war.

Mit Schreiben vom 29. August 2002 wies das BfF die Klägerin darauf hin, dass eine unselbständige ausländische Zweigniederlassung nicht Unternehmer i.S.d. § 2 UStG sei. Eine Zweigniederlassung sei daher nicht berechtigt, am Vergütungsverfahren teilzunehmen.

Im Schreiben vom 19. September 2002 an das BfF vertrat die Klägerin demgegenüber die Ansicht, dass es sich bei ihr ausweislich eines beigefügten Handelsregisterauszugs des Kantons A um eine eigenständige und selbständige Zweigniederlassung handele. Der Vorsteuervergütungsantrag sei somit zutreffenderweise beim Schweizer Bereich eingereicht worden.

Das BfF lehnte den Vergütungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 5. November 2002 ab. Es vertrat weiterhin die Rechtsansicht, dass eine Zweigniederlassung kein eigenständiges Unternehmen sei.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie trug vor, dass sie als Zweigniederlassung im Kalenderjahr 2001 Lieferungen und sonstige Leistungen in Deutschland mit deutscher Umsatzsteuer bezogen habe. Hierfür habe sie als in der Schweiz ansässiger Unternehmer einen eigenständigen Antrag auf Umsatzsteuervergütung gestellt. Aus pragmatischen Gründen folge sie jedoch den Überlegungen des BfF und bitte darum, den gestellten Vergütungsantrag als Antrag der X- IT Services B.V., Q/Niederlande zu führen.

Durch Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2003 wies das BfF den Einspruch als unbegründet zurück. Das BfF vertrat dabei weiterhin die Auffassung, dass eine unselbständige ausländische Zweigniederlassung nicht am Vorsteuervergütungsverfahren teilnehmen könne. Der von der niederländischen Hauptniederlassung mit Schreiben vom 19. März 2003 nachgereichte eigene Vergütungsantrag führe zu einem eigenständigen Antragsverfahren und sei nicht Bestandteil des Einspruchsverfahrens der Klägerin.

Mit der erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Ansicht, dass sie als Zweigniederlassung mit Sitz in der Schweiz ein selbständiger Unternehmer und demnach berechtigt sei, einen Antrag auf Vorsteuervergütung zu stellen.

Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 18 Abs. 9 UStG sei jeder Steuerpflichtiger, der wie sie Dienstleistungen selbständig erbringe, Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Als Zweigniederlassung führe sie im eigenen Namen ihre Geschäfte und nehme am Rechtsverkehr teil. Eine Regelung, dass nur die Hauptniederlassung einer juristischen Person Steuerpflichtiger im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein könne, gebe es weder im deutschen Umsatzsteuergesetz, noch wäre eine derartige Regelung mangels Richtlinienkonformität zulässig.

Gegen die Rechtsansicht des Beklagten spreche auch der Umstand, dass der Klägerin im Jahr 2002 vom BfF eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und vom Finanzamt C eine deutsche Umsatzsteuernummer erteilt worden seien. Sowohl das BfF als auch das Finanzamt C hätten damit die Klägerin selbst als Unternehmer qualifiziert.

Könnte eine Zweigniederlassung nicht steuerpflichtiger Unternehmer sein, so würde sich außerdem hinsichtlich der Regelung in § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG eine Umgehungsmöglichkeit ergeben. Nach dieser Vorschrift werde einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sei, die Vorsteuer nicht erstattet, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfalle. Damit könnte ein Unternehmer, der über Niederlassung sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gemeinschaftsgebietes verfüge, mit Hilfe eines Erstattungsantrag seiner im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Niederlassung eine Erstattung der auf die Bezüge von Kraftstoffen entfallenden Vorsteuern auch dann erlangen, wenn die Kraftstoffe von der Niederlassung außerhalb des Gemeinschaftsgebiets bezogen worden seien. Diese Umgehungsmöglichkeit des § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG werde jedoch vermieden, wenn man die jeweilige Zweigniederlassung als selbständigen Unternehmer ansehe. Die außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ansässige Zweigniederlassung könne dann hinsichtlich der von ihr bezogenen Kraftstoffe keine Vorsteuervergütung beanspruchen.

Schließlich sei die X- IT Service B.V. mit jeder ihrer Niederlassungen antragsberechtigter Unternehmer i.S. des § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 59 Abs. 1 UStDV. Über welche Niederlassung und damit Postanschrift eine Gesellschaft einen Antrag auf Vorsteuervergütung stellen dürfe, sei in diesen Regelungen nicht vorgeschrieben. Es gebe damit für ein Unternehmen mit mehreren Niederlassungen keine örtliche Beschränkung des Antragsrechts. Vielmehr bleibe es dem Unternehmer überlassen, selbst auszuwählen, von welcher Niederlassung aus er Anträge stellen möchte.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 5. November 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2003 den Beklagten zu verpflichten, für den Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 2001 die zu vergütenden Vorsteuern auf 107.191,79 EUR festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Klägerin als schweizerische Zweigniederlassung und nicht die niederländische Hauptniederlassung den Vergütungsantrag gestellt habe. Die Klägerin sei aber selbst kein Unternehmer, da sie lediglich ein rechtlich nicht selbständiger Teil der niederländischen Gesellschaft sei.

Bei dieser Beurteilung komme es entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht darauf an, ob ihr vom Finanzamt C eine inländische Steuernummer oder vom BfF eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden seien. Die Erteilung der beiden Steuernummern habe keine Auswirkungen auf die fehlende Unternehmereigenschaft der Klägerin, da beide Steuernummern der X-IT Services B.V., Rr (Zweigniederlassung) und somit der niederländischen B.V. erteilt worden seien.

Der Vergütungsantrag der Klägerin könne auch nicht in einen Vergütungsantrag der niederländischen B.V. umgedeutet werden, da im Vergütungsantrag eindeutig die Zweigniederlassung als Antragstellerin bezeichnet worden sei.

Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die ursprüngliche Antragstellung vom 14. Mai 2002 mit Wissen und Wollen des gesetzlichen Vertreters der niederländischen B.V. erfolgt sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Vergütungsantrag von Funktionsträgern der Klägerin und nicht von dem Geschäftsführer der niederländischen B.V. unterschrieben worden sei.

Es mangele damit auch an der nach § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG erforderlichen eigenhändigen Unterschrift. Nach den Ausführungen der Klägerin sei nur der Geschäftsführer, Herr bB, für sämtliche Aktivitäten der X- IT Services B.V. verantwortlich gewesen. Daher hätte auch nur Herr bB durch seine eigenhändige Unterschrift die Verantwortung für die tatsächlichen Angaben im Vergütungsantrag übernehmen können. Durch die demgegenüber von den Niederlassungsleitern der Klägerin vorgenommenen Unterschriften sei das gesetzliche Gebot der Eigenhändigkeit der Unterschrift nicht erfüllt worden. Der Vergütungsantrag sei daher auch wegen fehlender Unterschrift unwirksam. Die Unterschriftsleistung könne nach Ablauf der Antragsfrist auch nicht mehr nachgeholt werden.

Die Klägerin erwidert hierzu, dass der Vergütungsantrag u.a. von Herrn cD unterzeichnet worden sei. Herr cD sei innerhalb der X- IT Services B.V., Q/Niederlande, Mitgeschäftsführer der X- IT Services B.V. Zweigniederlassung Rr/Schweiz gewesen. Der Vergütungsantrag sei somit ordnungsgemäß von einem Geschäftsführer unterzeichnet worden. Herr cD sei als mit den Verhältnissen bei der Zweigniederlassung besonders vertrauter "örtlicher" Geschäftsführer sogar in besonderem Maße geeignet gewesen, die bei der Tätigkeit der Zweigniederlassung angefallenen Vorsteuerbeträge zu bestätigen. Schließlich wäre ein möglicher Mangel bei der Unterschriftsleistung spätestens aufgrund der Zustellung der Einspruchsentscheidung geheilt worden.

Mit Schreiben vom 31.07.2006 hat die X- IT Services B.V. Q/Niederlande mitgeteilt, dass die Klägerin zum 31.07.2006 aufgelöst wurde.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

I. Die Klage ist nicht wegen fehlender Beteiligtenfähigkeit der Klägerin unzulässig.

1. Im Streitfall hat die Zweigniederlassung Rr der X- IT Services B.V., Q/Niederlande die Klage erhoben. Dies ergibt sich aus der Parteibezeichnung und der Klagebegründung im Schriftsatz der Klägerin vom 03.06.2003. Im Rubrum dieses Klageschriftsatzes wird eindeutig die schweizerische Zweigniederlassung in Rr als Klägerin bezeichnet. In der Begründung der Klage macht die Zweigniederlassung Rr außerdem geltend, dass sie als selbständiger Unternehmer mit Sitz in der Schweiz berechtigt sei, einen Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer zu stellen.

2. Die Klägerin ist auch beteiligtenfähig (§ 57 FGO).

a) Im Besteuerungsverfahren ist die Beteiligtenfähigkeit weiter ausgedehnt als die Parteifähigkeit im Zivilprozessrecht. Beteiligtenfähig im Sinne der Finanzgerichtsordnung - FGO - ist die Fähigkeit, Subjekt eines finanzgerichtlichen Prozessrechtsverhältnisses zu sein. Die Beteiligtenfähigkeit setzt grundsätzlich eine - wenn auch begrenzte - Steuerrechtsfähigkeit auf dem steuerrechtlichen Gebiet voraus, das Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Juli 1996 VII R 136/95, BFH/NV 1997, 10 m.w.N.). Steuerrechtsfähig ist dabei derjenige, der nach dem jeweiligen Steuergesetz Steuersubjekt ist, d.h., wer Träger von steuerrechtlichen Rechten und Pflichten sein kann. Die Beteiligtenfähigkeit reicht allerdings insofern über die Steuerrechtsfähigkeit hinaus, als auch derjenige, der zu einer Steuer herangezogen wird, ohne steuerrechtsfähig zu sein, insoweit als beteiligtenfähig zu behandeln ist, als er sich gegen die unberechtigte Annahme der Steuerrechtsfähigkeit wendet (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1983 VIII R 203/81, BFHE 140, 22, BStBl II 1984, 318 m.w.N.; Spindler, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 57 FGO Rz. 11 m.w.N.). Wie bei anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen auch genügt daher zur Bejahung der Beteiligtenfähigkeit die substantiierte, in sich schlüssige Behauptung des Klägers, die Steuerrechtsfähigkeit sei zu Unrecht bejaht und er demnach durch den angefochtenen Bescheid rechtswidrig in Anspruch genommen worden (Gräber/v. Groll, FGO, 6. Aufl., § 57 Rz. 12 m.w.N.).

b) Im Streitfall wendet sich die Klägerin zwar nicht gegen die unberechtigte Annahme ihrer Steuerrechtsfähigkeit durch den Beklagten. Die Klägerin behauptet jedoch substantiiert und in sich schlüssig, dass sie als Zweigniederlassung der X-IT Services B.V., Q/Niederlande mit Sitz in der Schweiz ein selbständiger Unternehmer i.S. des 2 Abs. 1 UStG sei und dass ihr daher nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG Vorsteuern i.H.v. 107.191,79 EUR zu vergüten seien. Sie macht damit geltend, ihre Steuerrechtsfähigkeit sei zu Unrecht verneint und ihr Vergütungsanspruch durch den Ablehnungsbescheid des Beklagten rechtswidrig abgelehnt worden. Nach Auffassung des erkennenden Senats muss bei diesem in sich schlüssigen Vortrag der Klägerin die Beteiligtenfähigkeit aber ebenso bejaht werden, wie bei einer gegen die unberechtigte Annahme der Steuerrechtsfähigkeit durch den Beklagten gerichteten Klage.

3. Die Klägerin hat ihre Beteiligtenfähigkeit im Streitfall auch nicht dadurch verloren, dass sie als Zweigniederlassung zum 31.07.2006 aufgelöst wurde.

a) Nach der ständigen, vom erkennenden Senat geteilten Rechtsprechung des BFH werden Personen- und Kapitalgesellschaften, unabhängig von ihrer Auflösung und Löschung im Handelsregister, solange als fortbestehend und somit auch als beteiligtenfähig angesehen, bis alle Rechtsbeziehungen, zu denen auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und einer Finanzbehörde gehört, abgewickelt sind (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. April 2000 I R 65/98, BFHE 191, 494, BStBl II 2000, 500 undvom 1. Oktober 1992 IV R 60/91, BFHE 169, 294, BStBl II 1993, 82 m.w.N.).

b) Nach Ansicht des erkennenden Senats ist diese ständige Rechtsprechung des BFH auch im Fall der Auflösung einer im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung einschlägig. Solange die Zweigniederlassung möglicherweise noch steuerliche Ansprüche gegen eine Finanzbehörde hat und daher das Rechtsverhältnis zwischen der Zweigniederlassung und der Finanzbehörde noch nicht vollständig abgewickelt ist, ist die Zweigniederlassung als fortbestehend und somit auch als beteiligtenfähig zu behandeln.

c) Im Streitfall macht die Klägerin mit ihrer Klage noch steuerliche Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend. Sie ist daher trotz ihrer Auflösung weiterhin beteiligtenfähig.

4. Die Klage ist auch nicht mangels Prozessfähigkeit (§ 58 FGO) der Klägerin unzulässig.

a) "Prozessfähigkeit", d.h. die Fähigkeit zur Vornahme von Prozesshandlungen i.S. des § 58 Abs. 1 FGO, kommt einer Zweigniederlassung als solcher nicht zu. Für diese handeln gemäß § 58 Abs. 2 FGO grundsätzlich die nach dem bürgerlichen Recht dazu befugten Personen. Bei der Klägerin waren dies ursprünglich ihre im Handelsregister des Kantons A eingetragenen beiden Geschäftsführer. Nach der Auflösung der Zweigniederlassung zum 31.07.2006 verfügt die Klägerin jedoch nicht mehr über diese gesetzlichen Vertreter.

b) Im laufenden Klageverfahren wird die Klägerin aber von Anfang an durch eine Prozessbevollmächtigte vertreten. Die dieser Prozessbevollmächtigten erteilte Prozessvollmacht wird nach § 155 FGO i.V.m. § 86 Zivilprozessordnung - ZPO - durch den Verlust der gesetzlichen Vertretungsmacht der Geschäftsführer der Klägerin nicht aufgehoben und dauert somit über den Zeitpunkt der Auflösung der Klägerin fort. Diese fortdauernde Vertretung der Klägerin durch eine Prozessbevollmächtigte ist im Prozessrechtsverhältnis als Sachurteilsvoraussetzung ausreichend, da sie die Prozessbevollmächtigte ohne Einschränkungen zur Vornahme aller Prozesshandlungen ermächtigt (vgl. BFH-Urteil vom 27. April 2000 I R 65/98, a.a.O. zur vergleichbaren Problematik bei einer gelöschten GmbH).

II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 5. November 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat den Vorsteuervergütungsantrag der Klägerin nach § 18 Abs. 9 UStG zu Recht abgelehnt.

1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht. Die Vorschriften beruhen für im EU-Ausland ansässige Steuerpflichtige auf den Vorgaben der am 6. Dezember 1979 ergangenen 8. Richtlinie (79/1072/EWG, ABl.EG Nr. L 331/1979, 11, im Folgenden: 8. EG-Richtlinie) bzw. für solche Steuerpflichtige, die im Drittlandsgebiet ansässig sind, auf den Vorgaben der 13. Richtlinie vom 17. November 1986 (86/560/EWG, ABl.EG Nr. L 326/1986, 40, im Folgenden: 13. EG-Richtlinie).

2. Die Vergütung der Vorsteuerbeträge setzt nach nationalem Recht u.a. voraus, dass die Vergütung von einem im Ausland ansässigen Unternehmer beantragt wird (vgl. § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG i.V.m. §§ 59 Abs. 1, 61 Abs. 1 Satz UStDV in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist dabei gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV in der für das Streitjahr geltenden Fassung ein Unternehmer, der weder im Inland, noch auf der Insel Helgoland oder einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist dabei Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

3. Nach Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 der im Streitfall maßgeblichen 13. EG-Richtlinie ist u.a. Voraussetzung für die Vorsteuervergütung, dass der Antrag von einem Steuerpflichtigen gestellt wird, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist. Als nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig gilt gemäß Artikel 1 Abs. 1 Nr. 1 der 13. EG-Richtlinie derjenige Steuerpflichtige nach Artikel 4 Abs. 1 der 6. Richtlinie vom 17. Mai 1977 (77/388/EWG, ABl.EG Nr. L 145/1977, 1. im Folgenden 6. EG-Richtlinie), der in dem maßgeblichen Zeitraum in diesem Gebiet weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch - in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung - seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt hat. Gemäß Artikel 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie gilt dabei als Steuerpflichtiger, wer eine der in Abs. 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgütig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

4. Im Streitfall wurde der streitgegenständliche Vergütungsantrag nicht von einem "im Ausland ansässigen Unternehmer bzw. Steuerpflichtigem" gestellt. Gegenüber dem BfF als Antragstellerin aufgetreten ist nämlich nicht die X-IT Service B.V. Q/Niederlande, sondern vielmehr die Klägerin selbst. Die Klägerin ist jedoch eine unselbständige Zweigniederlassung und somit nicht selbständig tätiger Unternehmer bzw. Steuerpflichtiger i.S. der oben genannten Vorschriften.

a) Entgegen der von den Prozessbevollmächtigen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 19.10.2006 vertretenen Rechtsansicht hat die Klägerin den am 14. Mai 2002 beim BfF eingegangen Vergütungsantrag im eigenen Namen und nicht im Namen der niederländischen Hauptniederlassung gestellt. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus einer Auslegung des Vergütungsantrags.

aa) Bei der Auslegung von Erklärungen und Anträgen eines Steuerpflichtigen gegenüber einer Finanzbehörde ist in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - der wirkliche Wille des Steuerpflichtigen zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Danach ist als erklärter Wille maßgebend, was bei objektiver Würdigung für den Adressaten erkennbar geworden ist. Dabei ist nicht nur die Erklärung selbst, sondern die objektive Erklärungsbedeutung des Gesamtverhaltens des Erklärenden einschließlich der Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. April 2002 X R 8/00, BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527 m.w.N.).

bb) Auf der Grundlage dieser Auslegungskriterien hat im Streitfall die Klägerin den Vergütungsantrag vom 14. Mai 2002 als schweizerische Zweigniederlassung im eigenen Namen gestellt.

(1) Für eine solche Auslegung des Vergütungsantrags spricht bereits, dass in dem Antrag die Adresse der Klägerin in der Schweiz angegeben ist, der Antrag den Firmenstempel der Klägerin trägt und von einem Geschäftsführer und einem Prokuristen der Klägerin unterschrieben ist.

(2) Ganz entscheidend für eine derartige Auslegung des Vergütungsantrags ist jedoch weiterhin, dass die Klägerin, nachdem das BfF auf seine Bedenken hinsichtlich der fehlenden Unternehmereigenschaft der Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2002 hingewiesen hat, an ihrer gegenteiligen Rechtsansicht festgehalten und ihren wirklichen Willen deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Klägerin hat insoweit in ihrem Schreiben vom 19. September 2002 ausdrücklich die Meinung vertreten, dass es sich bei ihr um eine eigenständige und selbständige Zweigniederlassung handele und somit der Vorsteuervergütungsantrag auch zutreffend durch sie gestellt worden sei. Diese Auffassung hat die Klägerin dann später in ihrer Einspruchsbegründung weiterhin aufrechterhalten. So hat sie im Schreiben vom 19. März 2003 nochmals darauf verwiesen, dass sie als in der Schweiz ansässiger Unternehmer mit Datum vom 14. Mai 2002 einen eigenständigen Antrag auf Umsatzsteuervergütung gestellt habe. Auch in der Klagebegründung vom 3. Juni 2003 hat die Klägerin weiterhin an der Rechtsansicht festgehalten, sie sei als Zweigniederlassung mit Sitz in der Schweiz selbständiger Unternehmer und als solcher zur Antragstellung im Vergütungsverfahren berechtigt.

(3) Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass die Klägerin in ihrer Einspruchsbegründung vom 19. März 2003 u.a. "aus pragmatischen Gründen" auch darum gebeten hat, den gestellten Vergütungsantrag als Antrag der X-IT Services B.V., Q/Niederlande zu führen, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Insoweit ist das BfF in der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2003 vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Begehren um einen neuen Vergütungsantrag der X-IT Services B.V. Q/Niederlande handelte, der zu einem eigenständigen Verfahren führte und daher nicht Bestandteil des Einspruchsverfahrens der Klägerin war.

b) Als ehemalige Zweigniederlassung der in den Niederlanden ansässigen X- IT Services B.V. war die Klägerin aber nicht selbständig i.S. der oben genannten Vorschriften tätig.

aa) Nach allgemeiner nationaler Auffassung ist eine Zweigniederlassung i.S. des § 13 Handelsgesetzbuchs - HGB - ein auf Dauer räumlich und organisatorisch getrennter Teil der Hauptniederlassung. In der Regel ist sie mit einem gesonderten Teil des Geschäftsvermögens ausgestattet mit der Folge, dass sie eigenständig Leistungen erbringen kann und eine eigene Buchführung hat (BGH-Urteil vom 8. Mai 1972 II ZR 155/69, NJW 1972, 1859). Die Haupt- und die Zweigniederlassung bilden jedoch grundsätzlich eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit. Die Zweigniederlassung ist daher generell nur unselbständiger Teil des Unternehmens der Hauptniederlassung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) und somit nicht selbst Unternehmer (BFH-Urteil vom 26. April 1961 VII 79/59 U, BFHE 73, 171, BStBl III 1961, 329; FG Köln, Urteil vom 15. September 1999 2 K 7886/98, n.v.; FG Nürnberg, Urteil vom 27. Juni 2000 II 80/00, [...]; Stadie, in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG Anm. 93 m.w.N.; Langer, in Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, § 6 UStG Rz. 45).

Bestätigt wird diese Qualifikation der Zweigniederlassung auch durch den oben zitierten § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV (heute § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG). Nach dieser Vorschrift ist ein Unternehmer u.a. dann nicht im Ausland ansässig, wenn er im Inland eine Zweigniederlassung hat. Diese Regelung zeigt sehr deutlich, dass die Zweigniederlassung lediglich unselbständiger Teil des Unternehmens eines Unternehmers (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) ist.

bb) Diese nationale Sichtweise stimmt mit der Auslegung des Artikels 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie durch den EuGH überein. Nach dem EuGH-Urteil vom 23. März 2006 (C-210/04, UR 2006, 331 , DB 2006, 934) bildet eine Zweigniederlassung zusammen mit der Hauptniederlassung jedenfalls dann einen einzigen "Steuerpflichtigen" i.S. des Artikel 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie, wenn die Zweigniederlassung nicht selbst die wirtschaftlichen Risiken trägt, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind.

cc) Im Streitfall war die Klägerin als Zweigniederlassung damit ein rechtlich und wirtschaftlich unselbständiger Teil des Unternehmens der niederländischen Hauptniederlassung. Das ganze mit ihrer Wirtschaftstätigkeit verbundene Risiko ruhte auf der niederländischen Gesellschaft. Dies zeigt der Vortrag der Klägerin (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 15.12.2003, Seite 27 der Gerichtsakte). Danach war jeder Leiter der Zweigniederlassung für die aus der Niederlassung heraus geführten Geschäfte berechtigt, die X- IT Services B.V. zu vertreten und zu verpflichten. Die X- IT Services B.V. haftete mit ihrem gesamten Vermögen für diese in der Zweigniederlassung begründeten Verpflichtungen.

dd) An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass der Klägerin als "Zweigniederlassung der niederländischen B.V." in der Schweiz eine Unternehmerbescheinigung erteilt wurde.

(1) Dabei kann im Streitfall offen bleiben, ob die Unternehmereigenschaft des Antragstellers durch eine vom Ansässigkeitsstaat erteilte Unternehmerbescheinigung i.S. des § 61 Abs. 3 UStDV für das BZSt verbindlich festgestellt wird oder ob der Unternehmerbescheinigung insoweit lediglich die Bedeutung einer widerleglichen Vermutung zukommt (vgl. zu dieser Problematik Stadie, in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, § 18 UStG Anm. 620 m.w.N.; FG Köln, Urteil vom 14. Oktober 2004 2 K 5767/01, EFG 2005, 1982).

(2) Nach Ansicht des erkennenden Senats wird durch die vorliegende Unternehmerbescheinigung nämlich nicht bestätigt, dass die Klägerin selbst in der Schweiz als Unternehmer unter der Mehrwertsteuer-Nummer 512 889 eingetragen war. Vielmehr bringt diese Bescheinigung in Übereinstimmung mit der oben dargelegten Rechtlage lediglich zum Ausdruck, dass die X-IT Services B.V., Q (NL) mit ihrer Zweigniederlassung Rr unter dieser Steuernummer in der Schweiz erfasst war. Es handelt sich damit um einen Unternehmerbescheinigung für die niederländische B.V., die im Streitjahr mit ihrer Zweigniederlassung Rr in der Schweiz ansässig war (vgl. zu vergleichbaren deutschen Bescheinigungen für Zweigniederlassungen, die zum Unternehmen eines im Ausland ansässigen Unternehmers gehören, Abschn. 245 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005).

ee) Auch der von der Klägerin vorgetragene Umstand, "ihr" seien im Jahr 2002 vom BfF eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und vom Finanzamt C eine deutsche Umsatzsteuer erteilt worden, führt nicht dazu, dass sie im Streitjahr als Unternehmer anzusehen ist. Eine solche Schlussfolgerung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil allein die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und einer Umsatzsteuernummer nicht zur Folge haben kann, dass eine Zweigniederlassung - entgegen der oben dargelegten materiellen Rechtslage - als selbständiger Unternehmer anzusehen ist.

ff) Weiterhin kann auch die von der Klägerin dargelegte "Umgehungsmöglichkeit" des § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG nicht dazu führen, dass die Klägerin selbst als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG bzw. als Steuerpflichtiger i.S. des Artikel 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie zu qualifizieren ist.

Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass nach dem reinen Wortlaut des § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG einem Unternehmer, der sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gemeinschaftsgebiets über Niederlassungen verfügt, grundsätzlich die Möglichkeit offen steht, mittels eines Antrags einer im Gemeinschaftsgebiet belegenen Niederlassung die Erstattung der auf die Bezüge von Kraftstoffen entfallenden Vorsteuern auch dann zu erlangen, wenn die Kraftstoffe von einer Niederlassung außerhalb des Gemeinschaftsgebiets bezogen worden sind.

Ob eine solche am reinen Wortlaut des § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG orientierte Auslegung zutreffend wäre, kann der erkennende Senat jedoch offen lassen. Denn selbst wenn diese Umgehungsmöglichkeit bestünde, wäre diesem Umstand nicht dadurch zu begegnen, dass entgegen der oben dargestellten Rechtslage allen Zweigniederlassungen eines Unternehmers die Unternehmereigenschaft zuerkannt wird.

5. Schließlich führt auch das Argument der Klägerin, die X-IT Service B.V. Q/Niederlande sei mit jeder ihrer Niederlassungen antragsberechtigter Unternehmer i.S. des § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 59 Abs. 1 UStDV, nicht zu einem Erfolg der Klage. Hier ist zu berücksichtigen, dass im Streitfall - wie oben ausgeführt - eben nicht die X-IT Service B.V. Q/Niederlande den streitigen Vorsteuervergütungsantrag gestellt hat, sondern vielmehr die Klägerin selbst.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Revision zum Bundesfinanzhof war nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO zuzulassen.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Die im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfragen - Auslegung einer Erklärung bzw. eines Antrags eines Steuerpflichtigen gegenüber einer Finanzbehörde und Unternehmereigenschaft einer unselbständigen Zweigniederlassung - sind bereits durch die oben dargelegte Rechtsprechung des BFH bzw. des EuGH hinreichend geklärt. Es liegen insoweit auch keine neuen Gesichtspunkte vor, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Fragen durch den BFH bzw. den EuGH erforderlich machen.

2. Aus diesem Grund liegen auch die Voraussetzungen für einen Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht vor, da weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Streitfall eine erneute Entscheidung des BFH erfordert.

Ende der Entscheidung

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