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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 18.10.2007
Aktenzeichen: 10 K 6376/03
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 2 Abs. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1

Entscheidung wurde am 19.02.2008 korrigiert: die Stichworte wurden nicht korrekt dargestellt
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

10 K 6376/03

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin der Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines Herrn S zusteht.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Kleintransportunternehmen, das auch die Zustellung von Paket- und Stückgut beinhaltet.

Die Klägerin bedient sich zur Durchführung der Kleintransporte neben eigenen Arbeitnehmern einer Vielzahl von Subunternehmern. Unter anderem war auch Herr S für die Klägerin tätig. Schriftliche Verträge zwischen der Klägerin und Herrn S lagen in den Streitjahren 1999 und 2000 jedenfalls keine vor. Zumindest in den Jahren 1999 und 2000 verfügte Herr S nicht über ein eigenes Fahrzeug, sondern mietete entsprechende Transporte an. Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Beklagten fuhr Herr S oftmals mit von der Autovermietung A gemieteten Fahrzeugen. Die Mietkosten wurden von der Klägerin übernommen. Ebenfalls lauteten die Rechnungen von der Autovermietung A auf die Klägerin. Herr S fuhr an ca. 25 Tagen im Monat ausschließlich für die Klägerin. Herr S rechnete seine Leistungen nach Tagessätzen ab. Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hatte er nicht.

Herr S rechnete monatsweise mit der Klägerin ab. In den Rechnungen wies er jeweils 16 % Mehrwertsteuer aus. Wegen der Einzelheiten wird beispielhaft auf die Rechnungen vom 31.10., 30.09., 31.07. und 31.08. Bezug genommen.

Insgesamt beliefen sich die gesondert in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge, die die Klägerin als Vorsteuern geltend machte, für das Jahr 1999 auf 14.105,54 DM und das Jahr 2000 auf 12.492,80 DM. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung versagte der Beklagte den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Herrn S. Wegen der Einzelheiten wird auf den Umsatzsteuersonderprüfungsbericht vom 26.04.2001 des Finanzamts M bezug genommen.

Die Versagung des Vorsteuerabzugs erfolgte für 1999 in dem Umsatzsteueränderungsbescheid vom 17.05.2001 und für das Jahr 2000 zunächst im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für Dezember 2000 vom 11.05.2001.

Die Klägerin legte gegen beide Bescheide rechtzeitig Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erging am 10.07.2002 der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2000, der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.11.2003 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung bezug genommen.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor:

Herr S sei als selbstständiger Unternehmer tätig geworden. Er sei hinsichtlich der Arbeits- und Zeiteinteilung frei gewesen. Es sei ihm nicht vorgeschrieben worden, zu welchem Zeitpunkt er Touren zu fahren habe. Er habe die zu befördernden Gegenstände morgens mit den angegebenen Adressaten in Empfang genommen. Wann er zustellte, sei ihm überlassen gewesen. Er habe eine eigene Transportversicherung für zu regulierende Schäden gehabt. Dies wird vom Beklagten bestritten, Unterlagen hierzu hat die Klägerin nicht vorgelegt.

Herr S habe über seine Tätigkeit bei ihr, der Klägerin, hinaus seine Tätigkeit als Kurierfahrer am allgemeinen Markt angeboten, dies auch nach Aufnahme seiner Tätigkeit. Die hierzu im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegten Unterlagen betrafen allerdings nur Zeiträume vor 1999.

Herr S habe zunächst einen eigenen Transporter genutzt. Nach einem Motorschaden habe er zur Anmietung eines Transporters entschlossen. Gelegentlich habe er auch entgeltlich ein Fahrzeug der Klägerin genutzt. Die entsprechende Nutzungsgebühr sei mit der Transportleistungsforderung als Gutschrift verrechnet worden.

Letztendlich werde auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.06.2001 5 AZR 561/99 verwiesen, wonach Fahrer von Kurierdiensten keine Arbeitnehmer seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1999 und 2000 vom 17.05.2001 bzw. 10.07.2002 unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30.11.2003 die Umsatzsteuer mit der Maßgabe herabzusetzen, dass für 1999 weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von 14.105,54 DM und für 2000 in Höhe von 12.492,80 DM berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - .

Der Beklagte hat zu Recht die in den Rechnungen von Herrn S ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge nicht als Vorsteuern zum Abzug zugelassen.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - sind nur die Beträge als Vorsteuer abzugsfähig, die von einem anderen Unternehmer in Rechnung gestellt werden. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Diese Voraussetzung erfüllte Herr S in den Streitjahren nicht. Er war vielmehr nichtselbstständig tätig.

Die Frage, wer selbständig tätig ist, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Dies bedeutet, dass die für und gegen eine Selbständigkeit sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden müssen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. zusammenfassend Finanzgericht München, Urteil vom 25. November 2005 8 K 1197/03, Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 409 mit Rechtsprechungsnachweisen). Dabei erlangen insbesondere die folgenden Merkmale Bedeutung:

persönliche Abhängigkeit

Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit

feste Arbeitszeiten

Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort

feste Bezüge

Urlaubsanspruch

Anspruch auf sonstige Sozialleistungen

Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall

Überstundenvergütung

zeitlicher Umfang der Dienstleistungen

Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit

kein Unternehmerrisiko

keine Unternehmerinitiative

kein Kapitaleinsatz

keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln

Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern

Eingliederung in den Betrieb

Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolges

Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist.

Unter Abwägung der vorgenannten Merkmale kommt der Senat im Streitfall zu dem Ergebnis, dass Herr S nichtselbständig tätig gewesen ist.

Herr S hat im Streitfall zwar keine arbeitnehmertypischen Vergünstigungen erhalten (insbesondere keine Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen und Fortzahlung der Bezüge im Urlaubsfall). Außerdem erhielt er ausschließlich ein Entgelt für durchgeführte Fahrten.

Trotz dieser für eine Selbständigkeit sprechenden Merkmale überwiegen aber nach Auffassung des erkennenden Senats im Streitfall die für eine Nichtselbständigkeit sprechenden Merkmale. Herr S ist zumindest in den Streitjahren ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen. Er verfügte über kein eigenes Transportfahrzeug, dieses wurde vielmehr regelmäßig von der Klägerin gestellt. Zumindest in den Streitjahren hat Herr S sich nicht um andere Auftraggeber bemüht. Entgegen dem Sachverhalt in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.6.2001 5 AZR 561/99 (Betriebs-Berater 2001, 2221) war Herr S in der Arbeitszeitgestaltung nicht frei. Er musste die morgens angenommenen Aufträge am selben Tag ausführen. Herr S konnte rein zeitlich nicht für andere Auftraggeber tätig werden. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt auch von demjenigen, der dem Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13.09.2007 L 5 R 5/06, [...], zugrunde lag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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