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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 19.09.2005
Aktenzeichen: 10 K 4762/03
Rechtsgebiete: FGO, EStG
Vorschriften:
FGO § 40 Abs. 2 | |
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 |
Finanzgericht Köln
Tenor:
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die selbständige Tätigkeit des Klägers auf dem Gebiet der EDV in den Streitjahren der Gewerbesteuer unterliegt.
Die Kläger sind im Streitjahr 2002 zusammenveranlagte Eheleute. In den Streitjahren vorher war der Kläger ledig.
Der Kläger, der im Jahre 1970 geboren wurde, arbeitete nach der Ausbildung zum Energiegeräteelektroniker in den Jahren 1995 bis 1999 als Programmierer bei der Firma G in der Stadt P. Zu seinen Aufgaben gehörte u.a. die Programmierung von Industrierobotern, Programmierung von speicherprogrammierbaren Steuerungen der Firmen K und T. Neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit besuchte er in den Jahren 1994 und 1995 die Fachhochschule der Stadt L im Fachbereich "Elektrische Energie- und Automatisierungstechnik". Hier wurde er im August 1985 exmatrikuliert. Im Juni 1999 begann der Kläger ein Fernstudium an der Universität I im Bereich "Certified Network Manager" mit Schwerpunkt administrativer Aufgaben eines Systembetreuers in Novell und Windows NT Netzwerken. Der Kläger hat an diesem Fernstudium, das nach den vorgelegten Unterlagen 15 Monate dauerte, für ein Jahr teilgenommen. Ein Prüfungsabschluss ist nicht erfolgt. Im Jahre 2001 nahm der Kläger schließlich noch an einem 5-tägigen Seminar für Roboterprogrammierung im Land J teil.
Im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit in den Streitjahren 1999 bis 2002 als Roboterprogrammierer hat der Kläger folgende Tätigkeiten erbracht:
Softwareerstellung mit Programmiersprachen (ähnlich wie Pascal bzw. C++)
Kommunikation zwischen Roboter und Peripherie überprüfen
Programmierung des Arbeitsablaufes des Roboters
Überprüfung der Hardware am Roboter und der Peripherie
Überprüfen der Elektronikkonstruktion
Erstellung von Dokumentationen der einzelnen Roboter
Inbetriebnahme von Anlagen mit SPS Programmierungen
Der Kläger behandelte diesen in den Streitjahren erzielten Gewinn als solchen aus selbständiger freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG. Der Beklagte hingegen beurteilte seine Tätigkeit als gewerblich und erließ für die Jahre 1999 bis 2002 erstmals Gewerbesteuermessbescheide.
Nach erfolglosen Einsprüchen haben die Kläger vorliegende Klagen erhoben, die durch Beschluss des Gerichts vom 26.04.2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind. Der Kläger trägt vor, nach seiner Auffassung sei seine Tätigkeit als Ingenieur ähnliche bzw. schriftstellerische (Anfertigung von Dokumenten) eine freiberufliche im Sinne des § 18 EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH müsse der "ähnliche" Beruf dem Katalogberuf in wesentlichen Punkten vergleichbar sein, d.h. es müsse eine Vergleichbarkeit von Ausbildung und beruflicher Tätigkeit gegeben sein. Dabei sei ein wertender Vergleich der einzelnen Berufsmerkmale des Katalogberufes und des ähnlich behaupteten Berufes vorzunehmen, und zwar unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der beruflichen Tätigkeiten. Im Streitfall sei es bereits aufgrund der Art seiner Tätigkeit ausgeschlossen, dass er die Arbeiten ohne die erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse habe ausüben können. Wegen seiner Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen habe er ein einem Ingenieur vergleichbaren Kenntnisstand. Ohne diese Kenntnisse wäre es unmöglich gewesen, Roboter zum Laufen zu bringen und Einnahmen bei großen Computer- und Autofirmen zu erzielen. Er sei als Systemsoftwareprogrammierer tätig gewesen, da eine Anwendungssoftware im klassischen Sinne bei einem Roboter nicht vorkomme. Diese Frage könne aber im Hinblick auf die zwischenzeitlich geänderte Rechtsprechung des BFH im Anschluss an verschiedene Entscheidungen der Finanzgerichte dahingestellt bleiben, wonach ein selbständiger EDV-Berater, der Computeranwendungssoftware entwickele, unter gewissen Umständen auch freiberuflich tätig sein könne.
Im übrigen sei die Erstellung von Dokumentationen, die er gefertigt habe, unter schriftstellerische Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG zu subsumieren. Dabei sei es nicht notwendig, dass die verfassten Texte einen wissenschaftlichen oder künstlerischen Inhalt hätten.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 vom 27.05.2002 und 02.05.2003 und Aufhebung der Gewerbesteuermessbescheide 1999 bis 2002 vom 03.09.2002, 07.05.2003 und 13.05.2003 und Änderung bzw. Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit als freiberufliche nach § 18 EStG anzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Tätigkeit des Klägers zutreffend als gewerbliche Tätigkeit angesehen worden sei; denn es handele sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine mit der Tätigkeit eines Ingenieurs vergleichbare Tätigkeit. Der Kläger besitze keine Berufsausbildung, wie sie in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschrieben sei. Er könne auch nicht nachweisen, dass er vergleichbare Kenntnisse im Wege des Selbststudiums erworben habe. Die Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen erfüllten in keiner Weise die Voraussetzungen einer Ausbildung, die in der Tiefe und Breite der eines Ingenieurs entspreche.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen und insbesondere auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage des Klägers wegen Gewerbesteuermessbescheid 1999 ist unzulässig.
Nach § 40 Abs. 2 FGO ist nur befugt, Klage zu erheben, wer geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Dadurch, dass - wie hier - der Gewerbesteuermessbetrag auf 0,-- DM festgesetzt worden ist, ergibt sich regelmäßig keine Beschwer. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung nur dann angenommen, wenn die Festsetzung oder Feststellung der einzelnen Bemessungsfaktoren kraft Gesetzes oder kraft Rechtsverordnung für andere Behörden und für den Steuerpflichtigen bindend sind (vgl. Gräber/von Groll, § 40 FGO Rz. 88 ff). Diese Voraussetzung liegt hier im Verhältnis des Klägers zur M - was den Beitrag anbetrifft - nicht vor. Denn wie der Kläger selbst vorträgt, ist in den Fällen, in denen kein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird, der Einkommensteuerbescheid Grundlagenbescheid für den M-Beitrag.
Die Klagen sind im übrigen nicht begründet.
Der Beklagte hat zu Recht die Einkünfte als gewerblich qualifiziert.
Der Kläger übte keine einem Ingenieur ähnliche Tätigkeit aus. Insbesondere gehört zur freiberuflichen Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 EStG die selbständige Berufstätigkeit von Ingenieuren. Der Tätigkeit als freiberuflich werden jedoch nur berufstypische Tätigkeiten zugeordnet, d.h. solche, die zum Berufsbild eines der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten Berufe gehören. Freiberuflich ist die Tätigkeit eines Ingenieurs aber nur dann, wenn er berufstypische Leistungen erbringt, d.h. solche, die zum Berufsbild eines der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten Berufe gehören. Der Kläger war in den Streitjahren nicht in einem für den Beruf eines Ingenieurs typischen Beruf tätig. Dahinstehen kann hier allerdings, ob die vom Kläger in den Streitjahren entfaltete Tätigkeit, wie sie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt und in den Schriftsätzen vorgetragen wird, als Systemsoftwareprogrammierung oder als Anwendungsprogrammierung zu verstehen ist. Denn die Unterscheidung zwischen System- und Anwendersoftware ist nach dem heutigen Stand der IT-Technologie nach der geänderten Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 2004 - XI R 9/03, FR 2004, 1289) nicht mehr maßgeblich.
Dem Klagebegehren ist der Erfolg hier deshalb zu versagen, weil der Kläger nicht über eine für den Beruf des Ingenieurs erforderliche vergleichbare Ausbildung verfügte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 1992 IV R 116/19, BStBl II 1993, 100 m.w.N.) muss die Ausbildung für den "ähnlichen" Beruf zwar nicht in einem förmlichen Ausbildungsgang erworben worden sein. Vielmehr genügt es, dass vergleichbare Kenntnisse im Wege des Selbststudiums erworben werden (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1991 IV R 17/90, BStBl II 1993, 324). Verfügt der Steuerpflichtige - wie hier - nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule (Diplom), Fachhochschule oder Fachschule, muss er eine vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung nachweisen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BStBl II 1990, 73). Das kann einmal dadurch geschehen, dass er im einzelnen darlegt und beweist, welche außerhalb der üblichen Studiengänge angebotenen Kurse er besucht und welche Werke er im Selbststudium durchgearbeitet hat. Da der Nachweis auch den Erfolg der autodidaktischen Ausbildung mit umfasst, wird dieser Beweis in der Regel allerdings schwer zu erbringen sein. Daher hat die Rechtsprechung zugelassen, dass der Steuerpflichtige den erforderlichen Nachweis der theoretischen Kenntnisse an Hand eigener praktischer Arbeiten führt. Für diese Form des Nachweises ist jedoch erforderlich, dass die Tätigkeit des Steuerpflichtigen besonders anspruchsvoll ist und nicht nur der Tiefe sondern auch der Breite nach zumindest das Wissen des Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1980 I R 109/77, BStBl II 1981, 118).
Nach der Rechtsprechung des BFH werden zwar an die Breite der Tätigkeit geringere Anforderungen gestellt als an die der Ausbildung oder der autodidaktisch erworbenen Kenntnisse. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass auch bei Freiberuflern vielfach ein wirtschaftliches Bedürfnis für eine Spezialisierung besteht. D.h. aber jedoch nicht, dass die theoretischen Kenntnisse eines Autodidakten bereits dann die erforderliche fachliche Breite aufweisen, wenn sie für das Spezialgebiet, auf dem der Steuerpflichtige tätig ist, ausreichen. Das gilt selbst dann, wenn dieselbe Spezialisierung auch bei Angehörigen des Vergleichsberufs mit umfassender Ausbildung anzutreffen ist.
Derartige autodidaktisch erworbene Kenntnisse hat der Kläger jedoch nicht ausreichend nachgewiesen. Die vom Kläger besuchten Weiterbildungsmaßnahmen sind für sich betrachtet nicht mit der breiten Ingenieurausbildung mit ihren natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern vergleichbar. Z.B. fehlen Angaben zu den Gebieten "Grundlagen", "Wahrscheinlichkeitsberechnung" und "physikalische Grundlagen". Aber auch durch den Besuch der Fachhochschule in der Stadt L, das Fernstudium in I und den Besuch des Seminars in dem Land J konnte der Kläger nicht die notwendigen Kenntnisse im Bereich der Datenverarbeitung und Informatik nachweisen.
An der Fachhochschule in der Stadt L belegte der Kläger lediglich den Fachbereich elektrische Energietechnik. Der Besuch blieb ohne Abschluss. Auch die Fortbildung zum Certified Network Manager erfüllt nicht nach der vorgelegten Lehrgangsbeschreibung die Voraussetzung einer Ausbildung, die in der Tiefe und Breite der eines Ingenieurs entspricht. Die Fortbildung blieb ohne Abschluss, weil sie vorzeitig beendet wurde, so dass auch hier kein Abschlusszeugnis vorgelegt werden konnte. Schließlich hat der Kläger weder durch den Besuch des Seminars in dem Land J, der nur 5 Tage dauerte, noch durch die vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung substantiiert darlegen können, dass sein Wissensstand ingenieurähnlich ist. Bei der Tätigkeit des Klägers handelt es sich letzten Endes um reine Roboterprogrammierung, in dem die Schweißpunkte für den Roboter festgelegt werden. Dies ist eine Tätigkeit, die nach Überzeugung des Gerichts in den Betrieben in der Regel auch von Spezialisten ohne weitreichende Technikwissenschaftliche Kenntnisse ausgeübt werden kann.
Soweit der Kläger schließlich noch vorgetragen hat, dass er wegen der Anfertigung von Dokumentationen eine schriftstellerische Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erbracht habe, so ist ein entsprechender Nachweis nicht vorgelegt worden. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 10. September 1998 IV R 16/97, BStBl II 1999, 215) stellt die selbständige Tätigkeit eines Steuerpflichtigen der eigene Gedanken in der Form eines Softwarelernprogramms für PC verfasst, dann eine schriftstellerische Tätigkeit dar, wenn das Lernprogramm für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Dies ist der Fall, wenn das Programm einem aus der Sicht des Verfassers zahlenmäßig nicht bestimmbaren Personenkreis verfügbar gemacht werden soll.
Die Klagen waren daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht.
Ende der Entscheidung
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